Wie wird mit Testamenten umgegangen, die im Ausland aufbewahrt werden?

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Zusammenfassung

Testamente mit Auslandsbezug erfordern besondere Aufmerksamkeit, da ihre Anerkennung, Übersetzung und Gültigkeit von internationalen Regelungen abhängen. Innerhalb der EU erleichtert die Europäische Erbrechts­verordnung die Rechtsanwendung, während in Nicht-EU-Ländern oft zusätzliche Beglaubigungen wie Apostillen oder Legalisationen notwendig sind. Eine fachliche Beratung hilft, rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden und sicherzustellen, dass der letzte Wille korrekt umgesetzt wird.

In einer Zeit mit zunehmender Mobilität und internationalen Verbindungen gewinnt die Frage nach dem Umgang mit Testamenten, die im Ausland aufbewahrt werden, an Bedeutung. Rund zehn Prozent aller Erbfälle in Europa haben heute einen grenz­überschreitenden Bezug - das entspricht etwa 450.000 Erbfällen mit einem Nachlass­wert von etwa 120 Milliarden Euro jährlich[3]. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Regelungen und praktischen Schritte.

Wann spielt der Auslandsbezug bei Testamenten eine Rolle?

Ein Testament hat einen Auslandsbezug, wenn:

  • Sie im Ausland leben und dort ein Testament errichtet haben
  • Sie in Deutschland leben, aber Vermögen im Ausland besitzen
  • Sie als ausländische:r Staatsangehörige:r in Deutschland ein Testament errichtet haben
  • Ihre Erb:innen im Ausland leben

In all diesen Fällen stellen sich Fragen zur Anerkennung, Übersetzung und den internationalen Zugriffs­regeln für Testamente.

Rechtliche Grundlagen für Testamente mit Auslandsbezug

Die Europäische Erbrechts­verordnung

Seit dem 17. August 2015 gilt die Europäische Erbrechts­verordnung (EuErbVO) für alle EU-Mitglied­staaten (außer Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich)[3]. Diese Verordnung regelt:

  • Welches nationale Recht auf einen Erbfall anzuwenden ist
  • Welches Gericht für Erbfälle mit Auslandsbezug zuständig ist
  • Wie Entscheidungen in Erbsachen in anderen EU-Staaten anerkannt werden

Grundprinzip: Nach der EuErbVO richtet sich das auf einen Erbfall anzuwendende Recht nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers und nicht nach seiner Staatsangehörigkeit. Wenn Sie also als deutsche:r Staatsangehörige:r in Spanien leben und dort versterben, gilt spanisches Erbrecht.

Das Haager Testaments­übereinkommen

Für die formelle Gültigkeit von Testamenten gilt das “Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht”[1]. Dieses besagt, dass ein Testament form­wirksam ist, wenn es den Formvorschriften des Ortes entspricht, an dem es errichtet wurde. Ein in Deutschland formal korrekt errichtetes Testament bleibt also auch dann wirksam, wenn Sie später ins Ausland ziehen.

Anerkennung deutscher Testamente im Ausland

Grundsätzliche Anerkennung

Deutsche Testamente werden im Ausland grundsätzlich anerkannt, sofern sie nicht gegen die Rechts­ordnung des jeweiligen Landes verstoßen[6]. Wichtig ist dabei:

  • Ein in Deutschland handschriftlich verfasstes oder notariell beurkundetes Testament bleibt auch bei einem Umzug ins Ausland formell gültig[1]
  • Für Vermögenswerte innerhalb der EU gilt: Ihr Testament regelt den gesamten Nachlass, wenn Sie Ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten

Besondere Heraus­forderungen

In bestimmten Fällen kann es dennoch zu Schwierigkeiten kommen:

  1. Unterschiedliche Form­vorschriften: Manche Länder haben spezifische Anforderungen. In Florida (USA) werden Testamente beispielsweise nur als wirksam erachtet, wenn sie vor mindestens zwei Zeugen errichtet wurden[1].

  2. Nachlassspaltung: Bei Immobilien in Nicht-EU-Ländern kann es zu einer Nachlassspaltung kommen. Dies bedeutet, dass für verschiedene Teile des Nachlasses unterschiedliche Rechtsordnungen gelten[1]. Dies ist besonders bei Immobilien in folgenden Ländern relevant:

    • Australien
    • Argentinien
    • Großbritannien
    • USA
    • Kanada
    • und weitere
  3. Gemeinschaftliche Testamente: Ein “Berliner Testament” (Ehegattentestament) wird nicht in allen EU-Ländern gleichermaßen anerkannt. In Frankreich und Italien beispielsweise entfällt möglicherweise die Bindungs­wirkung[1].

Anerkennung ausländischer Testamente in Deutschland

Umgekehrt werden auch im Ausland errichtete Testamente in Deutschland anerkannt, wenn sie im Errichtungs­staat wirksam erstellt wurden[1]. Heraus­forderungen können sich ergeben bei:

  • Testamenten in fremder Sprache
  • Der Verwendung fremder Rechtsbegriffe
  • Dem Nachweis der Erbschaft nach ausländischem Recht

Innerhalb der EU dient das Europäische Nachlasszeugnis als Nachweis der Erbenstellung. In anderen Fällen kann ein Fremdrechtserbschein erforderlich sein[5].

Übersetzung von Testamenten

Wann ist eine Übersetzung notwendig?

Eine Übersetzung wird benötigt, wenn:

  • Das Testament in einem Land verwendet werden soll, in dem die Originalsprache nicht verstanden wird
  • Behörden die Originalsprache nicht akzeptieren[2]

Beglaubigte Übersetzungen

Eine einfache Übersetzung reicht für offizielle Zwecke meist nicht aus. Sie benötigen eine beglaubigte Übersetzung, die:

  • Von einem gerichtlich bestätigten oder vereidigten Übersetzer erstellt wurde
  • Mit einem Beglaubigungs­vermerk, Ausstellungs­datum, Stempel und Unterschrift versehen ist[7]

Bei Testamenten, die nicht im lateinischen Alphabet verfasst sind (z.B. Arabisch, Chinesisch, Russisch), empfiehlt es sich, vorab die Transkription der Eigennamen mitzuteilen, um Verwechslungen zu vermeiden[2].

Apostille und Legalisation

Was ist eine Apostille oder Legalisation?

Damit Ihr Testament im Ausland anerkannt wird, benötigen Sie in bestimmten Fällen eine zusätzliche Beglaubigung:

  • Die Apostille ist ein erleichterter Echtheits­nachweis für Dokumente, die in Ländern verwendet werden sollen, die dem Haager Apostillen­übereinkommen beigetreten sind[8].
  • Die Legalisation ist ein erschwerter Echtheits­nachweis für Länder, die nicht dem Haager Apostillen­übereinkommen angehören[6].

Wo erhalten Sie eine Apostille oder Legalisation?

  • Für eine Apostille wenden Sie sich an das zuständige Landgericht[4] oder das Auswärtige Amt[11].
  • Für eine Legalisation benötigen Sie zunächst eine Zwischenbeglaubigung durch den Präsidenten des Landgerichts und anschließend eine Überbeglaubigung durch die zuständige Botschaft des Empfängerlandes in Deutschland[6].

Die Kosten für eine Apostille oder Legalisation betragen in der Regel 25,00 € je Urkunde/Dokument[4].

Praktische Empfehlungen für Testamente mit Auslandsbezug

Überprüfung bestehender Testamente

Wenn Sie planen, ins Ausland zu ziehen oder wenn Sie Vermögen im Ausland haben, sollten Sie Ihr bestehendes Testament überprüfen lassen[6]. Besondere Aufmerksamkeit erfordern:

  • Gemeinschaftliche Testamente (Ehegattentestamente)
  • Testamente, die Immobilien im Ausland betreffen
  • Komplexe Nachlassregelungen mit internationalen Bezügen

Separate Testamente für Auslandsvermögen

In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, für Vermögen im Ausland ein separates Testament zu errichten. Dies bietet mehrere Vorteile:

  • Es beseitigt letzte Zweifel an der formalen Wirksamkeit im Ausland
  • Durch die Verwendung der Landessprache wird der Inhalt korrekt verstanden
  • Lokale Rechtsbegriffe können präziser verwendet werden[1]

Wichtig: Achten Sie darauf, dass sich mehrere Testamente nicht widersprechen und dass durch die zeitliche Abfolge nicht versehentlich ein früheres Testament widerrufen wird[1].

Rechtswahl per Testament

Nach der EU-Erbrechts­verordnung können Sie per Testament eine Rechtswahl treffen und bestimmen, dass Ihr Nachlass nach dem Recht Ihrer Staatsangehörigkeit beurteilt wird, auch wenn Sie im Ausland leben[1]. Dies kann sinnvoll sein, wenn Sie mit dem Erbrecht Ihres Heimatlandes besser vertraut sind.

Wann sollten Sie fachlichen Rat einholen?

Bei Testamenten mit Auslandsbezug ist professionelle Beratung besonders wertvoll. Suchen Sie fachkundige Hilfe, wenn:

  • Sie Immobilien oder erhebliches Vermögen im Ausland besitzen
  • Sie planen, dauerhaft ins Ausland zu ziehen
  • Sie ein Ehegattentestament haben und international tätig sind
  • Sie mehrere Staatsangehörigkeiten besitzen

Eine rechtzeitige Beratung kann kostspielige Komplikationen und rechtliche Unsicherheiten für Ihre Erb:innen vermeiden.

Checkliste: Testamente mit Auslandsbezug

□ Klären Sie Ihren “gewöhnlichen Aufenthalt” und die daraus folgende Rechtslage

□ Prüfen Sie, ob besondere Formvorschriften im Ausland zu beachten sind

□ Erwägen Sie eine explizite Rechtswahl zugunsten Ihres Heimatrechts

□ Lassen Sie fremdsprachige Testamente beglaubigt übersetzen

□ Klären Sie, ob eine Apostille oder Legalisation erforderlich ist

□ Prüfen Sie, ob ein separates Testament für Auslandsvermögen sinnvoll ist

□ Suchen Sie fachkundige Beratung für Ihre individuelle Situation

Mit diesen Informationen und Vorbereitungen können Sie sicherstellen, dass Ihr Testament auch mit internationalem Bezug Gültigkeit hat und Ihr letzter Wille grenzüberschreitend respektiert wird.