Wer darf das Testament nach dem Tod des Erblassers öffnen und wie läuft der Zugriff ab?

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Zusammenfassung

Die Testaments­eröffnung erfolgt ausschließlich durch das Nachlassgericht oder in Baden-Württemberg durch Notare, nachdem ein Todesfall gemeldet wurde. Angehörige dürfen ein Testament nicht eigenmächtig öffnen, sondern müssen es unverzüglich beim Nachlassgericht abgeben. Der Testaments­vollstrecker übernimmt erst nach der Eröffnung die Umsetzung des letzten Willens des Erblassers.

Nach dem Tod eines Menschen müssen sich Angehörige nicht nur mit ihrer Trauer auseinandersetzen, sondern auch mit vielen praktischen und rechtlichen Fragen. Eine der wichtigsten Fragen betrifft das Testament: Wer darf es öffnen? Wie läuft die Eröffnung ab? Welche Rolle spielen dabei Gerichte, Notare oder ein Testaments­vollstrecker? Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über den gesamten Prozess.

Die Testaments­eröffnung: Ein amtlicher Vorgang

Die Testaments­eröffnung ist keine private Angelegenheit, sondern ein offizieller Akt, der ausschließlich durch das zuständige Nachlassgericht (bzw. in Baden-Württemberg durch Notare) durchgeführt wird[3]. Private Personen - auch nahe Angehörige oder benannte Erben - dürfen ein aufgefundenes Testament nicht eigenmächtig öffnen.

Bei der Testaments­eröffnung wird ein rechtsgültiges Testament des Verstorbenen offiziell geöffnet und zur Kenntnis genommen[3]. Dabei werden Erben und Vermächtnis­nehmer benannt und Pflichtteils­ansprüche geprüft. Die Eröffnung sagt jedoch nichts darüber aus, ob das Testament formal wirksam ist[8].

Zuständigkeit für die Testaments­eröffnung

Das Nachlassgericht ist verantwortlich

In der Regel ist das Amtsgericht als Nachlassgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt gelebt hat[3]. Nur in Baden-Württemberg übernehmen Notare diese Aufgabe[3].

Das Standesamt informiert das zuständige Nachlassgericht automatisch über jeden Todesfall[8]. Über das Zentrale Testaments­register wird dann geprüft, ob ein amtlich verwahrtes Testament des Verstorbenen existiert[8].

Ablauf der Testaments­eröffnung

Die Testaments­eröffnung ist ein interner amtlicher Vorgang am Nachlassgericht[8]. Der zuständige Rechtspfleger öffnet das Testament, nimmt Kenntnis vom Inhalt und dokumentiert diesen. Hierbei gibt es zwei Varianten:

Bei amtlich verwahrten Testamenten

Wenn ein Testament beim Nachlassgericht oder Notar amtlich verwahrt wurde, wird es nach dem Tod des Erblassers automatisch eröffnet, sobald das Gericht vom Todesfall erfährt[1][2]. Ein Antrag ist nicht erforderlich.

Der Ablauf:

  1. Das Standesamt meldet den Todesfall an das Zentrale Testaments­register[8]
  2. Das Register informiert das zuständige Nachlassgericht über vorhandene Testamente[8]
  3. Das Nachlassgericht lässt sich das Testament aus der amtlichen Verwahrung vorlegen[5]
  4. Der Rechtspfleger öffnet und prüft das Testament[5]
  5. Über die Eröffnung wird ein Protokoll angefertigt[8]
  6. Alle Beteiligten werden benachrichtigt[8]

Bei privaten Testamenten

Wenn Sie ein privates Testament (zum Beispiel in der Wohnung des Verstorbenen) finden, sind Sie nach § 2259 BGB gesetzlich verpflichtet, dieses unverzüglich beim Nachlassgericht abzugeben[1][3]. Das private Testament wird dann genauso eröffnet wie ein amtlich verwahrtes Testament.

Für die Abgabe können Sie einen Antrag auf Testaments­eröffnung stellen, der folgende Informationen enthalten sollte[8]:

  • Ihre persönlichen Daten als Antragsteller:in
  • Name und letzte Anschrift des Erblassers
  • Sterbedatum
  • Datum des Testaments
  • Beilage: Testament und Sterbeurkunde

Wer wird über die Testaments­eröffnung informiert?

Das Nachlassgericht benachrichtigt alle Personen, die von den Verfügungen im Testament betroffen sind[8]:

  • Eingesetzte Erben
  • Gesetzliche Erben, die durch das Testament ausgeschlossen wurden
  • Vermächtnis­nehmer
  • Testaments­vollstrecker
  • Nachlassverwalter

Diese Personen erhalten:

  • Eine Kopie des Testaments
  • Ein Eröffnungs­protokoll

Einsicht in das Testament nach der Eröffnung

Nach der Testaments­eröffnung wird das Original zu den Nachlassakten gelegt[8]. Es kann von Personen mit rechtlichem Interesse eingesehen werden[7]. Dies gilt für:

  • Erben und Personen mit Pflichtteils­ansprüchen
  • Vermächtnis­nehmer (beschränkt auf die sie betreffenden Teile)
  • Gläubiger:innen des Nachlasses (mit Nachweis ihrer Forderungen)

Bei der Einsicht werden jedoch schutzwürdige Interessen aller Beteiligten gewahrt[7]. Das bedeutet: Personen, die nur bestimmte Vermächtnis­anordnungen betreffen, dürfen auch nur diese Teile einsehen.

Die Rolle des Testaments­vollstreckers

Ein häufiges Missverständnis: Der Testaments­vollstrecker ist nicht für die Eröffnung des Testaments zuständig. Seine Aufgabe beginnt erst nach der Testaments­eröffnung.

Aufgaben des Testaments­vollstreckers

Der Testaments­vollstrecker hat die Aufgabe, die Verfügungen im Testament zur Ausführung zu bringen[6]. Er:

  • Verwaltet den Nachlass
  • Setzt den letzten Willen des Erblassers um
  • Regelt die Verteilung des Erbes
  • Fungiert als Willens­vertreter des Erblassers und als Treuhänder der Erben[6]

Je nach Umfang der übertragenen Aufgaben kann er als:

  • Abwicklungs­vollstrecker (setzt den letzten Willen um)
  • Verwaltungs­vollstrecker (verwaltet den Nachlass längerfristig)
  • Beaufsichtigender Testaments­vollstrecker tätig sein[2]

Zu seinen konkreten Pflichten gehören unter anderem:

  • Ermittlung und Inbesitznahme des Nachlasses
  • Vorlage eines Nachlass­verzeichnisses
  • Information der Erben über besondere Umstände
  • Auskunfts­erteilung
  • Ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses
  • Vorbereitung der Teilung
  • Erstellung eines Auseinander­setzungsplans
  • Vorlage eines Rechenschafts­berichts[2]

Zugriff auf das Erbe ohne Erbschein

In vielen Fällen benötigen Erben keinen kostspieligen Erbschein, um Zugriff auf das Erbe zu erhalten. Der Bundes­gerichtshof hat entschieden, dass beispielsweise Banken bei Vorlage eines eigenhändigen Testaments samt Eröffnungs­protokoll (in beglaubigter Kopie) den Zugriff auf Konten des Verstorbenen gewähren müssen[4].

Praktische Hinweise für Angehörige

  1. Finden Sie ein Testament:
    Übergeben Sie es unverzüglich dem Nachlassgericht, öffnen Sie es nicht selbst.

  2. Nach der Testaments­eröffnung:
    Warten Sie auf die Benachrichtigung des Nachlassgerichts. Diese enthält eine Kopie des Testaments und das Eröffnungs­protokoll.

  3. Zugriff auf Konten:
    Legen Sie der Bank das Eröffnungs­protokoll und die Testaments­kopie vor. In vielen Fällen ist kein Erbschein erforderlich.

  4. Bei Unklarheiten:
    Wenden Sie sich an eine Fachperson für Erbrecht, besonders wenn:

    • Das Testament unklar formuliert ist
    • Zweifel an der Gültigkeit bestehen
    • Mehrere Testamente gefunden wurden
    • Erbstreitigkeiten drohen

Fazit

Die Testaments­eröffnung ist ein formaler, gesetzlich geregelter Prozess, der ausschließlich durch das Nachlassgericht (bzw. in Baden-Württemberg durch Notare) durchgeführt wird. Private Personen - auch nahe Angehörige - dürfen ein Testament nicht eigenmächtig öffnen. Der Testaments­vollstrecker ist nicht für die Eröffnung zuständig, sondern für die Umsetzung der im Testament festgelegten Verfügungen nach der Eröffnung.

Für Sie als Angehörige oder Betroffene bedeutet dies: Handeln Sie nach den gesetzlichen Vorgaben, geben Sie aufgefundene Testamente beim Nachlassgericht ab und warten Sie die offizielle Testaments­eröffnung ab. So sorgen Sie für einen rechtssicheren Umgang mit dem letzten Willen des Verstorbenen.