Was ist ein Zweckvermächtnis?

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Zusammenfassung

Ein Zweck­vermächtnis ist eine besondere Regelung im Testament, bei der der Erb­lasser den Zweck einer Zu­wendung festlegt, die konkrete Aus­gestaltung jedoch dem Erben oder einer dritten Person über­lässt. Es dient dazu, bestimmte Vorhaben wie Aus­bildungen, soziale Projekte oder Unter­stützungen zu fördern, ohne die genaue Leistung vorzugeben. Für eine recht­lich sichere Umsetzung sollte der Zweck klar beschrieben und fachliche Beratung in Anspruch genommen werden.

Ein Zweck­vermächtnis ist eine besondere Form der Nach­lass­regelung, bei der ein Erb­lasser zwar den Zweck einer Zu­wendung genau festlegt, die konkrete Aus­gestaltung jedoch dem Er­messen des Erben oder einer dritten Person über­lässt. Anders als bei ge­wöhn­lichen Ver­mächt­nissen, wo der zu­ge­dachte Gegen­stand genau be­zeichnet wird, steht beim Zweck­ver­mächtnis der an­ge­strebte Zweck im Mittel­punkt - etwa die Finan­zierung einer Aus­bildung oder die Unter­stützung einer sozialen Ein­richtung.

Recht­liche Grund­lage des Zweck­vermächt­nisses

Die recht­liche Basis für das Zweck­vermächtnis bildet § 2156 des Bürger­lichen Gesetz­buchs (BGB). Diese Vor­schrift er­möglicht es, dass der Erb­lasser bei der An­ordnung eines Ver­mächt­nisses, dessen Zweck er be­stimmt hat, die konkrete Aus­wahl der Leistung dem “billigen Er­messen” des Be­schwerten (also in der Regel des Erben) oder eines Dritten über­lassen kann[5].

Wichtig zu wissen: Ein Zweck­vermächtnis macht den Be­günstigten nicht zum Erben. Der Ver­mächtnis­nehmer:in erhält ledig­lich einen An­spruch auf einen be­stimmten Teil des Nach­lasses, der dem fest­gelegten Zweck dienen soll[1].

Unter­schied zum ge­wöhn­lichen Ver­mächtnis

Bei einem klassischen Ver­mächtnis wird genau fest­gelegt, welchen Gegen­stand oder welchen Geld­betrag eine be­stimmte Person er­halten soll. Beispiele hierfür wären:

  • “Meine Nichte Susanne erhält meine goldene Uhr.”
  • “Mein Neffe Michael bekommt mein Auto.”
  • “Mein Freund Thomas erhält 10.000 Euro.”

Beim Zweck­vermächtnis hingegen wird nur der Zweck klar be­stimmt, während die Aus­wahl der konkreten Leistung offen bleibt[1][6]. Beispiele für solche Zweck­bestimmungen sind:

  • “Die Aus­bildung meines Enkel­sohnes soll aus meinem Nach­lass finanziert werden.”
  • “Meine Nichte soll bei der Gründung eines eigenen Unter­nehmens unter­stützt werden.”
  • “Es soll eine be­stimmte soziale Ein­richtung gefördert werden.”

Voraus­setzungen für ein wirk­sames Zweck­vermächtnis

Damit ein Zweck­vermächtnis recht­lich wirksam ist, müssen folgende Punkte beachtet werden:

  1. Der Zweck muss genau be­zeichnet sein: Der Erb­lasser muss den Ver­mächtnis­zweck so präzise be­schreiben, dass aus­reichende Anhalts­punkte für die Aus­übung des Er­messens vor­handen sind[1][5].

  2. Die Be­stimmung muss billig sein: Die Fest­legung des Ver­mächtnis­gegen­standes durch den Be­stimmungs­berechtigten ist nur dann ver­bindlich, wenn sie der Billig­keit (also der Ge­rechtigkeit) ent­spricht[1].

  3. Die Be­stimmungs­befugnis darf nicht dem Ver­mächtnis­nehmer über­lassen werden: Die Ent­scheidung über die konkrete Leistung kann nur dem Erben oder einem Dritten über­tragen werden, nicht aber dem Be­günstigten selbst[5].

Bei­spiele für Zweck­vermächt­nisse in der Praxis

Aus­bildungs­vermächtnis: “Aus meinem Nach­lass soll das Medizin­studium meiner Enkel­tochter Jana finanziert werden. Die Höhe der monat­lichen Unter­stützung be­stimmt mein Sohn Thomas nach billigem Er­messen.”

Wohn­vermächtnis: “Meine Lebens­gefährtin soll nach meinem Tod weiter­hin an­gemessen wohnen können. Mein Bruder als Erbe soll nach billigem Er­messen ent­scheiden, ob sie in meinem Haus wohnen bleiben kann oder ob ein an­gemessener Ersatz­wohnraum be­schafft werden soll.”

Sozial­vermächtnis: “Aus meinem Nach­lass soll die Tier­schutz­arbeit in meiner Heimat­stadt ge­fördert werden. Meine Tochter als Erbin soll ent­scheiden, welche Tier­schutz­organisation in welcher Höhe unter­stützt wird.”

Das Super­vermächtnis als be­sondere Form

Eine spezielle Form des Zweck­vermächt­nisses ist das so­genannte Super­vermächtnis, das vor allem in Ver­bindung mit einem Berliner Testament Ver­wendung findet[6].

Das Super­vermächtnis dient häufig der Erb­schaft­steuer­optimierung. Bei einem Berliner Testament, bei dem der über­lebende Ehe­partner als Allein­erbe ein­gesetzt wird, können die Be­stimmung des Ver­mächt­nisses sowie der Ver­mächtnis­gegen­stand frei von den Erben be­stimmt werden[6].

Bitte beachten Sie: Bei Super­vermächt­nissen muss der Zweck be­sonders genau formu­liert werden, da sonst der Vor­wurf des Gestaltungs­miss­brauchs drohen kann[6].

Recht­liche Kon­sequenzen und Durch­setzung

Wenn ein Zweck­vermächtnis in einem Testament an­geordnet wurde, kommt es nach dem Tod des Erb­lassers zu folgenden Schritten:

  1. Das Nach­lass­gericht stellt die Erb­folge fest und er­mittelt die Ver­mächtnis­nehmer:innen[7].

  2. Die be­günstigte Person muss ihren An­spruch gegen­über dem Erben oder Testaments­vollstrecker geltend machen[7].

  3. Der Erbe ist ver­pflichtet, das Ver­mächtnis zu er­füllen, also die ent­sprechenden Leistungen für den fest­gelegten Zweck zu er­bringen[7].

Wichtig für Ver­mächtnis­nehmer:innen: Sie können das Ver­mächtnis auch aus­schlagen, sind also nicht ver­pflichtet, es an­zunehmen[7].

Sollte die Be­stimmung des Ver­mächtnis­gegen­standes durch den Be­stimmungs­berechtigten nicht der Billig­keit ent­sprechen, kann die Fest­legung durch ein gericht­liches Urteil er­folgen. Das­selbe gilt, wenn die Be­stimmung un­an­gemessen ver­zögert wird[1].

Prak­tische Tipps für die Ge­staltung eines Zweck­vermächt­nisses

Wenn Sie ein Zweck­vermächtnis in Ihrem Testament fest­legen möchten, sollten Sie folgende Punkte be­achten:

  • For­mulieren Sie den Zweck möglichst konkret: Je genauer der Zweck be­schrieben ist, desto besser kann das Er­messen aus­geübt werden.

  • Legen Sie fest, wer die Be­stimmung treffen soll: Be­nennen Sie klar, ob der Erbe oder eine dritte Person (etwa ein Testaments­vollstrecker) die Ent­scheidung über die konkrete Aus­gestaltung treffen soll.

  • Setzen Sie Grenzen: Sie können Ober- und Unter­grenzen für die zu er­bringende Leistung fest­legen, um Miss­brauch zu ver­hindern.

  • Über­legen Sie Alter­nativen: Falls der an­gestrebte Zweck nicht mehr erfüllt werden kann (z.B. weil der be­günstigte Enkel kein Studium auf­nimmt), sollten Sie fest­legen, was dann mit dem Ver­mögen ge­schehen soll.

Fazit: Wann ist ein Zweck­vermächtnis sinn­voll?

Ein Zweck­vermächtnis kann be­sonders dann sinn­voll sein, wenn Sie zwar einen be­stimmten Zweck fördern möchten, aber die genauen Um­stände zum Zeit­punkt Ihres Todes noch nicht ab­sehbar sind. Es bietet Flexi­bilität bei gleich­zeitiger Zweck­bindung.

Gerade für die Unter­stützung von Aus­bildungs­vorhaben, für die Ver­sorgung von An­gehörigen oder für wohl­tätige Zwecke kann ein Zweck­vermächtnis das passende erbrechtliche Instrument sein. Durch die Möglich­keit, die konkrete Aus­gestaltung in ver­trauens­würdige Hände zu legen, können Sie sicher­stellen, dass Ihr Nach­lass genau so ver­wendet wird, wie Sie es be­absichtigt haben - auch wenn sich die Lebens­umstände der Be­günstigten nach Ihrem Tod ändern sollten.

Be­ratungs­empfehlung: Da die korrekte Formu­lierung eines Zweck­vermächt­nisses an­spruchs­voll ist, empfiehlt sich die Unter­stützung durch eine Fach­person für Erb­recht, um spätere Miss­verständnisse oder recht­liche Probleme zu ver­meiden.