Was ist ein Vermächt­nis­nehmer?

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Zusammenfassung

Ein Vermächt­nis­nehmer ist eine Person, die durch ein Testament oder einen Erb­vertrag einen bestimmten Vermögens­vorteil aus dem Nach­lass erhält, ohne selbst Erb:in zu werden. Sie haben einen schuld­rechtlichen Anspruch gegenüber den Erb:innen auf Heraus­gabe oder Übertragung des Vermächtnisses, haften jedoch nicht für Nachlassschulden. Diese Stellung ermöglicht es, gezielt einzelne Personen zu bedenken, ohne sie mit den Pflichten eines Erben zu belasten.

Als Vermächt­nis­nehmer erhalten Sie einen bestimmten Teil aus dem Nach­lass einer verstorbenen Person, ohne selbst Erbe zu werden. Dieser rechtliche Status bringt eigene Rechte und Pflichten mit sich, die sich grundlegend von denen eines Erben unterscheiden. Der folgende Artikel erklärt Ihnen die wichtigsten Aspekte dieser besonderen Stellung im Erb­recht.

Definition: Wer ist ein Vermächt­nis­nehmer?

Ein Vermächt­nis­nehmer ist eine Person, die durch ein Testament oder einen Erb­vertrag mit einem Vermächtnis bedacht wurde. Anders als Erb:innen erhält der Vermächt­nis­nehmer keinen Anteil am gesamten Nach­lass, sondern nur einen bestimmten Vermögens­vorteil - etwa einen einzelnen Gegen­stand, ein bestimmtes Recht oder einen fest­gelegten Geld­betrag.

Wichtig: Als Vermächt­nis­nehmer:in werden Sie nicht automatisch Eigen­tümer:in des vermachten Gegen­standes. Sie erhalten lediglich einen schuld­rechtlichen Anspruch gegen die Erb:innen auf Heraus­gabe oder Über­tragung des Vermächt­nisses gemäß § 2174 BGB[1].

Unterschied zwischen Erb:innen und Vermächt­nis­nehmer:innen

Der grund­legende Unterschied zwischen beiden Positionen liegt in ihrer rechtlichen Stellung:

  • Erb:innen treten die Rechts­nachfolge des Ver­storbenen an. Sie werden Eigen­tümer:innen aller geerbten Gegen­stände und Inhaber:innen aller Rechte, die zum Nach­lass gehören. Sie müssen aber auch für die Schulden des Ver­storbenen haften[2].

  • Vermächt­nis­nehmer:innen haben nur einen schuld­rechtlichen Anspruch auf den ihnen zugedachten Vermögens­vorteil. Sie können diesen von den Erb:innen anfordern, haften aber nicht für die Schulden des Ver­storbenen[1][3].

Ein anschauliches Beispiel: Eine verstorbene Person verfügt in ihrem Testament, dass ihre Nichte Maja ein bestimmtes Familien­schmuck­stück erhalten soll. Maja ist damit Vermächt­nis­nehmerin. Sie hat einen Anspruch darauf, dass die Erb:innen ihr das Schmuck­stück über­geben, wird aber nicht Teil der Erben­gemeinschaft.

Wie wird man Vermächt­nis­nehmer:in?

Ein Vermächtnis kann nur durch eine letzt­willige Verfügung entstehen:

  • durch ein Testament
  • durch einen Erb­vertrag

Es gibt kein “gesetzliches Vermächtnis”. Ein Vermächtnis erfordert immer eine bewusste Entscheidung des Erb­lassers bzw. der Erb­lasserin[3].

Wer kann Vermächt­nis­nehmer:in werden? Grundsätzlich kann jede natürliche oder juristische Person (z.B. Vereine oder Stiftungen) als Vermächt­nis­nehmer:in eingesetzt werden. Auch ein noch nicht geborenes, aber bereits gezeugtes Kind kann Vermächt­nis­nehmer:in werden, wenn es später lebend geboren wird[3].

Rechte und Pflichten von Vermächt­nis­nehmer:innen

Als Vermächt­nis­nehmer:in haben Sie folgende Rechte:

  • Sie haben einen Anspruch auf Erfüllung des Vermächt­nisses gegen die Erb:innen[2]
  • Sie können diesen Anspruch notfalls auch gerichtlich durchsetzen
  • Sie können das Vermächtnis ausschlagen, wenn Sie es nicht annehmen möchten

Was Sie nicht haben:

  • Keine Mit­erben­stellung
  • Keine Haftung für Nach­lass­verbindlichkeiten
  • Kein Mit­sprache­recht bei der Nach­lass­verwaltung[1][8]

Wie erfahren Sie von Ihrem Vermächt­nis?

Wenn ein Testament oder Erb­vertrag beim Nach­lass­gericht eingereicht wurde, informiert das Gericht Sie in der Regel per Brief. Oft wird auch eine Kopie des Testaments oder Erb­vertrags beigefügt[1].

Mit diesen Unterlagen können Sie sich an die Erb:innen wenden und Ihr Vermächt­nis einfordern. Es empfiehlt sich, dies schriftlich zu tun.

Wie setzen Sie Ihren Anspruch durch?

Um Ihr Vermächt­nis zu erhalten, sollten Sie folgende Schritte beachten:

  1. Fordern Sie die Erb:innen schriftlich zur Erfüllung auf
  2. Setzen Sie eine angemessene Frist
  3. Bei Nicht­einhaltung der Frist können Sie rechtliche Schritte einleiten[8]

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, einen Vermächt­nis­erfüllungs­vertrag mit den Erb:innen abzuschließen. Dieser dokumentiert die Übergabe des Vermächt­nisses und schafft Rechts­sicherheit für beide Seiten[6].

Steuerliche Aspekte des Vermächt­nisses

Aus steuerlicher Sicht wird ein Vermächt­nis wie eine Erbschaft behandelt. Das bedeutet:

  • Es fällt Erbschaft­steuer an
  • Es gelten dieselben Frei­beträge wie bei einer Erbschaft
  • Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Verwandt­schafts­verhältnis und dem Wert des Vermächt­nisses[8]

Vorteile und Nachteile der Stellung als Vermächt­nis­nehmer:in

Vorteile:

  • Keine Haftung für Nachlassschulden
  • Klarer Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand
  • Keine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Nachlass­abwicklung[8]

Nachteile:

  • Nur schuld­rechtlicher Anspruch, kein automatischer Eigentums­übergang
  • Anspruch muss gegenüber den Erb:innen geltend gemacht werden
  • Mögliche Konflikte mit den Erb:innen bei der Durchsetzung[7]

Praktische Bedeutung des Vermächt­nisses

Als Vermächt­nis­nehmer:in nehmen Sie eine besondere Stellung im Erb­recht ein. Sie erhalten einen bestimmten Teil aus dem Nach­lass, ohne die Verantwortung einer Erb:in zu tragen.

Die Bedeutung des Vermächt­nisses liegt darin, dass es ermöglicht, Personen zu bedenken, ohne sie mit den Pflichten eines Erben zu belasten. Da die Erben­gemeinschaft grundsätzlich gemeinschaftlich handeln muss und für den gesamten Nachlass verantwortlich ist, kann es sinnvoll sein, nur wenige Personen als Erb:innen einzusetzen und andere durch Vermächtnisse zu bedenken[3].

Ein weiterer Vorteil: Als Vermächt­nis­nehmer:in können Sie Ihr Vermächtnis in der Regel direkt mit dem Erbfall von den Erb:innen fordern. Sie müssen nicht warten, bis die Erben­gemeinschaft auseinander­gesetzt wird[3].

Falls Sie selbst ein Testament erstellen möchten, sollten Sie klar und eindeutig formulieren, wer Erb:in und wer Vermächt­nis­nehmer:in sein soll, um spätere Miss­verständnisse zu vermeiden.

Vermächt­nis­nehmer und Pflicht­teil

Wenn Sie als Vermächt­nis­nehmer:in auch pflicht­teils­berechtigt sind, können besondere Regelungen gelten. Hat der Erb­lasser im Testament festgelegt, dass das Vermächtnis auf den Pflicht­teil angerechnet werden soll, müssen Sie dies beachten.

Ist das Vermächtnis weniger wert als Ihr Pflicht­teil, können Sie die Differenz als Pflicht­teils­ergänzungs­anspruch geltend machen. Ist es mehr wert, dürfen Sie das Vermächtnis in voller Höhe behalten[3][6].