Welche Gründe können zur Anfechtung eines Testaments führen?

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Zusammenfassung

Ein Testament kann angefochten werden, wenn Formfehler vorliegen, der Erblasser testierunfähig war, ein Irrtum, eine Drohung oder arglistige Täuschung vorlag, pflichtteilsberechtigte Personen übergangen wurden oder ein eingesetzter Erbe erbunwürdig ist. Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes beim Nachlassgericht erklärt werden. Eine sorgfältige Prüfung und rechtliche Beratung sind empfehlenswert, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung streng sind.

Nach dem Tod einer Person entstehen oft Unklarheiten oder Streitigkeiten um das hinterlassene Testament. Besonders dann, wenn sich nahe Angehörige übergangen oder ungerecht behandelt fühlen, stellt sich die Frage: Lässt sich ein Testament anfechten? Die Antwort lautet grundsätzlich ja - allerdings nur unter bestimmten Voraus­setzungen und innerhalb einer gesetzlich festgelegten Frist.

Wer darf ein Testament anfechten?

Nicht jede Person kann ein Testament einfach anfechten. Die Gesetz­gebung sieht vor, dass nur diejenigen anfechtungs­berechtigt sind, denen die Aufhebung des Testaments unmittelbar zugute­kommen würde. In der Regel sind dies die gesetz­lichen Erben, die bei Unwirksamkeit des Testaments zum Zuge kämen.[1]

Wichtig zu wissen: Die Anfechtung eines Testaments ist erst nach dem Tod des Erblassers möglich. Vorher entfaltet ein Testament keinerlei Rechts­wirkung.[3]

Die gesetzliche Anfechtungsfrist

Wenn Sie einen Anfechtungs­grund geltend machen möchten, müssen Sie schnell handeln. Das Gesetz sieht eine Anfechtungs­frist von einem Jahr vor. Diese Frist beginnt allerdings erst in dem Moment zu laufen, in dem Sie vom Anfechtungs­grund Kenntnis erlangt haben.[8]

Versäumen Sie diese Frist, ist eine Anfechtung des Testaments nicht mehr möglich.[6]

Anfechtungsgründe im Detail

1. Formfehler und Unwirksamkeit

Ein Testament kann aufgrund von Form­fehlern unwirksam sein. Zu den häufigsten Form­fehlern gehören:

  • Ein eigen­händiges Testament wurde am Computer verfasst und nicht handschriftlich unterschrieben
  • Im Testament wird auf Dokumente Bezug genommen, die nicht in der rechtlich vorge­schriebenen Form vorliegen[2]

Diese Form­fehler führen automatisch zur Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit des Testaments.[2]

2. Testierunfähigkeit

Ein häufiger Anfechtungs­grund ist die fehlende Testier­fähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testaments­errichtung. Allerdings reicht die pauschale Behauptung, der Erblasser sei geschäfts­unfähig gewesen, nicht aus. Vielmehr muss konkret dargelegt und bewiesen werden, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung tatsächlich testier­unfähig war.[1]

Das Nachlassgericht prüft die Testier­fähigkeit und fordert von den Anfechtenden starke Indizien für eine Testier­unfähigkeit.[2]

3. Irrtum des Erblassers

Das Gesetz unterscheidet verschiedene Arten von Irrtümern, die zur Anfechtung berechtigen:

  • Erklärungs­irrtum: Der Erblasser weiß nicht, was er sagt (z.B. Verschreiben, Versprechen)[5]
  • Inhalts­irrtum: Der Erblasser weiß, was er sagt, aber nicht, was er damit sagt[5]
  • Motiv­irrtum: Der Erblasser geht von falschen Tatsachen aus[3][5]

Beispiel für einen Motiv­irrtum: Ein Landwirt glaubt, dass sein Sohn die Landwirtschaft nach seinem Tod fortführen wird und setzt ihn deshalb als Erben ein. Tatsächlich verkauft der Sohn aber die Landwirtschaft.[5]

4. Drohung und arglistige Täuschung

Ein Testament kann angefochten werden, wenn der Erblasser durch wider­rechtliche Drohung oder arglistige Täuschung zur Errichtung des Testaments bestimmt wurde.[3][8]

Bei einer Täuschung wird der Erblasser bewusst in die Irre geführt, um ihn zu einer bestimmten testamentarischen Verfügung zu bewegen. Eine Drohung liegt vor, wenn der Erblasser unter Druck gesetzt wurde.[3]

5. Übergehung eines Pflichtteils­berechtigten

Der häufigste Fall einer erfolgreichen Anfechtung ist, dass der Erblasser einen pflichtteils­berechtigten Erben nicht berücksichtigt hat, weil dieser zum Zeitpunkt der Testaments­errichtung:

  • noch nicht geboren war (Kind)
  • erst danach in Erscheinung getreten ist (Ehe­partner:in nach Ehe­schließung, unbekanntes Kind)[4]

6. Erbunwürdigkeit des Erben

Ein Testament kann auch wegen der Erbunwürdigkeit eines eingesetzten Erben angefochten werden. Als erbunwürdig gilt, wer:

  • den Erblasser vorsätzlich zu töten versucht hat
  • den Erblasser vorsätzlich und wider­rechtlich daran gehindert hat, ein Testament zu errichten oder zu ändern
  • den Erblasser durch arglistige Täuschung oder Drohung zur Errichtung einer bestimmten Verfügung bewegt hat
  • ein Testament gefälscht oder verfälscht hat[7]

Wie erfolgt die Anfechtung?

Die Anfechtung eines Testaments erfolgt durch eine Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht. Eine bestimmte Form für diese Anfechtungs­erklärung ist nicht vorgeschrieben.[7]

In der Praxis gibt es zwei Wege zur Geltend­machung Ihres Erbrechts:

  1. Erbschein beantragen: Das Nachlassgericht prüft dann, ob Sie erbberechtigt sind
  2. Anfechtungs­klage einreichen[4]

Praktische Tipps für die Testaments­anfechtung

  • Dokumentieren Sie sorgfältig: Sammeln Sie alle Beweise, die den Anfechtungs­grund belegen können
  • Handeln Sie rasch: Beachten Sie die einjährige Anfechtungs­frist
  • Suchen Sie fachlichen Rat: Eine Testaments­anfechtung ist rechtlich komplex - lassen Sie sich von einer Fachperson beraten[8]
  • Beweisen statt spekulieren: Sie müssen den Anfechtungs­grund und dessen Ursächlichkeit für die Testament­serrichtung nachweisen[4]

Beachten Sie: Die rein subjektive Einschätzung, durch ein Testament wirtschaftlich oder emotional benachteiligt worden zu sein, rechtfertigt keine Anfechtung. Es ist und bleibt grundsätzlich die Entscheidung des Erblassers, wie er sein Vermögen verteilt.[4]

Bei unklaren Formulierungen im Testament wird zunächst eine Testaments­auslegung vorgenommen, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln. Erst wenn dies nicht gelingt, kommt eine Anfechtung in Betracht.[2]

Eine Testaments­anfechtung sollte gut überlegt sein. Der Gesetzgeber hat die Voraus­setzungen eng definiert, und viele Anfechtungs­versuche bleiben erfolglos. Prüfen Sie daher genau, ob einer der genannten Anfechtungs­gründe tatsächlich vorliegt und ob Sie diesen auch nachweisen können.