Was ist eine Thrombolyse?

Zusammenfassung

Die Thrombolyse ist eine medizinische Behandlung, bei der Blutgerinnsel, die Gefäße blockieren, medikamentös aufgelöst werden, um lebensbedrohliche Zustände wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Lungenembolie zu behandeln. Sie muss möglichst schnell nach Auftreten der Symptome erfolgen, da ihr Erfolg stark vom Zeitpunkt abhängt. Risiken wie Blutungen machen eine sorgfältige Abwägung notwendig, doch die Methode kann Leben retten und schwere Folgeschäden verhindern.

Synonym: Lysetherapie

Die Thrombolyse gehört zu den wichtigsten Notfallbehandlungen in der modernen Medizin. Sie kann bei bestimmten lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt entscheidend dazu beitragen, schwerwiegende Folgen zu vermeiden. Im Folgenden erfahren Sie, was genau eine Thrombolyse ist, wie sie funktioniert, wann sie eingesetzt wird und welche Risiken damit verbunden sind.

Ärzteteam in Notaufnahme verabreicht Patient auf Trage eine Injektion, umgeben von Monitoren und medizinischer Ausrüstung.

Was ist eine Thrombolyse?

Der Begriff Thrombolyse stammt aus dem Griechischen, wobei “thrombus” für Blutpfropf und “lyse” für Auflösung steht[1]. In der medizinischen Fachsprache wird sie auch als Lysetherapie oder kurz Lyse bezeichnet[1]. Bei dieser Behandlungsmethode geht es darum, Blutgerinnsel (Thromben), die Blutgefäße verstopfen, medikamentös aufzulösen[3].

Warum ist eine Thrombolyse notwendig? Wenn ein Blutgerinnsel ein Gefäß blockiert, kann das Blut nicht mehr frei fließen. Die Folge: Das Gewebe, das von diesem Gefäß versorgt wird, erhält keinen Sauerstoff mehr. Ohne schnelle Behandlung stirbt dieses Gewebe ab - im Gehirn führt dies zum Schlaganfall, im Herzen zum Herzinfarkt[1]. Die Thrombolyse zielt darauf ab, diese gefährliche Blockade zu lösen, bevor dauerhafte Schäden entstehen[3].

Wann wird eine Thrombolyse eingesetzt?

Die Thrombolyse kommt bei verschiedenen Erkrankungen zum Einsatz, die durch den Verschluss von Blutgefäßen verursacht werden:

Bei Schlaganfall

Etwa 80 Prozent aller Schlaganfälle entstehen durch ein Blutgerinnsel, das eine Hirnarterie verstopft[2]. Dies wird als ischämischer Schlaganfall bezeichnet. Wichtig: Bei einem ischämischen Schlaganfall ist die Zeit der kritischste Faktor. Je früher die Behandlung erfolgt, desto besser sind die Chancen, bleibende Schäden zu vermeiden[5].

Bei Herzinfarkt

Beim Herzinfarkt verstopft ein Blutgerinnsel ein Herzkranzgefäß. Das dahinterliegende Herzmuskelgewebe wird nicht mehr durchblutet und beginnt abzusterben. Die Thrombolyse kann hier lebensrettend sein, wenn sie zeitnah durchgeführt wird[7].

Bei Lungenembolie

Eine Lungenembolie entsteht, wenn ein Blutgerinnsel, das sich beispielsweise im Bein gebildet hat, mit dem Blutstrom in die Lunge gelangt und dort ein Gefäß verstopft. Dies kann zu akutem Herzversagen führen[1]. Bei kreislauf­instabilen Patient:innen mit Lungen­embolien kann bereits der Notarzt mit der Thrombolyse beginnen[1].

Bei weiteren Gefäßverschlüssen

Die Thrombolyse wird auch bei anderen Gefäß­verschlüssen eingesetzt, beispielsweise:

  • Bei akutem peripheren Gefäß­verschluss, etwa im Bein[3]
  • Bei chronisch peripherer arterieller Verschluss­krankheit (umgangssprachlich auch als “Raucherbein” oder “Schaufenster­krankheit” bezeichnet)[3]
  • Bei tiefen Venen­thrombosen[4]

Wie wird eine Thrombolyse durchgeführt?

Bei der Thrombolyse werden Medikamente verabreicht, die Blutgerinnsel auflösen können. Diese werden als Thrombolytika bezeichnet[1]. Es gibt zwei verschiedene Arten der Durchführung:

Systemische Thrombolyse

Bei der systemischen Thrombolyse wird das Medikament über eine Vene in den Körper gegeben, sodass es über den Blutkreislauf im gesamten Körper wirkt[7]. Dabei wird zunächst ein Teil des Medikaments als Bolus (schnelle Injektion) verabreicht, um schnell einen hohen Wirk­spiegel zu erreichen. Anschließend erfolgt eine Infusion über etwa eine Stunde[7].

Vorteil: Die systemische Lyse kann schnell und einfach durchgeführt werden - bei Bedarf sogar schon vom Notarzt auf dem Weg ins Krankenhaus[7].

Lokale Thrombolyse

Bei der lokalen Thrombolyse wird das Medikament mittels eines Katheters direkt an das Blutgerinnsel gebracht[1][6]. Diese Methode wird nur in speziellen Fällen angewendet, etwa wenn nicht der ganze Körper einer starken Blutver­dünnung ausgesetzt werden soll, wie beispielsweise nach Operationen[6].

Kombination mit mechanischer Thrombektomie

Bei Verschlüssen größerer Arterien kann zusätzlich zur Thrombolyse auch eine mechanische Thrombektomie durchgeführt werden. Dabei wird das Gerinnsel mit Hilfe eines kleinen Katheters und eines Draht­geflechtes entfernt[6]. Häufig werden beide Methoden kombiniert, um möglichst schnell wieder eine ausreichende Durchblutung des betroffenen Gewebes zu erreichen[6].

Zeitfenster: Wann muss eine Thrombolyse erfolgen?

Die Wirksamkeit der Thrombolyse hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Behandlung ab. Je früher die Thrombolyse durchgeführt wird, desto besser sind die Erfolgs­aussichten[1][7].

Bei Schlaganfall

Der optimale Zeitraum für eine Thrombolyse bei Schlaganfall liegt innerhalb der ersten 4,5 Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome[5][6]. In bestimmten Fällen kann dieses Zeitfenster auf bis zu neun Stunden ausgeweitet werden[6].

Bei Patient:innen, die mit Schlaganfall­symptomen aufwachen (sogenannter Wake-up Stroke) oder bei denen der genaue Zeitpunkt des Symptombeginns unklar ist, kann durch spezielle Bildgebungs­verfahren (MRT mit DWI/FLAIR-Mismatch) festgestellt werden, ob eine Thrombolyse noch sinnvoll ist[5][8].

Bei Herzinfarkt

Auch beim Herzinfarkt gilt: Zeit ist Muskel. Je schneller die Behandlung erfolgt, desto mehr Herzmuskel­gewebe kann gerettet werden. Die Thrombolyse sollte daher so früh wie möglich eingeleitet werden[7].

Risiken und Kontraindikationen: Wann kann keine Thrombolyse durchgeführt werden?

Die Thrombolyse ist nicht für alle Patient:innen geeignet. Es gibt bestimmte Situationen, in denen diese Behandlung nicht durchgeführt werden kann:

Absolute Kontraindikationen

  • Hirnblutung (hämorrhagischer Schlaganfall): Da die Thrombolyse die Blutgerinnung herabsetzt, ist sie bei einer Hirnblutung absolut kontra­indiziert[6].
  • Störungen der Blutgerinnung: Bei Patient:innen mit bestehenden Gerinnungs­störungen besteht ein erhöhtes Blutungs­risiko[6].
  • Allergie gegen Bestandteile des Medikaments[6]

Mögliche Nebenwirkungen

Die häufigste und gefährlichste Nebenwirkung der Thrombolyse ist das erhöhte Blutungs­risiko, insbesondere im Gehirn und im Magen-Darm-Trakt[4]. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind:

  • Allergische Reaktionen
  • Niedriger Blutdruck
  • Selten: Bildung weiterer Blutgerinnsel (Embolien)[4]

Erfolgsaussichten der Behandlung

Die Erfolgsquote der Thrombolyse ist bei akutem Schlaganfall und Herzinfarkt hoch, wenn sie frühzeitig durchgeführt wird[4]. Die Wirksamkeit hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab:

  • Zeitpunkt des Behandlungsbeginns
  • Größe des Blutgerinnsels
  • Allgemein­zustand des Patienten oder der Patientin
  • Begleit­erkrankungen

In Deutschland wird die Thrombolyse bei Schlaganfall­patient:innen immer häufiger eingesetzt. Zwischen 2013 und 2017 stieg die Lyserate von 12,4 auf 15,9 Prozent an. Das bedeutet, dass etwa jede:r sechste Schlaganfall­patient:in mit dieser Methode behandelt wird[2].

Fortschritte in der Behandlung

Die Behandlungs­möglichkeiten haben sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Früher galt eine Alters­begrenzung von 80 Jahren für die Thrombolyse. Nachdem jedoch gezeigt werden konnte, dass auch ältere Patient:innen von der Behandlung profitieren, wird diese Alters­grenze heute nicht mehr angewendet[8].

Auch bei der Bildgebung gibt es Fortschritte: Während für eine Thrombolyse im 4,5-Stunden-Zeitfenster ein natives CT ausreichend ist, wird heute empfohlen, bei allen Patient:innen mit Thrombolyse­indikation zusätzlich eine nicht-invasive Gefäß­diagnostik (CTA, MRA) durchzuführen, um gegebenenfalls die Indikation für eine endo­vaskuläre Schlaganfall­therapie stellen zu können[5].

Fazit: Schnelles Handeln rettet Leben

Die Thrombolyse ist eine hochwirksame Behandlungs­methode bei gefährlichen Gefäß­verschlüssen durch Blutgerinnsel. Ihr Erfolg hängt entscheidend davon ab, wie schnell sie eingeleitet wird. Daher ist es wichtig, Warn­zeichen eines Schlaganfalls oder Herzinfarkts frühzeitig zu erkennen und sofort den Notarzt zu alarmieren.

Bei Verdacht auf Schlaganfall oder Herzinfarkt gilt: Jede Minute zählt! Wählen Sie umgehend den Notruf 112, wenn bei Ihnen oder einer Person in Ihrer Umgebung Anzeichen für diese lebens­bedrohlichen Zustände auftreten. Eine zeitnah durchgeführte Thrombolyse kann Leben retten und schwerwiegende Folgeschäden verhindern.

Alle Patient:innen mit Verdacht auf Schlaganfall sollten auf einer Stroke Unit behandelt werden[5], da dort die notwendige Expertise und technische Ausstattung für eine optimale Versorgung vorhanden ist.