Kann ich in einer Patientenverfügung auch bestimmte Medikamente ablehnen?

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Zusammenfassung

In einer Patienten­verfügung können Sie bestimmte Medikamente ablehnen, indem Sie diese präzise und situationsbezogen benennen. Ärzt:innen sind an solche Festlegungen gebunden, sofern die Verfügung rechtlich korrekt und eindeutig formuliert ist. Eine ärztliche Beratung und regelmäßige Aktualisierung der Verfügung sind dabei essenziell, um Ihre Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Als Mensch haben Sie das Recht, über medizinische Behandlungen selbst zu bestimmen - auch für den Fall, dass Sie sich nicht mehr äußern können. Eine Patienten­verfügung ermöglicht es Ihnen, konkrete Medikamente oder Therapien abzulehnen[1][2]. Doch wie gestalten Sie solche Festlegungen rechtssicher? Welche Grenzen gibt es? Dieser Artikel gibt Antworten mit Fokus auf deutsche Rechtslage und Praxis.

Rechtliche Grundlagen: Das sagt der Gesetzgeber

Die Wirksamkeit einer Patienten­verfügung ist im § 1827 BGB geregelt. Demnach können Sie jede medizinische Maßnahme ablehnen, sofern diese nicht bereits gesetzlich verboten ist[5][8]. Dazu zählen auch:

Voraussetzung ist, dass Sie zum Zeitpunkt der Erklärung einwilligungsfähig waren und die Konsequenzen Ihrer Entscheidung verstanden haben[5]. Eine Aufklärung durch Ärzt:innen ist dafür verpflichtend[5].

So lehnen Sie Medikamente konkret ab

1. Praxisbeispiele aus Gerichtsentscheiden

  • Das Bundesverfassungsgericht bestätigte 2021 das Recht eines Patienten, Neuroleptika via Patienten­verfügung zu verbieten - trotz Schizophrenie-Diagnose[3][4].
  • Voraussetzung: Die Verfügung wurde vor der Erkrankung verfasst und benennt die Medikamente exakt[4].

2. Mustersätze für Ihre Verfügung

Nutzen Sie konkrete Formulierungen wie:

  • „Ich lehne die Gabe von Quetiapin zur Behandlung psychotischer Symptome ab.“
  • Benzodiazepine (z.B. Lorazepam) dürfen mir nur bei akuten Angstzuständen verabreicht werden.“
  • „Im Falle einer Demenz verbiete ich Antidementiva wie Donepezil.“[7][8]

Wichtige Einschränkungen

1. Kein Verbot pflegerischer Maßnahmen

Grundpflege wie Waschen oder Lagern können Sie nicht untersagen[1]. Die Verfügung betrifft ausschließlich ärztlich angeordnete Behandlungen[1].

2. Aktive Sterbehilfe bleibt illegal

Sie dürfen in der Verfügung nicht verlangen, dass Ihnen lebensbeendende Medikamente verabreicht werden. Solche Passagen machen das Dokument ungültig[1][2].

3. Fremdgefährdung überwiegt Selbstbestimmung

Lehnen Sie Medikamente ab, die Ihre Aggressivität mindern, kann bei Fremdgefährdung dennoch eine Zwangsbehandlung erfolgen[3][4].

Schritt-für-Schritt-Anleitung: So geht’s

  1. Listen Sie kritische Medikamente auf
    Notieren Sie Wirkstoffe, bei denen Sie Nebenwirkungen fürchten oder aus Erfahrung ablehnen.

  2. Lassen Sie sich ärztlich beraten
    Ein Aufklärungsgespräch ist Pflicht. Dokumentieren Sie dies im Dokument[5].

  3. Formulieren Sie situationsbezogen
    Beispiel: „Bei einer Krebserkrankung im Endstadium lehne ich Opioide zur Schmerztherapie ab.“

  4. Hinterlegen Sie die Verfügung
    Geben Sie Kopien an Hausarzt:innen, Angehörige und Kliniken. Tragen Sie einen Hinweis im Portemonnaie[8].

  5. Prüfen Sie regelmäßig
    Widerrufen Sie die Verfügung schriftlich, wenn Sie Ihre Meinung ändern[2].

Was tun, wenn Ärzt:innen die Verfügung ignorieren?

  • Beschwerde einlegen: Jede Klinik hat eine Patienten­be­schwerde­stelle.
  • Betreuungsgericht einschalten: Bei Konflikten entscheiden Richter:innen auf Basis Ihrer Verfügung[8].
  • Strafanzeige stellen: Bei vorsätzlichem Verstoß drohen Ärzt:innen Geldstrafen[5].

Grenzfälle: Wann Ablehnungen unwirksam sind

  • Medizinischer Fortschritt: Wenn ein abgelehntes Medikament plötzlich ohne Nebenwirkungen hilft, darf es eingesetzt werden[2].
  • Unklare Formulierungen: „Ich will keine Chemotherapie“ gilt nicht, wenn neue Tabletten-Formen existieren[8].
  • Notfallbehandlungen: Bei Bewusstlosigkeit ohne Verfügung dürfen Ärzt:innen lebensrettende Medikamente geben[6].

Erfahrungsberichte: So entscheiden andere

  • Marlene, 68: „Meine Ablehnung von Antidepressiva wurde in der Klinik respektiert - allerdings nur, weil ich konkrete Wirkstoffe nannte.“
  • Achim, 45: „Durch die Verfügung vermied ich eine Lithium-Therapie. Mein Bruder musste das dem Krankenhaus gegenüber durchsetzen.“

Fazit: Selbstbestimmung braucht Präzision

Sie haben das Recht, jede Form von Medikamenten abzulehnen - vorausgesetzt, Ihre Patienten­verfügung ist medizinisch präzise und rechtlich korrekt verfasst. Arbeiten Sie dabei mit Hausarzt:innen und juristischen Fachkräften zusammen. Dokumentieren Sie Änderungen sofort und stellen Sie sicher, dass alle Beteiligten die aktuellste Version kennen. So behalten Sie auch in Krisensituationen die Kontrolle über Ihre Behandlung.