Was ist ein Vermächtnisnehmer?
Ein Vermächtnisnehmer ist eine Person, die durch ein Testament oder einen Erbvertrag einen bestimmten Vermögensvorteil aus dem Nachlass erhält, ohne selbst Erb:in zu werden. Sie haben einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber den Erb:innen auf Herausgabe oder Übertragung des Vermächtnisses, haften jedoch nicht für Nachlassschulden. Diese Stellung ermöglicht es, gezielt einzelne Personen zu bedenken, ohne sie mit den Pflichten eines Erben zu belasten.
- Definition: Wer ist ein Vermächtnisnehmer?
- Unterschied zwischen Erb:innen und Vermächtnisnehmer:innen
- Wie wird man Vermächtnisnehmer:in?
- Rechte und Pflichten von Vermächtnisnehmer:innen
- Wie erfahren Sie von Ihrem Vermächtnis?
- Wie setzen Sie Ihren Anspruch durch?
- Steuerliche Aspekte des Vermächtnisses
- Vorteile und Nachteile der Stellung als Vermächtnisnehmer:in
- Praktische Bedeutung des Vermächtnisses
- Vermächtnisnehmer und Pflichtteil
Als Vermächtnisnehmer erhalten Sie einen bestimmten Teil aus dem Nachlass einer verstorbenen Person, ohne selbst Erbe zu werden. Dieser rechtliche Status bringt eigene Rechte und Pflichten mit sich, die sich grundlegend von denen eines Erben unterscheiden. Der folgende Artikel erklärt Ihnen die wichtigsten Aspekte dieser besonderen Stellung im Erbrecht.
Definition: Wer ist ein Vermächtnisnehmer?
Ein Vermächtnisnehmer ist eine Person, die durch ein Testament oder einen Erbvertrag mit einem Vermächtnis bedacht wurde. Anders als Erb:innen erhält der Vermächtnisnehmer keinen Anteil am gesamten Nachlass, sondern nur einen bestimmten Vermögensvorteil - etwa einen einzelnen Gegenstand, ein bestimmtes Recht oder einen festgelegten Geldbetrag.
Wichtig: Als Vermächtnisnehmer:in werden Sie nicht automatisch Eigentümer:in des vermachten Gegenstandes. Sie erhalten lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erb:innen auf Herausgabe oder Übertragung des Vermächtnisses gemäß § 2174 BGB[1].
Unterschied zwischen Erb:innen und Vermächtnisnehmer:innen
Der grundlegende Unterschied zwischen beiden Positionen liegt in ihrer rechtlichen Stellung:
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Erb:innen treten die Rechtsnachfolge des Verstorbenen an. Sie werden Eigentümer:innen aller geerbten Gegenstände und Inhaber:innen aller Rechte, die zum Nachlass gehören. Sie müssen aber auch für die Schulden des Verstorbenen haften[2].
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Vermächtnisnehmer:innen haben nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf den ihnen zugedachten Vermögensvorteil. Sie können diesen von den Erb:innen anfordern, haften aber nicht für die Schulden des Verstorbenen[1][3].
Ein anschauliches Beispiel: Eine verstorbene Person verfügt in ihrem Testament, dass ihre Nichte Maja ein bestimmtes Familienschmuckstück erhalten soll. Maja ist damit Vermächtnisnehmerin. Sie hat einen Anspruch darauf, dass die Erb:innen ihr das Schmuckstück übergeben, wird aber nicht Teil der Erbengemeinschaft.
Wie wird man Vermächtnisnehmer:in?
Ein Vermächtnis kann nur durch eine letztwillige Verfügung entstehen:
- durch ein Testament
- durch einen Erbvertrag
Es gibt kein “gesetzliches Vermächtnis”. Ein Vermächtnis erfordert immer eine bewusste Entscheidung des Erblassers bzw. der Erblasserin[3].
Wer kann Vermächtnisnehmer:in werden? Grundsätzlich kann jede natürliche oder juristische Person (z.B. Vereine oder Stiftungen) als Vermächtnisnehmer:in eingesetzt werden. Auch ein noch nicht geborenes, aber bereits gezeugtes Kind kann Vermächtnisnehmer:in werden, wenn es später lebend geboren wird[3].
Rechte und Pflichten von Vermächtnisnehmer:innen
Als Vermächtnisnehmer:in haben Sie folgende Rechte:
- Sie haben einen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses gegen die Erb:innen[2]
- Sie können diesen Anspruch notfalls auch gerichtlich durchsetzen
- Sie können das Vermächtnis ausschlagen, wenn Sie es nicht annehmen möchten
Was Sie nicht haben:
Wie erfahren Sie von Ihrem Vermächtnis?
Wenn ein Testament oder Erbvertrag beim Nachlassgericht eingereicht wurde, informiert das Gericht Sie in der Regel per Brief. Oft wird auch eine Kopie des Testaments oder Erbvertrags beigefügt[1].
Mit diesen Unterlagen können Sie sich an die Erb:innen wenden und Ihr Vermächtnis einfordern. Es empfiehlt sich, dies schriftlich zu tun.
Wie setzen Sie Ihren Anspruch durch?
Um Ihr Vermächtnis zu erhalten, sollten Sie folgende Schritte beachten:
- Fordern Sie die Erb:innen schriftlich zur Erfüllung auf
- Setzen Sie eine angemessene Frist
- Bei Nichteinhaltung der Frist können Sie rechtliche Schritte einleiten[8]
In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, einen Vermächtniserfüllungsvertrag mit den Erb:innen abzuschließen. Dieser dokumentiert die Übergabe des Vermächtnisses und schafft Rechtssicherheit für beide Seiten[6].
Steuerliche Aspekte des Vermächtnisses
Aus steuerlicher Sicht wird ein Vermächtnis wie eine Erbschaft behandelt. Das bedeutet:
- Es fällt Erbschaftsteuer an
- Es gelten dieselben Freibeträge wie bei einer Erbschaft
- Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis und dem Wert des Vermächtnisses[8]
Vorteile und Nachteile der Stellung als Vermächtnisnehmer:in
Vorteile:
- Keine Haftung für Nachlassschulden
- Klarer Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand
- Keine Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Nachlassabwicklung[8]
Nachteile:
- Nur schuldrechtlicher Anspruch, kein automatischer Eigentumsübergang
- Anspruch muss gegenüber den Erb:innen geltend gemacht werden
- Mögliche Konflikte mit den Erb:innen bei der Durchsetzung[7]
Praktische Bedeutung des Vermächtnisses
Als Vermächtnisnehmer:in nehmen Sie eine besondere Stellung im Erbrecht ein. Sie erhalten einen bestimmten Teil aus dem Nachlass, ohne die Verantwortung einer Erb:in zu tragen.
Die Bedeutung des Vermächtnisses liegt darin, dass es ermöglicht, Personen zu bedenken, ohne sie mit den Pflichten eines Erben zu belasten. Da die Erbengemeinschaft grundsätzlich gemeinschaftlich handeln muss und für den gesamten Nachlass verantwortlich ist, kann es sinnvoll sein, nur wenige Personen als Erb:innen einzusetzen und andere durch Vermächtnisse zu bedenken[3].
Ein weiterer Vorteil: Als Vermächtnisnehmer:in können Sie Ihr Vermächtnis in der Regel direkt mit dem Erbfall von den Erb:innen fordern. Sie müssen nicht warten, bis die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt wird[3].
Falls Sie selbst ein Testament erstellen möchten, sollten Sie klar und eindeutig formulieren, wer Erb:in und wer Vermächtnisnehmer:in sein soll, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.
Vermächtnisnehmer und Pflichtteil
Wenn Sie als Vermächtnisnehmer:in auch pflichtteilsberechtigt sind, können besondere Regelungen gelten. Hat der Erblasser im Testament festgelegt, dass das Vermächtnis auf den Pflichtteil angerechnet werden soll, müssen Sie dies beachten.
Ist das Vermächtnis weniger wert als Ihr Pflichtteil, können Sie die Differenz als Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Ist es mehr wert, dürfen Sie das Vermächtnis in voller Höhe behalten[3][6].