Was ist Testier­fähig­keit?

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Zusammenfassung

Die Testier­fähig­keit ist die Fähigkeit, ein rechts­gültiges Testament zu erstellen, und setzt voraus, dass eine Person die Bedeutung und Tragweite ihrer Verfügungen versteht und frei handeln kann. Sie ist ab 16 Jahren möglich, kann jedoch durch krank­hafte Störungen wie Demenz oder Bewusstseins­störungen beeinträchtigt sein. Bei Zweifel an der Testier­fähig­keit empfiehlt sich eine notarielle Beglaubigung oder ein ärztliches Gutachten zur Absicherung.

Die Testier­fähig­keit beschreibt Ihre Fähigkeit, ein rechts­wirk­sames Testament zu erstellen, zu ändern oder aufzu­heben. Für die Gültig­keit eines Testaments spielt diese Fähig­keit eine ent­schei­dende Rolle. Wer nicht testier­fähig ist, kann kein rechts­gültiges Testament errichten - doch wann genau liegt Testier­fähig­keit vor und was sollten Sie darüber wissen?

Recht­liche Grund­lagen der Testier­fähig­keit

Die Testier­fähig­keit ist im deutschen Erbrecht im § 2229 BGB geregelt. Das Gesetz geht grund­sätz­lich davon aus, dass jede Person ab 16 Jahren testier­fähig ist[4][5]. Für Minderjährige gibt es jedoch Ein­schränkungen: Personen zwischen 16 und 18 Jahren können ein Testament nur mit Hilfe eines Notars errichten[2][4].

Wichtig: Die Testier­fähig­keit ist von der all­gemeinen Geschäfts­fähig­keit zu unter­scheiden. Sie ist ein Unter­fall der Geschäfts­fähig­keit mit eigenen Voraus­setzungen[2][5]. Eine betreute Person kann durchaus noch testier­fähig sein - die Anordnung einer Betreuung sagt zunächst nichts über die Testier­fähig­keit aus[2][5].

Voraus­setzungen für die Testier­fähig­keit

Damit Sie rechtlich als testier­fähig gelten, müssen Sie mehrere Voraus­setzungen erfüllen. Sie sollten:

  • sich bewusst sein, dass Sie ein Testament errichten[3][5]
  • Kenntnis über den Inhalt Ihrer letzt­willigen Verfügung haben[3][5]
  • selb­ständig und frei von Ein­flüssen Dritter handeln können[2][3][5]
  • die Trag­weite Ihrer Anordnungen ver­stehen, besonders die Aus­wirkungen auf die persön­lichen und wirt­schaft­lichen Ver­hält­nisse der Betroffenen[2][3][5]
  • die Sinn­haftig­keit Ihrer Ver­fügungen beurteilen können[3][5]
  • in der Lage sein, sich an Sach­ver­halte zu erinnern, Infor­mationen auf­zu­nehmen und Zu­sammen­hänge zu er­fassen[5]

Beachten Sie: Es geht nicht darum, dass Ihre Ent­scheidungen von anderen als “ver­nünftig” empfunden werden. Aufgrund der Testier­freiheit dürfen Sie im gesetzlich zulässigen Rahmen frei über Ihren Nachlass ent­scheiden - auch wenn andere Ihre Verfügungen als un­ver­nünftig ansehen mögen[5].

Wann liegt Testier­unfähig­keit vor?

Testier­unfähig­keit ist in § 2229 Abs. 4 BGB definiert. Sie liegt vor, wenn jemand wegen krank­hafter Störung der Geistes­tätig­keit, Geistes­schwäche oder Bewusstseins­störungen nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer Willens­erklärung ein­zu­sehen und nach dieser Einsicht zu handeln[2][3][4][5].

Krankheits­bilder und ihre Aus­wirkungen auf die Testier­fähig­keit

Verschiedene gesund­heit­liche Zu­stände können die Testier­fähig­keit beein­trächtigen:

  • Demenz: Eine Demenz­erkrankung führt nicht auto­matisch zur Testier­unfähig­keit. Ent­scheidend ist der Schwere­grad der Erkrankung. Bei mittel­schwerer Demenz wird Testier­unfähig­keit allerdings wahr­schein­lich[5].

  • Depressionen: Schwere Depressionen können zeitweise zur Testier­unfähig­keit führen, besonders in manischen Phasen, wenn diese von Vor­stellungen geprägt sind, die die eigene Willens­entschließung aus­schließen[5].

  • Alkoholismus: Eine Alkohol­sucht kann zur Testier­unfähig­keit führen, wenn die Sucht Symptom einer bereits vor­handenen Geistes­krankheit ist oder der dadurch ver­ursachte Abbau der Persön­lich­keit den Wert einer Geistes­krankheit erreicht hat[5].

  • Psycho­pathie: Diese führt nur unter Hinzu­treten besonderer Umstände zur Testier­unfähig­keit, kann aber bei zwang­haftem Verhalten dazu führen[5].

Recht­liche Folgen der Testier­unfähig­keit

Wenn die Testier­fähig­keit zum Zeit­punkt der Testament­errichtung fehlt, hat dies erheb­liche Aus­wirkungen:

  • Das Testament ist unwirksam[3][5]
  • Diese Unwirk­samkeit bleibt bestehen, selbst wenn die Person später wieder testier­fähig wird[5]
  • Ent­scheidender Zeit­punkt ist allein der Moment der Testament­errichtung[5]
  • Wird jemand erst nach der Testament­errichtung testier­unfähig, berührt dies die Wirk­samkeit des Testaments nicht[5]

Wie können Sie Ihre Testier­fähig­keit absichern?

Wenn Sie ein Testament errichten möchten und Zweifel an Ihrer Testier­fähig­keit bestehen könnten, sollten Sie folgende Maß­nahmen in Betracht ziehen:

  1. Notarielle Beglaubigung: Ein Notar prüft Ihre Testier­fähig­keit und kann diese doku­mentieren.

  2. Ärztliches Gutachten: Lassen Sie zeitnah zur Testament­errichtung Ihre Testier­fähig­keit durch einen Arzt begut­achten und doku­mentieren.

  3. Zeugen: Bitten Sie ver­trauens­würdige Personen, Ihre Testier­fähig­keit zum Zeit­punkt der Testament­errichtung zu bezeugen.

  4. Früh­zeitige Planung: Bei fort­schrei­tenden Erkrankungen wie Demenz sollten Sie nicht zu lange mit der Testament­errichtung warten.

Praxis­beispiel:

Frau Schmidt (75) erhält die Diagnose einer beginnenden Demenz. Sie möchte ihr Testament anpassen, um ihre Enkel­kinder zu berück­sichtigen. Um mögliche spätere Anfechtungen zu ver­meiden, vereinbart sie einen Termin beim Notar und lässt sich vor­ab von ihrem Haus­arzt ein Gutachten über ihre geistige Verfassung aus­stellen. Der Notar protokolliert während des Gesprächs, dass Frau Schmidt voll­ständig orientiert ist und die Tragweite ihrer Ent­scheidungen versteht.

Was können Angehörige tun?

Als Angehörige oder Betreuer:innen können Sie in dieser Situation unter­stützen:

  • Begleiten Sie die Person zu recht­lichen und medizinischen Terminen
  • Drängen Sie nicht zu bestimmten Testament­inhalten - dies könnte als un­zulässige Beein­flussung gewertet werden
  • Doku­mentieren Sie den geistigen Zustand der Person, falls später Zweifel an der Testier­fähig­keit aufkommen sollten
  • Suchen Sie fach­kundige Beratung bei Notar:innen oder Rechts­anwält:innen mit erbrecht­lichem Schwerpunkt

Nachweis der Testier­unfähig­keit nach dem Tod

Wer nach dem Tod eines Menschen dessen Testament wegen Testier­unfähig­keit anfechten möchte, trägt die Beweis­last[3][5]. Hierfür können folgende Unterlagen relevant sein:

  • Medizinische Befunde
  • Zeugen­aussagen
  • Patienten­unter­lagen von Ärzt:innen und Kranken­häusern
  • Pflege­doku­mentationen
  • MDK-Gutachten zur Fest­stellung der Pflege­bedürftig­keit
  • Sonstige Urkunden[3]

Beachten Sie: An den Beweis der Testier­unfähig­keit werden strenge Anforderungen gestellt. Im Zweifels­fall wird von der Testier­fähig­keit aus­gegangen[3][5].

Checkliste zur Testier­fähig­keit

  • Ab welchem Alter? Ab 16 Jahren grund­sätzlich möglich, bis 18 Jahre nur mit Notar[4][5]
  • Bei Erkrankungen: Individuelle Prüfung not­wendig, nicht pauschal bei bestimmten Diagnosen
  • Bei Betreuung: Betreuung allein bedeutet nicht auto­matisch Testier­unfähig­keit[2][5]
  • Zeit­punkt: Nur der Moment der Testament­errichtung ist relevant[5]
  • Vorsorge: Bei Zweifel vorher ärztliches Gutachten einholen
  • Form: Bei gesundheit­lichen Ein­schränkungen notarielle Form empfehlenswert

Handlungs­empfehlungen

Für eine rechts­sichere Testament­errichtung bei bestehenden gesund­heit­lichen Ein­schränkungen empfehlen wir Ihnen:

  1. Handeln Sie früh­zeitig - bei ersten Anzeichen von geistigen Ein­schränkungen nicht zögern

  2. Suchen Sie fach­kundige Beratung bei Notar:innen oder Rechts­anwält:innen mit erbrecht­lichem Schwer­punkt

  3. Sichern Sie Beweise für Ihre Testier­fähig­keit durch ärztliche Gut­achten oder notarielle Beur­kundung

  4. Doku­mentieren Sie Ihren Ent­scheidungs­prozess und Ihre Beweg­gründe

  5. Informieren Sie Ver­trauens­personen über Ihre Absichten, ohne sich beein­flussen zu lassen

Die Testier­fähig­keit ist ein zentrales Element für die Gültig­keit Ihres Testaments. Indem Sie die genannten Aspekte beachten, können Sie sicher­stellen, dass Ihr letzter Wille so umgesetzt wird, wie Sie es sich wünschen.