Sind digitale Kopien des Testaments ausreichend, oder muss das Original vorgelegt werden?
Ein Testament sollte immer im Original vorgelegt werden, da dies die größte Rechtssicherheit bietet. Eine Kopie kann unter strengen Voraussetzungen ausreichen, wenn die formwirksame Errichtung, der Inhalt und das Fehlen eines Widerrufs nachgewiesen werden können. Für komplexe Fälle oder bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine fachanwaltliche Beratung.
- Die grundsätzliche Rechtslage: Original hat Vorrang
- Wann kann eine Testamentskopie ausreichen?
- Die gerichtliche Prüfung bei fehlendem Original
- Was spricht gegen die Anerkennung einer Kopie?
- Der Umgang mit digitalen Testamentsentwürfen
- Praktische Tipps für den sicheren Umgang mit Testamenten
- Zusammenfassung: Kopie kann ausreichen, aber Original ist sicherer
Eine Testamentskopie kann unter bestimmten Umständen als Nachweis für Erbansprüche ausreichen, wenn das Original nicht mehr auffindbar ist. Die Hürden sind jedoch hoch, und Gerichte prüfen solche Fälle mit besonderer Sorgfalt.
Die grundsätzliche Rechtslage: Original hat Vorrang
Bei der Testamentsvorlage gilt ein klares Prinzip: Das Original des Testaments sollte immer zur Verfügung stehen. Grundsätzlich verlangt das Nachlassgericht zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts die Vorlage der Urschrift (des Originals) des Testaments[1]. Dies dient der Rechtssicherheit und soll Zweifel am letzten Willen des Erblassers nach Möglichkeit ausschließen[8].
Ist die Vorlage des Originaltestaments nicht möglich, können Sie als im Testament Bedachte:r auf andere zulässige Beweismittel zurückgreifen[2]. Eine letztwillige Verfügung bleibt nämlich gültig, wenn sie ohne Wille des Erblassers verloren gegangen, vernichtet oder aus sonstigen Gründen nicht auffindbar ist[2].
Formvorschriften für gültige Testamente
Bevor wir uns mit Kopien beschäftigen, sollten Sie die grundlegenden Formvorschriften für Testamente kennen:
- Ein privates Testament muss vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben sein[4]
- Die Errichtung am Computer oder mit der Schreibmaschine führt zur Unwirksamkeit des privaten Testaments[4]
- Ausnahme: Ein notariell beurkundetes Testament (öffentliches Testament) darf mit dem Computer erstellt werden[4]
- Für Ehepaare gilt eine Erleichterung: Ein von einem Ehepartner handschriftlich errichtetes Testament kann vom anderen Ehepartner unterzeichnet werden[4]
Wann kann eine Testamentskopie ausreichen?
Liegt das Originaltestament nicht vor, ist das nicht automatisch ein Ausschlussgrund für Ihre Erbansprüche. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch eine Kopie als Nachweis dienen:
Voraussetzungen für die Anerkennung einer Kopie
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Nachweis der formwirksamen Errichtung: Sie müssen nachweisen, dass der Erblasser das nicht auffindbare Testament persönlich mit der Hand geschrieben und anschließend unterschrieben hat[2].
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Nachweis des Inhalts: Der genaue Inhalt des Testaments muss belegt werden können[2].
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Ausschluss eines Widerrufs: Es darf kein Anhaltspunkt dafür bestehen, dass der Erblasser das Testament bewusst vernichtet oder widerrufen hat[6].
Rechtsprechung zu Testamentskopien
Mehrere Gerichtsentscheidungen bestätigen, dass Kopien unter bestimmten Umständen ausreichen können:
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Das OLG Naumburg hat in einem Fall die Kopie eines Testaments als tauglichen Erbnachweis anerkannt, nachdem die Ehefrau des Antragstellers glaubhaft die Umstände der Testamentserrichtung geschildert hatte[1][6].
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Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass eine private Kopie eines Testaments zu eröffnen ist, wenn das Testament im Original nicht mehr vorhanden ist[5].
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Das OLG München hat festgelegt, dass ein unauffindbares Original allein nicht als Beweis für einen Widerruf oder eine Vernichtung ausreicht[7].
Wichtig: Die Beweisanforderungen sind hoch. Das OLG Hamburg hat betont, dass aus einer vorgelegten Testamentskopie nicht ohne Weiteres ein Erbrecht abgeleitet werden kann[2].
Die gerichtliche Prüfung bei fehlendem Original
Wenn Sie nur eine Kopie vorlegen können, wird das Gericht eine besonders sorgfältige Prüfung vornehmen:
Das Eröffnungsverfahren
Ein erstes wichtiges Verfahren ist die Testamentseröffnung. Hier hat das OLG Düsseldorf entschieden:
- Eine Testamentskopie ist gemäß § 348 FamFG zu eröffnen, wenn das Testament im Original nicht mehr vorhanden ist[5].
- Im Eröffnungsverfahren findet keine Prüfung der materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Kopie statt[5].
- Es erfolgt nur eine summarische Plausibilitätsprüfung, ob sich das Schriftstück nach Form und Inhalt als Verfügung von Todes wegen darstellen kann[5].
Das Erbscheinerteilungsverfahren
Beim anschließenden Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gelten strenge Anforderungen:
- Aussagen von Zeug:innen, die das Testament nicht persönlich gesehen haben, reichen für die Beweisführung in der Regel nicht aus[2].
- Bei einer Kopie bedarf es einer besonders sorgfältigen Ermittlung, weil angesichts der Fortschritte der Kopiertechnik Vorsicht geboten ist[2].
- Die Beweislast für einen Widerruf trägt, wer sich auf den Widerruf beruft, nicht derjenige, der die Kopie vorlegt[6].
Was spricht gegen die Anerkennung einer Kopie?
Es gibt Umstände, die gegen die Anerkennung einer Testamentskopie sprechen können:
- Verdachtsmomente der Fälschung: Gibt es Anzeichen, dass die Kopie gefälscht sein könnte, wird das Gericht besonders kritisch prüfen[3].
- Längere Zeit bis zur Vorlage: Wird eine Kopie erst Jahre nach dem Erbfall vorgelegt, kann dies Zweifel wecken[1].
- Widersprüche im Schriftbild: Abweichungen zwischen Schriftbild und Papiermuster in der Kopie können Anlass zu Zweifeln geben[6].
Der Umgang mit digitalen Testamentsentwürfen
Häufig stellt sich die Frage nach computererstellten Testamenten:
Grundregel: Ein am Computer oder der Schreibmaschine errichtetes privates Testament ist unwirksam[4]. Das Gesetz ist eindeutig: Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann ein Erblasser ein Testament nur „durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten"[4].
Die Ausnahme: Das notarielle Testament
Die einzige Möglichkeit, ein digital erstelltes Testament wirksam zu errichten, bietet der Weg zum Notar:
Praktische Tipps für den sicheren Umgang mit Testamenten
Aus den rechtlichen Anforderungen lassen sich einige praktische Empfehlungen ableiten:
Für Testamentserstellende:
- Bewahren Sie Ihr Testament sicher auf - am besten beim Amtsgericht (Nachlassgericht) in amtliche Verwahrung geben
- Informieren Sie Vertrauenspersonen über den Aufbewahrungsort
- Vermeiden Sie digitale Entwürfe ohne nachfolgende handschriftliche Ausfertigung
- Ziehen Sie einen Notar hinzu, wenn Sie komplexe Regelungen treffen möchten
Für Erb:innen mit Testamentskopie:
- Sammeln Sie alle Beweismittel, die für die Echtheit der Kopie sprechen
- Suchen Sie nach Zeug:innen, die das Original gesehen haben
- Dokumentieren Sie die Umstände, wie die Kopie in Ihren Besitz gelangt ist
- Wenden Sie sich frühzeitig an eine:n Fachanwält:in für Erbrecht
Zusammenfassung: Kopie kann ausreichen, aber Original ist sicherer
Die Vorlage des Originaltestaments ist der Regelfall und bietet die größte Rechtssicherheit. Dennoch kann unter bestimmten Umständen auch eine Kopie ausreichen, wenn:
- die formwirksame Errichtung des Originals nachgewiesen werden kann,
- der Inhalt des Testaments belegt werden kann und
- ein Widerruf durch den Erblasser ausgeschlossen werden kann.
Die Anforderungen an den Nachweis mittels einer Kopie sind jedoch streng, und die Entscheidung liegt letztlich beim zuständigen Gericht. Im Zweifel sollten Sie sich von einem:einer Fachanwält:in für Erbrecht beraten lassen.