Muss eine Patientenverfügung handschriftlich verfasst werden?

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Zusammenfassung

Eine Patientenverfügung muss in Deutschland schriftlich vorliegen, aber nicht handschriftlich verfasst sein - sie kann auch am Computer erstellt werden. Entscheidend ist die eigenhändige Unterschrift, um das Dokument rechtswirksam zu machen. Wichtig sind klare, konkrete Formulierungen zu Behandlungssituationen und medizinischen Maßnahmen, die regelmäßig aktualisiert werden sollten.

Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, medizinische Entscheidungen für den Fall vorzubereiten, in dem Sie selbst nicht mehr einwilligungsfähig sind. Viele Menschen fragen sich, ob dieses Dokument zwingend handschriftlich erstellt werden muss. Die gute Nachricht: Nein, eine Patientenverfügung darf auch digital verfasst werden - entscheidend ist die eigenhändige Unterschrift. Dieser Artikel klärt alle rechtlichen und praktischen Fragen rund um die Form Ihrer Patientenverfügung und gibt Ihnen konkrete Tipps für die Erstellung.

Rechtsgrundlage: Wo steht das Gesetz?

Die gesetzliche Grundlage der Patientenverfügung in Deutschland ist in § 1827 BGB verankert. Seit der Reform des Betreuungsrechts im Januar 2023 gilt:

Ein Notar ist nur dann notwendig, wenn Sie körperlich nicht in der Lage sind, selbst zu unterschreiben - etwa aufgrund einer Lähmung oder schweren Erkrankung. In diesem Fall beglaubigt der Notar Ihr Handzeichen[2][4][7].

Formvorschriften im Detail

Schriftform: Computer oder Handschrift?

Ob Sie Ihre Patientenverfügung mit der Hand schreiben, am Computer tippen oder ein vorgefertigtes Formular nutzen, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass der Text lesbar ist und Ihr Wille eindeutig hervorgeht[1][3][5].

Beispiel aus der Praxis:
Eine 78-jährige Person nutzt ein Formular des Bayerischen Justizministeriums, ergänzt es mit persönlichen Anmerkungen am Laptop und druckt es aus. Nach der Unterschrift ist das Dokument rechtsgültig[4].

Unterschrift: So wird es verbindlich

Die eigenhändige Unterschrift unter der Patientenverfügung hat drei Funktionen:

  1. Identitätsbestätigung: Sie weist nach, wer das Dokument verfasst hat.
  2. Ernsthaftigkeit: Die Unterschrift zeigt, dass Sie die Erklärung bewusst abgegeben haben.
  3. Aktualität: Das beigefügte Datum dokumentiert, wann Sie die Verfügung erstellt haben[1][6].

Tipp:

  • Unterschreiben Sie jede Seite, falls das Dokument aus mehreren Blättern besteht.
  • Nutzen Sie einen blauen Stift, um Originale von Kopien zu unterscheiden[1][2].

Inhaltliche Anforderungen: Das macht Ihre Verfügung sicher

Während die Form vergleichsweise einfach zu erfüllen ist, kommt es auf den konkreten Inhalt an. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2016 klargestellt: Allgemeine Formulierungen wie „Ich möchte nicht an Schläuchen hängen“ sind nicht ausreichend[3][6][8].

Was gehört in jede Patientenverfügung?

  1. Persönliche Daten

    • Vollständiger Name
    • Geburtsdatum
    • Aktuelle Anschrift
  2. Konkrete Behandlungssituationen
    Beschreiben Sie präzise, bei welchen Erkrankungen oder Zuständen Ihre Verfügung gelten soll:

    • „Im Endstadium einer unheilbaren Krebserkrankung“
    • „Bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma mit irreversibler Bewusstlosigkeit“
  3. Medizinische Maßnahmen
    Legen Sie fest, welche Behandlungen Sie in diesen Situationen wünschen oder ablehnen:

  4. Werte und Überzeugungen
    Erklären Sie kurz, welche Lebensqualität für Sie entscheidend ist:

    • „Ich möchte keine lebensverlängernden Maßnahmen, wenn ich dauerhaft pflegebedürftig und nicht mehr kommunikationsfähig bin.“
  5. Datum und Unterschrift

    • Aktuelles Erstellungsdatum
    • Lesbare Unterschrift mit Vor- und Nachname[5][7][8].

Praxistipps für eine wirksame Patientenverfügung

1. Nutzen Sie Formularhilfen - aber individualisieren Sie

Viele Krankenkassen, Verbraucherzentralen und Ministerien bieten Musterformulare an. Diese sind rechtssicher, sollten aber immer an Ihre persönliche Situation angepasst werden. Fügen Sie beispielsweise hinzu:

  • „Auch bei einer fortgeschrittenen Demenz lehne ich eine künstliche Ernährung ab, sofern keine realistischen Chancen auf Besserung bestehen.“

2. Besprechen Sie Ihre Verfügung mit Ärzt:innen

Ein Gespräch mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt hilft, medizinische Begriffe korrekt zu verwenden. Beispiel:

  • „Apparatetechnische Lebenserhaltung“ statt „Maschinen“
  • „Palliativmedizinische Versorgung“ statt „Sterbehilfe“

3. Hinterlegen Sie das Dokument an mehreren Orten

  • Geben Sie eine Kopie an Ihre vertraute Person (z. B. Bevollmächtigte:r oder Angehörige:r).
  • Hinterlegen Sie eine Version bei Ihrer Hausarztpraxis.
  • Tragen Sie einen Hinweis in der Brieftasche (z. B.: „Patientenverfügung vorhanden - bitte kontaktieren Sie [Name, Telefonnummer]“)[1][3][4].

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

Fehler 1: Zu allgemeine Formulierungen

Nicht ausreichend:
„Ich möchte keine lebensverlängernden Maßnahmen.“

Besser:
„Bei irreversibler Bewusstlosigkeit und fehlender Aussicht auf Besserung lehne ich Folgendes ab: invasive Beatmung, Wiederbe­le­bungs­maß­nah­men, operative Eingriffe sowie Antibiotikagabe bei Infekten. Schmerz- und Symptombehandlung sollen jedoch stets erfolgen.“

Fehler 2: Widersprüche im Dokument

Vermeiden Sie Aussagen wie:
„Ich lehne jede Form der Sterbehilfe ab“
gefolgt von:
„Bei unerträglichen Schmerzen soll mir ein schneller Tod ermöglicht werden.“

Fehler 3: Vergessen der Aktualisierung

Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung mindestens alle zwei Jahre. Ändern sich Ihre Lebensumstände (z. B. neue Diagnose, Familienzuwachs), passen Sie das Dokument an und datieren Sie es neu[1][4][6].

Was tun bei Unsicherheiten?

Falls Sie sich unsicher fühlen, nutzen Sie diese Unterstützungsangebote:

  • Betreuungsstellen: Viele Kommunen bieten kostenlose Beratung zur Vorsorge an.
  • Rechtsanwält:innen mit Fachgebiet Medizinrecht: Sie prüfen Ihre Verfügung auf rechtliche Sicherheit.
  • Patientenberatungen: Organisationen wie die Deutsche Hospizstiftung geben neutrale Hinweise.

Fazit: Klarheit schafft Sicherheit

Eine Patientenverfügung muss nicht handschriftlich verfasst werden - entscheidend sind die schriftliche Fixierung Ihrer Wünsche und die eigenhändige Unterschrift. Indem Sie konkrete Behandlungssituationen beschreiben und medizinische Maßnahmen genau benennen, geben Sie Ärzt:innen und Angehörigen klare Handlungsanweisungen. Denken Sie daran: Diese Verfügung ist kein starres Dokument, sondern darf und soll mit Ihnen „mitwachsen“. Durch regelmäßige Überprüfung stellen Sie sicher, dass sie stets Ihrem aktuellen Willen entspricht.