Welche Arten von Konflikten kann die Schiedsstelle lösen?
Die Schiedsstelle Patientenverfügung der Deutschen Stiftung Patientenschutz hilft bei Konflikten rund um Patientenverfügungen, wie unklaren Formulierungen, Meinungsverschiedenheiten zwischen Angehörigen und Ärzt:innen oder rechtlichen Unsicherheiten. Sie vermittelt neutral, klärt medizinische, rechtliche und ethische Fragen und unterstützt bei kulturellen, administrativen oder psychologischen Herausforderungen. Ziel ist es, den Patientenwillen zu respektieren und belastende Streitigkeiten zu vermeiden.
- Unklare Formulierungen in der Patientenverfügung
- Meinungsverschiedenheiten zwischen Behandlungsteam und Angehörigen
- Unsicherheiten bei der rechtlichen Gültigkeit
- Ethische Dilemmata in Grenzsituationen
- Kommunikationsprobleme im Entscheidungsprozess
- Umgang mit kulturellen oder religiösen Besonderheiten
- Technische oder administrative Fehler
- Konflikte im Pflegeheim- oder Hospizumfeld
- Psychologische Aspekte der Konfliktbewältigung
- Fazit: Professionelle Hilfe in emotional aufgeladenen Situationen
Eine Patientenverfügung soll im Ernstfall Klarheit schaffen - doch nicht immer verhindert sie Konflikte. Die Schiedsstelle Patientenverfügung der Deutschen Stiftung Patientenschutz bietet hier seit 2009 kostenlose Unterstützung. Dieser Artikel zeigt auf, bei welchen Problemen Sie sich an die Experten:innen wenden können und wie der Vermittlungsprozess abläuft.
Unklare Formulierungen in der Patientenverfügung
Eine der häufigsten Konfliktquellen sind unpräzise Formulierungen in der Patientenverfügung. Das deutsche Gesetz (§ 1827 BGB) verlangt konkrete Angaben zu Behandlungssituationen und medizinischen Maßnahmen. Viele Dokumente enthalten jedoch allgemeine Aussagen wie „Ich möchte keine lebensverlängernden Maßnahmen“, ohne den Kontext zu spezifizieren[1][4].
Die Schiedsstelle prüft in solchen Fällen, ob sich die Verfügung auf die aktuelle Gesundheitssituation beziehen lässt. Ein Beispiel: Bei einem Schlaganfall-Patienten mit guten Reha-Chancen könnte die Formulierung „bei unheilbarer Krankheit“ unterschiedlich interpretiert werden. Die Gutachter:innen analysieren hier medizinische Unterlagen und frühere Äußerungen des Betroffenen, um eine tragfähige Entscheidungsgrundlage zu schaffen[6][7].
Meinungsverschiedenheiten zwischen Behandlungsteam und Angehörigen
Ärzt:innen sind gesetzlich verpflichtet, Patientenverfügungen umzusetzen - sofern diese auf die konkrete Situation zutreffen (§ 1827 BGB). Doch oft entstehen Konflikte, wenn das medizinische Personal andere Schlüsse aus dem Dokument zieht als die Betreuungspersonen.
Ein typischer Fall: Angehörige bestehen auf der Einstellung künstlicher Ernährung, während die behandelnde Ärztin dies aufgrund stabiler Vitalwerte für verfrüht hält. Die Schiedsstelle vermittelt hier durch klare Handlungsempfehlungen, die medizinische, rechtliche und ethische Aspekte vereinen[2][4].
Unsicherheiten bei der rechtlichen Gültigkeit
Nicht jede schriftliche Willensäußerung erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen. Problematisch sind insbesondere:
- Fehlende Unterschrift: Ohne eigenhändige Unterzeichnung gilt die Verfügung nicht als verbindlich[4][5]
- Veraltete Dokumente: Eine vor 20 Jahren verfasste Verfügung ohne Aktualisierungen könnte als nicht mehr aktuell bewertet werden
- Widersprüchliche Angaben: Unterschiedliche Aussagen zu Schmerztherapie und Lebensverlängerung erschweren die Interpretation
Die Schiedsstelle bietet hier einen 48-Stunden-Check an, der Rechtssicherheit vor möglichen Gerichtsverfahren schafft[3][6].
Ethische Dilemmata in Grenzsituationen
Besonders komplex werden Konflikte, wenn medizinische Möglichkeiten und Patientenwille kollidieren. Ein häufiges Szenario:
Eine Person mit fortgeschrittener Demenz entwickelt eine Lungenentzündung. Die Patientenverfügung verbietet Antibiotika-Gabe bei „aussichtsloser Prognose“. Während die Pflegekräfte die Behandlung als sinnvoll erachten, verweist der betreuende Sohn auf den dokumentierten Willen.
In solchen Fällen analysieren die Schiedsstellen-Experten:innen, ob die aktuelle Situation mit den in der Verfügung beschriebenen Szenarien übereinstimmt. Dabei werden auch frühere Wertvorstellungen und Lebenseinstellungen des Patienten berücksichtigt[1][7].
Kommunikationsprobleme im Entscheidungsprozess
Oft entstehen Konflikte nicht durch die Verfügung selbst, sondern durch mangelnde Abstimmung zwischen den Beteiligten. Die Schiedsstelle fungiert hier als neutraler Moderator:
- Fehlende Dokumentation: Wenn Ärzt:innen Behandlungsentscheidungen nicht ausreichend begründen
- Emotionale Überforderung: Wenn Angehörige unter Stress Vorlieben des Patienten fehlinterpretieren
- Institutionelle Barrieren: Wenn Kliniken interne Richtlinien über den Patientenwillen stellen
Durch strukturierte Mediationsgespräche vor Ort schafft die Schiedsstelle eine sachliche Diskussionsgrundlage[2][3].
Umgang mit kulturellen oder religiösen Besonderheiten
In multikulturellen Gesellschaften können unterschiedliche Wertvorstellungen zu Konflikten führen. Die Schiedsstelle berücksichtigt dabei stets:
- Religiöse Vorgaben: Z.B. der Wunsch nach Ernährungsumstellung gemäß religiösen Speisegesetzen in der Sterbephase
- Kulturelle Prägung: Unterschiedliche Auffassungen zur Wahrung der Privatsphäre bei pflegerischen Maßnahmen
- Sprachbarrieren: Missverständnisse durch nicht fachgerecht übersetzte Verfügungen
Experten:innen der Schiedsstelle arbeiten hier mit Dolmetscherdiensten und kultursensiblen Berater:innen zusammen[1][6].
Technische oder administrative Fehler
Auch formale Mängel können die Umsetzung erschweren:
- Verlust der Verfügung: Wenn das Dokument im Notfall nicht auffindbar ist
- Fehlende Registrierung: Bei nicht im zentralen Vorsorgeregister hinterlegten Verfügungen
- Digitale Formate: Unsicherheiten im Umgang mit elektronisch signierten Dokumenten
Die Schiedsstelle unterstützt bei der Klärung, ob mündliche Äußerungen oder frühere Entwürfe zur Interpretation herangezogen werden können[4][5].
Konflikte im Pflegeheim- oder Hospizumfeld
Besondere Herausforderungen entstehen, wenn externe Faktoren die Umsetzung beeinflussen:
- Personalwechsel: Neue Pflegekräfte interpretieren die Verfügung anders als das bisherige Team
- Institutionelle Richtlinien: Einrichtungen mit religiöser Trägerschaft haben eigene ethische Leitlinien
- Ressourcenengpässe: Zeitdruck verhindert individuelle Abstimmungsprozesse
Hier vermittelt die Schiedsstelle zwischen den beteiligten Parteien und entwickelt praxistaugliche Lösungsvorschläge[3][7].
Psychologische Aspekte der Konfliktbewältigung
Oft liegen Konflikten unverarbeitete Emotionen zugrunde. Die Schiedsstelle berücksichtigt:
- Schuldzuweisungen: Angehörige projizieren eigene Ängste auf das Behandlungsteam
- Trauerprozesse: Unterschiedliche Phasen der Verarbeitung bei Familienmitgliedern
- Machtdynamiken: Autoritätsgefälle zwischen medizinischem Personal und Laien
Durch psychologisch geschulte Mitarbeiter:innen werden diese Unterströmungen in die Mediation einbezogen[2][6].
Fazit: Professionelle Hilfe in emotional aufgeladenen Situationen
Die Schiedsstelle Patientenverfügung bietet mehr als nur rechtliche Klärung - sie schafft einen geschützten Raum für sachliche Entscheidungsfindung in emotional belasteten Situationen. Durch ihre kostenfreien Services trägt sie wesentlich dazu bei, dass der Patientenwille respektiert wird - ohne langwierige Gerichtsverfahren.
Sollten Sie unsicher sein, ob Ihre Patientenverfügung Konfliktpotenzial birgt, nutzen Sie den 12-Punkte-Check der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Rechtzeitige Klärung schützt alle Beteiligten vor zusätzlicher Belastung in kritischen Situationen.