Können anonyme Testamente oder mündliche Verfügungen angefochten werden?
Mündliche Testamente sind in Deutschland nur in Ausnahmesituationen wie Todesgefahr oder Kriegszeiten gültig und zeitlich begrenzt, während anonyme Testamente grundsätzlich unwirksam sind. Beide können angefochten werden, wenn sie formale Fehler, Täuschung oder fehlende Testierfähigkeit aufweisen, wobei die Beweislast oft eine große Hürde darstellt. Für maximale Rechtssicherheit empfiehlt sich ein handschriftliches oder notarielles Testament mit klaren Formulierungen.
- Mündliche Testamente: Nur in Notfällen gültig
- Anonyme Testamente: Rechtlich problematisch
- Anfechtung von Testamenten: Wann ist sie möglich?
- Wer darf ein Testament anfechten?
- Fristen für die Anfechtung
- Beweislast: Die große Hürde bei mündlichen und anonymen Testamenten
- Praktische Tipps für den Umgang mit fragwürdigen Testamenten
- Fazit: Rechtssicherheit geht vor
Ist ein Testament nicht handschriftlich oder notariell erstellt, stellt sich die Frage nach seiner Rechtsgültigkeit. Besonders bei mündlichen Verfügungen oder Dokumenten mit unklarer Herkunft stoßen Erb:innen und Angehörige auf Herausforderungen. Dieser Artikel beleuchtet, unter welchen Umständen solche Testamente angefochten werden können und welche Risiken dabei bestehen.
Mündliche Testamente: Nur in Notfällen gültig
Entgegen verbreiteter Annahmen haben mündliche Testamente in Deutschland nur in absoluten Ausnahmesituationen Gültigkeit.
Voraussetzungen für ein wirksames mündliches Testament
Ein mündliches Testament wird gemäß Art. 506 ff. des Zivilgesetzbuches ausschließlich in folgenden Situationen anerkannt:
- Bei unmittelbarer Todesgefahr
- Während einer Epidemie
- In Kriegszeiten
In der Rechtspraxis spricht man vom sogenannten “Nottestament”. Dieses ist zeitlich stark begrenzt und verliert nach 14 Tagen seine Gültigkeit[10]. Innerhalb dieses Zeitraums muss das mündliche Testament durch eine dauerhafte schriftliche Form ersetzt werden.
Notwendige formale Bedingungen
Für die Gültigkeit eines mündlichen Testaments müssen zwei neutrale Zeugen anwesend sein, die die letzte Willensbekundung bezeugen und dokumentieren[10]. Diese Zeugen müssen bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllen.
Das Landgericht Wuppertal hat in einem Präzedenzfall klargestellt, dass mündliche Testamente nicht ausreichen, um als unzweifelhaft rechtsgültig zu gelten[10]. Die bloße Zeugenbekundung genügt meist nicht, um das Vorhandensein eines rechtswirksamen Testaments zu beweisen.
Anonyme Testamente: Rechtlich problematisch
Ein völlig anonymes Testament - also ein Dokument, dessen Urheberschaft nicht nachvollziehbar ist - erfüllt in Deutschland nicht die gesetzlichen Anforderungen für ein wirksames Testament.
Formvorschriften für wirksame Testamente
Nach deutschem Recht muss ein Testament:
- Handschriftlich vom Erblasser verfasst und unterschrieben sein oder
- Notariell beurkundet werden
Ein Testament ohne erkennbare Urheberschaft kann diese Voraussetzungen nicht erfüllen und ist daher grundsätzlich unwirksam. In diesem Fall greift automatisch die gesetzliche Erbfolge gemäß §§ 1924-1928 BGB[10].
Anfechtung von Testamenten: Wann ist sie möglich?
Bei der Frage der Anfechtung muss zunächst zwischen zwei Szenarien unterschieden werden:
-
Unwirksames Testament: Eine Anfechtung ist nicht notwendig, wenn das Testament von vornherein unwirksam ist[8]. Das trifft auf die meisten mündlichen und anonymen Testamente zu.
-
Formal wirksames, aber anfechtbares Testament: Hier kommt eine Anfechtung in Betracht.
Gründe für eine Anfechtung
Folgende Gründe können eine Anfechtung rechtfertigen:
- Fehlende Testierfähigkeit: Der Erblasser war zum Zeitpunkt der Erstellung nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, etwa durch Demenz[1][6].
- Irrtum: Der Erblasser unterlag einem Erklärungs-, Inhalts- oder Motivirrtum[1][2][4].
- Täuschung oder Drohung: Der Erblasser wurde zur Erstellung des Testaments genötigt oder getäuscht[1][2][4].
- Formfehler: Das Testament entspricht nicht den gesetzlichen Formvorgaben[1][4].
- Fälschung: Das Testament stammt nicht vom angegebenen Erblasser[1].
Bei mündlichen Testamenten kommen häufig Argumente wie arglistige Täuschung oder Sittenwidrigkeit hinzu[10].
Wer darf ein Testament anfechten?
Anfechtungsberechtigt sind Personen, die durch eine erfolgreiche Anfechtung einen Vorteil erlangen würden. Hierzu zählen:
- Gesetzliche Erben
- Pflichtteilsberechtigte
- Vorherig eingesetzte Erben (bei mehreren Testamenten)
Die Anfechtung erfolgt durch eine Anfechtungserklärung beim zuständigen Nachlassgericht[7].
Fristen für die Anfechtung
Beweislast: Die große Hürde bei mündlichen und anonymen Testamenten
Bei mündlichen und anonymen Testamenten liegt die größte Schwierigkeit in der Beweisführung:
Praktische Tipps für den Umgang mit fragwürdigen Testamenten
Wenn Sie mit einem mündlichen oder anonymen Testament konfrontiert werden:
- Sofort rechtlichen Rat einholen: Wenden Sie sich an Fachanwält:innen für Erbrecht.
- Fristen beachten: Handeln Sie innerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist.
- Beweise sichern: Sammeln Sie alle verfügbaren Hinweise (Zeugenaussagen, Dokumente, medizinische Unterlagen).
- Prüfung der Wirksamkeit: Lassen Sie zunächst klären, ob überhaupt ein rechtswirksames Testament vorliegt.
Wenn Sie Ihr eigenes Testament erstellen möchten:
- Formvorschriften einhalten: Verfassen Sie Ihr Testament handschriftlich und unterschreiben Sie es oder gehen Sie zum Notar.
- Klare Formulierungen: Vermeiden Sie Missverständnisse durch eindeutige Anordnungen.
- Notarielles Testament: Für maximale Rechtssicherheit empfiehlt sich ein notarielles Testament.
- Widerruf früherer Testamente: Heben Sie frühere Verfügungen ausdrücklich auf.
Fazit: Rechtssicherheit geht vor
Mündliche Testamente haben in Deutschland nur in absoluten Ausnahmesituationen Bestand und sind auf einen Zeitraum von 14 Tagen begrenzt. Anonyme Testamente ohne nachvollziehbare Urheberschaft sind grundsätzlich unwirksam.
Für Betroffene, die mit solchen fragwürdigen letztwilligen Verfügungen konfrontiert werden, bietet das deutsche Erbrecht verschiedene Wege, dagegen vorzugehen. Die Beratung durch spezialisierte Rechtsanwält:innen ist dabei unerlässlich, da die Beweisführung oft schwierig ist und strenge Fristen eingehalten werden müssen.
Für die eigene Nachlassplanung gilt: Nur ein formal korrektes Testament stellt sicher, dass Ihr letzter Wille auch wirklich umgesetzt wird.