Welche Informationsquellen und Beratungsstellen für Patientenverfügung gibt es in Nordrhein-Westfalen?

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Zusammenfassung

In Nordrhein-Westfalen gibt es vielfältige Informations- und Beratungsangebote zur Patientenverfügung, darunter digitale Tools wie das der Verbraucherzentrale NRW, persönliche Beratungen in Krankenhäusern und unabhängige Stellen wie die Landespatientenberatung. Rechtliche Vorgaben nach § 1827 BGB machen eine schriftliche, konkrete und regelmäßig aktualisierte Verfügung erforderlich. Ergänzend bieten Organisationen wie die Ärztekammer oder die Malteser spezialisierte Unterstützung, etwa für Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder kulturellen Hintergründen.

Eine Patientenverfügung ermöglicht es, medizinische Behandlungswünsche für den Ernstfall festzuhalten. In Nordrhein-Westfalen stehen zahlreiche kostenfreie Beratungsstellen und digitale Tools zur Verfügung, die bei der Erstellung unterstützen. Dieser Artikel gibt einen Überblick über seriöse Anlaufstellen, erklärt rechtliche Grundlagen und zeigt praktische Schritte auf.

Online-Angebote für die digitale Erstellung

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bietet mit „Selbstbestimmt“ ein Online-Tool zur Erstellung individueller Patientenverfügungen an. Basierend auf Textbaustei­nen des Bundesministeriums der Justiz können Nutzende hier Schritt für Schritt ihre Wünsche formulieren - von lebenserhaltenden Maßnahmen bis zur Schmerztherapie[1]. Das System erklärt medizinische Begriffe und hinterfragt kritisch, ob alle Konsequenzen bedacht wurden. Nach der Bearbeitung erhält man ein ausdruckbares Dokument, das handschriftlich unterschrieben werden muss.

Ergänzend dazu gibt es seit 2025 Online-Hilfen für Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen. Diese regeln, wer im Ernstfall finanzielle oder persönliche Entscheidungen treffen darf. Das Tool vermeidet juristische Fallstricke durch klare Formulierungshilfen und erklärt Unterschiede zwischen den Dokumenttypen[4].

Persönliche Beratung durch geschulte Fachkräfte

Gesprächsbegleitung in Krankenhäusern

Das Klinikum Dortmund bietet kostenlose Termine mit speziell ausgebildeten Pflegekräften und Seelsorger:innen an. In zwei bis drei Sitzungen werden medizinische Szenarien durchgespielt:

  • Welche lebensverlängernden Maßnahmen sind erwünscht?
  • Wie definiert man Lebensqualität bei dauerhaften Einschränkungen?
  • Welche Rolle spielen religiöse oder ethische Überzeugungen?

Die erarbeitete Patientenverfügung wird rechtlich geprüft und kann direkt im Krankenhaus hinterlegt werden[2]. Ähnliche Dienste bietet das St. Hildegardis Krankenhaus in Kooperation mit den Maltesern an - hier sind auch Videoberatungen möglich[3][8].

Unabhängige Patientenberatung NRW

Unterstützung bei allgemeinen Fragen bietet die Landespatientenberatung. Die Einrichtung hilft bei:

  • Interpretation medizinischer Fachbegriffe
  • Suche nach geeigneten Ärzt:innen
  • Klärung von Patientenrechten
  • Vermittlung bei Behandlungsfehlerverdacht

Die Beratung erfolgt telefonisch, per E-Mail oder in regionalen Büros und ist explizit unabhängig von Krankenkassen oder Kliniken[5][7].

Rechtliche Absicherung und praktische Tipps

Seit der Reform des Betreuungsrechts 2025 sind Patientenverfügungen nur wirksam, wenn sie:

  1. Schriftlich verfasst und unterschrieben sind
  2. Konkrete Behandlungssituationen beschreiben
  3. Regelmäßig aktualisiert werden (mindestens alle 2 Jahre)

Allgemeine Formulierungen wie „keine Apparatemedizin“ sind nicht ausreichend. Das Portal der Unfallkasse NRW empfiehlt, 14 Punkte verbindlich zu regeln - darunter künstliche Ernährung, Organspende und Schmerzmanagement[6].

Sichere Verwahrung und Zugriff

Damit Ärzt:innen die Verfügung im Notfall finden, sollten Betroffene:

  • Eine Kopie bei der Hausarztpraxis hinterlegen
  • Den Notfallbogen im Portemonnaie bei sich tragen
  • Vertrauenspersonen über den Aufbewahrungsort informieren

Spezialisierte Einrichtungen und weitere Hilfen

Ärztekammer Nordrhein

Die Kammer vermittelt nicht nur Fachärzt:innen, sondern klärt auch über Grenzen der Patientenverfügung auf. Beispielsweise dürfen Ärzt:innen eine Behandlung ablehnen, wenn sie gegen ihr Gewissen verstößt - in solchen Fällen hilft die Beratungsstelle bei der Suche nach alternativen Kliniken[7].

Malteser Informationsservice

In Köln und Bonn bieten die Malteser ehrenamtliche Begleitung für Menschen mit Migrationshintergrund oder Hörbehinderung an. Die Gespräche finden in leichter Sprache statt und berücksichtigen kulturelle Besonderheiten - etwa religiöse Vorstellungen zur Sterbebegleitung[8].

Kostenübernahme und Vorsorgemappen

Die Erstellung einer Patientenverfügung ist grundsätzlich kostenfrei. Einige Krankenkassen übernehmen jedoch Gebühren für:

  • Notar:innen-Beglaubigungen bei Demenzrisiko
  • Übersetzungen ins Deutsche bei fremdsprachigen Vorlagen
  • Medizinische Fachberatungen bei seltenen Erkrankungen

Eine praktische Vorsorgemappe mit allen Dokumenten bietet die Verbraucherzentrale NRW gegen Versandkosten an. Sie enthält neben der Patientenverfügung auch Vorlagen für Testament und Vollmachten[1].

Häufige Fragen und Missverständnisse

„Gilt meine Verfügung auch in anderen Bundesländern?“

Ja, da bundeseinheitliche Regelungen im BGB gelten. Allerdings sollten regionale Besonderheiten wie verfügbare Palliativdienste berücksichtigt werden.

„Kann ich meine Entscheidung ändern?“

Jederzeit - solange die urteilsfähigkeit gegeben ist. Änderungen müssen neu unterschrieben und datiert werden.

Aktuell diskutiert der Landtag NRW die Einführung eines elektronischen Patientenregisters, wo Verfügungen zentral gespeichert werden. Pilotprojekte laufen bereits in Aachen und Bielefeld. Kritiker:innen warnen vor Datenmissbrauch, Befürworter:innen erhoffen sich schnellere Zugriffe im Notfall[5].

Fazit: Selbstbestimmung durch informierte Entscheidung

Nordrhein-Westfalen bietet ein dichtes Netz an Beratungsmöglichkeiten - von digitalen Erstentwürfen bis zur ethischen Einzelberatung. Wichtig bleibt, die Verfügung mit Angehörigen zu besprechen und regelmäßig zu überprüfen. Mit den vorgestellten Angeboten lässt sich eine individuelle Lösung finden, die Respekt vor persönlichen Werten und medizinischen Realitäten vereint.