Wer ist berechtigt, ein Testament rechtlich anzufechten?

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Zusammenfassung

Ein Testament kann von Personen angefochten werden, die durch eine erfolgreiche Anfechtung unmittelbar profitieren würden, wie gesetzliche Erb:innen, enterbte Angehörige, Pflicht­teils­berechtigte oder Begünstigte früherer Testamente. Voraussetzung ist das Vorliegen konkreter Anfechtungs­gründe wie Form­fehler, Irrtümer des Erb­lassers oder Drohung und Täuschung. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungs­grundes beim Nachlassgericht erklärt werden.

Ein Testament anzufechten kann für viele Menschen ein wichtiger Schritt sein, wenn sie mit dem letzten Willen eines Verstorbenen nicht einverstanden sind. Doch nicht jede Person kann einfach gegen ein Testament vorgehen. Das deutsche Erbrecht legt fest, wer unter welchen Bedingungen berechtigt ist, ein Testament rechtlich anzufechten.

Grundlagen: Wann ist eine Testaments­anfechtung möglich?

Eine Testaments­anfechtung ist erst nach dem Tod des Erb­lassers möglich, wenn das Testament in Kraft tritt. Die Anfechtung kann entweder das ganze Testament oder nur einzelne Verfügungen betreffen. Grundsätzlich gilt: Nur wer von einer erfolgreichen Anfechtung unmittelbar profitieren würde, kann ein Testament anfechten[1][6][7].

Hierbei ist zu beachten: Die Anfechtung eines Testaments ist keine Frage persönlicher Vorlieben oder subjektiver Empfindungen. Es müssen konkrete rechtliche Anfechtungs­gründe vorliegen, die Sie nachweisen können.

Diese Personen können ein Testament anfechten

Das Gesetz definiert genau, wer anfechtungs­berechtigt ist. Nach § 2080 BGB sind dies alle Personen, denen die Aufhebung des Testaments unmittelbar zugutekommen würde[1][7]. Dazu gehören:

Gesetzliche Erben

Personen, die nach der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigt wären, können ein Testament anfechten. Dies betrifft vor allem nahe Verwandte wie Ehe­partner:innen, Kinder oder Eltern, die durch das Testament nicht oder weniger als nach der gesetzlichen Erbfolge bedacht wurden[6][7].

Beispiel: Die Ehefrau wird im Testament ihres Mannes nicht erwähnt, stattdessen setzt er seinen Freund als Alleinerben ein. Die Ehefrau kann das Testament anfechten, da sie ohne Testament gesetzliche Erbin wäre.

Enterbte nahe Angehörige

Wurden Sie als naher Angehöriger enterbt oder in der Erbfolge übergangen, sind Sie grundsätzlich berechtigt, das Testament anzufechten[2]. Dies gilt besonders, wenn Sie ohne das Testament einen gesetzlichen Erbanspruch hätten.

Pflicht­teils­berechtigte

Pflicht­teils­berechtigte Personen, die im Testament übergangen wurden, haben ein Anfechtungs­recht[1][3]. Zu diesem Personenkreis zählen:

  • Ehe­partner:innen des Erb­lassers
  • Eingetragene Lebens­partner:innen
  • Kinder und Enkelkinder
  • Eltern (wenn keine Kinder vorhanden sind)

Begünstigte früherer Testamente

Wurden Sie in einem früheren Testament des Erb­lassers als Erbe:in eingesetzt, im späteren Testament jedoch nicht mehr berücksichtigt? Dann können Sie das spätere Testament anfechten[6][7].

Beispiel: Eine Tante hat in ihrem ersten Testament ihren Neffen als Alleinerben eingesetzt. Jahre später verfasst sie ein neues Testament und vermacht ihr Vermögen einer wohltätigen Organisation. Der Neffe kann das zweite Testament anfechten, wenn Anfechtungs­gründe vorliegen.

Ersatz- und Nacherben

Auch Ersatz- oder Nacherben können anfechtungs­berechtigt sein. Als Nacherbe:in können Sie beispielsweise das Testament anfechten, um nicht auf Ihre Erbschaft warten zu müssen[7].

Personen mit Belastungen durch das Testament

Erben, denen durch das Testament erhebliche Belastungen auferlegt wurden, können ebenfalls anfechtungs­berechtigt sein[2]. Dies betrifft zum Beispiel Auflagen oder Vermächtnisse, die den Wert der Erbschaft erheblich mindern.

Anfechtungs­gründe: Wann kann ein Testament angefochten werden?

Nicht jedes Unbehagen über den Inhalt eines Testaments rechtfertigt eine Anfechtung. Es müssen konkrete Anfechtungs­gründe vorliegen:

Form­unwirksamkeit

Ein Testament kann angefochten werden, wenn es nicht den formalen Vorgaben entspricht[1][8]. Ein handschriftliches Testament muss beispielsweise vollständig von Hand geschrieben und unterschrieben sein.

Irrtümer des Erb­lassers

Verschiedene Arten von Irrtümern können zur Anfechtung berechtigen:

  • Inhalts- und Erklärungs­irrtum: Der Erb­lasser gab eine Erklärung ab, die er so nicht abgeben wollte[5].

    Beispiel: Der Erb­lasser glaubte fälschlicherweise, dass ein handschriftliches Testament unwirksam sei, und hat deshalb keinen neuen letzten Willen verfasst.

  • Motiv­irrtum: Der Erb­lasser ging von falschen Voraussetzungen aus[6].

    Beispiel: Der Erb­lasser setzte einen Freund als Erben ein, weil dieser versprach, ihn bis zum Tod zu pflegen. Tatsächlich kam es nie zur Pflege.

Drohung und Täuschung

Ein besonders schwerwiegender Anfechtungs­grund liegt vor, wenn der Erb­lasser bei der Testaments­erstellung unter Druck gesetzt oder getäuscht wurde[3][5][6][8].

Beispiel: Ein Sohn droht seinem pflege­bedürftigen Vater, die Pflege­leistungen einzustellen, wenn dieser ihn nicht zum Alleinerben einsetzt. Der Vater gibt nach und enterbt seine anderen Kinder[3].

Übergehen von Pflicht­teils­berechtigten

Ein Testament kann auch angefochten werden, wenn der Erb­lasser beim Verfassen des Testaments nichts von einem Pflicht­teils­berechtigten wusste, beispielsweise von einem noch ungeborenen Kind oder einem unehelichen Kind, von dem er keine Kenntnis hatte[3][6][8].

So gehen Sie bei einer Testaments­anfechtung vor

Möchten Sie ein Testament anfechten, sollten Sie folgende Schritte beachten:

Fristen einhalten

Für die Anfechtung eines Testaments gilt eine Frist von einem Jahr[3][4][6]. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem Sie vom Anfechtungs­grund Kenntnis erlangt haben. Nach 30 Jahren seit dem Erbfall ist eine Anfechtung grundsätzlich ausgeschlossen[6].

Zuständiges Nachlassgericht ermitteln

Die Anfechtungs­erklärung reichen Sie beim zuständigen Nachlassgericht ein[3][4][7]. In bestimmten Fällen, etwa bei Vermächtnissen, muss die Anfechtung direkt gegenüber der begünstigten Person erklärt werden[7].

Anfechtungs­erklärung einreichen

Die Anfechtungs­erklärung erfolgt durch eine formlose Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht[3]. Darin sollten Sie den Anfechtungs­grund genau benennen und nachweisen.

Beweise sammeln

Der Erfolg einer Testaments­anfechtung hängt maßgeblich davon ab, ob Sie den Anfechtungs­grund zweifelsfrei nachweisen können[4]. Sammeln Sie alle verfügbaren Beweise wie Dokumente, Zeugen­aussagen oder gegebenenfalls Gutachten.

Folgen einer erfolgreichen Anfechtung

Was passiert, wenn ein Testament erfolgreich angefochten wurde?

Unwirksamkeit des Testaments

Bei erfolgreicher Anfechtung wird das Testament vom Nachlassgericht für unwirksam erklärt[6]. Dies kann das gesamte Testament oder nur einzelne Verfügungen betreffen.

Eintritt der gesetzlichen Erbfolge oder früherer Testamente

Anstelle des angefochtenen Testaments tritt entweder die gesetzliche Erbfolge oder ein früheres, nicht angefochtenes Testament in Kraft[6]. Die Erbschaft wird dann entsprechend neu verteilt.

Teil­anfechtung möglich

In vielen Fällen wird nicht das gesamte Testament, sondern nur eine einzelne Verfügung angefochten[6]. Die übrigen Verfügungen des Testaments behalten dann ihre Gültigkeit, sofern sie von der angefochtenen Verfügung trennbar sind.

Die Anfechtung eines Testaments ist ein komplexer rechtlicher Vorgang. In den meisten Fällen ist die Unterstützung durch eine:n Rechts­anwält:in mit Fachkenntnis im Erbrecht empfehlenswert, um Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Anfechtung zu verbessern und Fehler zu vermeiden.

Denken Sie daran: Eine Testament­sanfechtung bleibt eine Ausnahme und kann nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erfolgreich sein. Das Recht respektiert grundsätzlich den letzten Willen des Erb­lassers und setzt für eine Anfechtung hohe Hürden.