Welche Folgen hat eine erfolgreiche Anfechtung des Testaments?

veröffentlicht am
aktualisiert am
Zusammenfassung

Eine erfolgreiche Testament­sanfechtung führt entweder dazu, dass ein früheres Testament wieder gültig wird oder - falls kein früheres Testament existiert - die gesetzliche Erbfolge eintritt. Oft bleibt jedoch der nicht angefochtene Teil des Testaments wirksam. Die genauen Folgen hängen von den individuellen Umständen und der rechtlichen Bewertung ab.

Ein Testament, das nach dem Tod einer Person eröffnet wird, spiegelt nicht immer den tatsächlichen Willen der verstorbenen Person wider. In manchen Fällen kann ein Testament aufgrund bestimmter Umstände angefochten werden. Doch was geschieht eigentlich, wenn eine Testament­sanfechtung erfolgreich ist? Tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge ein, oder gewinnt möglicherweise ein älteres Testament wieder Gültigkeit? Dieser Artikel klärt Sie über die rechtlichen Folgen einer erfolgreichen Testament­sanfechtung auf.

Was bedeutet es, ein Testament anzufechten?

Bevor wir die Folgen einer Testament­sanfechtung betrachten, ist es hilfreich zu verstehen, was eine Anfechtung überhaupt ist. Bei einer Testament­sanfechtung wird die Gültigkeit eines Testaments in Zweifel gezogen, da es möglicherweise nicht den wahren Willen des Erblassers wiedergibt. Mögliche Anfechtungs­gründe sind:

  • Irrtum über den Inhalt des Testaments
  • Drohung oder Täuschung
  • Übergehen eines Pflicht­teils­berechtigten
  • Andere anerkannte Gründe nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch

Die Anfechtung erfolgt durch eine Erklärung gegenüber dem Nachlass­gericht und muss innerhalb einer Jahres­frist nach Kenntnis des Anfechtungs­grundes erfolgen[6].

Teilweise oder vollständige Unwirksamkeit des Testaments

Wichtig zu wissen: Eine erfolgreiche Anfechtung führt nicht zwangs­läufig zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments!

In den meisten Fällen wird nur der angefochtene Teil des Testaments unwirksam. Alle anderen Verfügungen, die vom Anfechtungs­grund nicht betroffen sind, bleiben grundsätzlich gültig[1]. Das Gesetz sieht hier eine differenzierte Betrachtung vor:

  • Die erfolgreiche Testament­sanfechtung führt zur Unwirksamkeit der angefochtenen Verfügung[8].
  • Andere Verfügungen im Testament bleiben wirksam, sofern anzunehmen ist, dass der Erblasser diese auch ohne die unwirksame Verfügung getroffen hätte[8].

Beispiel zur teilweisen Unwirksamkeit:

Ein Erblasser hat in seinem Testament zwei wesentliche Verfügungen getroffen:

  1. Seine Tochter erbt das Haus (1. Verfügung)
  2. Sein Freund erhält seine Yacht als Vermächtnis (2. Verfügung)

Wird nun die 1. Verfügung erfolgreich angefochten (zum Beispiel weil die Tochter den Erblasser durch Drohung dazu bestimmt hat), bleibt die 2. Verfügung dennoch wirksam. Der Freund erhält also weiterhin die Yacht[8].

Wiederaufleben eines früheren Testaments

Ein zentraler Aspekt, der oft übersehen wird: Wenn ein früheres Testament existiert, kann dieses durch die erfolgreiche Anfechtung wieder aufleben.

Wenn durch die Anfechtung ein früheres Testament wieder auflebt, dann gilt dieses[4]. Das bedeutet:

  • Das angefochtene Testament (oder der angefochtene Teil) wird unwirksam
  • Ein früheres, nicht widerrufenes Testament tritt an seine Stelle
  • Dieses frühere Testament bestimmt nun die Erbfolge

Eintritt der gesetzlichen Erbfolge

Wenn kein früheres Testament vorhanden ist, tritt nach einer erfolgreichen Anfechtung die gesetzliche Erbfolge ein[4][5]. Die gesetzliche Erbfolge regelt, welche Angehörigen in welcher Reihenfolge erben:

  • Ehegatten oder eingetragene Lebens­partner:innen
  • Kinder und deren Nachkommen
  • Eltern und deren Nachkommen
  • Großeltern und deren Nachkommen
  • Entferntere Verwandte

Die gesetzliche Erbfolge tritt auch ein, wenn das gesamte Testament für unwirksam erklärt wird. Dies geschieht, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die übrigen Verfügungen ohne die angefochtene Verfügung nicht getroffen hätte (§ 2085 BGB)[6].

Praxis­beispiel: Auswirkungen einer erfolgreichen Testament­sanfechtung

Um die komplexen Folgen einer Testament­sanfechtung zu veranschaulichen, betrachten wir folgendes Beispiel:

Maria hat drei Testamente erstellt:

  • Testament 1 (2015): Ihre Nichte Anna erbt alles
  • Testament 2 (2018): Ihr Neffe Paul erbt alles
  • Testament 3 (2023): Ihre Freundin Claudia erbt alles

Nach Marias Tod wird Testament 3 eröffnet. Paul ficht dieses Testament erfolgreich an, da Maria bei der Erstellung von Testament 3 unter dem Einfluss starker Medikamente stand und nicht mehr testier­fähig war.

Folge: Testament 3 wird unwirksam. Da ein früheres Testament (Testament 2) existiert, lebt dieses wieder auf. Paul erbt also gemäß Testament 2 das gesamte Vermögen von Maria.

Hätte Maria hingegen nur Testament 3 erstellt und keine früheren Testamente, würde nach erfolgreicher Anfechtung die gesetzliche Erbfolge eintreten.

Was geschieht mit dem restlichen Testament?

Eine wichtige Frage ist, was mit dem Rest des Testaments geschieht, wenn nur ein Teil angefochten wird. Hier gilt:

  • Grundregel: Nur der angefochtene Teil wird unwirksam[1]
  • Ausnahme: Das gesamte Testament wird unwirksam, wenn der Erblasser die übrigen Verfügungen ohne die angefochtene Verfügung nicht getroffen hätte[6]

Diese Ausnahme basiert auf dem Gedanken, dass manche Verfügungen so eng miteinander verknüpft sind, dass sie nur gemeinsam Bestand haben können oder gar nicht.

Wie Sie bei einer Testament­sanfechtung vorgehen sollten

Wenn Sie ein Testament anfechten möchten oder mit einer Anfechtung konfrontiert sind, empfehlen sich folgende Schritte:

  1. Recht­liche Beratung einholen: Die Anfechtung eines Testaments ist juristisch komplex. Lassen Sie sich von einer Fachperson für Erbrecht beraten.

  2. Fristen beachten: Die Anfechtung muss innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem Sie vom Anfechtungs­grund Kenntnis erlangt haben[6].

  3. Nachlass­gericht kontaktieren: Die Anfechtung erfolgt durch eine formlose Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlass­gericht[4].

  4. Beweise sichern: Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen und Zeugen­aussagen, die den Anfechtungs­grund belegen können.

  5. Mögliche Folgen abwägen: Überlegen Sie, welche Konsequenzen die Anfechtung haben kann - tritt die gesetzliche Erbfolge ein oder wird ein früheres Testament gültig?

Die Kosten einer Testament­sanfechtung

Die Kosten für eine Testament­sanfechtung können je nach Komplexität des Falls und Wert des Nachlasses erheblich variieren. Viele Anwalts­kanzleien bieten ein erstes Beratungs­gespräch zum Pauschal­preis an (beispielsweise 250 € netto zzgl. Umsatzsteuer)[4]. Die weiteren Kosten richten sich meist nach dem Rechts­anwalts­vergütungs­gesetz.

Fazit

Die erfolgreiche Anfechtung eines Testaments hat weitreichende Folgen für die Erbfolge. Je nach Situation wird entweder ein früheres Testament wieder gültig oder die gesetzliche Erbfolge tritt ein. In manchen Fällen bleibt auch ein Teil des angefochtenen Testaments bestehen.

Bei Fragen zur Testament­sanfechtung sollten Sie sich immer an eine Fachperson für Erbrecht wenden, da die rechtliche Beurteilung komplex ist und von vielen Einzelfaktoren abhängt. So stellen Sie sicher, dass Ihre Rechte als Erbe oder Pflicht­teils­berechtigte:r gewahrt bleiben.