Wer kann eine Patientenverfügung verfassen?
Jede volljährige und einwilligungsfähige Person kann in Deutschland eine Patientenverfügung verfassen. Entscheidend ist, dass die Person die medizinischen Konsequenzen ihrer Anweisungen versteht und diese klar formuliert. Die Verfügung muss schriftlich erfolgen und regelmäßig aktualisiert werden, um im Ernstfall verbindlich zu sein.
In Deutschland haben Sie das Recht, Ihre medizinische Behandlung selbst zu bestimmen - auch für den Fall, dass Sie sich nicht mehr äußern können. Die Patientenverfügung ist hierfür das zentrale Instrument. Doch wer darf dieses Dokument überhaupt erstellen? Die Antwort hängt von rechtlichen Voraussetzungen und Ihrer persönlichen Situation ab.
Grundlegende Voraussetzungen
Um eine wirksame Patientenverfügung zu verfassen, müssen zwei zentrale Bedingungen erfüllt sein:
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Volljährigkeit
Nur Personen ab 18 Jahren dürfen eine rechtsverbindliche Patientenverfügung erstellen. Für Minderjährige entscheiden die gesetzlichen Vertreter:innen (meist Eltern) über medizinische Maßnahmen[2][6]. Ausnahmen gelten, wenn Jugendliche durch schwere Erkrankungen frühzeitig ein Verständnis für medizinische Konsequenzen entwickeln - hier können Ärzt:innen ihre Behandlungsentscheidungen berücksichtigen[6]. -
Einwilligungsfähigkeit
Sie müssen in der Lage sein, die Tragweite Ihrer Festlegungen zu erfassen. Das bedeutet:
- Sie verstehen die Konsequenzen medizinischer Eingriffe oder deren Unterlassung
- Sie können Ihre Werte und Überzeugungen in konkrete Anweisungen übersetzen
- Ihre Entscheidungsfähigkeit ist nicht durch akute Erkrankungen oder äußere Einflüsse beeinträchtigt[4][8]
Ein wichtiger rechtlicher Unterschied: Einwilligungsfähigkeit ist nicht mit Geschäftsfähigkeit gleichzusetzen. Auch unter Betreuung stehende Personen können eine Patientenverfügung verfassen, solange sie die oben genannten Kriterien erfüllen[2][8].
Besondere Personengruppen
Menschen mit geistigen Behinderungen
Hier entscheidet ein:e Sachverständige:r (z. B. Ärzt:in oder Psycholog:in), ob die notwendige Einsichtsfähigkeit vorliegt[5]. Konkret bedeutet dies:
- Die Person muss ihre aktuelle Lebenssituation verstehen
- Sie muss mögliche Behandlungsszenarien gedanklich durchspielen können
- Eine schriftliche Fixierung der Wünsche ist möglich, sofern Unterstützung durch Vertrauenspersonen erfolgt
Fehlt die Einsichtsfähigkeit, kann keine gültige Verfügung erstellt werden. In solchen Fällen orientieren sich Betreuer:innen am mutmaßlichen Willen, der durch frühere Äußerungen oder Wertvorstellungen abgeleitet wird[3][5].
Menschen mit Demenz oder progredienten Erkrankungen
Der Bundesgerichtshof betont: Eine Patientenverfügung ist auch im frühen Demenzstadium möglich, sofern die Einwilligungsfähigkeit zum Erstellungszeitpunkt gegeben ist[9]. Praxistipp: Lassen Sie sich die Entscheidungsfähigkeit durch eine:n Ärzt:in schriftlich bestätigen - dies erhöht die spätere Akzeptanz im Notfall[4][7].
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die gesetzliche Grundlage finden Sie in § 1827 BGB. Daraus ergeben sich folgende Eckpunkte:
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Schriftform erforderlich
Mündliche Äußerungen reichen nicht aus. Eine eigenhändige Unterschrift ist verpflichtend[10][11]. -
Konkretisierungsgebot
Verfügungen müssen so präzise formuliert sein, dass Ärzt:innen eindeutig erkennen können: -
Aktualität
Obwohl kein gesetzliches Verfallsdatum existiert, empfehlen Rechtsexpert:innen eine Überprüfung alle zwei Jahre. Lebensveränderungen (neue Diagnosen, Familienstatus) sollten unverzüglich eingearbeitet werden[9][11].
Praktische Erstellungshilfen
Wer unterstützt Sie?
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Hausärzt:innen
Erläutern medizinische Konsequenzen
Bestätigen ggf. die Einwilligungsfähigkeit
Helfen bei der Formulierung fachlicher Passagen[7][11] -
Rechtsanwält:innen
Prüfen die rechtssichere Ausgestaltung
Beraten zu Schnittstellen mit Vorsorgevollmachten -
Patientenberatungsstellen
Bieten kostenlose Muster und Gesprächsleitfäden
Vermitteln bei Konflikten mit Angehörigen[10][11]
Kostensparende Alternativen zur Notariatslösung
Entgegen verbreiteter Annahmen benötigen Sie keine notarielle Beglaubigung. Selbst erstellte Verfügungen sind gleichwertig, wenn sie:
Häufige Irrtümer
„Nur Gesunde dürfen verfügen“
Falsch. Auch bei bereits diagnostizierten Erkrankungen können Sie verfügen - entscheidend ist die aktuelle Entscheidungsfähigkeit[4][8].
„Eine Ablehnung von Basispflege ist möglich“
Nein. Maßnahmen wie Schmerzlinderung oder natürliche Ernährung dürfen nicht ausgeschlossen werden. Hier setzt der Gesetzgeber klare Grenzen[10][11].
„Digital erstellen genügt“
Vorsicht! Ohne qualifizierte elektronische Signatur sind reine Digitaldokumente unwirksam. Drucken Sie Ihre Verfügung aus und unterschreiben Sie sie handschriftlich[4][9].
Internationale Besonderheiten
Während in Österreich bereits Jugendliche ab 14 Jahren verbindliche Verfügungen erstellen dürfen, bleibt dies in Deutschland Volljährigen vorbehalten[4]. Bei binationalen Familien empfiehlt sich eine zweisprachige Ausfertigung mit notarieller Beglaubigung.
Ihre nächsten Schritte
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Selbstreflexion
Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Wertvorstellungen zu klären. Welche Lebensqualität ist für Sie unverzichtbar? -
Gesprächsrunde
Beziehen Sie Angehörige und Ärzt:innen frühzeitig ein. Dies schafft Klarheit und vermeidet spätere Konflikte. -
Formulierungshilfe nutzen
Orientieren Sie sich an anerkannten Mustern der Bundesärztekammer oder Verbraucherzentralen[10][11]. -
Verteilung sichern
Hinterlegen Sie das Dokument bei:- Ihrer Hausarztpraxis
- Bevollmächtigten Personen
- Zentralem Vorsorgeregister
Durch eine gut durchdachte Patientenverfügung bewahren Sie nicht nur Ihre Selbstbestimmung - Sie entlasten auch Angehörige und medizinisches Personal in emotional aufgeladenen Situationen. Nutzen Sie dieses Recht, solange Sie entscheidungsfähig sind.