Wie kann ich meine Vorstellungen von Lebensqualität am besten in der Patientenverfügung festhalten?
Eine Patientenverfügung sollte Ihre persönlichen Vorstellungen von Lebensqualität klar und konkret festhalten, um Ihre Selbstbestimmung zu sichern und Missverständnisse zu vermeiden. Beschreiben Sie präzise, welche Behandlungsmaßnahmen Sie in bestimmten Situationen wünschen oder ablehnen, und kombinieren Sie die Verfügung idealerweise mit einer Vorsorgevollmacht. Regelmäßige Überprüfung und fachliche Beratung helfen dabei, die Verfügung rechtssicher und aktuell zu gestalten.
- Warum persönliche Vorstellungen von Lebensqualität so wichtig sind
- Wie definiere ich meine Vorstellungen von Lebensqualität?
- Ihre Wertvorstellungen konkret formulieren
- Praktische Beispiele für Formulierungen
- Persönliche Erkrankungen berücksichtigen
- Kombination mit anderen Vorsorgedokumenten
- Schritte zur Erstellung einer Patientenverfügung
- Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung
- Rat holen bei der Erstellung
- Zum Schluss: Mut zur Festlegung persönlicher Werte
Eine Patientenverfügung gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihre medizinische Behandlung für den Fall festzulegen, dass Sie Ihren Willen nicht mehr äußern können. Sie sichern damit Ihre Selbstbestimmung und entlasten Ihre Angehörigen bei schwierigen Entscheidungen. Besonders wichtig: Ihre persönlichen Vorstellungen von Lebensqualität sollten klar zum Ausdruck kommen, damit Ihre individuellen Wünsche respektiert werden.
Warum persönliche Vorstellungen von Lebensqualität so wichtig sind
Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Beschlüssen klargestellt, dass pauschale Formulierungen wie “keine lebenserhaltenden Maßnahmen” nicht ausreichen[12]. Ihre Patientenverfügung muss konkret sein, um wirksam zu werden. Dies bedeutet:
- Die Beschreibung Ihrer persönlichen Wertvorstellungen macht Ihre Entscheidungen für Dritte nachvollziehbar
- Sie können konkrete Situationen festlegen, in denen bestimmte Behandlungen durchgeführt oder unterlassen werden sollen
- Durch klare Wunschäußerungen vermeiden Sie Missverständnisse und geben Ärzt:innen und Pflegefachkräften Handlungssicherheit
Eine gut formulierte Patientenverfügung, die Ihre Vorstellungen von Lebensqualität widerspiegelt, hilft im Ernstfall, dass Sie gemäß Ihren Wünschen behandelt werden[5].
Wie definiere ich meine Vorstellungen von Lebensqualität?
Beginnen Sie mit einer gedanklichen Reise zu Ihren persönlichen Werten. Folgende Fragen können dabei helfen:
Rückblick und Zukunftswünsche
- Was war in Ihrem bisherigen Leben besonders wertvoll?
- Womit sind Sie zufrieden, was hätten Sie anders gewünscht?
- Wie wichtig ist für Sie die Lebensdauer im Verhältnis zur Lebensqualität?
- Welche Wünsche oder Aufgaben möchten Sie noch erfüllen?
- Wovor haben Sie Angst in Bezug auf Ihr Sterben?[14]
Konkrete Lebenssituationen
Überlegen Sie, welche Situationen für Sie persönlich ein lebenswertes Leben definieren:
- Kommunikationsfähigkeit: Wie wichtig ist es Ihnen, mit anderen sprechen zu können?
- Mobilität: Welche Bedeutung hat körperliche Selbstständigkeit für Sie?
- Geistige Fähigkeiten: Ist ein Leben mit schwerer Demenz für Sie vorstellbar?
- Schmerzempfinden: Welches Maß an Schmerzen ist für Sie erträglich?
- Soziale Kontakte: Wie wichtig sind Ihnen Beziehungen zu anderen Menschen?
Nehmen Sie sich für diese Überlegungen ausreichend Zeit und sprechen Sie mit Ärzt:innen, Verwandten und Bekannten, um verschiedene Blickwinkel zu erhalten[5].
Ihre Wertvorstellungen konkret formulieren
Um Ihre Wertvorstellungen rechtswirksam zu dokumentieren, sollten Sie auf allgemeine Formulierungen verzichten. Stattdessen ist es wichtig, möglichst konkret zu beschreiben, in welchen Situationen welche Maßnahmen erwünscht oder nicht erwünscht sind[4][6].
Zwei zentrale Aspekte müssen klar benannt werden:
- Die konkrete Behandlungssituation (z.B. “Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit”)
- Die auf diese Situation bezogenen Behandlungswünsche (z.B. die Ablehnung bestimmter Maßnahmen wie künstliche Ernährung)[4][13]
Achten Sie darauf, dass Formulierungen wie “alle lebenserhaltenden Maßnahmen unterlassen” nicht allein stehen, sondern immer mit weiteren konkreten Erläuterungen verbunden werden[6].
Praktische Beispiele für Formulierungen
Hier einige beispielhafte Formulierungen, die Sie anpassen können:
Für die persönliche Werterklärung:
“Für mich bedeutet Lebensqualität vor allem, dass ich selbstständig entscheiden kann, eine gewisse körperliche Bewegungsfreiheit besitze und mit meinen Angehörigen kommunizieren kann. Ein Leben, in dem ich dauerhaft bewusstlos bin oder meine Angehörigen nicht mehr erkennen kann, entspricht nicht meinen Vorstellungen von Würde.”
Für konkrete Situationen:
“Wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine Besserung nicht zu erwarten ist, wünsche ich keine lebensverlängernden Maßnahmen. In dieser Situation möchte ich keine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr durch eine Magensonde oder intravenös erhalten.”[6]
Für die Beschreibung medizinischer Maßnahmen:
"In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich:
- Keine Wiederbelebungsmaßnahmen
- Keine künstliche Beatmung, aber lindernde Maßnahmen bei Luftnot
- Keine künstliche Ernährung, aber Hilfe bei natürlicher Nahrungsaufnahme
- Schmerzlindernde Medikamente in ausreichender Dosierung, auch wenn dadurch meine Lebenszeit verkürzt werden könnte"[9]
Persönliche Erkrankungen berücksichtigen
Leiden Sie bereits an einer schweren Erkrankung? Dann gehen Sie in Ihrer Patientenverfügung konkret auf diese ein und beschreiben Sie, wie Sie in einer Notfallsituation behandelt werden möchten. Beispiele für spezifische Regelungen:
- Bei COPD: Wann soll ein Luftröhrenschnitt und künstliche Beatmung erfolgen?
- Bei Demenz/Alzheimer: Welche Behandlungen sollen bei nicht mit der Grunderkrankung zusammenhängenden Problemen vorgenommen werden?
- Bei Krebserkrankungen: Welche Schmerzbehandlung ist für Sie vorstellbar?[5]
Kombination mit anderen Vorsorgedokumenten
Eine Patientenverfügung allein reicht oft nicht aus. Empfehlenswert ist die Kombination mit:
Vorsorgevollmacht
Benennen Sie eine Person Ihres Vertrauens, die Ihren Willen durchsetzen kann, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind[7]. Dies ist besonders wichtig, da weder Ehepartner:innen noch andere Angehörige ohne Vollmacht für Sie entscheiden dürfen[1][10].
Betreuungsverfügung
Falls keine bevollmächtigte Person zur Verfügung steht, legen Sie fest, wer als rechtliche:r Betreuer:in für Sie bestellt werden soll[15].
Schritte zur Erstellung einer Patientenverfügung
- Informieren Sie sich über medizinische Optionen und typische Behandlungsszenarien
- Formulieren Sie Ihre Wünsche präzise und rechtssicher, nutzen Sie Vorlagen als Hilfe
- Lassen Sie sich beraten von medizinischen und rechtlichen Fachpersonen
- Prüfen und unterschreiben Sie das Dokument
- Bewahren Sie die Verfügung gut auf und informieren Sie Angehörige über den Aufbewahrungsort[5]
Formale Anforderungen
Für eine rechtsgültige Patientenverfügung benötigen Sie:
- Volljährigkeit
- Einwilligungsfähigkeit beim Erstellen
- Schriftliche Form
- Ihre Unterschrift mit Datum[3][11]
Wichtig zu wissen: Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden, und sie muss keinesfalls notariell beglaubigt sein[3][10].
Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung
Eine Patientenverfügung bleibt nur wirksam, wenn sie Ihren aktuellen Willen widerspiegelt. Viele Expert:innen empfehlen daher:
- Überprüfen Sie die Verfügung regelmäßig (etwa alle 2 Jahre)
- Bestätigen Sie durch Ihre Unterschrift mit aktuellem Datum, dass die Verfügung weiterhin Ihrem Willen entspricht
- Aktualisieren Sie die Inhalte, wenn sich Ihre Ansichten oder Ihre gesundheitliche Situation ändern
In Österreich beispielsweise verliert eine verbindliche Patientenverfügung nach acht Jahren ihre Verbindlichkeit, sofern sie nicht erneuert wird[8].
Rat holen bei der Erstellung
Bei der Formulierung Ihrer Patientenverfügung kann fachliche Unterstützung sehr hilfreich sein:
- Hausärzt:innen können Sie zu medizinischen Aspekten beraten
- Rechtsanwält:innen mit Schwerpunkt Medizinrecht helfen bei der rechtssicheren Formulierung
- Beratungsstellen bieten oft kostenlose Hilfe bei der Erstellung
Durch diese Beratung stellen Sie sicher, dass Ihre Verfügung rechtswirksam ist und Ihre Wünsche im Ernstfall auch tatsächlich umgesetzt werden können.
Zum Schluss: Mut zur Festlegung persönlicher Werte
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit fällt vielen Menschen schwer. Dennoch ist die Festlegung der persönlichen Vorstellungen von Lebensqualität in einer Patientenverfügung ein wichtiger Schritt für ein selbstbestimmtes Leben bis zum Ende.
Nehmen Sie sich die Zeit, Ihre Gedanken zu ordnen und Ihre Wünsche präzise zu formulieren. Dies gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre persönlichen Werte auch dann respektiert werden, wenn Sie sich nicht mehr selbst äußern können. Gleichzeitig entlasten Sie Ihre Angehörigen, die sonst schwierige Entscheidungen ohne Kenntnis Ihres genauen Willens treffen müssten.
Ihre Vorstellungen von Lebensqualität sind so individuell wie Sie selbst - Ihre Patientenverfügung sollte dies widerspiegeln.