Wie kann ein behindertes Kind finanziell abgesichert werden, ohne staatliche Leistungen zu gefährden?
Die finanzielle Absicherung eines Kindes mit Behinderung kann durch ein Behindertentestament, lebenslanges Kindergeld, steuerliche Vorteile und das Persönliche Budget erreicht werden, ohne staatliche Leistungen zu gefährden. Ein Behindertentestament schützt das Erbe vor dem Zugriff der Sozialhilfeträger und sichert zusätzliche Mittel für das Kind. Frühzeitige Planung und professionelle Beratung sind entscheidend, um eine langfristige Versorgung sicherzustellen.
- Kindergeld für Kinder mit Behinderung ohne Altersgrenze
- Steuerliche Entlastungen für Familien mit behinderten Kindern
- Das Behindertentestament - Schlüssel zur langfristigen Absicherung
- Persönliches Budget - Selbstbestimmung bei Hilfeleistungen
- Nachteilsausgleiche und Schwerbehindertenausweis
- Praktische Handlungsschritte zur finanziellen Absicherung
- Fazit: Langfristige Absicherung erfordert frühzeitige Planung
Ein Kind mit Behinderung benötigt oft lebenslange Unterstützung. Neben der emotionalen Fürsorge stellt sich für Eltern die Frage der finanziellen Absicherung - auch über den eigenen Tod hinaus. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, zusätzliche finanzielle Mittel bereitzustellen, ohne dass staatliche Unterstützungsleistungen gekürzt werden. Dieser Artikel zeigt Ihnen praktische Lösungsansätze für diese Situation.
Kindergeld für Kinder mit Behinderung ohne Altersgrenze
Anders als bei Kindern ohne Behinderung kann für Kinder mit Behinderung unter bestimmten Voraussetzungen lebenslang Kindergeld bezogen werden. Ab Januar 2025 beträgt das Kindergeld 255 Euro monatlich für jedes Kind[1].
Voraussetzungen für den fortlaufenden Kindergeldbezug:
- Die Behinderung ist vor dem 25. Lebensjahr eingetreten
- Das Kind kann aufgrund der Behinderung seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten[1][5]
Die Familienkasse prüft hierbei, ob die finanziellen Mittel des erwachsenen Kindes ausreichen, um seine Lebensführungskosten zu decken. Reichen diese nicht aus, besteht der Anspruch auf Kindergeld[1].
Steuerliche Entlastungen für Familien mit behinderten Kindern
Als Eltern eines Kindes mit Behinderung stehen Ihnen besondere steuerliche Vergünstigungen zu:
Behinderten-Pauschbetrag
Dieser wird vom Einkommen abgezogen und richtet sich nach dem Grad der Behinderung:
- Bei einem Grad der Behinderung zwischen 20 und 100 liegt der Pauschbetrag zwischen 384 Euro und 2.840 Euro[8]
- Bei blinden oder dauerhaft hilflosen Menschen beträgt er 3.700 Euro[4]
Der Pauschbetrag, der einem Kind mit Behinderung zusteht, kann auf die Eltern übertragen werden, sofern das Kind ihn nicht selbst nutzt[4].
Weitere steuerliche Vorteile
- Abzug von außerordentlichen Krankheitskosten
- Abzug von Aufwendungen für eine Heilkur
- Abzug von Kosten für Privatschulbesuch (unter bestimmten Voraussetzungen)
- Steuerliche Berücksichtigung einer Haushaltshilfe[4]
Das Behindertentestament - Schlüssel zur langfristigen Absicherung
Das Behindertentestament ist ein rechtlich anerkanntes Instrument, um das Erbe Ihres Kindes vor dem Zugriff der Sozialhilfeträger zu schützen und gleichzeitig den Anspruch auf staatliche Unterstützung zu erhalten[6].
Warum ein Behindertentestament?
Menschen mit Behinderung sind oft auf staatliche Leistungen wie Grundsicherung oder Eingliederungshilfe angewiesen. Bei regulärem Erbe müsste zuerst das ererbte Vermögen aufgebraucht werden, bevor staatliche Hilfen gewährt werden[6].
Ein Behindertentestament verhindert dies und ermöglicht, dass:
- Ihr Kind aus dem Erbe finanzielle Unterstützung erhält
- Die Lebensqualität über das Existenzminimum hinaus gesichert ist
- Gleichzeitig weiterhin Sozialleistungen bezogen werden können[6]
Kernelemente eines wirksamen Behindertentestaments
-
Vor- und Nacherbschaft:
- Ihr Kind wird als Vorerbe eingesetzt
- Der Erbteil liegt deutlich über dem gesetzlichen Pflichtteil
- Das Erbe ist zeitlich auf die Lebenszeit Ihres Kindes begrenzt
- Nach dem Tod Ihres Kindes geht das Vermögen an testamentarisch bestimmte Nacherben[6]
-
Dauertestamentsvollstreckung:
- Eine Vertrauensperson verwaltet das Erbe
- Verhindert den direkten Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Vermögen
- Stellt sicher, dass das Erbe nur für zusätzliche Annehmlichkeiten verwendet wird[6]
Rechtliche Sicherheit des Behindertentestaments
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Urteilen die Wirksamkeit des Behindertentestaments bestätigt. In seinem Urteil vom 19.01.2011 (Az.: IV ZR 7/10) bekräftigte er, dass die Errichtung eines solchen Testaments “Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus” ist[6].
Persönliches Budget - Selbstbestimmung bei Hilfeleistungen
Das Persönliche Budget ermöglicht Menschen mit Behinderung oder deren Eltern, Hilfeleistungen selbstbestimmt zu organisieren:
- Anspruchsberechtigt sind alle Menschen mit Behinderung, unabhängig vom Schweregrad
- Eltern können das Persönliche Budget stellvertretend für ihr Kind beantragen
- Die Höhe orientiert sich am individuellen Hilfebedarf, meist zwischen 200 und 800 Euro monatlich[7][8]
Statt Sachleistungen erhalten Sie Geld, mit dem Sie selbst Hilfsdienste beauftragen können. Das schafft mehr Entscheidungsfreiheit bei der Wahl von Dienstleister:innen und Unterstützungsangeboten[8].
Nachteilsausgleiche und Schwerbehindertenausweis
Für Kinder mit Behinderung können Sie einen Schwerbehindertenausweis beantragen, der verschiedene Vorteile bietet:
- Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr
- Eventuell kostenlose Mitnahme einer Begleitperson
- Nutzung von Behindertenparkplätzen (mit entsprechendem Ausweis)
- Ermäßigungen bei kulturellen Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten[8]
Der Grad der Behinderung (GdB) wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 festgestellt. Ab einem Grad von 50 gilt ein Kind als schwerbehindert[8].
Praktische Handlungsschritte zur finanziellen Absicherung
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Kindergeld und Steuervorteile nutzen:
- Lebenslangen Kindergeldanspruch sichern
- Behindertenpauschbetrag und weitere steuerliche Entlastungen in Anspruch nehmen
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Behindertentestament errichten:
-
Umfassende Beratung in Anspruch nehmen:
- Sozialverbände wie VdK oder Lebenshilfe kontaktieren
- Spezifische Beratungsstellen für Menschen mit Behinderung aufsuchen
-
Schwerbehindertenausweis beantragen:
- Beim zuständigen Versorgungsamt Antrag stellen
- Merkzeichen für spezifische Nachteilsausgleiche eintragen lassen[8]
Fazit: Langfristige Absicherung erfordert frühzeitige Planung
Die finanzielle Absicherung eines Kindes mit Behinderung ohne Gefährdung staatlicher Leistungen ist möglich, erfordert aber sorgfältige Planung. Das Behindertentestament bildet dabei das Kernstück der Absicherungsstrategie. Ergänzt durch Steuervorteile, Kindergeld und weitere Unterstützungsleistungen lässt sich so eine solide finanzielle Grundlage schaffen.
Beginnen Sie frühzeitig mit der Planung und lassen Sie sich von Fachleuten beraten. So stellen Sie sicher, dass Ihr Kind auch nach Ihrem Tod finanziell gut versorgt ist, ohne den Anspruch auf staatliche Unterstützung zu verlieren.