Was kann ich mit einer Patientenverfügung nicht regeln?

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Zusammenfassung

Eine Patienten­verfügung regelt ausschließlich medizinische Maßnahmen und kann keine finanziellen, rechtlichen oder persönlichen Angelegenheiten steuern, wie etwa die Verwaltung von Vermögen, Bestattungswünsche oder die Benennung von Betreuungs­personen. Zudem ist sie nicht geeignet für unklare Formulierungen, aktive Sterbehilfe oder Entscheidungen nach dem Tod. Für eine umfassende Vorsorge sollten Sie sie mit einer Vorsorge­vollmacht, Betreuungs­verfügung und weiteren Dokumenten wie einem Testament ergänzen.

Eine Patienten­verfügung ist ein Vorsorgedokument, um Ihren Willen in medizinischen Krisensituationen zu schützen. Doch auch dieses Dokument hat klare Grenzen. Hier erfahren Sie, welche Themen Sie nicht über eine Patienten­verfügung steuern können - und welche Alternativen es gibt, um Ihren Vorsorgeplan zu vervollständigen.

1. Entscheidungen über finanzielle Angelegenheiten

Eine Patienten­verfügung regelt ausschließlich medizinische Maßnahmen. Sie können damit nicht festlegen, wer Ihre Rechnungen bezahlt, Verträge kündigt oder Vermögenswerte verwaltet. Für diese Bereiche benötigen Sie eine Vorsorge­vollmacht, die einer vertrauten Person konkrete Handlungsbefugnisse erteilt. Ohne diese Vollmacht muss im Ernstfall ein gesetzlicher Betreuer:in bestellt werden - ein Prozess, der Zeit kostet und möglicherweise nicht Ihren Wünschen entspricht[5][6][14].

Beispiel: Selbst wenn Sie in Ihrer Patienten­verfügung notieren, dass Ihr Bruder Sie im Krankenhaus vertreten soll, darf er ohne separate Vollmacht nicht über Ihr Bankkonto verfügen, um Pflegekosten zu begleichen.

2. Bestimmung von Betreuungs­personen

Die Patienten­verfügung legt fest, was medizinisch geschehen soll - nicht, wer diese Entscheidungen durchsetzt. Um eine konkrete Person als Vertretung zu benennen, benötigen Sie entweder eine Vorsorge­vollmacht oder eine Betreuungs­verfügung. Letztere ist lediglich eine Empfehlung an das Gericht, während eine Vollmacht sofortige Handlungsfähigkeit schafft[6][14].

Rechtlicher Hintergrund: Nach § 1828 Abs. 1 BGB müssen Ärzt:innen und Betreuer:innen zwar Ihren Willen beachten, doch ohne klare Bevollmächtigung entscheidet im Zweifel das Betreuungsgericht über die Personalfrage.

3. Aktive Sterbehilfe und strafbare Handlungen

Deutschland verbietet aktive Sterbehilfe - selbst wenn Sie diese in einer Patienten­verfügung fordern, ist eine Umsetzung rechtlich unmöglich. Erlaubt ist lediglich der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen (passive Sterbehilfe) sowie die Schmerzlinderung mit möglicher Lebensverkürzung (indirekte Sterbehilfe)[9][12].

Wichtig: Formulieren Sie nie pauschal „Ich möchte nicht mehr leben“, sondern legen Sie konkret fest, welche Behandlungen Sie ablehnen - etwa „Keine künstliche Beatmung bei irreversibler Bewusstlosigkeit“[16].

4. Regelungen nach dem Tod

Ihre Patienten­verfügung verliert mit dem Tod ihre Wirkung. Sie können damit nicht festlegen:

Für diese Aspekte benötigen Sie eine Bestattungs­verfügung. Auch ein Testament ist notwendig, um Erbangelegenheiten zu regeln[13].

5. Zwangs­behandlungen mit Fremdschutz

Das Bundes­verfassungsgericht hat klargestellt: Eine Patienten­verfügung kann keine Behandlungen ausschließen, die dem Schutz Dritter dienen. Bei psychiatrischen Erkrankungen etwa dürfen Ärzt:innen gegen Ihren Willen Medikamente verabreichen, wenn Sie sonst andere gefährden würden[3][16].

Fallbeispiel: Ein untergebrachter Patient mit Schizophrenie untersagt in seiner Verfügung Neuroleptika. Da er ohne Medikamente gewalttätig wird, darf das Gericht die Zwangs­behandlung trotzdem anordnen - der Fremdschutz hat Vorrang[3].

6. Allgemeine Lebensführung

Sie können keine Alltagsentscheidungen vorwegnehmen, die nichts mit medizinischer Behandlung zu tun haben. Dazu gehören:

  • Wohnsitz (Umzug ins Pflegeheim)
  • Freizeit­gestaltung
  • Kontakt zu Angehörigen

Für diese Bereiche benötigt Ihre Vertrauensperson eine allgemeine Vorsorge­vollmacht, die über Gesundheitsfragen hinausgeht[7][14].

7. Ungenaue oder widersprüchliche Anweisungen

Der Bundes­gerichtshof betont: Eine Patienten­verfügung ist nur verbindlich, wenn sie konkrete Situationen und Maßnahmen beschreibt. Diese Formulierungen sind unwirksam:

  • „Keine lebensverlängernden Maßnahmen“ (zu vage)
  • „Ich will würdevoll sterben“ (nicht auslegbar)
  • „Alle Möglichkeiten ausschöpfen“ (unklarer Umfang)[2][16]

Lösung: Nutzen Sie Vorlagen medizinischer Fachgesellschaften oder lassen Sie Ihre Verfügung durch eine Ärzt:in prüfen.

8. Zeitlich unbegrenzte Gültigkeit

Anders als oft behauptet, „verfällt“ eine Patienten­verfügung nicht automatisch. Allerdings können sich medizinische Standards oder Ihre persönliche Einstellung ändern. Experten­empfehlung: Überprüfen Sie das Dokument alle 2-3 Jahre und bestätigen Sie es durch Unterschrift und Datum[12][15].

Was tun, wenn Lücken bleiben?

  1. Kombinieren Sie Dokumente: Patienten­verfügung + Vorsorge­vollmacht + Testament
  2. Führen Sie Gespräche: Erklären Sie Angehörigen und Hausärzt:innen Ihre Werte und Grenzen
  3. Nutzen Sie Zentral­register: Hinterlegen Sie Ihre Unterlagen im zentrallen Vorsorge­register der Bundesnotar­kammer

Mit diesem Wissen können Sie Ihre Vorsorge gezielt ergänzen - für mehr Sicherheit in jeder Lebensphase.