Was bedeutet Zugewinngemeinschaft?

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Zusammenfassung

Die Zugewinn­gemeinschaft ist der gesetzliche Güter­stand in Deutschland, bei dem das Vermögen der Ehepartner:innen während der Ehe getrennt bleibt, jedoch bei Beendigung der Ehe (z. B. durch Scheidung oder Tod) ein Zugewinn­ausgleich stattfindet. Dabei wird das während der Ehe erworbene Vermögen gerecht zwischen beiden aufgeteilt. Erbschaften und Schenkungen bleiben davon ausgenommen, und individuelle Anpassungen können durch einen Ehevertrag geregelt werden.

Die Zugewinn­gemeinschaft ist der gesetzliche Güter­stand in Deutschland, in dem verheiratete Paare auto­matisch leben, sofern sie keinen Ehe­vertrag abgeschlossen haben. Etwa 90 Prozent aller Ehe­paare leben in diesem Güter­stand. Obwohl der Name “Zugewinn­gemeinschaft” vermuten lässt, dass alles geteilt wird, ist das nicht der Fall. Tatsächlich bleibt das Vermögen während der Ehe getrennt. Erst bei Be­endigung der Ehe durch Scheidung oder Tod erfolgt ein Ausgleich des während der Ehe erzielten Zu­gewinns.

Was bedeutet der gesetzliche Güterstand konkret?

Der gesetzliche Güterstand der Zugewinn­gemeinschaft tritt auto­matisch mit der standes­amtlichen Ehe­schließung in Kraft. Dies bedeutet:

  • Ihr Vermögen bleibt während der Ehe grundsätzlich getrennt
  • Jede:r Ehepartner:in verwaltet das eigene Vermögen selbst
  • Für Schulden Ihres Ehepartners oder Ihrer Ehepartnerin haften Sie nicht
  • Erst bei Ende der Ehe erfolgt ein finanzieller Ausgleich

Das Konzept beruht auf dem Gedanken, dass beide Eheleute gleich­wertig zum Aufbau des ehelichen Vermögens beitragen - sei es durch Erwerbs­tätigkeit oder durch Haus­haltsführung und Kinder­betreuung.

Vermögens­verhältnisse in der Zugewinn­gemeinschaft

Getrennte Vermögensmassen

In der Zugewinn­gemeinschaft ändert die Ehe­schließung nichts an den Eigentums­verhältnissen:

  • Was Ihnen vor der Ehe gehörte, bleibt weiterhin Ihr alleiniges Eigentum
  • Was Sie während der Ehe erwerben, gehört ebenfalls ausschließlich Ihnen
  • Gleiches gilt für persönliche Gegenstände, Erb­schaften und Schenkungen

Viele Menschen glauben fälschlicher­weise, dass mit der Heirat das gesamte Vermögen beiden Eheleuten gemeinsam gehört. Das stimmt nicht - die Vermögens­massen bleiben getrennt.

Beispiel: Wenn Sie vor der Ehe eine Immobilie besitzen, bleiben Sie auch nach der Heirat alleinige:r Eigentümer:in dieser Immobilie.

Einschränkungen der Verfügungs­gewalt

Trotz der grund­sätzlichen Vermögens­trennung gibt es Einschränkungen:

  • Für die Ver­fügung über das gesamte Vermögen benötigen Sie die Zu­stimmung Ihres Ehepartners oder Ihrer Ehepartnerin
  • Auch bei Ver­fügungen über Haus­rats­gegenstände kann eine Zu­stimmung erforderlich sein

Diese Regelung soll verhindern, dass ein:e Ehepartner:in kurz vor einer Scheidung Ver­mögens­werte beiseite schafft.

Der Zugewinn­ausgleich - wann und wie wird er durch­geführt?

Was ist der Zugewinn?

Der Zugewinn ist der Betrag, um den das End­vermögen eines Ehepartners oder einer Ehepartnerin das Anfangs­vermögen übersteigt. Einfach ausgedrückt: Es ist das, was während der Ehe an Vermögen hinzu­gewonnen wurde.

End­vermögen = Vermögen bei Be­endigung der Ehe
Anfangs­vermögen = Vermögen bei Beginn der Ehe

Wann erfolgt der Zugewinn­ausgleich?

Der Zugewinn­ausgleich wird durchgeführt, wenn die Zugewinn­gemeinschaft endet. Dies kann geschehen durch:

  • Scheidung
  • Tod eines Ehepartners oder einer Ehepartnerin
  • Aufhebung der Ehe
  • Abschluss eines Ehevertrags mit anderem Güterstand

Wie wird der Zugewinn­ausgleich berechnet?

  1. Zunächst wird für beide Eheleute der jeweilige Zugewinn ermittelt
  2. Hat ein:e Ehepartner:in einen höheren Zugewinn erzielt, muss die Hälfte des Überschusses an den anderen Ehepartner oder die andere Ehepartnerin ausgezahlt werden

Beispiel zur Berechnung:

Person A:
Anfangsvermögen: 100.000 Euro
Endvermögen: 300.000 Euro
Zugewinn: 200.000 Euro

Person B:
Anfangsvermögen: 25.000 Euro
Endvermögen: 50.000 Euro
Zugewinn: 25.000 Euro

Ausgleichspflichtig: Person A
Ausgleichsbetrag: (200.000 - 25.000) ÷ 2 = 87.500 Euro

Wichtig: Der Ausgleich erfolgt nur in Form eines Geld­betrags, nicht durch Über­tragung von Gegen­ständen oder Immobilien. Dies bedeutet, dass beispiels­weise die Person, die Eigentümer:in eines Hauses ist, dieses nicht abgeben muss, sondern lediglich einen finanziellen Ausgleich leisten muss.

Sonder­fälle in der Zugewinn­gemeinschaft

Erbschaften und Schenkungen

Erbschaften und Schenkungen, die während der Ehe erhalten werden, zählen zum sogenannten “privilegierten Erwerb”. Sie werden dem Anfangs­vermögen zu­gerechnet, obwohl sie erst während der Ehe erworben wurden. Das bedeutet:

  • Diese Vermögens­werte werden bei der Berechnung des Zugewinns praktisch heraus­gerechnet
  • Der:die Empfänger:in behält sie ohne Ausgleichs­pflicht

Beispiel: Wenn Sie während der Ehe 50.000 Euro erben, erhöht sich Ihr rechnerisches Anfangs­vermögen um diesen Betrag, sodass er nicht in den ausgleichs­pflichtigen Zugewinn einfließt.

Zugewinn­ausgleich bei Todesfall

Stirbt ein:e Ehepartner:in, gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Erbrechtliche Lösung: Der überlebende Ehepartner oder die überlebende Ehepartnerin erhält pauschal einen um 1/4 erhöhten gesetzlichen Erbteil
  2. Güterrechtliche Lösung: Es erfolgt eine konkrete Berechnung des Zugewinns, was in manchen Fällen vorteilhafter sein kann

Alternativen zur Zugewinn­gemeinschaft

Wenn Sie nicht in der gesetzlichen Zugewinn­gemeinschaft leben möchten, können Sie durch einen nota­riellen Ehe­vertrag einen anderen Güter­stand wählen:

Güter­trennung

Bei der Güter­trennung gibt es:

  • Vollständige Trennung der Vermögen
  • Keinen Zugewinn­ausgleich bei Ende der Ehe
  • Sinn­voll für Selbst­ständige oder bei großen Vermögens­unter­schieden

Güter­gemeinschaft

Bei der Güter­gemeinschaft:

  • Wird das Vermögen beider Eheleute zu gemein­schaftlichem Vermögen
  • Ist selten in der Praxis anzu­treffen
  • Kann bei bestimmten familiären Konstellationen sinnvoll sein

Modifizierte Zugewinn­gemeinschaft

Sie können auch individuelle An­passungen vornehmen:

  • Bestimmte Vermögens­werte (z.B. Immobilien oder Unternehmen) vom Zugewinn­ausgleich ausschließen
  • Die Höhe des Ausgleichs begrenzen
  • Sonder­regelungen für bestimmte Fälle treffen

Fazit: Ist die Zugewinn­gemeinschaft das Richtige für Sie?

Die Zugewinn­gemeinschaft ist eine ausgewogene Lösung für viele Paare, da sie während der Ehe Selbst­ständigkeit gewährt und gleichzeitig die gemeinsame Leistung beim Vermögens­aufbau honoriert. Dennoch sollten Sie prüfen, ob dieser gesetzliche Güter­stand zu Ihrer persönlichen Situation passt.

Besonders wenn Sie selbst­ständig sind, eine Immobilie besitzen oder planen zu erwerben, große Vermögens­unter­schiede bestehen oder wenn es sich um eine Zweit­ehe handelt, kann ein Ehe­vertrag mit ange­passten Regelungen sinnvoll sein.

Um die für Sie passende Lösung zu finden, empfiehlt sich die Beratung durch Fach­anwält:innen für Familien­recht oder Notar:innen, die Ihnen die rechtlichen Möglichkeiten und deren Konsequenzen erläutern können.