Was ist ein Zeuge?

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Zusammenfassung

Ein:e Zeug:in ist eine Person, die über eigene Wahr­nehmungen zu einem Vorfall berichtet, um zur Wahrheits­findung in einem recht­lichen Verfahren beizu­tragen. Zeug:innen haben eine Pflicht zur Wahrheit und Aussage, aber auch Rechte wie das Zeugnis­verweigerungs­recht oder den Anspruch auf anwaltlichen Beistand. Ihre Aufgabe ist es, sachlich und präzise das zu schildern, was sie gesehen, gehört oder erlebt haben.

Ein Zeuge oder eine Zeugin spielt im deutschen Rechts­system eine entscheidende Rolle. Als Person, die etwas wahr­genommen hat, können Sie helfen, Vorfälle auf­zuklären und zur Wahrheits­findung bei­zutragen. Dieser Artikel erklärt Ihnen, was es bedeutet, Zeug:in zu sein, welche Rechte und Pflichten Sie haben und worauf Sie achten sollten.

Definition eines Zeugen

Im Sinne der Straf­prozess­ordnung (§§ 48 ff. StPO) ist ein:e Zeug:in eine Person, die in einer nicht gegen sie selbst gerichteten Strafsache über Tatsachen berichtet, die sie wahr­genommen hat[1]. Anders ausgedrückt: Sie werden als Zeug:in befragt, um dem Gericht zu helfen, ein zurück­liegendes Geschehen zu beurteilen, bei dem die Richter:innen nicht selbst anwesend waren[7].

Als Zeug:in berichten Sie aus­schließlich über das, was Sie persönlich gesehen, gehört oder anders­weitig wahr­genommen haben[4]. Sie sind damit ein besonders wichtiges Beweis­mittel, da Ihre Aussage nicht durch andere Aussagen ersetzt werden kann[7].

Wer kann Zeug:in sein?

Grund­sätzlich kann jede Person Zeug:in werden. Hier­für gibt es keine besonderen Voraus­setzungen - unabhängig von Alter oder Geistes­zustand kann jeder Mensch als Zeug:in befragt werden[1]. Auch Kinder können Zeug:innen sein[4].

Entscheidend ist allein, dass Sie etwas wahr­genommen haben, das für die Auf­klärung einer Straftat oder für ein Verfahren bedeutsam sein könnte[4]. Dies kann der Fall sein, wenn Sie:

  • einen Unfall beobachtet haben
  • Zeug:in einer Straftat wurden
  • relevante Infor­mationen zu einem Fall haben
  • als Opfer einer Straftat selbst Wahr­nehmungen gemacht haben

Pflichten eines Zeugen

Als Zeug:in haben Sie bestimmte Pflichten, die gesetzlich fest­gelegt sind:

Erscheinungs­pflicht

Sie müssen der Vor­ladung von Staats­anwalt­schaft und Gericht Folge leisten[1][7]. Bei Nicht­erscheinen können Zwangs­maßnahmen angeordnet werden[1]. Wichtig: Gegen­über der Polizei besteht nach aktueller Rechts­lage keine Erscheinungs­pflicht[8].

Aussage­pflicht

Grund­sätzlich sind Sie als Zeug:in ver­pflichtet, Ihre Wahr­nehmungen mitzu­teilen. Diese Pflicht gilt allerdings nicht unein­geschränkt - es gibt wichtige Aus­nahmen (siehe “Rechte eines Zeugen”)[2][3].

Wahrheits­pflicht

Als Zeug:in müssen Sie die Wahrheit sagen[2][3][5]. Bewusst falsche Aussagen können strafbar sein. Es ist wichtig, dass Sie:

  • nichts weg­lassen
  • nichts aus­denken
  • klar zwischen sicheren Erinnerungen und Un­sicherheiten unter­scheiden
  • deutlich machen, wenn Sie etwas nicht selbst wahr­genommen, sondern nur gehört haben[5]

Eides­pflicht

Unter bestimmten Umständen können Sie dazu auf­gefordert werden, Ihre Aussage zu be­eiden (unter Eid zu stellen)[2]. Dies ist jedoch nicht bei jeder Zeugen­aussage der Fall.

Rechte eines Zeugen

Als Zeug:in haben Sie nicht nur Pflichten, sondern auch wichtige Rechte:

Zeugnis­verweigerungs­recht

In bestimmten Fällen dürfen Sie eine Aussage vollständig ver­weigern, zum Beispiel wenn:

  • Sie mit der be­schuldigten Person verheiratet oder verlobt sind oder waren
  • eine Lebens­partnerschaft besteht oder bestand
  • ein Ver­wandtschafts­verhältnis vorliegt[3]

Auskunfts­verweigerungs­recht

Sie können die Beant­wortung einzelner Fragen ver­weigern, wenn Sie sich durch die Antwort selbst be­lasten würden. Dies gilt für Straf­taten ebenso wie für Ordnungs­widrig­keiten[3].

Recht auf anwaltlichen Beistand

Jede:r Zeug:in hat das Recht auf einen anwaltlichen Beistand (Zeugen­beistand)[2][8]. Dieser kann Sie zu Ihren Rechten beraten und Sie bei Ver­nehmungen begleiten. Der Zeugen­beistand sorgt dafür, dass Ihre Rechte gewahrt werden und schützt Sie vor möglichen Gefahren im Verfahren[2].

Was Sie als Zeug:in beachten sollten

Vor der Aussage

  • Über­legen Sie in Ruhe, was Sie wirklich noch sicher wissen
  • Frischen Sie Ihre Erinnerung auf, falls Sie Auf­zeichnungen besitzen
  • Bei Un­sicherheiten können Sie einen recht­lichen Beistand hinzu­ziehen

Während der Aussage

  • Berichten Sie sachlich, was Sie wahr­genommen haben
  • Ver­schweigen Sie nichts, fügen Sie aber auch nichts hinzu
  • Machen Sie deutlich, wenn Sie sich nicht mehr genau erinnern können
  • Trennen Sie klar zwischen Wahr­genommenem und eigenen Bewertungen[5]

Nach der Aussage

  • Sie haben Anspruch auf Ent­schädigung für Ihren Zeit­aufwand, Fahrt­kosten und eventuellen Verdienst­ausfall
  • Bewahren Sie Ihre Ladung und andere Unterlagen auf

Vorladung und Aussage vor Gericht

Wenn Sie eine Ladung erhalten, sollten Sie diese ernst nehmen. Ein Nicht­erscheinen kann recht­liche Konse­quenzen haben[7]. Die eigentliche Zeugen­aussage läuft meist so ab:

  1. Sie werden zur Person befragt (Name, Alter, Beruf)
  2. Sie werden über Ihre Rechte und Pflichten belehrt
  3. Sie schildern frei, was Sie wahr­genommen haben
  4. Anschließend können Richter:innen, Staats­anwält:innen und Ver­teidiger:innen Fragen stellen

Als Zeug:in haben Sie eine verant­wortungs­volle Aufgabe. Ihre Aussage hilft dem Gericht, gerecht zu entscheiden[5]. Die Wahrheit und Ihre genauen Erinnerungen sind dabei das Wichtigste.

Besonderer Schutz für bestimmte Personen­gruppen

Minder­jährige, psychisch kranke sowie geistig oder seelisch beein­trächtigte Menschen genießen besonderen Schutz. Sie dürfen nur als Zeug:in angehört werden, wenn sie es selbst wollen und ihre Eltern, Betreuer:innen oder gesetzlichen Ver­treter:innen anwesend sind[3].

In manchen Fällen kann die Vernehmung in Bild und Ton auf­gezeichnet werden, um besonders schutz­würdige Interessen zu wahren[3].

Fazit

Als Zeug:in tragen Sie zur Wahr­heits­findung und zu gerechten Entscheidungen bei. Sie haben dabei sowohl Pflichten als auch Rechte. Besonders wichtig ist, dass Sie die Wahrheit sagen und klar zwischen sicheren Erinnerungen und Un­sicherheiten unter­scheiden. Bei Fragen oder Un­sicherheiten können Sie sich jederzeit an einen Zeugen­beistand wenden.