Was ist eine Patientenverfügung?

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Zusammenfassung

Eine Patienten­verfügung ist ein schriftliches Dokument, in dem Sie festlegen, welche medizinischen Behandlungen Sie in bestimmten Situationen wünschen oder ablehnen, falls Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Sie ist rechtlich bindend und schützt Ihre Selbstbestimmung, entlastet Angehörige und vermeidet unnötige Behandlungen. Wichtig ist eine klare Formulierung der Wünsche sowie die Kombination mit einer Vorsorge­vollmacht.

Eine Patienten­verfügung ist ein Vorsogedokument, um Ihre medizinischen Wünsche für den Fall festzuhalten, dass Sie nicht mehr selbst entscheiden können. Sie ermöglicht es Ihnen, Behandlungen zu benennen, die Sie wünschen oder ablehnen - und gibt Angehörigen wie medizinischem Personal Handlungssicherheit. Dieser Artikel erklärt, was Sie wissen müssen, um eine wirksame Patienten­verfügung zu erstellen.

Was genau ist eine Patienten­verfügung?

Eine Patienten­verfügung ist eine schriftliche Willens­erklärung, die festlegt, welche ärztlichen Maßnahmen in bestimmten Situationen durchgeführt oder unterlassen werden sollen. Sie kommt zum Tragen, wenn Sie aufgrund von Krankheit, Unfall oder Alter nicht mehr in der Lage sind, Ihren Willen zu äußern - etwa im Koma, bei fortgeschrittener Demenz oder im Sterbeprozess[1][4].

Wichtigste Merkmale:

  • Rechtliche Bindung: Bei klarer Formulierung sind Ärzt:innen und Betreuungspersonen verpflichtet, Ihre Wünsche zu beachten[4][11].
  • Konkrete Situations­beschreibung: Die Verfügung muss genau benennen, für welche medizinischen Szenarien sie gilt (z. B. „Endstadium einer unheilbaren Erkrankung“)[2][5].
  • Flexibilität: Sie können die Verfügung jederzeit anpassen oder widerrufen - sogar mündlich[1][4].

Rechtliche Grundlagen in Deutschland

Die gesetzliche Basis findet sich im § 1827 BGB. Demnach ist eine Patienten­verfügung verbindlich, wenn:

  1. Sie einwilligungsfähig waren, als Sie sie verfassten.
  2. Die beschriebene Situation auf den aktuellen Fall zutrifft.
  3. Keine Anhaltspunkte für eine Willens­änderung vorliegen[1][4].

Ein Bundesgerichtshof-Urteil von 2018 betont: Die Verfügung muss nicht jede Maßnahme detailliert auflisten. Es genügt, wenn sie „ausreichend spezifizierte Krankheits­bilder oder Behandlungs­situationen“ beschreibt[1].

So erstellen Sie eine wirksame Patienten­verfügung

1. Persönliche Werte reflektieren

Überlegen Sie, was Ihnen im Lebensende wichtig ist: Schmerzfreiheit? Natürlicher Sterbeprozess? Maximale Lebensverlängerung? Notieren Sie stichpunktartig, welche Behandlungen zu diesen Werten passen - und welche nicht[6][8].

2. Konkrete Situationen definieren

Nutzen Sie Formulierungshilfen wie diese Beispiele:

  • „Bei dauerhaftem Ausfall lebenswichtiger Organfunktionen ohne Aussicht auf Besserung“
  • „Bei fortgeschrittener Demenz, wenn ich keine Nahrung mehr selbst aufnehmen kann“[5][8].

3. Maßnahmen benennen

Halten Sie fest, welche Eingriffe Sie in diesen Situationen erlauben oder ablehnen:

Beispielformulierung:
„In den oben genannten Situationen lehne ich lebensverlängernde Maßnahmen wie künstliche Beatmung oder Ernährung ab. Ich wünsche stattdessen eine palliative Versorgung zur Linderung von Schmerzen und Atemnot.“[2][8]

4. Vertrauenspersonen einbinden

Benennen Sie eine Vertrauensperson, die Ihre Wünsche im Ernstfall vertritt (Vorsorge­vollmacht). Besprechen Sie mit ihr Ihre Vorstellungen - das erleichtert später die Entscheidungsfindung[10][13].

5. Dokument erstellen

  • Verwenden Sie Schriftform (handschriftlich oder digital)
  • Fügen Sie Ort, Datum und Unterschrift hinzu
  • Lagern Sie das Dokument gut auffindbar (z. B. bei Hausarzt:innen, im Portemonnaie)[4][8].

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Fehler Lösung
Pauschale Aussagen („Keine lebensverlängernden Maßnahmen“) Konkrete Situationen + Maßnahmen benennen[11][14]
Keine Aktualisierung über Jahre Alle 2-3 Jahre prüfen und ggf. anpassen[4][15]
Fehlende Kombination mit Vorsorge­vollmacht Bevollmächtigte:n schriftlich benennen[10][13]
Unklare Lagerung Kopien an Vertrauenspersonen + Hausarzt:innen geben[8][13]

Patienten­verfügung im medizinischen Alltag

Ärzt:innen sind verpflichtet, eine vorhandene Patienten­verfügung zu beachten - selbst wenn sie anderer Meinung sind. Bei Unklarheiten muss ein Ethik­komitee oder Betreuungs­gericht hinzugezogen werden[1][15].

Praxisbeispiel:
Herr Müller lehnte in seiner Verfügung künstliche Ernährung bei fortgeschrittener Demenz ab. Als er nicht mehr schlucken konnte, entschied seine Tochter gemeinsam mit den Ärzt:innen, auf eine Magensonde zu verzichten. Die klaren Formulierungen in der Verfügung entlasteten alle Beteiligten[12][15].

Zusammenspiel mit anderen Vorsorge­dokumenten

Idealerweise kombinieren Sie diese Dokumente. Eine Vorsorge­vollmacht ermöglicht es Ihrem:r Bevollmächtigten, in nicht geregelten Situationen nach Ihrem mutmaßlichen Willen zu entscheiden[10][13].

Warum jede:r eine Patienten­verfügung braucht

Ohne schriftliche Verfügung müssen Angehörige oder Betreuer:innen Ihren mutmaßlichen Willen ermitteln - oft unter großem emotionalem Druck. Studien zeigen, dass dies häufig zu Konflikten führt[12][15]. Eine klare Patienten­verfügung:

  • Schützt Ihre Selbstbestimmung
  • Entlastet Angehörige
  • Vermeidet unnötige Behandlungen[6][15]

Erste Schritte - so gehen Sie vor

  1. Informationsmaterial sichern: Nutzen Sie unseren Ratgeber, die Muster des Bundesjustizministeriums oder von Verbraucherzentralen[2][7].
  2. Gespräche führen: Tauschen Sie sich mit Hausarzt:innen oder palliativmedizinischen Diensten aus[3][7].
  3. Entwurf erstellen: Formulieren Sie konkret - am besten mit Patientenverfügung.digital[2][8].
  4. Besprechen: Teilen Sie Ihre Wünsche mit Vertrauenspersonen und Ärzt:innen[10][13].
  5. Verwahren: Hinterlegen Sie die Verfügung bei Hausarzt:innen, im Portemonnaie und bei Angehörigen[8][13].

Ihr Recht auf Selbstbestimmung

Eine Patienten­verfügung ist mehr als ein Formular - sie ist die konsequente Umsetzung des in Art. 2 GG garantierten Selbstbestimmungs­rechts. Indem Sie Ihre Wünsche klar formulieren, bewahren Sie sich bis zuletzt ein Stück Handlungs­macht. Nehmen Sie sich Zeit für diese Entscheidungen - Ihr zukünftiges Ich wird es Ihnen danken.