Was ist eine Sterbeverfügung?
Eine Sterbeverfügung ist ein rechtliches Dokument, das es schwerkranken Menschen in Österreich ermöglicht, ihren Wunsch nach einem selbstbestimmten Lebensende festzuhalten. Sie erfordert ärztliche Aufklärung, eine Wartezeit und die persönliche Errichtung durch die betroffene Person. In Deutschland gibt es ein vergleichbares Instrument nicht, jedoch ist die Beihilfe zum Suizid unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich erlaubt.
Eine Sterbeverfügung ist ein rechtliches Instrument, das Menschen mit schweren, dauerhaften oder unheilbaren Erkrankungen die Möglichkeit gibt, selbstbestimmt über ihr Lebensende zu entscheiden. Sie stellt eine Willenserklärung dar, mit der eine sterbewillige Person ihren freien und selbstbestimmten Entschluss dokumentiert, ihr Leben zu beenden. Seit dem 1. Januar 2022 ist dieses Rechtsinstrument in Österreich verfügbar, nachdem der Verfassungsgerichtshof die bisherige Strafbarkeit der Beihilfe zum Suizid für verfassungswidrig erklärt hatte[1].
Was genau ist eine Sterbeverfügung?
Eine Sterbeverfügung ermöglicht es sterbewilligen Personen unter bestimmten Bedingungen, ein tödliches Medikament (letales Präparat) bei einer Apotheke zu erhalten und dieses dann selbst einzunehmen[1]. Es handelt sich um ein höchstpersönliches Rechtsinstrument, das dem in der Praxis bewährten Instrument der Patient:innenverfügung nachgebildet ist[4].
Wichtig zu wissen: Die Sterbeverfügung kann ausschließlich von der betroffenen Person selbst errichtet werden - eine Vertretung durch andere Personen ist nicht möglich[4].
Rechtliche Voraussetzungen für eine Sterbeverfügung
Nach dem österreichischen Sterbeverfügungsgesetz kann eine Sterbeverfügung nur errichten, wer:
- an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder
- an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leidet, deren Folgen die betroffene Person in ihrer gesamten Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen[4]
Zusätzlich müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die sterbewillige Person muss volljährig (ab 18 Jahren) und entscheidungsfähig sein
- Sie muss ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben oder österreichische Staatsangehörige sein
- Die Krankheit muss einen für die betroffene Person nicht anders abwendbaren Leidenszustand mit sich bringen[4]
Der Weg zur Sterbeverfügung: Ablauf und Prozess
Der Prozess zur Errichtung einer wirksamen Sterbeverfügung ist klar geregelt und besteht aus mehreren Schritten:
- Ärztliche Aufklärung: Zwei Ärzt:innen müssen unabhängig voneinander die sterbewillige Person über ihren Gesundheitszustand und mögliche Alternativen aufklären
- Wartezeit: Nach der ersten ärztlichen Aufklärung muss eine Wartezeit von zwölf Wochen eingehalten werden
- Errichtung der Sterbeverfügung: Nach Ablauf der Wartezeit kann die Sterbeverfügung bei einer dokumentierenden Stelle errichtet werden
- Dokumentation: Die Sterbeverfügung wird im Sterbeverfügungsregister dokumentiert[4]
Besonderheit bei terminalen Erkrankungen: Befindet sich die sterbewillige Person in einer terminalen Phase und wird die Krankheit nach medizinischem Ermessen voraussichtlich innerhalb von sechs Monaten zum Tod führen, verkürzt sich die Wartezeit auf zwei Wochen[4].
Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland
In Deutschland gibt es bislang (Stand 2025) kein mit der österreichischen Sterbeverfügung vergleichbares Rechtsinstrument. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für verfassungswidrig erklärt.
Die rechtliche Situation in Deutschland gestaltet sich wie folgt:
- Aktive Sterbehilfe (Tötung auf Verlangen): In Deutschland verboten und strafbar nach § 216 StGB[6][8]
- Passive Sterbehilfe (Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen): Erlaubt, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht[6][8]
- Beihilfe zum Suizid: Grundsätzlich nicht strafbar, aber es wird aktuell über neue gesetzliche Regelungen diskutiert[2][7]
Was bedeutet das für Sie konkret?
Für Menschen in Deutschland, die sich mit dem Thema Sterbehilfe beschäftigen:
- Die Patient:innenverfügung bleibt ein zentrales Instrument, um Ihren Willen bezüglich medizinischer Behandlungen am Lebensende festzuhalten
- Die passive Sterbehilfe (Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen) ist legal, wenn sie Ihrem dokumentierten Willen entspricht
- Ein der österreichischen Sterbeverfügung vergleichbares Instrument gibt es in Deutschland derzeit nicht
- Die Beihilfe zum Suizid ist in Deutschland rechtlich nicht strafbar, aber es fehlt an klaren gesetzlichen Regelungen[6][7]
Ethische und praktische Überlegungen
Die Entscheidung über das eigene Lebensende gehört zu den schwersten, die ein Mensch treffen kann. Wenn Sie sich mit diesem Thema beschäftigen, sollten Sie Folgendes bedenken:
- Medizinische Alternativen prüfen: Moderne Palliativmedizin und Hospizversorgung können viele Ängste vor Schmerzen und Würdeverlust lindern
- Psychologische Beratung in Anspruch nehmen: Eine fundierte psychologische Beratung kann helfen, alle Aspekte einer solchen Entscheidung abzuwägen
- Rechtliche Beratung einholen: Lassen Sie sich von Fachpersonen zum aktuellen Rechtsstand beraten, da sich die Gesetzgebung in diesem Bereich entwickeln kann
- Angehörige einbeziehen: Auch wenn die Entscheidung letztlich bei Ihnen liegt, kann ein offenes Gespräch mit nahestehenden Personen hilfreich sein
Wichtige Anlaufstellen für Betroffene
Wenn Sie sich mit dem Thema Lebensende auseinandersetzen, gibt es verschiedene Beratungsstellen, die Ihnen zur Seite stehen können:
- Hospizvereine und Palliativnetzwerke
- Psychosoziale Beratungsstellen
- Ethikberatung in Krankenhäusern
- Patient:innenanwaltschaften/Patient:innenberatungen
- Spezialisierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Medizinrecht
Bitte beachten Sie: Die rechtliche Situation zur Sterbehilfe und zu Sterbeverfügungen kann sich ändern. Dieser Artikel spiegelt den Stand zum April 2025 wider. Für aktuelle Informationen wenden Sie sich an qualifizierte Beratungsstellen oder Rechtsexpert:innen.
Die Sterbeverfügung stellt ein Instrument dar, das der Selbstbestimmung am Lebensende dienen soll. Sie ist eingebettet in ein System, das sowohl den Schutz des Lebens als auch die Achtung der Autonomie des Einzelnen gewährleisten möchte. Die Entscheidung über das eigene Lebensende bleibt eine höchstpersönliche Angelegenheit, die gut informiert und mit angemessener Unterstützung getroffen werden sollte.