Ab welchem Alter kann eine Betreuungsverfügung verfasst werden?

Zusammenfassung

Eine Betreuungsverfügung können Sie ab dem 18. Lebensjahr unabhängig von Ihrer Geschäftsfähigkeit erstellen und so verbindlich festlegen, wer Sie im Falle Ihrer Entscheidungs­unfähigkeit betreuen soll. Hinterlegen Sie das Schriftstück im Vorsorge­register und informieren Sie Ihre Vertrauenspersonen, damit Ihre Wünsche im Ernstfall umgesetzt werden.

Eine unerwartete Krankheit oder ein Unfall können jeden Menschen treffen - unabhängig vom Alter. Wenn Sie dann nicht mehr selbst entscheiden können, wird ein gerichtlich bestellter Betreuer für Sie tätig. Mit einer Betreuungs­verfügung bestimmen Sie rechtzeitig, wer diese wichtige Aufgabe übernehmen soll und wie Ihre Betreuung aussehen könnte.

Volljährigkeit ist die einzige Voraussetzung

Eine Betreuungs­verfügung können Sie ab dem 18. Lebensjahr verfassen[1][17]. Das Erreichen der Volljährigkeit ist die einzige rechtliche Hürde. Anders als bei anderen Vorsorge­dokumenten müssen Sie nicht vollständig geschäftsfähig sein, um eine gültige Betreuungs­verfügung zu erstellen[2][10].

Diese Regelung ist bewusst großzügig gestaltet. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass auch Menschen mit eingeschränkter Geschäftsfähigkeit das Recht haben sollten, ihre Wünsche für eine mögliche Betreuung zu äußern. Schließlich geht es in der Verfügung nicht um rechts­geschäftliches Handeln, sondern um persönliche Vorschläge und Wünsche[13].

Was bedeutet das konkret für Sie?

Selbst wenn Sie bereits unter einer beginnenden Demenz leiden oder nach einem Schlaganfall in Ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, können Sie noch eine Betreuungs­verfügung verfassen. Das Betreuungs­gericht prüft dann im Ernstfall, ob Ihre Wünsche dem tatsächlichen Willen entsprechen und umsetzbar sind.

Der entscheidende Unterschied zur Vorsorge­vollmacht

Hier liegt ein wichtiger Unterschied zur Vorsorge­vollmacht: Eine Vorsorge­vollmacht können Sie nur bei vollständiger Geschäftsfähigkeit erteilen[10]. Diese strengere Regelung hat einen guten Grund: Mit einer Vorsorge­vollmacht übertragen Sie einer Person umfassende Rechte, ohne dass ein Gericht die Entscheidungen kontrolliert.

Betreuungs­verfügung vs. Vorsorge­vollmacht

Betreuungs­verfügung:

  • Ab 18 Jahren möglich
  • Keine volle Geschäftsfähigkeit erforderlich
  • Gerichtliche Kontrolle vorhanden
  • Unverbindlicher Vorschlag ans Gericht

Vorsorge­vollmacht:

  • Ab 18 Jahren, aber nur bei Geschäftsfähigkeit
  • Volle Geschäftsfähigkeit zwingend erforderlich
  • Keine gerichtliche Kontrolle
  • Rechtsverbindliche Bevollmächtigung

Warum frühzeitige Vorsorge ab 18 sinnvoll ist

Experten:innen der Verbraucherzentrale empfehlen, bereits zu Beginn der Volljährigkeit wichtige Vollmachten vorzubereiten[3]. Denn auch junge Menschen können durch Unfälle oder schwere Erkrankungen plötzlich nicht mehr selbst entscheiden.

Praktische Situationen, in denen Sie Vertretung brauchen

  • Medizinische Notfälle: Ärzt:innen dürfen Angehörigen keine Auskunft geben
  • Behörden­angelegenheiten: Anträge stellen oder Bescheide entgegennehmen
  • Finanzielle Angelegenheiten: Rechnungen bezahlen oder Verträge kündigen
  • Wohnungs­angelegenheiten: Mietvertrag verwalten oder Umzug organisieren

Ohne Vollmacht müssen Eltern oder Partner:innen erst aufwändig einen gerichtlichen Betreuer beantragen[1].

Was Sie in Ihrer Betreuungs­verfügung regeln können

Ihre Betreuungs­verfügung kann verschiedene Bereiche abdecken. Je detaillierter Sie Ihre Wünsche formulieren, desto besser können diese berücksichtigt werden.

Personen­vorschläge

  • Wer soll Sie betreuen?
  • Wer soll auf keinen Fall als Betreuer:in tätig werden?
  • Sollen verschiedene Personen unterschiedliche Aufgaben­bereiche übernehmen?

Aufgaben­bereiche des Betreuers oder der Betreuerin[1]

  • Vermögens­verwaltung: Kontoverwaltung, Rechnungen bezahlen
  • Gesundheits­fürsorge: Behandlungen besprechen, Medikation überwachen
  • Wohnungs­angelegenheiten: Mietverträge verwalten, Betriebskosten abrechnen
  • Schriftverkehr: Post bearbeiten, Verträge kündigen
  • Aufenthalts­bestimmung: Entscheidung über Pflegeheim oder häusliche Pflege

Persönliche Wünsche und Vorstellungen

Sie können sehr konkrete Wünsche äußern: Möchten Sie bei Pflegebedürftigkeit zu Hause versorgt werden? Soll Ihr Betreuer oder Ihre Betreuerin zu besonderen Anlässen Geschenke für Verwandte kaufen? Welche medizinischen Behandlungen lehnen Sie ab?[10]

Praktische Tipps für die Erstellung

Formale Anforderungen

  • Schriftform: Die Verfügung muss handschriftlich oder maschinell erstellt werden
  • Eigenhändige Unterschrift: Ihre persönliche Unterschrift ist zwingend erforderlich[1]
  • Eindeutige Identifizierung: Ihr Name und die Namen der vorgeschlagenen Betreuer:innen müssen klar erkennbar sein

Inhaltliche Gestaltung

Formulieren Sie Ihre Wünsche so konkret wie möglich. Vage Aussagen wie “Ich möchte gut betreut werden” helfen wenig. Besser sind spezifische Anweisungen: “Bei Pflegebedürftigkeit möchte ich so lange wie möglich in meiner Wohnung bleiben. Erst wenn häusliche Pflege nicht mehr möglich ist, soll ein Pflegeheim in Wohnortnähe gesucht werden.”

Regelmäßige Überprüfung

Ihre Lebensumstände ändern sich. Überprüfen Sie Ihre Betreuungs­verfügung alle zwei bis drei Jahre und passen Sie sie bei Bedarf an. Heiraten Sie oder bekommen Kinder? Ziehen Sie um oder ändert sich Ihr Gesundheitszustand? All das kann Auswirkungen auf Ihre Wünsche haben.

Aufbewahrung und Auffindbarkeit

Eine Betreuungs­verfügung nützt nichts, wenn sie im Ernstfall nicht gefunden wird. Hinterlegen Sie das Dokument im zentralen Vorsorge­register[8]. So können Gerichte und Vertrauenspersonen die Verfügung schnell finden.

Informieren Sie außerdem Ihre nächsten Angehörigen über die Existenz der Verfügung und den Aufbewahrungsort. Eine Kopie können Sie bei der Person hinterlassen, die Sie als Betreuer:in vorschlagen.

Die Rolle des Betreuungs­gerichts

Das Betreuungs­gericht kann nur in gut begründeten Ausnahmefällen von Ihrer Betreuungs­verfügung abweichen[1]. In der Regel folgt es Ihren Wünschen, wenn die vorgeschlagene Person geeignet und bereit ist.

Das Gericht prüft:

  • Ist die vorgeschlagene Person für die Aufgaben geeignet?
  • Kann sie die Betreuung zeitlich bewältigen?
  • Bestehen Interessenskonflikte?
  • Entsprechen die Wünsche noch dem aktuellen Willen?

Diese gerichtliche Kontrolle ist ein wichtiger Schutz für Sie. Anders als bei einer Vorsorge­vollmacht überwacht das Gericht kontinuierlich, ob Ihre Betreuer:in die Aufgaben in Ihrem Sinne erfüllt[1].

Wichtige Ergänzung: Die Patientenverfügung

Eine Betreuungs­verfügung regelt wer Sie vertritt, aber nicht wie Sie medizinisch behandelt werden möchten. Dafür brauchen Sie zusätzlich eine Patientenverfügung[16]. Auch diese können Sie ab 18 Jahren erstellen.

In der Patientenverfügung legen Sie fest:

  • Welche lebenserhaltenden Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen
  • Wie mit Schmerzen umgegangen werden soll
  • Ob Sie eine Organspende möchten

Beide Dokumente ergänzen sich perfekt: Die Betreuungs­verfügung bestimmt Ihre Vertretung, die Patientenverfügung Ihre medizinischen Wünsche.

Ihre nächsten Schritte

  1. Überlegen Sie konkret: Wer könnte Sie gut vertreten? Welche Wünsche sind Ihnen wichtig?

  2. Sprechen Sie mit Vertrauenspersonen: Fragen Sie, ob die Person bereit wäre, die Betreuung zu übernehmen.

  3. Erstellen Sie die Verfügung: Nutzen Sie seriöse Formulare von Verbraucherzentralen oder Beratungsstellen.

  4. Lassen Sie sich beraten: Bei komplexen Familienverhältnissen oder besonderen Wünschen kann eine rechtliche Beratung sinnvoll sein.

  5. Registrieren Sie das Dokument: Melden Sie die Verfügung beim zentralen Vorsorgeregister an.

Eine Betreuungs­verfügung gibt Ihnen die Gewissheit, dass im Ernstfall eine Vertrauensperson für Sie entscheidet. Je früher Sie vorsorgen, desto entspannter können Sie in die Zukunft blicken. Warten Sie nicht, bis es zu spät ist - ab 18 Jahren können und sollten Sie aktiv werden.