Was ist eine Verbrauchsstiftung?

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Zusammenfassung

Eine Verbrauchs­stiftung ist eine zeitlich begrenzte Stiftungs­form, bei der das Vermögen nicht dauerhaft erhalten bleibt, sondern für die Zweck­erfüllung verbraucht wird. Sie eignet sich besonders für Projekte mit klar definiertem Zeitraum oder Ziel und bietet mehr Flexibilität sowie geringere Kapital­anforderungen als klassische Stiftungen. Diese Stiftungs­form ermöglicht es, auch mit begrenzten Mitteln nachhaltige Wirkung zu erzielen.

Die Verbrauchs­stiftung stellt eine alternative Form des gemeinnützigen oder privaten Engage­ments dar, die sich von der klassischen Stiftung deutlich unterscheidet. Während herkömmliche Stiftungen auf ewig angelegt sind und nur aus den Erträgen ihres Vermögens wirken, darf eine Verbrauchs­stiftung ihr Kapital selbst verbrauchen. Sie eignet sich besonders für zeitlich begrenzte Projekte und bietet mehr Flexibilität bei der Verwendung der Mittel. Seit 2013 ist diese Stiftungs­form gesetzlich ausdrücklich geregelt und seit 2023 können auch bestehende Stiftungen in eine Verbrauchs­stiftung umgewandelt werden.

Was ist eine Verbrauchs­stiftung?

Eine Verbrauchs­stiftung ist laut § 80 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Stiftung, die für eine bestimmte Zeit errichtet wird und deren Vermögen für die Zweck­verfolgung verbraucht werden soll[7]. Im Gegensatz zur klassischen Stiftung (auch “Ewigkeits­stiftung” genannt) verfügt die Verbrauchs­stiftung über keinen dauerhaften Vermögens­grundstock[1]. Sie kann also nicht nur die Erträge aus dem Stiftungs­vermögen, sondern auch das Kapital selbst für ihre Zwecke einsetzen.

Die Verbrauchs­stiftung lässt sich als Bindeglied zwischen einer klassischen Stiftung und einer Spende verstehen[2]:

  • Eine Spende wird sofort für einen Zweck eingesetzt
  • Eine klassische Stiftung bleibt bestehen und nutzt nur die Erträge
  • Eine Verbrauchs­stiftung verbraucht ihr Vermögen über einen längeren Zeitraum (mindestens zehn Jahre)

Rechtliche Grundlagen

Die Verbrauchs­stiftung wurde mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts vom 28. März 2013 ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert[5][7]. Seit dem 1. Juli 2023 ist zudem die Umwandlung einer Ewigkeits­stiftung in eine Verbrauchs­stiftung gesetzlich geregelt (§ 85 Abs. 1 Satz 4 BGB)[1].

Arten von Verbrauchs­stiftungen

Es gibt zwei Hauptformen der Verbrauchs­stiftung:

Zeitbefristete Verbrauchs­stiftung

Diese Stiftung ist von Anfang an für einen festgelegten Zeitraum geplant. Innerhalb dieser Zeit wird das gesamte Vermögen für den Stiftungs­zweck verwendet[6]. In der Satzung kann ein konkretes Enddatum festgelegt werden, beispielsweise der 01.01.2035.

Zweckbefristete Verbrauchs­stiftung

Diese Form endet, sobald der definierte Zweck erreicht ist oder nicht mehr erfüllt werden kann[6]. Beispiele wären eine Stiftung zur Wieder­errichtung eines historischen Gebäudes oder zur Bekämpfung einer bestimmten Krankheit.

Voraussetzungen für eine Verbrauchs­stiftung

Mindestdauer von zehn Jahren

Damit eine Stiftung als Verbrauchs­stiftung anerkannt wird, muss sie für mindestens zehn Jahre bestehen[4][5][7]. Diese gesetzliche Vorgabe stellt sicher, dass die Stiftung eine nachhaltige Wirkung entfalten kann und nicht als bloßes Steuerspar­modell missbraucht wird.

Geregelter Vermögens­verbrauch

Die Zweck­verwirklichung muss über den gesamten Zeitraum gesichert sein[5]. Das bedeutet:

  • Das Vermögen darf nicht beliebig verbraucht werden
  • Auch im letzten Jahr muss die Stiftung noch handlungs­fähig sein
  • In der Satzung muss festgelegt werden, wie das Vermögen verbraucht wird

Eine Möglichkeit ist der degressive Vermögens­verbrauch, bei dem jährlich maximal 10 Prozent des zu Beginn des jeweiligen Jahres noch vorhandenen Vermögens verwendet werden[5]. Alternativ kann ein fester jährlicher Betrag oder ein Prozent­satz festgelegt werden.

Gründung einer Verbrauchs­stiftung

Die Gründung erfolgt ähnlich wie bei einer klassischen Stiftung:

  1. Erstellung eines Stiftungs­geschäfts
  2. Erarbeitung einer Stiftungs­satzung
  3. Staatliche Anerkennung durch die Stiftungs­aufsicht[8]

In Stiftungs­geschäft und Satzung müssen Sie zusätzlich zu den üblichen Angaben folgende Punkte festlegen:

  • Die Stiftungs­dauer (mindestens zehn Jahre)
  • Den Stiftungs­zweck
  • Die Widmung des Vermögens zum Verbrauch
  • Art und Umfang des Verbrauchs[8]

Vorteile einer Verbrauchs­stiftung

Eine Verbrauchs­stiftung bietet gegenüber klassischen Stiftungen mehrere Vorteile:

Geringere Kapital­anforderungen

Da auch das Grund­vermögen für den Stiftungs­zweck eingesetzt werden kann, benötigen Sie weniger Startkapital[8]. Dies macht die Stiftungs­form auch für Personen interessant, die nicht über sehr große Vermögen verfügen.

Höhere Flexibilität

Die Verbrauchs­stiftung ermöglicht größere Ausgaben für einzelne Projekte, da nicht nur die Erträge, sondern auch das Kapital selbst verwendet werden kann[8]. Dies ist besonders bei niedrigen Zinsen vorteilhaft.

Stärkerer Einfluss des Stifters

Die begrenzte Lebens­dauer erlaubt es Ihnen als Stifter:in, die Entwicklung der Stiftung über ihre gesamte Existenz zu begleiten und mitzugestalten[8].

Unabhängigkeit von Finanz­märkten

Da eine Verbrauchs­stiftung nicht ausschließlich von den Erträgen ihres Vermögens abhängt, ist sie weniger anfällig für Niedrig­zinsphasen[2][8].

Besondere Eignung für zeitlich begrenzte Vorhaben

Die Verbrauchs­stiftung eignet sich hervorragend für:

  • Wiederaufbau nach Natur­katastrophen
  • Restaurierung von Kultur­gütern
  • Bekämpfung von Epidemien
  • Zeitlich begrenzte Forschungs­projekte[2][8]

Steuerliche Aspekte

Bei einer Verbrauchs­stiftung können Sie als Stifter:in die allgemeinen spenden­rechtlichen Abzugs­beträge des § 10b Abs. 1 EStG geltend machen[5]. Dies bedeutet:

  • Privat­personen können jährlich bis zu 20 Prozent des Gesamt­betrags der Einkünfte steuerlich absetzen
  • Unternehmen können 20 Prozent des Gewinns bzw. 4 Promille der Summe aus Umsätzen, Löhnen und Gehältern geltend machen[5]

Die steuerlichen Vergünstigungen sind damit geringer als bei klassischen Stiftungen, die zusätzliche Sonderabzüge ermöglichen.

Beendigung einer Verbrauchs­stiftung

Eine Verbrauchs­stiftung endet nicht automatisch nach Ablauf der festgelegten Zeit. Die Stiftungs­aufsicht muss die Auflösung in der Anerken­nungsurkunde vermerken oder die Stiftung später aufheben[6].

Der typische Ablauf ist:

  1. Anzeige des Vermögens­verbrauchs bei der Stiftungs­aufsicht
  2. Aufhebung der Stiftung durch die Aufsichts­behörde[8]

Umwandlung einer klassischen Stiftung in eine Verbrauchs­stiftung

Seit dem 1. Juli 2023 ist die Umwandlung einer Ewigkeits­stiftung in eine Verbrauchs­stiftung ausdrücklich im Gesetz geregelt[1]. Voraussetzung ist, dass die Stiftung ihren Zweck nach der Umwandlung wieder dauernd und nachhaltig erfüllen kann[1].

Die Umwandlung kann sinnvoll sein, wenn:

  • Die Stiftung aufgrund niedriger Zinsen zu wenig Erträge erwirtschaftet
  • Das Stiftungs­vermögen zu gering ist, um den Zweck effektiv zu verfolgen
  • Ein zeitlich begrenzter Stiftungs­zweck sinnvoller erscheint

Praktische Beispiele für Verbrauchs­stiftungen

Beispiel 1: Wiederaufbau nach einer Natur­katastrophe

Eine Verbrauchs­stiftung wird gegründet, um eine Region nach einem Erdbeben für 15 Jahre zu unterstützen. Das Stiftungs­vermögen von 1,5 Millionen Euro wird so aufgeteilt, dass jährlich 100.000 Euro für Bildungs­projekte, medizinische Versorgung und Infra­struktur­maßnahmen zur Verfügung stehen.

Beispiel 2: Forschungs­projekt zur Bekämpfung einer seltenen Krankheit

Eine Familie, deren Kind an einer seltenen Krankheit leidet, gründet eine Verbrauchs­stiftung mit einem Vermögen von 500.000 Euro. Über einen Zeitraum von zehn Jahren werden daraus Forschungs­projekte finanziert, die zur Entwicklung neuer Therapie­ansätze beitragen sollen.

Checkliste: Ist eine Verbrauchs­stiftung das Richtige für Sie?

  • [ ] Sie möchten einen zeitlich begrenzten Zweck verfolgen
  • [ ] Sie verfügen über ein begrenztes Vermögen, das für eine klassische Stiftung nicht ausreicht
  • [ ] Sie möchten in der aktuellen Niedrig­zinsphase mehr bewirken als nur mit den Erträgen
  • [ ] Sie möchten die Entwicklung der Stiftung über ihre gesamte Lebens­dauer begleiten
  • [ ] Sie akzeptieren, dass die Stiftung nach einer bestimmten Zeit endet
  • [ ] Sie sind mit den steuerlichen Rahmen­bedingungen einverstanden

Fazit

Die Verbrauchs­stiftung bietet eine flexible Alternative zur klassischen Stiftung. Sie ermöglicht es, auch mit begrenztem Vermögen eine nachhaltige Wirkung zu erzielen und gezielt zeitlich begrenzte Projekte zu fördern. Besonders in Zeiten niedriger Zinsen kann der Einsatz des Stiftungs­kapitals selbst eine sinnvolle Option sein.

Wenn Sie eine Verbrauchs­stiftung gründen möchten, ist es ratsam, sich von Fach­personen beraten zu lassen, die mit dem Stiftungs­recht vertraut sind. So können Sie sicherstellen, dass Ihre Stiftung optimal auf Ihre Ziele und Möglich­keiten ausgerichtet ist.