Was ist ein Vorausvermächtnis?
Ein Vorausvermächtnis ist eine Regelung im Testament, bei der ein:e Erb:in zusätzlich zu seinem regulären Erbteil einen bestimmten Vermögensgegenstand erhält, ohne dass dieser auf den Erbteil angerechnet wird. Es eignet sich besonders, um gezielt Vermögenswerte zuzuweisen und Streit unter Miterb:innen zu vermeiden. Für eine rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich eine klare Formulierung und ggf. rechtliche Beratung.
- Was genau ist ein Vorausvermächtnis?
- Wann kommt ein Vorausvermächtnis zum Einsatz?
- Unterschied zur Teilungsanordnung
- Praktische Beispiele für ein Vorausvermächtnis
- Die rechtlichen Besonderheiten
- So formulieren Sie ein Vorausvermächtnis korrekt
- Vorteile eines Vorausvermächtnisses
- Wann sollten Sie rechtliche Beratung einholen?
- Häufige Fragen zum Vorausvermächtnis
Ein Vorausvermächtnis ermöglicht es Ihnen, einem Erben zusätzlich zu seinem regulären Erbteil bestimmte Vermögensgegenstände zukommen zu lassen. Dies kann eine sinnvolle Gestaltungsoption sein, wenn Sie Ihre Erbschaft individuell regeln möchten.
Was genau ist ein Vorausvermächtnis?
Ein Vorausvermächtnis ist eine spezielle Regelung in einem Testament, durch die ein Erbe einen bestimmten Vermögensgegenstand zusätzlich zu seinem Erbteil erhält[1]. Anders als beim normalen Vermächtnis, das an Personen ohne Erbenstatus vergeben werden kann, ist das Vorausvermächtnis ausschließlich für Personen gedacht, die bereits als Erb:innen eingesetzt sind[4].
Der wesentliche Punkt: Der Wert des zugewendeten Gegenstands wird nicht auf den Erbteil angerechnet[3]. Der begünstigte Erbe erhält also einen zusätzlichen Vermögensvorteil.
Die rechtliche Grundlage findet sich in § 2150 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)[7]. Dort wird das Vorausvermächtnis als “das einem Erben zugewendete Vermächtnis” definiert.
Wann kommt ein Vorausvermächtnis zum Einsatz?
Ein Vorausvermächtnis ist besonders sinnvoll, wenn:
Unterschied zur Teilungsanordnung
Leicht verwechseln lässt sich das Vorausvermächtnis mit der Teilungsanordnung gemäß § 2048 BGB. Der entscheidende Unterschied:
- Beim Vorausvermächtnis erhält der Miterbe den Gegenstand zusätzlich zu seinem regulären Erbteil[3]
- Bei der Teilungsanordnung wird der Wert des zugewiesenen Gegenstands auf den Erbteil angerechnet[3]
Dieser Unterschied hat erhebliche Auswirkungen auf den tatsächlichen Wert dessen, was der jeweilige Erbe erhält. Bei der Testamentsgestaltung ist daher eine klare Formulierung besonders wichtig, um Missverständnisse zu vermeiden[2].
Praktische Beispiele für ein Vorausvermächtnis
Als Vorausvermächtnis können Sie verschiedene Vermögenswerte festlegen:
- Eine Immobilie oder ein Grundstück[1][4]
- Geldbeträge[2]
- Gesellschaftsanteile[1]
- Wertvolle Sammlungen oder persönliche Gegenstände
Beispiel: “Ich setze meine drei Kinder A, B und C zu gleichen Teilen als Erb:innen ein. Im Wege des Vorausvermächtnisses, also ohne Anrechnung auf seinen Erbteil, erhält mein Kind B mein Grundstück in XY.”[2]
In diesem Fall erbt Kind B nicht nur ein Drittel des gesamten Nachlasses, sondern erhält zusätzlich das genannte Grundstück.
Die rechtlichen Besonderheiten
Das Vorausvermächtnis hat einige rechtliche Besonderheiten:
- Es ist eine Nachlassverbindlichkeit, die im Zweifel sofort fällig wird[7]
- Der begünstigte Miterbe kann die Erfüllung schon vor der Erbauseinandersetzung verlangen[7]
- Es wirkt sich nur aus, wenn mehrere Miterb:innen vorhanden sind[3]
- Der mit dem Vorausvermächtnis bedachte Gegenstand wird von einer möglichen Testamentsvollstreckung nicht erfasst[5]
- Die Bestattungskosten trägt trotzdem der Erbe gemäß § 1968 BGB[3]
So formulieren Sie ein Vorausvermächtnis korrekt
Für die gültige Anordnung eines Vorausvermächtnisses gelten die Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen. Das bedeutet: Sie müssen es in einem Testament festhalten[3].
Eine klare Formulierung könnte so aussehen:
“Ich vermache meinem Sohn [Name] vorab und unabhängig von den übrigen Regelungen dieses Testaments das Haus mit der Adresse [Adresse]. Dieses Vorausvermächtnis umfasst sämtliche damit verbundenen Rechte, Pflichten und Zubehör.”[5]
Achten Sie auf Klarheit: Geben Sie deutlich an, dass es sich um ein Vorausvermächtnis handelt und dass die Zuwendung nicht auf den Erbteil angerechnet werden soll. Dies verhindert spätere Auslegungsprobleme[2][3].
Vorteile eines Vorausvermächtnisses
Die Nutzung eines Vorausvermächtnisses bietet mehrere Vorteile:
- Sie können gezielt bestimmen, welcher Miterbe welche Gegenstände erhält[4]
- Sie vermeiden wertmäßige Ausgleichsansprüche unter den Erb:innen[1]
- Sie können einem Miterben einen zusätzlichen Vermögensvorteil verschaffen[4][5]
- Der begünstigte Miterbe erhält nicht nur die Stellung eines Nachlassträgers, sondern auch die eines Nachlassgläubigers[5]
- Das Vorausvermächtnis kann auch die Einräumung eines Übernahmerechts oder die Zuweisung einer Sache zur Nutzung beinhalten[5]
Wann sollten Sie rechtliche Beratung einholen?
Die korrekte Gestaltung eines Vorausvermächtnisses kann komplex sein. Rechtliche Beratung ist ratsam, wenn:
- Ihr Nachlass aus vielen verschiedenen Vermögenswerten besteht
- Sie mehrere Erb:innen haben
- Sie sicherstellen möchten, dass Ihre Wünsche rechtlich korrekt umgesetzt werden
- Sie Pflichtteilansprüche berücksichtigen müssen
Ein Notar oder eine Anwältin für Erbrecht kann Sie bei der Erstellung eines rechtssicheren Testaments mit Vorausvermächtnis unterstützen.
Häufige Fragen zum Vorausvermächtnis
Kann jede Person mit einem Vorausvermächtnis bedacht werden?
Nein, nur Personen, die bereits als Erb:innen eingesetzt sind, können ein Vorausvermächtnis erhalten[4][5].
Kann ich mehrere Miterb:innen mit demselben Vorausvermächtnis bedenken?
Ja, mehrere Miterb:innen können mit demselben Vorausvermächtnis bedacht werden. In diesem Fall sind sie zu gleichen Teilen berechtigt[5].
Wie wirkt sich ein Vorausvermächtnis auf die Erbschaftssteuer aus?
Ein Vorausvermächtnis wird für die Berechnung der Erbschaftssteuer wie ein normaler Nachlasserwerb behandelt. Allerdings kann die Begünstigung durch das Vorausvermächtnis dazu führen, dass der begünstigte Erbe eine höhere Steuer zahlen muss, da sein Gesamterwerb steigt[4].
Muss der mit einem Vorausvermächtnis bedachte Erbe für Nachlassverbindlichkeiten haften?
Wenn nichts anderes bestimmt ist, haftet der begünstigte Erbe nur entsprechend seiner Erbquote für Nachlassverbindlichkeiten[7].
Das Vorausvermächtnis bietet Ihnen als Erblasser:in eine flexible Möglichkeit, Ihren Nachlass nach Ihren Wünschen zu gestalten und einzelne Miterb:innen gezielt zu begünstigen. Mit einer klaren Formulierung in Ihrem Testament können Sie so für eine geordnete Verteilung sorgen und mögliche Konflikte unter den Erb:innen vermeiden.