Was ist ein Vorausvermächtnis?

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Zusammenfassung

Ein Voraus­ver­mächtnis ist eine Regelung im Testament, bei der ein:e Erb:in zusätzlich zu seinem regulären Erbteil einen bestimmten Vermögens­gegen­stand erhält, ohne dass dieser auf den Erbteil angerechnet wird. Es eignet sich besonders, um gezielt Vermögenswerte zuzuweisen und Streit unter Mit­erb:innen zu vermeiden. Für eine rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich eine klare Formulierung und ggf. rechtliche Beratung.

Ein Voraus­ver­mächtnis ermöglicht es Ihnen, einem Erben zusätzlich zu seinem regulären Erbteil bestimmte Vermögens­gegen­stände zukommen zu lassen. Dies kann eine sinnvolle Gestaltungs­option sein, wenn Sie Ihre Erbschaft individuell regeln möchten.

Was genau ist ein Voraus­ver­mächtnis?

Ein Voraus­ver­mächtnis ist eine spezielle Regelung in einem Testament, durch die ein Erbe einen bestimmten Vermögens­gegen­stand zusätzlich zu seinem Erbteil erhält[1]. Anders als beim normalen Vermächtnis, das an Personen ohne Erben­status vergeben werden kann, ist das Voraus­ver­mächtnis ausschließlich für Personen gedacht, die bereits als Erb:innen eingesetzt sind[4].

Der wesentliche Punkt: Der Wert des zugewendeten Gegen­stands wird nicht auf den Erbteil angerechnet[3]. Der begünstigte Erbe erhält also einen zusätzlichen Vermögens­vorteil.

Die rechtliche Grundlage findet sich in § 2150 des Bürgerlichen Gesetz­buchs (BGB)[7]. Dort wird das Voraus­ver­mächtnis als “das einem Erben zugewendete Vermächtnis” definiert.

Wann kommt ein Voraus­ver­mächtnis zum Einsatz?

Ein Voraus­ver­mächtnis ist besonders sinnvoll, wenn:

  • Sie einen bestimmten Mit­erben bevorzugen möchten[5]
  • Sie festlegen möchten, welcher Mit­erbe welche Gegen­stände erhalten soll[4]
  • Sie möchten, dass ein bestimmter Gegen­stand nicht in die allgemeine Aufteilung fällt[1]
  • Sie Streit unter den Erb:innen vermeiden möchten[2]

Unterschied zur Teilungs­anordnung

Leicht verwechseln lässt sich das Voraus­ver­mächtnis mit der Teilungs­anordnung gemäß § 2048 BGB. Der entscheidende Unterschied:

  • Beim Voraus­ver­mächtnis erhält der Mit­erbe den Gegen­stand zusätzlich zu seinem regulären Erbteil[3]
  • Bei der Teilungs­anordnung wird der Wert des zugewiesenen Gegen­stands auf den Erbteil angerechnet[3]

Dieser Unterschied hat erhebliche Auswirkungen auf den tatsächlichen Wert dessen, was der jeweilige Erbe erhält. Bei der Testaments­gestaltung ist daher eine klare Formulierung besonders wichtig, um Miss­verständnisse zu vermeiden[2].

Praktische Beispiele für ein Voraus­ver­mächtnis

Als Voraus­ver­mächtnis können Sie verschiedene Vermögens­werte festlegen:

  • Eine Immobilie oder ein Grundstück[1][4]
  • Geld­beträge[2]
  • Gesellschafts­anteile[1]
  • Wertvolle Sammlungen oder persönliche Gegen­stände

Beispiel: “Ich setze meine drei Kinder A, B und C zu gleichen Teilen als Erb:innen ein. Im Wege des Voraus­ver­mächtnisses, also ohne Anrechnung auf seinen Erbteil, erhält mein Kind B mein Grundstück in XY.”[2]

In diesem Fall erbt Kind B nicht nur ein Drittel des gesamten Nach­lasses, sondern erhält zusätzlich das genannte Grundstück.

Die rechtlichen Besonder­heiten

Das Voraus­ver­mächtnis hat einige rechtliche Besonder­heiten:

  • Es ist eine Nach­lass­verbindlichkeit, die im Zweifel sofort fällig wird[7]
  • Der begünstigte Mit­erbe kann die Erfüllung schon vor der Erb­auseinander­setzung verlangen[7]
  • Es wirkt sich nur aus, wenn mehrere Mit­erb:innen vorhanden sind[3]
  • Der mit dem Voraus­ver­mächtnis bedachte Gegen­stand wird von einer möglichen Testaments­vollstreckung nicht erfasst[5]
  • Die Bestattungs­kosten trägt trotzdem der Erbe gemäß § 1968 BGB[3]

So formulieren Sie ein Voraus­ver­mächtnis korrekt

Für die gültige Anordnung eines Voraus­ver­mächtnisses gelten die Form­vorschriften für Verfügungen von Todes wegen. Das bedeutet: Sie müssen es in einem Testament festhalten[3].

Eine klare Formulierung könnte so aussehen:

“Ich vermache meinem Sohn [Name] vorab und unabhängig von den übrigen Regelungen dieses Testaments das Haus mit der Adresse [Adresse]. Dieses Voraus­ver­mächtnis umfasst sämtliche damit verbundenen Rechte, Pflichten und Zubehör.”[5]

Achten Sie auf Klar­heit: Geben Sie deutlich an, dass es sich um ein Voraus­ver­mächtnis handelt und dass die Zuwendung nicht auf den Erbteil angerechnet werden soll. Dies verhindert spätere Auslegungs­probleme[2][3].

Vorteile eines Voraus­ver­mächtnisses

Die Nutzung eines Voraus­ver­mächtnisses bietet mehrere Vorteile:

  • Sie können gezielt bestimmen, welcher Mit­erbe welche Gegen­stände erhält[4]
  • Sie vermeiden wert­mäßige Ausgleichs­ansprüche unter den Erb:innen[1]
  • Sie können einem Mit­erben einen zusätzlichen Vermögens­vorteil verschaffen[4][5]
  • Der begünstigte Mit­erbe erhält nicht nur die Stellung eines Nachlassträgers, sondern auch die eines Nachlassgläubigers[5]
  • Das Voraus­ver­mächtnis kann auch die Einräumung eines Übernahme­rechts oder die Zuweisung einer Sache zur Nutzung beinhalten[5]

Wann sollten Sie rechtliche Beratung einholen?

Die korrekte Gestaltung eines Voraus­ver­mächtnisses kann komplex sein. Rechtliche Beratung ist ratsam, wenn:

  • Ihr Nachlass aus vielen verschiedenen Vermögens­werten besteht
  • Sie mehrere Erb:innen haben
  • Sie sicher­stellen möchten, dass Ihre Wünsche rechtlich korrekt umgesetzt werden
  • Sie Pflichtteil­ansprüche berücksichtigen müssen

Ein Notar oder eine Anwältin für Erbrecht kann Sie bei der Erstellung eines rechtssicheren Testaments mit Voraus­ver­mächtnis unterstützen.

Häufige Fragen zum Voraus­ver­mächtnis

Kann jede Person mit einem Voraus­ver­mächtnis bedacht werden?
Nein, nur Personen, die bereits als Erb:innen eingesetzt sind, können ein Voraus­ver­mächtnis erhalten[4][5].

Kann ich mehrere Mit­erb:innen mit demselben Voraus­ver­mächtnis bedenken?
Ja, mehrere Mit­erb:innen können mit demselben Voraus­ver­mächtnis bedacht werden. In diesem Fall sind sie zu gleichen Teilen berechtigt[5].

Wie wirkt sich ein Voraus­ver­mächtnis auf die Erbschaftssteuer aus?
Ein Voraus­ver­mächtnis wird für die Berechnung der Erbschaftssteuer wie ein normaler Nachlasserwerb behandelt. Allerdings kann die Begünstigung durch das Voraus­ver­mächtnis dazu führen, dass der begünstigte Erbe eine höhere Steuer zahlen muss, da sein Gesamt­erwerb steigt[4].

Muss der mit einem Voraus­ver­mächtnis bedachte Erbe für Nachlassverbindlichkeiten haften?
Wenn nichts anderes bestimmt ist, haftet der begünstigte Erbe nur entsprechend seiner Erbquote für Nachlassverbindlichkeiten[7].

Das Voraus­ver­mächtnis bietet Ihnen als Erblasser:in eine flexible Möglichkeit, Ihren Nachlass nach Ihren Wünschen zu gestalten und einzelne Mit­erb:innen gezielt zu begünstigen. Mit einer klaren Formulierung in Ihrem Testament können Sie so für eine geordnete Verteilung sorgen und mögliche Konflikte unter den Erb:innen vermeiden.