Können Betreute eine Patientenverfügung erstellen?
Ja, betreute Personen können eine Patientenverfügung erstellen, solange sie einwilligungsfähig sind, also die Tragweite ihrer Entscheidung verstehen und frei äußern können. Eine bestehende Betreuung schließt dies nicht aus, sofern die Betreuung nicht ausdrücklich Gesundheitsangelegenheiten umfasst. Wichtig sind klare Formulierungen, regelmäßige Aktualisierungen und eine offene Kommunikation mit Betreuer:innen und Angehörigen.
- Grundlagen: Was bedeutet „Betreuung“ überhaupt?
- Die zentrale Voraussetzung: Einwilligungsfähigkeit
- So erstellen Sie eine Patientenverfügung als betreute Person
- Was passiert, wenn die Einwilligungsfähigkeit angezweifelt wird?
- Die Rolle des Betreuers oder der Betreuer:in
- Grenzen der Selbstbestimmung
- Praktische Tipps für Angehörige
- Fazit: Selbstbestimmung bleibt möglich
Eine Patientenverfügung ermöglicht es Ihnen, medizinische Entscheidungen vorab zu treffen - selbst dann, wenn Sie später nicht mehr in der Lage sind, Ihren Willen zu äußern. Doch was gilt, wenn bereits eine rechtliche Betreuung angeordnet wurde? Können Sie als betreute Person überhaupt noch eine solche Verfügung verfassen? Die Antwort ist eindeutig: Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist dies möglich.
Grundlagen: Was bedeutet „Betreuung“ überhaupt?
Eine rechtliche Betreuung wird nach § 1829 BGB eingerichtet, wenn eine volljährige Person aufgrund einer psychischen Erkrankung, körperlichen Behinderung oder altersbedingten Einschränkung nicht mehr in der Lage ist, bestimmte Angelegenheiten selbst zu regeln. Der oder die Betreuer:in handelt dann stellvertretend in festgelegten Bereichen - etwa in Gesundheitsfragen oder finanziellen Belangen[1][4].
Wichtig: Eine Betreuung beschränkt sich immer auf konkrete Aufgabenbereiche. Selbst wenn Sie in finanziellen Dingen unterstützt werden, heißt das nicht automatisch, dass Sie auch in medizinischen Fragen nicht mehr entscheidungsfähig sind[5][9].
Die zentrale Voraussetzung: Einwilligungsfähigkeit
Ob Sie als betreute Person eine Patientenverfügung erstellen können, hängt von Ihrer Einwilligungsfähigkeit ab. Diese liegt vor, wenn Sie:
- Die Tragweite Ihrer Entscheidung verstehen.
- Die Folgen medizinischer Maßnahmen einschätzen können.
- Ihren Willen frei von äußeren Zwängen äußern[3][6][7].
Auch mit einer bestehenden Betreuung können Sie einwilligungsfähig sein - solange die Betreuung nicht ausdrücklich Ihre Gesundheitsangelegenheiten umfasst oder Sie in diesem Bereich als nicht entscheidungsfähig eingestuft wurden[4][6].
Beispiel aus der Praxis
Herr Schneider hat aufgrund einer Demenzdiagnose einen Betreuer für Vermögensangelegenheiten. Seine Fähigkeit, über medizinische Fragen zu entscheiden, ist davon unberührt. Er kann daher jederzeit eine Patientenverfügung verfassen, solange er die oben genannten Kriterien erfüllt.
So erstellen Sie eine Patientenverfügung als betreute Person
Schritt 1: Einwilligungsfähigkeit prüfen lassen
Lassen Sie Ihre aktuelle Entscheidungsfähigkeit von einer Ärzt:in oder einer fachkundigen Beratungsstelle bestätigen. Eine schriftliche Bestätigung ist nicht vorgeschrieben, erhöht aber die spätere Rechtssicherheit[1][6][9].
Schritt 2: Klare Formulierungen wählen
Ihre Verfügung muss:
- Konkrete Behandlungssituationen beschreiben (z. B. „im Endstadium einer unheilbaren Krankheit“).
- Eindeutige medizinische Anweisungen enthalten („keine künstliche Beatmung“, „Schmerztherapie bis zum Lebensende“).
- Persönliche Wertvorstellungen widerspiegeln (religiöse Überzeugungen, Lebensqualitätsvorstellungen)[1][3][7].
Tipp: Nutzen Sie Vorlagen des Bundesjustizministeriums oder der Verbraucherzentralen, um typische Formulierungsfehler zu vermeiden[7][8].
Schritt 3: Mit dem Betreuungsteam kommunizieren
Teilen Sie Ihrem Betreuer oder Ihrer Betreuer:in sowie nahen Angehörigen mit, dass Sie eine Patientenverfügung erstellen. Dies beugt späteren Missverständnissen vor und stellt sicher, dass Ihr Dokument im Ernstfall schnell gefunden wird[2][5].
Schritt 4: Regelmäßig aktualisieren
Überprüfen Sie Ihre Patientenverfügung mindestens alle zwei Jahre. Bestätigen Sie durch Datum und Unterschrift, dass die Angaben weiterhin Ihrem Willen entsprechen[1][3].
Was passiert, wenn die Einwilligungsfähigkeit angezweifelt wird?
In seltenen Fällen kann es zu Konflikten kommen - etwa wenn Ihr Betreuer oder behandelnde Ärzt:innen Ihre Entscheidungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erstellung infrage stellen. Hier gilt:
- Beweislast liegt bei den Zweifelnden: Solange keine gerichtliche Feststellung vorliegt, wird Ihre Einwilligungsfähigkeit vermutet[6][7].
- Gerichtliche Klärung: Das Betreuungsgericht kann auf Antrag prüfen, ob Sie bei der Erstellung einwilligungsfähig waren. Ein solches Verfahren wird jedoch nur eingeleitet, wenn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel vorliegen[4][5].
Die Rolle des Betreuers oder der Betreuer:in
Ihr Betreuer oder Ihre Betreuer:in ist verpflichtet, Ihre Patientenverfügung umzusetzen - sofern diese auf die aktuelle medizinische Situation zutrifft. Dabei muss er oder sie:
- Die Verfügung bei behandelnden Ärzt:innen vorlegen.
- Bei Unklarheiten Ihre früheren Äußerungen und Wertvorstellungen berücksichtigen.
- Im Zweifel das Betreuungsgericht anrufen, wenn ärztliche Maßnahmen von der Verfügung abweichen[1][4][6].
Wichtig: Eine Patientenverfügung entbindet Ihren Betreuer oder Ihre Betreuer:in nicht von der Pflicht, sich regelmäßig mit Ihnen über Ihre aktuellen Wünsche auszutauschen - sofern dies möglich ist[2][9].
Grenzen der Selbstbestimmung
Trotz Patientenverfügung gibt es Situationen, in denen Ihr Wille nicht uneingeschränkt gilt:
- Akute Lebensgefahr: Bei unklarer Rechtslage können Ärzt:innen vorläufig lebenserhaltende Maßnahmen einleiten, bis eine gerichtliche Entscheidung vorliegt.
- Ethische Konflikte: Ein Verbot schmerzlindernder Medikamente (etwa aus religiösen Gründen) darf nicht zu qualvollem Leiden führen. Hier können behandelnde Teams unter Umständen abweichen[6][7].
Praktische Tipps für Angehörige
Wenn Sie als Familienmitglied oder Freund:in eine betreute Person unterstützen:
- Respektieren Sie die Autonomie: Auch Menschen mit Betreuung haben das Recht, über ihre medizinische Versorgung zu bestimmen.
- Dokumentieren Sie Gespräche: Notieren Sie gemeinsam besprochene Wünsche - diese helfen später bei der Auslegung der Verfügung.
- Vernetzen Sie sich: Stellen Sie sicher, dass Hausärzt:innen, Pflegeeinrichtungen und Betreuungspersonen über die Existenz der Patientenverfügung informiert sind[1][5][9].
Fazit: Selbstbestimmung bleibt möglich
Eine bestehende Betreuung bedeutet nicht, dass Sie auf Ihre Mitwirkungsrechte verzichten müssen. Solange Sie einwilligungsfähig sind, können Sie jederzeit eine Patientenverfügung erstellen oder anpassen. Wichtig ist dabei:
- Klare Formulierungen verwenden
- Regelmäßige Überprüfung der Dokumente
- Offene Kommunikation mit dem Betreuungsteam
Indem Sie aktiv vorsorgen, schützen Sie nicht nur Ihre eigenen Interessen, sondern entlasten auch Ihre Angehörigen in emotional schwierigen Situationen. Nutzen Sie Beratungsangebote von Caritas, Maltesern oder Verbraucherzentralen, um individuelle Fragen zu klären[1][8][9].