Wer kann bei Konflikten rund um Patientenverfügungen helfen?

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Zusammenfassung

Bei Konflikten rund um Patientenverfügungen können Schiedsstellen, Ethik­kommissionen in Kliniken, rechtliche Beratungsstellen und im Notfall Betreuungsgerichte helfen. Diese bieten Unterstützung bei der Auslegung und Klärung des Patientenwillens, vermitteln zwischen den Beteiligten und sorgen dafür, dass Entscheidungen im Einklang mit dem dokumentierten oder mutmaßlichen Willen getroffen werden. Frühzeitige Beratung und klare Dokumentation sind entscheidend, um Streitfälle zu vermeiden.

Wenn Uneinigkeit über den Willen eines Menschen in medizinischen Not­situationen entsteht, fühlen sich Angehörige und Behandelnde oft hilflos. Doch es gibt professionelle Anlauf­stellen, die Klarheit schaffen und Lösungen ermöglichen. Dieser Artikel zeigt, welche Hilfs­angebote Sie nutzen können - von der schnellen Beratung bis zur gerichtlichen Klärung.

Schiedsstellen und Mediations­dienste

Die Schiedsstelle Patientenverfügung der Deutschen Stiftung Patientenschutz bietet kostenfreie Unterstützung innerhalb von zwei Werktagen[1][3]. Hier prüfen Expert:innen, ob die Verfügung auf die aktuelle Situation zutrifft, und vermitteln zwischen Ärzt:innen, Pflege­kräften und Familien­mitgliedern. Ein Beispiel: Bei Herrn K.*, der nach einem Schlaganfall im Koma lag, sorgte die Schiedsstelle für eine einvernehmliche Entscheidung, indem sie die unklaren Formulierungen seiner Verfügung interpretierte[6].

Spezialisierte Dienstleister agieren als Ombuds­personen und begleiten Konfliktgespräche vor Ort[6]. Ihr Vorteil: Sie kombinieren medizinische, rechtliche und psychosoziale Expertise, um tragfähige Kompromisse zu finden.

Ethik­kommissionen in Kliniken

Viele Kranken­häuser verfügen über Ethik-Konsile, die bei schwierigen Entscheidungen hinzugezogen werden können[3][7]. Ein interdisziplinäres Team - bestehend aus Ärzt:innen, Pflege­kräften, Seelsorger:innen und Jurist:innen - berät konkret zum dokumentierten Patientenwillen. Besonders hilfreich ist dies, wenn mehrere Behandlungsoptionen medizinisch vertretbar sind, aber unterschiedliche ethische Bewertungen hervorrufen.

Rechtliche Beratungs­stellen

Bei grundsätzlichen Zweifeln an der Gültigkeit oder Auslegung einer Verfügung lohnt der Kontakt zu Betreuungs­vereinen oder auf Medizinrecht spezialisierten Anwält:innen[9][15]. Diese klären:

  • Ob die Formulierungen den Anforderungen des § 1827 BGB entsprechen
  • Wie mündliche Äußerungen des Patienten:in die Entscheidung einfließen dürfen
  • Wann eine gerichtliche Genehmigung notwendig wird

Ein Fall aus München zeigt: Selbst bei dokumentiertem Behandlungsverzicht kann eine Ethikberatung helfen, religiöse Überzeugungen und medizinische Notwendigkeit in Einklang zu bringen[10].

Gerichtliche Klärung

Wenn alle Vermittlungsversuche scheitern, bleibt das Betreuungs­gericht als letzte Instanz[11][14]. Es prüft auf Antrag:

  1. Ob die Patientenverfügung rechtlich verbindlich ist
  2. Ob sie auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft
  3. Wie der mutmaßliche Wille zu ermitteln ist

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs unterstreicht: Auch scheinbar klar formulierte Verfügungen wie „Keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ bedürfen konkreter Fallbeispiele, um wirksam zu sein[8].

Kostenfreie Erstberatung

Organisationen wie die Caritas oder die Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) bieten niedrigschwellige Hilfe[15][17]:

  • Telefonische Einschätzung innerhalb von 24 Stunden
  • Vermittlung von Fachanwält:innen
  • Begleitung bei Gesprächen mit Klinikpersonal

Wichtig: Viele Kommunen fördern Beratungs­gespräche zur Vorsorge­planung - fragen Sie bei Ihrer Gemeinde nach Zuschuss­möglichkeiten.

Praxistipps für Konfliktfälle

  1. Dokumentieren Sie jede Äußerung des Patienten:in - selbst scheinbar beiläufige Bemerkungen können den mutmaßlichen Willen belegen[16].
  2. Nutzen Sie Vier-Augen-Prinzipien - lassen Sie wichtige Entscheidungen immer von zwei unabhängigen Ärzt:innen bestätigen.
  3. Fordern Sie schriftliche Begründungen, wenn Behandelnde von der Patientenverfügung abweichen wollen.
  4. Aktualisieren Sie Verfügungen alle 2-3 Jahre - dies stärkt ihre Verbindlichkeit[12][14].

Fazit

Konflikte um Patientenverfügungen belasten alle Beteiligten emotional. Doch durch frühzeitige Inanspruchnahme von Schlichtungs­stellen, ethischer Beratung und rechtlicher Begleitung lassen sich viele Streitfälle außergerichtlich lösen. Wichtig ist, nicht zu lange zu zögern: Je klarer die Dokumentation und je professioneller die Vermittlung, desto eher kann der Wille der betroffenen Person respektiert werden.