Wie unterscheidet sich die Betreuungsverfügung von einer Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht ermächtigt eine oder mehrere Vertrauenspersonen, ohne gerichtliches Verfahren in Ihrem Namen zu handeln, sobald Sie nicht mehr entscheidungsfähig sind. Eine Betreuungsverfügung gibt dem Gericht Vorgaben für den Fall einer offiziell angeordneten Betreuung und kann diese nicht verhindern, sondern nur deren Ablauf und Betreuer:innenwahl steuern.
Beide Dokumente beschäftigen sich mit einem sensiblen Thema: Was passiert, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können? Doch zwischen einer Betreuungsverfügung und einer Vorsorgevollmacht bestehen grundlegende Unterschiede, die für Ihre persönliche Vorsorge entscheidend sind. Während eine Vorsorgevollmacht direkt eine Vertrauensperson bevollmächtigt und eine gerichtliche Betreuung vermeiden soll, gestaltet eine Betreuungsverfügung eine bereits vom Gericht angeordnete Betreuung mit - sie kann diese jedoch nicht verhindern[3][10].
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie selbst eine oder mehrere Personen, die in Ihrem Namen rechtliche Entscheidungen treffen dürfen[3]. Diese Vollmacht tritt sofort nach Unterschrift in Kraft, wird jedoch meist erst genutzt, wenn Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können[5].
Die Vorsorgevollmacht wirkt direkt und ohne Gericht. Ihr Bevollmächtigter kann sofort handeln, wenn Sie durch Krankheit, Unfall oder Alter nicht mehr entscheidungsfähig sind[6]. Das Betreuungsgericht wird gar nicht erst tätig, sofern die Vollmacht alle wichtigen Bereiche abdeckt[6].
Bereiche einer Vorsorgevollmacht
Sie können festlegen, für welche Angelegenheiten Ihr Bevollmächtigter zuständig sein soll[3]:
- Vermögensangelegenheiten: Konten verwalten, Verträge abschließen, Rechnungen bezahlen
- Gesundheitsangelegenheiten: Behandlungen zustimmen oder ablehnen
- Persönliche Angelegenheiten: Wohnort bestimmen, Pflege organisieren
- Behördenkontakte: Anträge stellen, Post entgegennehmen
Was ist eine Betreuungsverfügung?
Eine Betreuungsverfügung ist eine schriftliche Weisung an das Betreuungsgericht für den Fall, dass eine gesetzliche Betreuung eingerichtet werden muss[1][9]. Sie können damit bestimmen, wer Sie betreuen soll und wie diese Betreuung aussehen soll[9].
Wichtig: Die Betreuungsverfügung verhindert keine Betreuung, sondern gestaltet sie nur mit[10]. Sie kommt erst zum Einsatz, wenn das Gericht bereits festgestellt hat, dass Sie eine Betreuung benötigen[20].
Inhalte einer Betreuungsverfügung
In Ihrer Betreuungsverfügung können Sie folgende Punkte festlegen[1][9]:
- Wunschbetreuer:in: Welche Person soll Sie betreuen?
- Ausschluss von Personen: Wer soll auf keinen Fall Betreuer:in werden?
- Aufgabenbereiche: Welche Bereiche soll die Betreuung abdecken?
- Lebensgestaltung: Möchten Sie zu Hause oder im Pflegeheim leben?
- Behandlungswünsche: Welche medizinischen Behandlungen wünschen Sie sich?
Die wichtigsten Unterschiede im Detail
Rechtswirkung: Direkt vs. indirekt
Vorsorgevollmacht: Erzeugt sofort eine rechtlich verbindliche Vertretungsmacht[3]. Ihr Bevollmächtigter kann direkt in Ihrem Namen handeln.
Betreuungsverfügung: Hat keine direkte Rechtswirkung[7]. Sie ist lediglich eine Weisung an das Gericht, die bei der Betreuerauswahl berücksichtigt werden muss[15].
Gerichtliche Kontrolle: Keine vs. intensive
Vorsorgevollmacht: Ihr Bevollmächtigter handelt ohne gerichtliche Aufsicht[7]. Das bedeutet mehr Freiheit, aber auch weniger Kontrolle.
Betreuungsverfügung: Der vom Gericht bestellte Betreuer steht unter strenger gerichtlicher Kontrolle[10]. Er muss regelmäßig Rechenschaft ablegen und wichtige Entscheidungen genehmigen lassen[10].
Zeitpunkt der Wirkung: Sofort vs. bei Bedarf
Vorsorgevollmacht: Wird sofort nach Unterschrift rechtswirksam[8]. Ihr Bevollmächtigter könnte theoretisch sofort handeln, auch wenn Sie noch voll geschäftsfähig sind.
Betreuungsverfügung: Entfaltet erst dann Wirkung, wenn das Gericht tatsächlich eine Betreuung anordnet[18]. Solange Sie selbst entscheiden können, bleibt sie wirkungslos.
Geschäftsfähigkeit: Erforderlich vs. nicht nötig
Vorsorgevollmacht: Sie müssen zum Zeitpunkt der Erstellung voll geschäftsfähig sein[17].
Betreuungsverfügung: Kann auch von Personen erstellt werden, die nicht mehr voll geschäftsfähig sind[7][9]. Wichtig ist nur, dass der Inhalt sinnvoll ist und nicht Ihrem Wohl widerspricht.
Wann ist was sinnvoll?
Vorsorgevollmacht passt, wenn Sie…
- eine absolute Vertrauensperson haben, der Sie voll vertrauen[17]
- gerichtliche Einmischung vermeiden möchten[6]
- schnelle Entscheidungen in Notfallsituationen brauchen[3]
- noch voll geschäftsfähig sind und bewusst vorsorgen möchten
Betreuungsverfügung passt, wenn Sie…
Können beide Dokumente zusammenwirken?
Ja, viele Expert:innen empfehlen sogar, beide Dokumente zu erstellen[5]. Die Betreuungsverfügung dient dann als “Sicherheitsnetz” für den Fall, dass die Vorsorgevollmacht nicht funktioniert[10].
Beispiel: Ihre bevollmächtigte Person wird selbst krank oder ist nicht erreichbar. Dann kann das Gericht anhand Ihrer Betreuungsverfügung eine geeignete Betreuung einrichten.
Praktische Tipps für Ihre Entscheidung
Sprechen Sie mit Ihrer Wunschperson über Ihre Vorstellungen, bevor Sie eine Vollmacht oder Verfügung erstellen[5].
Aktualisieren Sie regelmäßig: Unterschreiben Sie Ihre Dokumente jährlich neu mit aktuellem Datum. Das bestätigt deren Gültigkeit[5].
Registrieren Sie sich im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer. So finden Gerichte Ihre Dokumente im Ernstfall schneller[5].
Lassen Sie sich beraten: Beide Dokumente haben rechtliche Fallenstricke. Eine Beratung bei Anwaltskanzleien, Notar:innen oder Beratungsstellen kann sich lohnen[6].
Bewahren Sie Originale sicher auf und teilen Sie Kopien mit wichtigen Personen. Im Ernstfall müssen die Dokumente schnell auffindbar sein.
Die Entscheidung zwischen Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht hängt von Ihrer persönlichen Situation ab. Während die Vorsorgevollmacht mehr Selbstbestimmung ermöglicht, bietet die Betreuungsverfügung mehr Sicherheit durch gerichtliche Kontrolle. Beide Wege können Sie dabei unterstützen, auch in schwierigen Lebensphasen selbstbestimmt zu bleiben.