Was ist Seelsorge?

Zusammenfassung

Seelsorge ist eine persönliche und vertrauliche Begleitung für Menschen in Krisen oder schwierigen Lebenssituationen, bei der Sorgen, Ängste und Lebensfragen in einem geschützten Raum besprochen werden können. Sie wird von ausgebildeten Seelsorger:innen oder Ehrenamtlichen angeboten, ist kostenfrei und steht allen Menschen unabhängig von Religion oder Weltanschauung offen. Ziel ist es, emotionalen Beistand zu leisten, Orientierung zu geben und gemeinsam nach Kraftquellen und Perspektiven zu suchen.

Seelsorge ist eine per­sön­liche Form der Be­glei­tung und Un­ter­stüt­zung für Men­schen in al­len Le­bens­la­gen, be­son­ders in schwie­ri­gen Si­tu­a­ti­onen oder Kri­sen. Der Begriff setzt sich aus den Worten “Seele” und “Sorge” zu­sam­men und be­zeich­net die per­sön­li­che geist­li­che Be­glei­tung eines Men­schen. Meist han­delt es sich um ein Ge­spräch unter vier Au­gen, in dem Men­schen ihre Sor­gen und Nöte vor­tra­gen können und Le­bens- oder Glau­bens­hil­fe er­fah­ren.

Ein Therapeut und Klient im Gespräch in einem warm beleuchteten Raum, der Vertrauen und Empathie ausstrahlt.

Grundprinzipien der Seelsorge

Seelsorge bedeutet in erster Linie Dasein - mit und für einen Menschen, besonders dann, wenn dieser eine schwere Zeit durchlebt. Es bedeutet auch Aushalten - den Schmerz, die Trauer oder das, was schwer ist, mitzutragen, damit niemand damit allein sein muss.

Die Basis jeder Seelsorge bilden wichtige Prinzipien:

Vertraulichkeit: Seelsorger:innen unterliegen der Schweigepflicht oder dem noch strengeren Beichtgeheimnis. Selbst vor Gericht haben sie ein Aussageverweigerungsrecht.

Offenheit für alle Menschen: Jeder Mensch kann Seelsorge in Anspruch nehmen, unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit.

Kostenfreies Angebot: Seelsorge wird grundsätzlich kostenfrei angeboten.

Freiwilligkeit: Seelsorge geschieht auf freiwilliger Basis und verfolgt keine eigenen Interessen.

Respektvolle Begegnung: Die Seelsorge begegnet den Menschen auf Augenhöhe - in Sprache, Ausdruck, Inhalt und im Miteinander.

Wann kann Seelsorge helfen?

In Krisensituationen

Jeder Mensch kann einmal in eine seelische Krise geraten. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

  • Eine schwere Erkrankung
  • Die Pflege eines Familienmitglieds
  • Der Tod eines geliebten Menschen
  • Trennung und Scheidung
  • Verlust des Arbeitsplatzes
  • Suchtprobleme
  • Überlastung durch schwierige Situationen in der Familie oder bei der Arbeit

Menschen in Krisen fühlen sich oft verzweifelt, niedergeschlagen oder allein. Sie haben das Gefühl, keinen Ausweg aus ihrer Situation zu finden. In solchen Momenten kann Seelsorge einen Raum bieten, um diese Gefühle auszudrücken und gemeinsam nach Wegen zu suchen, mit der Krise umzugehen.

Bei Lebensfragen und Sinnsuche

Nicht nur in akuten Krisen, sondern auch bei grundlegenden Lebensfragen kann Seelsorge unterstützen:

  • Wer bin ich?
  • Was ist der Sinn meines Lebens?
  • Wie geht es weiter nach einer einschneidenden Veränderung?
  • Was gibt mir Halt und Orientierung?

Seelsorge kann helfen, solche Fragen zu reflektieren und nach persönlichen Antworten zu suchen.

Formen der Seelsorge

Gemeinde­seelsorge

In den Kirchengemeinden stehen Pfarrer:innen und ausgebildete Ehrenamtliche für Seelsorgegespräche zur Verfügung. Sie bieten Raum für persönliche Anliegen und Lebensfragen.

Spezial­seelsorge

Darüber hinaus gibt es Seelsorge in bestimmten Einrichtungen und für spezielle Lebens­situ­a­tionen:

Krankenhaus­seelsorge: Für Patient:innen, Angehörige und Mitarbeitende in Krankenhäusern

Altenheim­seelsorge: Für Bewohner:innen von Pflegeeinrichtungen

Gefängnis­seelsorge: Für Inhaftierte

Notfall­seelsorge: Für Menschen, die von plötzlichen Notfällen betroffen sind

Militär­seelsorge: Für Soldat:innen und ihre Angehörigen

Telefon­seelsorge und Online-Beratung

Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr kostenfrei unter den Rufnummern 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 erreichbar. Sie bietet auch Chat- und E-Mail-Beratung an[10].

Es gibt auch Apps wie den “KrisenKompass”, die in akuten Krisensituationen Hilfe zur Selbsthilfe bieten können[12].

Wer bietet Seelsorge an?

Hauptamtliche Seelsorger:innen

In den christlichen Kirchen sind die hauptamtlichen Seelsorger:innen vor allem Bischöfe und Pfarrer:innen. Sie haben eine theologische Ausbildung absolviert und wurden für diesen Dienst ordiniert oder geweiht[5].

Ausgebildete Ehrenamtliche

Viele Kirchen bilden auch Ehrenamtliche in der Seelsorge aus. Sie unterliegen ebenfalls der seelsorglichen Schweigepflicht und werden für diesen Dienst beauftragt und darin begleitet[1].

Spezialisierte Seelsorger:innen

Für bestimmte Bereiche der Seelsorge gibt es speziell ausgebildete Fachkräfte, wie Krankenhaus­seelsorger:innen oder Notfall­seelsorger:innen, die neben ihrer theologischen Ausbildung zusätzliche Qualifikationen erworben haben.

Wie läuft ein Seelsorgegespräch ab?

Ein Seelsorgegespräch ist kein starres Format, sondern richtet sich nach den Bedürfnissen der Menschen. Dennoch gibt es einige typische Merkmale:

Offener und geschützter Raum

Seelsorge bietet einen geschützten Raum, in dem alles angesprochen werden kann, was einen Menschen bewegt. Es gibt keine Tabuthemen. Durch die Schweigepflicht der Seelsorger:innen bleibt alles, was besprochen wird, vertraulich.

Zuhören und Verstehen

Ein wichtiger Teil der Seelsorge ist das aktive Zuhören. Seelsorger:innen versuchen, die Situation und die Gefühle des Gegenübers zu verstehen, ohne vorschnell zu urteilen oder Ratschläge zu erteilen.

Gemeinsame Suche nach Ressourcen

Im Seelsorgegespräch kann gemeinsam nach Kraftquellen gesucht werden, die in der aktuellen Situation helfen können. Dabei können auch spirituelle Ressourcen, wie Glaube, Gebet oder Segen, eine Rolle spielen - aber nur, wenn dies vom Ratsuchenden gewünscht wird.

Seelsorge für verschiedene Zielgruppen

Seelsorge für Patient:innen

Menschen, die mit Krankheit oder einer Lebenskrise konfrontiert sind, erleben ihre Situation oft als Ausnahmezustand. Sie fragen sich vielleicht, wie ihr Leben weitergehen wird, haben Ängste oder müssen mit veränderten Lebens­perspektiven umgehen[4].

Die Seelsorge bietet da, wo Medizin, Pflege, Therapie und Betreuung vielleicht nicht alle Facetten erfassen können, ihre Unterstützung an. Sie stärkt in Krisen, sucht gemeinsam mit den Betroffenen nach Antworten auf ihre Fragen und kann im Glauben Ermutigung geben[4].

Seelsorge für Angehörige

Auch Angehörige von Menschen in Krisen­situ­a­tionen, wie z.B. pflegende Angehörige oder Familien­mitglieder von schwer erkrankten Personen, können Seelsorge in Anspruch nehmen. Sie finden hier Raum, um über ihre eigenen Sorgen, Ängste und Belastungen zu sprechen[4][8].

Seelsorge für Pflegekräfte

Auch für Pflegekräfte und andere Berufsgruppen, die täglich mit schweren Schicksalen konfrontiert sind, kann Seelsorge eine wichtige Unterstützung sein, um mit den eigenen Belastungen umzugehen[4][7].

Wie finde ich Seelsorge?

In Ihrer Gemeinde

Wenden Sie sich an die Pfarrerin oder den Pfarrer Ihrer Kirchengemeinde. Die Kontaktdaten finden Sie meist auf der Webseite der Gemeinde oder im Gemeindebüro.

In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen

In den meisten Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gibt es Seelsorger:innen, die für Patient:innen, Bewohner:innen und Angehörige da sind. Fragen Sie beim Pflegepersonal oder an der Rezeption nach.

Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr kostenfrei unter den Rufnummern 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 erreichbar[10].

Online-Beratung

Auf den Webseiten vieler kirchlicher Träger finden Sie Angebote zur Online-Beratung, wo Sie sich anonym und kostenfrei beraten lassen können[8].

Psychologische Beratungsstellen

Die evangelische und katholische Kirche sowie die Diakonie und Caritas unterhalten zahlreiche psychologische Beratungsstellen, die auch seelsorgliche Begleitung anbieten. Hier können Sie sich bei Lebenskrisen unterstützen lassen[6].

Seelsorge und psychologische Beratung: Die Unterschiede

Seelsorge und psychologische Beratung haben Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich aber auch:

Seelsorge:

  • Basiert auf einem christlichen Menschenbild
  • Kann auf Wunsch spirituelle und religiöse Elemente einbeziehen
  • Ist nicht auf ein bestimmtes Problem oder eine bestimmte Zeitspanne begrenzt
  • Wird von theologisch ausgebildeten Personen oder speziell geschulten Ehrenamtlichen angeboten

Psychologische Beratung:

  • Basiert auf psychologischen Erkenntnissen und Methoden
  • Fokussiert meist auf konkrete Problemstellungen
  • Wird oft in einem bestimmten zeitlichen Rahmen angeboten
  • Wird von psychologisch ausgebildeten Fachkräften durchgeführt

Beide Ansätze können sich gut ergänzen und bieten je nach Situation und Bedürfnis des Einzelnen wertvolle Unterstützung.

Phasen einer Krise und wie Seelsorge helfen kann

Krisen verlaufen typischerweise in Phasen. In jeder Phase kann Seelsorge unterschiedlich unterstützen[16]:

1. Schockphase

In der ersten Phase einer Krise fühlen sich Menschen oft wie gelähmt, verdrängen oder verleugnen die Realität. Seelsorge kann hier durch einfaches Dasein und Aushalten der Situation helfen.

2. Reaktionsphase

Hier beginnen Gefühle wie Angst, Hilflosigkeit und Kontrollverlust. In dieser Phase bietet Seelsorge emotionale Entlastung durch Zuhören und Verständnis.

3. Bearbeitungsphase

In dieser Phase beginnt der Ausweg aus der Krise. Gefühle beruhigen sich, und es entsteht eine erste Hoffnung auf Besserung. Seelsorge kann bei der Reflexion und Einordnung des Erlebten helfen.

4. Neuorientierungsphase

In der letzten Phase wird die Zukunft neu entworfen. Seelsorge kann bei der Suche nach neuen Perspektiven und Sinn unterstützen.

Fazit: Seelsorge als Begleitung durch Lebenskrisen

Seelsorge ist ein kostenfreies und vertrauliches Angebot für Menschen in allen Lebenslagen, besonders aber in Krisen und schwierigen Übergangszeiten. Sie bietet Raum, um über Sorgen und Nöte zu sprechen, gemeinsam nach Sinn und Orientierung zu suchen und in schweren Zeiten Begleitung zu erfahren.

Nach dem Verständnis vieler Seelsorger:innen ist Seelsorge Lebensbegleitung und geschieht im Miteinander des Lebens. Dazu gehört das Teilen von Freude und Leid, die respekt- und würdevolle Begegnung auf Augenhöhe und die aktive Zuwendung für die Menschen in ihrer Vielfalt[9].

Auch wenn Seelsorge auf einem christlichen Menschenbild basiert, steht sie allen Menschen offen - unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung. Sie respektiert die Würde jedes Menschen und begegnet ihm auf Augenhöhe.

In einer Zeit, in der viele Menschen unter Stress, Einsamkeit und Sinnkrisen leiden, kann Seelsorge eine wertvolle Ressource sein, um Krisen zu bewältigen, neue Perspektiven zu entwickeln und Kraft für den Alltag zu finden.