In welchen Situationen wird eine Betreuungsverfügung relevant?
Eine Betreuungsverfügung wird relevant, wenn Sie durch Unfall, Krankheit oder geistige Einschränkungen Ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können und festlegen möchten, wer für Sie entscheidet. Sie ergänzt oder ersetzt eine Vorsorgevollmacht - etwa bei fehlender Vertrauensperson oder Wunsch nach gerichtlicher Kontrolle - und sichert Ihre Wünsche für Notfälle und längere Betreuungsfälle.
Eine Betreuungsverfügung regelt, wer Ihre rechtlichen Angelegenheiten übernimmt, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind[1]. Diese Vorsorgemaßnahme wird in verschiedenen Lebenssituationen relevant - oft unerwartet und plötzlich. Ob durch einen Unfall, eine Krankheit oder im Alter: Schnell kann eine Situation eintreten, in der Sie wichtige Entscheidungen nicht mehr eigenständig treffen können[1]. Ohne eine Betreuungsverfügung bestimmt ein Gericht eine Person, die für Sie handeln soll[1].
Plötzliche Notfallsituationen
Nach schweren Unfällen
Ein Verkehrsunfall, ein Sturz oder ein anderer schwerer Unfall kann binnen Sekunden Ihr Leben verändern. Fallen Sie ins Koma oder erleiden Sie schwere Kopfverletzungen, können Sie möglicherweise keine Entscheidungen mehr treffen[7]. In dieser Situation muss jemand anderes wichtige Fragen beantworten: Welche medizinischen Behandlungen sollen durchgeführt werden? Wer kümmert sich um Ihre Finanzen? Sollen Sie in ein Pflegeheim oder können Sie zu Hause gepflegt werden?
Eine Betreuungsverfügung sorgt dafür, dass eine Person Ihres Vertrauens diese Entscheidungen trifft - und nicht ein vom Gericht bestellter Fremder[7].
Bei Schlaganfall oder Herzinfarkt
Schlaganfälle und Herzinfarkte treffen Menschen oft ohne Vorwarnung. Die Folgen können schwerwiegend sein: Sprachstörungen, Lähmungen oder Bewusstseinsverlust machen es unmöglich, selbst zu entscheiden[8]. Besonders bei einem Hirninfarkt können die kognitiven Fähigkeiten so stark beeinträchtigt sein, dass eine rechtliche Betreuung notwendig wird[8].
Altersbedingte Erkrankungen
Demenz und Alzheimer
Demenzerkrankungen entwickeln sich meist schleichend. Menschen mit Demenz können in einer Vorsorgevollmacht oder einer Betreuungsverfügung regeln, wer sie rechtsverbindlich vertreten soll, wenn sie wichtige Angelegenheiten nicht mehr selbstverantwortlich regeln können[5]. Die Vollmacht muss ausgestellt werden, solange die betroffene Person noch geschäftsfähig ist[5].
Eine Betreuungsverfügung kann sogar dann noch erstellt werden, wenn die Person nicht mehr geschäftsfähig ist - sie muss nur noch in der Lage sein, ihren Willen in irgendeiner Weise zu äußern[11]. Bei weit fortgeschrittener Demenz ist dies allerdings nicht mehr möglich[11].
Andere altersbedingte Erkrankungen
Nicht nur Demenz kann im Alter zu Betreuungsbedürftigkeit führen. Auch andere Erkrankungen wie schwere Herzleiden, fortgeschrittene Parkinson-Krankheit oder andere neurologische Leiden können dazu führen, dass Sie Hilfe bei wichtigen Entscheidungen benötigen.
Psychische Erkrankungen
Schwere Depressionen
Schwere depressive Episoden können Menschen so stark beeinträchtigen, dass sie keine klaren Entscheidungen mehr treffen können. Eine rechtliche Betreuung wird für Volljährige angeordnet, die ihre Angelegenheiten aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht oder nur teilweise selbst regeln können[13]. Dazu zählen sowohl körperliche als auch psychische Einschränkungen[13].
Persönlichkeitsstörungen und Abhängigkeitserkrankungen
Schwere Persönlichkeitsstörungen oder Abhängigkeitserkrankungen durch Alkohol oder Drogen können ebenfalls eine rechtliche Betreuung erforderlich machen[13]. In diesen Fällen hilft eine Betreuungsverfügung dabei, sicherzustellen, dass eine geeignete Person die Betreuung übernimmt.
Angeborene oder erworbene Behinderungen
Geistige Behinderungen
Menschen mit angeborenen Intelligenzdefekten oder später erworbenen geistigen Behinderungen benötigen oft Unterstützung bei wichtigen Lebensentscheidungen[13]. Eine Betreuungsverfügung kann auch von Eltern für ihre erwachsenen Kinder mit Behinderung erstellt werden.
Körperliche Behinderungen
Auch körperliche Behinderungen können eine rechtliche Betreuung erforderlich machen, solange sie die Fähigkeit beeinträchtigen, eigene Angelegenheiten zu regeln[13]. Dies kann beispielsweise bei schweren Lähmungen oder anderen motorischen Einschränkungen der Fall sein.
Alternative zur Vorsorgevollmacht
Wenn es keine Vertrauensperson gibt
Eine Betreuungsverfügung ist besonders dann sinnvoll, wenn keine Vertrauensperson vorhanden ist, die als Bevollmächtigte fungieren könnte[13]. In der Regel setzen Menschen für Notsituationen eine Vorsorgevollmacht auf, bei der sie einer Person des Vertrauens weitreichende Befugnisse übertragen[12]. Gibt es jedoch niemanden, dem Sie voll und ganz vertrauen, kann eine Betreuungsverfügung die bessere Wahl sein[12].
Wunsch nach gerichtlicher Kontrolle
Der gesetzliche Betreuer wird vom Gericht eingesetzt und überprüft[12]. Er muss jede Entscheidung gegebenenfalls vor dem Betreuungsgericht rechtfertigen[12]. Diese zusätzliche Kontrolle kann ein Vorteil sein, wenn Sie sich Sorgen über möglichen Missbrauch einer Vollmacht machen.
Ergänzung zur Vorsorgevollmacht
Als Sicherheitsnetz
Es ist in jedem Fall sinnvoll, eine Betreuungsverfügung als Ergänzung zur Vorsorgevollmacht aufzusetzen[12]. Sollte die Vollmacht ihre Gültigkeit verlieren oder die bevollmächtigte Person ihre Aufgaben nicht erfüllen können, wird Ihre Betreuungsverfügung wirksam[12]. Dadurch verhindern Sie, dass das Gericht eine Person zu Ihrem gesetzlichen Betreuer macht, die Ihnen nicht recht ist oder die Sie gar nicht kennen[12].
Bei komplexen Familienverhältnissen
In Patchwork-Familien oder bei komplizierten Familienverhältnissen kann eine Kombination aus Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung besonders sinnvoll sein. So können Sie verschiedene Aufgabenbereiche auf verschiedene Personen verteilen.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Wann greift die Betreuungsverfügung?
Die Betreuungsverfügung tritt dann in Kraft, wenn die volljährige hilfsbedürftige Person aufgrund einer Erkrankung oder körperlichen, seelischen oder geistigen Beeinträchtigungen die eigenen Angelegenheiten teilweise oder auch gänzlich nicht mehr eigenständig durchführen kann[10]. In einem derartigen Fall wird das Betreuungsgericht damit beauftragt, eine Betreuerin oder einen Betreuer zu bestellen[10].
Berücksichtigung Ihrer Wünsche
Das Betreuungsgericht hat bei der Auswahl einer Betreuerin oder eines Betreuers die in der Betreuungsverfügung getätigten Vorschläge zu berücksichtigen[8]. Von Ihrer Betreuungsverfügung kann das Betreuungsgericht nur in Ausnahmefällen und mit guter Begründung abweichen[2].
Praktische Handlungsempfehlungen
Rechtzeitig vorsorgen
Erstellen Sie eine Betreuungsverfügung, solange Sie noch voll geschäftsfähig sind. Bei fortgeschrittenen Erkrankungen wird dies schwieriger oder unmöglich. Die Betreuungsverfügung sollten Sie schreiben, wenn Sie es noch können[7].
Kombinierte Vorsorge
Erstellen Sie am besten sowohl eine Vorsorgevollmacht als auch eine Betreuungsverfügung, die aufeinander abgestimmt sind[9]. So gehen Sie sicher, dass all Ihre Wünsche berücksichtigt werden[9].
Regelmäßige Aktualisierung
Eine Betreuungsverfügung kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden, solange Sie geschäftsfähig sind[1]. Dies bietet Flexibilität, um die Verfügung an veränderte Lebensumstände anzupassen[1]. Es bietet sich an, die Verfügung jährlich mit einem Vermerk der Gültigkeit neu zu unterschreiben und mit aktuellem Datum zu versehen[9].
Fazit
Eine Betreuungsverfügung wird in vielen verschiedenen Lebenssituationen relevant - von plötzlichen Unfällen über altersbedingte Erkrankungen bis hin zu psychischen Leiden. Sie bietet Ihnen die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wer Sie in schwierigen Zeiten vertritt und wie diese Vertretung erfolgen soll. Ohne eine Betreuungsverfügung bestimmt ein Gericht eine Person, die für Sie handeln soll[1]. Mit einer Betreuungsverfügung stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche auch dann berücksichtigt werden, wenn Sie sie selbst nicht mehr äußern können[1].