Was ist Testierfreiheit?
Die Testierfreiheit ist das Recht, frei über die Verteilung des eigenen Vermögens nach dem Tod zu entscheiden, etwa durch ein Testament oder Vermächtnis. Sie ermöglicht individuelle Nachlassregelungen, unterliegt jedoch Einschränkungen wie Pflichtteilsansprüchen und Formvorschriften. Ein rechtzeitig erstelltes und korrekt aufbewahrtes Testament hilft, persönliche Wünsche umzusetzen und Streit zu vermeiden.
Die Testierfreiheit gibt Ihnen das Recht, selbst zu bestimmen, wer Ihr Vermögen nach Ihrem Tod erhalten soll. Dieses grundlegende Prinzip im deutschen Erbrecht erlaubt es Ihnen, frei über Ihren Nachlass zu verfügen und so Ihre persönlichen Wünsche und familiären Verhältnisse zu berücksichtigen. Der folgende Artikel erklärt, was Testierfreiheit genau bedeutet, welche Möglichkeiten sie Ihnen bietet und welche Grenzen zu beachten sind.
Was ist Testierfreiheit?
Testierfreiheit bedeutet schlicht, dass Sie als Person selbst entscheiden dürfen, wer Ihr Vermögen nach Ihrem Tod bekommen soll. Diese Freiheit ist in Artikel 14 des Grundgesetzes verankert und ein wesentlicher Bestandteil unseres Erbrechts[5].
Durch die Testierfreiheit können Sie:
- Ein Testament erstellen
- Frei über die Verteilung Ihres Erbes entscheiden
- Einzelne Personen als Erben einsetzen oder enterben
- Vermögensteile als Vermächtnis bestimmten Personen zukommen lassen
- Bedingungen für das Erbe festlegen[8]
Ohne Testament oder Erbvertrag greift automatisch die gesetzliche Erbfolge, bei der das Gesetz festlegt, welche Angehörigen in welcher Reihenfolge erben. Die Testierfreiheit gibt Ihnen das Recht, davon abzuweichen und Ihre eigenen Vorstellungen umzusetzen.
Rechtliche Grundlage der Testierfreiheit
Die Testierfreiheit ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Gemäß § 1937 BGB kann der Erblasser oder die Erblasserin durch einseitige Verfügung von Todes wegen (Testament) eine Person als Erben oder Erbin bestimmen[2].
Diese Freiheit ist Teil der Privatautonomie, die jedem Menschen zugesteht, seine privatrechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich selbstständig zu regeln[4]. So wie Sie frei entscheiden können, mit wem Sie einen Vertrag abschließen, können Sie auch frei entscheiden, wer Ihr Vermögen erben soll.
Welche Möglichkeiten bietet Ihnen die Testierfreiheit?
Die Testierfreiheit eröffnet viele Gestaltungsmöglichkeiten für Ihre Nachlassplanung.
Personen frei als Erben einsetzen
Sie können Personen als Erben einsetzen, die nach der gesetzlichen Erbfolge nicht oder in geringerem Umfang berücksichtigt würden. Das können Freund:innen, entfernte Verwandte oder auch gemeinnützige Organisationen sein[7].
Vermächtnis festlegen
Ein Vermächtnis erlaubt es Ihnen, einer Person einen bestimmten Vermögenswert zukommen zu lassen, ohne dass diese Person Erbe oder Erbin wird. So können Sie beispielsweise festlegen, dass Ihre Nichte Ihre Büchersammlung bekommen soll, ohne dass sie am gesamten Erbe beteiligt wird[6].
Beispiel: Frau Schmidt möchte, dass ihre langjährige Freundin ihr Klavier erbt, ohne am gesamten Nachlass beteiligt zu sein. Sie setzt in ihrem Testament ein Vermächtnis aus: “Meiner Freundin Elke vermache ich mein Klavier.”
Auflagen bestimmen
Sie können Ihr Erbe mit Auflagen verknüpfen. Eine Auflage verpflichtet den Erben oder die Erbin zu einer bestimmten Leistung, ohne dass jemand anders einen Rechtsanspruch darauf erhält[6].
Beispiel: “Mein Sohn Thomas soll mein Haus erben, unter der Auflage, dass er sich um meine Katze kümmert.”
Testamentsvollstrecker:in einsetzen
Sie können eine Person bestimmen, die nach Ihrem Tod dafür sorgt, dass Ihr Testament korrekt umgesetzt wird. Diese Person - der oder die Testamentsvollstrecker:in - kümmert sich um die Verteilung des Nachlasses gemäß Ihren Wünschen[1].
Grenzen der Testierfreiheit
Trotz der großen Gestaltungsfreiheit hat die Testierfreiheit auch ihre Grenzen.
Pflichtteilsansprüche
Die wichtigste Einschränkung ist das Pflichtteilsrecht. Bestimmte nahe Angehörige haben selbst bei Enterbung Anspruch auf den Pflichtteil, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht[5].
Pflichtteilsberechtigt sind:
- Ehepartner:innen
- Eingetragene Lebenspartner:innen
- Kinder (und deren Nachkommen, falls die Kinder bereits verstorben sind)
- Eltern (nur wenn keine Nachkommen vorhanden sind)[7]
Beispiel: Herr Müller möchte seinen Sohn enterben und setzt in seinem Testament nur seine Tochter als Erbin ein. Der Sohn hat dennoch Anspruch auf den Pflichtteil in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils.
Formvorschriften
Ein Testament muss bestimmte Formvorschriften erfüllen, um gültig zu sein. Sie müssen entweder:
- Ein handschriftliches Testament vollständig selbst schreiben und unterschreiben oder
- Ein notarielles Testament errichten lassen[7]
Ein am Computer erstelltes Testament mit Ihrer Unterschrift ist nicht gültig!
Testierfähigkeit
Um ein Testament errichten zu können, müssen Sie testierfähig sein. Das bedeutet:
- Sie müssen mindestens 16 Jahre alt sein (für ein notarielles Testament) bzw. 18 Jahre (für ein handschriftliches Testament)
- Sie müssen im Besitz Ihrer geistigen Kräfte sein und verstehen können, was ein Testament bedeutet[7]
Was passiert, wenn Sie kein Testament errichten?
Wenn Sie von Ihrer Testierfreiheit keinen Gebrauch machen, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Das bedeutet:
- Ihr Vermögen geht an Ihre nächsten Angehörigen nach einer gesetzlich festgelegten Rangfolge
- Ehepartner:innen und Kinder erben vorrangig
- Die genaue Verteilung hängt von den familiären Verhältnissen und dem Güterstand in der Ehe ab
Beachten Sie: Die gesetzliche Erbfolge kann zu unerwünschten Ergebnissen führen, etwa wenn Stiefkinder, unverheiratete Partner:innen oder Freund:innen leer ausgehen, obwohl Sie diesen Personen etwas hinterlassen möchten.
Praktische Tipps zur Nutzung der Testierfreiheit
Ihr Testament rechtzeitig erstellen
Warten Sie nicht zu lange mit der Erstellung Ihres Testaments. Je früher Sie Ihre Wünsche festhalten, desto sicherer können Sie sein, dass Ihr Nachlass nach Ihren Vorstellungen verteilt wird.
Fachliche Beratung hinzuziehen
Bei komplexen Vermögensverhältnissen oder Familienkonstellationen kann eine Beratung durch Rechtsanwält:innen oder Notar:innen mit Schwerpunkt Erbrecht sehr hilfreich sein. Sie kennen die rechtlichen Feinheiten und können Sie zu einer optimalen Lösung führen.
Testament regelmäßig aktualisieren
Prüfen Sie Ihr Testament in regelmäßigen Abständen, besonders nach wesentlichen Änderungen in Ihren Lebensumständen wie Heirat, Scheidung, Geburt eines Kindes oder Erwerb einer Immobilie.
Testament sicher aufbewahren
Bewahren Sie Ihr Testament an einem sicheren Ort auf. Sie können es:
- In amtliche Verwahrung beim Amtsgericht geben
- Bei einer Notar:in oder Rechtsanwält:in hinterlegen
- Zu Hause an einem sicheren Ort aufbewahren, der Ihren Angehörigen bekannt ist
Fazit
Die Testierfreiheit gibt Ihnen die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wer Ihr Vermögen nach Ihrem Tod erhalten soll. Sie können Erben einsetzen, Vermächtnisse aussetzen und Bedingungen festlegen. Allerdings müssen Sie die Pflichtteilsansprüche naher Angehöriger sowie bestimmte Formvorschriften beachten.
Machen Sie von Ihrer Testierfreiheit Gebrauch - so stellen Sie sicher, dass Ihr Nachlass nach Ihren Wünschen verteilt wird und nicht nach den starren Regeln der gesetzlichen Erbfolge.
Jedes Testament ist so individuell wie Ihre persönliche Lebenssituation. Mit einem durchdachten Testament sorgen Sie für Klarheit und können Streit unter Ihren Hinterbliebenen vermeiden.