Was ist ein Vermächtnis?

veröffentlicht am
aktualisiert am
Zusammenfassung

in Vermächtnis ist eine Verfügung im Testament oder Erbvertrag, bei der eine bestimmte Person einen konkreten Vermögensvorteil (z. B. Geld, Gegenstände, Immobilien) erhält, ohne Erbe zu werden. Der Anspruch des*der Vermächtnisnehmer:in richtet sich gegen die Erben, die zur Erfüllung verpflichtet sind. Es bietet eine flexible Möglichkeit, gezielte Zuwendungen vorzunehmen und Erbstreitigkeiten zu vermeiden.

Synonyme: Damnationslegat, Vindikationslegat

Ein Ver­mächt­nis ist im deutschen Erbrecht ein wichtiges Instrument, um einzelne Ver­mö­gens­wer­te gezielt an bestimmte Personen zu übertragen. Anders als bei einer Erb­ein­set­zung erhält die begünstigte Person nur konkrete Gegenstände oder Werte - ohne die umfassenden Rechte und Pflichten eines Erben. Dieser Artikel erklärt Ihnen, was ein Ver­mächt­nis genau ist, wie es sich von einer Erb­schaft unterscheidet und welche Möglich­keiten es Ihnen bei Ihrer Nach­lass­pla­nung bietet.

Die rechtliche Definition des Ver­mächt­nis­ses

Ein Vermächtnis ist laut § 1939 BGB eine Zuwendung eines Ver­mö­gens­vor­teils durch Testament oder Erbvertrag, ohne dass die begünstigte Person als Erbe eingesetzt wird[2]. Es wird auch als “Legat” (vom lateinischen “legatum”) bezeichnet[2]. Die gesetzlichen Regelungen zum Vermächtnis finden sich in den §§ 2147 ff. BGB[2].

Durch ein Vermächtnis können Sie einer Person etwas aus Ihrem Nachlass zukommen lassen, ohne dass diese Person Teil der Erben­ge­mein­schaft wird. Sie können beispiels­weise festlegen, dass eine bestimmte Person Ihre wertvolle Uhr­en­samm­lung erhalten soll, während der Rest Ihres Vermögens an die Fami­li­en­mit­glie­der verteilt wird.

Der grund­le­gen­de Unterschied: Ver­mächt­nis und Erbe

Der Erbe tritt in die gesamte Rechts­po­si­tion des Erb­las­sers ein. Das bedeutet, dass alle Rechte, Pflichten und Ver­bind­lich­kei­ten automatisch auf den Erben übergehen[1]. Der Erbe wird zum Ge­samt­rechts­nach­fol­ger und übernimmt damit auch die Ver­ant­wor­tung für Schulden oder andere Ver­pflich­tun­gen[3].

Der Ver­mächt­nis­neh­mer hingegen erhält lediglich einen An­spruch auf bestimmte Ver­mö­gens­wer­te[1][2]. Dieser Anspruch richtet sich gegen die Erben, die ver­pflich­tet sind, das Vermächtnis zu erfüllen[3]. Der Ver­mächt­nis­neh­mer bekommt die ver­mach­ten Gegen­stän­de nicht automatisch mit dem Erbfall, sondern muss seinen Anspruch geltend machen[1].

Ein praktisches Beispiel: Wenn Sie in Ihrem Testament schreiben “Ich vermache meinen Schmuck meiner Nichte Maria”, dann wird Maria nicht Ihre Erbin. Sie erhält lediglich einen Anspruch auf Ihren Schmuck, den sie gegenüber Ihren Erben geltend machen kann.

Was kann Gegenstand eines Ver­mächt­nis­ses sein?

Als Gegenstand eines Ver­mächt­nis­ses eignet sich grundsätzlich alles, was einen Ver­mö­gens­vor­teil darstellt[1]. Dazu gehören:

  • Geld­be­trä­ge
  • Bewegliche Gegen­stän­de (wie Schmuck, Kunst­ge­gen­stän­de, Fahrzeuge)
  • Grund­stü­cke und Immo­bi­li­en
  • Rechte (wie Nieß­brauch­rech­te oder Vor­kaufs­rech­te)[1][2]

Wie funktioniert ein Ver­mächt­nis in der Praxis?

Wenn Sie ein Vermächtnis anordnen möchten, müssen Sie dies in einem Testament oder Erbvertrag fest­hal­ten. Anders als die Erb­ein­set­zung, die auch durch die gesetzliche Erbfolge eintreten kann, ist ein Vermächtnis nur durch eine ausdrückliche Verfügung von Todes wegen möglich[3].

Anspruch und Erfüllung

Der Ver­mächt­nis­neh­mer erhält mit dem Erbfall einen schuld­recht­li­chen Anspruch gegen die Erben auf Erfüllung des Ver­mächt­nis­ses[2]. Im deutschen Recht handelt es sich dabei um ein sogenanntes “Dam­na­ti­ons­le­gat” - der Ver­mächt­nis­neh­mer erwirbt den Gegenstand nicht automatisch, sondern muss ihn erst von den Erben fordern[2].

Der Anspruch auf ein Vermächtnis besteht für drei Jahre ab Kenntnis­nah­me und ist auch gerichtlich durch­setz­bar[8]. Verstreicht diese Frist, ohne dass der Ver­mächt­nis­neh­mer seinen Anspruch geltend gemacht hat, erlischt das Recht - es ist dann verjährt[8].

Wer muss das Ver­mächt­nis erfüllen?

In der Regel ist der Erbe mit dem Vermächtnis beschwert[1][7]. Dies bedeutet, dass der Erbe ver­pflich­tet ist, den ver­mach­ten Gegenstand an den Ver­mächt­nis­neh­mer zu über­eig­nen[3]. Es ist jedoch auch möglich, dass ein Ver­mächt­nis­neh­mer selbst mit einem weiteren Vermächtnis beschwert wird - man spricht dann von einem “Un­ter­ver­mächt­nis”[2].

Besondere Arten von Ver­mächt­nis­sen

Es gibt ver­schie­de­ne spezielle Formen des Ver­mächt­nis­ses:

  • Er­satz­ver­mächt­nis: Tritt ein, wenn der ursprüngliche Ver­mächt­nis­neh­mer das Vermächtnis nicht annehmen kann oder will[7]
  • Nach­ver­mächt­nis: Ähnlich dem Nach­er­ben, erhält der Nach­ver­mächt­nis­neh­mer den Gegenstand erst nach dem ersten Ver­mächt­nis­neh­mer[7]
  • Ver­schaf­fungs­ver­mächt­nis: Ver­pflich­tet den Erben, dem Ver­mächt­nis­neh­mer einen Gegenstand zu verschaffen, der nicht zum Nachlass gehört[7]
  • Wahl­ver­mächt­nis: Erlaubt es dem Ver­mächt­nis­neh­mer oder dem Beschwerten, zwischen ver­schie­de­nen Gegen­stän­den zu wählen[7]
  • Gat­tungs­ver­mächt­nis: Betrifft Gegen­stän­de einer bestimmten Gattung (z.B. “ein Auto”)[7]
  • Zweck­ver­mächt­nis: Ist mit einem bestimmten Zweck verbunden[7]
  • Vo­raus­ver­mächt­nis: Ein Ver­mächt­nis an einen Mit­er­ben, zusätzlich zu dessen Erb­teil[7]

Vorteile eines Ver­mächt­nis­ses in der Nach­lass­pla­nung

Ein Vermächtnis bietet mehrere Vorteile für Ihre Nach­lass­pla­nung:

Gezielte Zuwendungen: Sie können bestimmte Gegen­stän­de an Personen geben, die Ihnen wichtig sind, ohne sie zu Erben zu machen[5].

Ver­mei­dung von Erb­strei­tig­kei­ten: Durch klare Fest­le­gun­gen können mögliche Kon­flik­te innerhalb der Erb­ge­mein­schaft vermieden werden[5].

Steuer­li­che Gestaltung: In manchen Fällen kann ein Vermächtnis helfen, die Erb­schaft­steu­er zu optimieren[5].

Flexibilität: Sie können viel genauer bestimmen, wer was erhalten soll, als bei einer einfachen Erb­ein­set­zung[5].

Annahme oder Aus­schla­gung eines Ver­mächt­nis­ses

Anders als bei einer Erbschaft, bei der die Ausschlagung aktiv innerhalb einer Sechs­wo­chen­frist erklärt werden muss, muss ein Vermächtnis nicht angenommen werden[8]. Der Ver­mächt­nis­neh­mer kann die Annahme ablehnen, insbesondere wenn mehrere Empfänger:innen bei unteilbaren Gegen­stän­den betroffen sind[8].

Häufige Miss­ver­ständ­nis­se

Ein häufiges Miss­ver­ständ­nis liegt in der umgangs­sprach­li­chen Verwendung der Begriffe “vererben” und “vermachen”[3]. Viele Menschen setzen diese Worte gleich, obwohl sie rechtlich unterschiedliche Be­deu­tun­gen haben. Wenn Sie in Ihrem Testament schreiben “Ich vermache mein gesamtes Vermögen an…”, meinen Sie ver­mut­lich eine Erb­ein­set­zung und nicht ein Vermächtnis.

Das Gesetz hilft in solchen Fällen durch Aus­le­gungs­re­geln: Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens zugewendet, ist die Verfügung als Erb­ein­set­zung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist[7]. Sind jedoch nur einzelne Gegen­stän­de zugewendet, ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass der Bedachte Erbe sein soll, selbst wenn er als Erbe bezeichnet wurde[7].

Ein praktisches Beispiel

Familie Müller möchte ihre Nach­lass­pla­nung regeln. Die Eltern haben zwei Kinder und möchten, dass diese den Großteil ihres Vermögens erben. Frau Müller besitzt jedoch eine wertvolle Ge­mäl­de­samm­lung, die sie ihrer Nichte überlassen möchte, da diese Kunst­ge­schich­te studiert hat.

Anstatt die Nichte als Miterbin einzusetzen, was zu einer komplizierten Erben­ge­mein­schaft führen würde, ordnet Frau Müller in ihrem Testament ein Vermächtnis an: “Ich vermache meine gesamte Ge­mäl­de­samm­lung meiner Nichte Emma.” Nach dem Tod von Frau Müller erben ihre beiden Kinder das Vermögen, sind aber ver­pflich­tet, die Gemälde an die Nichte zu übergeben.

Fazit

Ein Vermächtnis ist ein wertvolles Instrument im deutschen Erbrecht, um einzelne Ver­mö­gens­wer­te gezielt an bestimmte Personen zu übertragen, ohne diese zu Erben zu machen. Der Ver­mächt­nis­neh­mer erhält lediglich einen Anspruch auf den ver­mach­ten Gegenstand gegenüber den Erben.

Wenn Sie Ihre Nach­lass­pla­nung gestalten, sollten Sie die Un­ter­schie­de zwischen Erbe und Vermächtnis kennen und für Ihre persönliche Situation die passende Lösung wählen. Eine präzise Formulierung in Ihrem Testament kann späteren Streit und Aus­le­gungs­pro­ble­me vermeiden.

Bei komplexeren Nach­lass­pla­nun­gen kann es sinnvoll sein, fach­kun­di­ge Beratung durch No­tar:in­nen oder Fach­an­wäl­t:in­nen für Erbrecht in Anspruch zu nehmen, um Ihre Wünsche rechtssicher umzusetzen.