Was ist Schmerztherapie?

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Zusammenfassung

Die Schmerztherapie umfasst alle Maßnahmen zur Linderung oder Beseitigung von akuten und chronischen Schmerzen. Sie kombiniert medikamentöse, physikalische, psychologische und interventionelle Ansätze, oft im Rahmen einer individuellen und interdisziplinären Behandlung. Ziel ist es, die Lebensqualität zu verbessern und die Funktionsfähigkeit im Alltag wiederherzustellen.

Synonyme: Schmerzbehandlung, Schmerzmanagement

Die Schmerztherapie fasst alle Behandlungsmaßnahmen zusammen, die auf die Linderung oder Beseitigung von Schmerzen abzielen. Sie ist ein wesentlicher Bereich der Medizin, der Menschen mit akuten oder chronischen Schmerzen hilft, ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre Funktionsfähigkeit im Alltag wiederherzustellen. In Deutschland leiden etwa 13,5 Millionen Menschen an länger andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen[2]. Die Schmerztherapie kann dabei sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Verfahren sowie psychologische Ansätze miteinander verbinden.

Schmerzarten verstehen

Um die verschiedenen Ansätze der Schmerztherapie nachvollziehen zu können, ist es hilfreich, die grundlegenden Schmerzarten zu kennen.

Akuter Schmerz

Akuter Schmerz ist ein Warnsignal Ihres Körpers. Er zeigt an, dass etwas nicht in Ordnung ist und schützt Sie vor Gefahren[12]. Typischerweise hat akuter Schmerz:

  • einen konkreten Auslöser (z.B. Verletzung, Operation)
  • eine begrenzte Dauer (Stunden bis Tage)
  • eine sinnvolle Schutzfunktion

Beispiele für akuten Schmerz sind Schmerzen nach einer Operation, bei Verbrennungen oder nach einem Unfall. Wird die Ursache behandelt, klingt der Schmerz in der Regel wieder ab.

Wichtig: Bei plötzlich auftretenden starken Schmerzen, besonders im Brust­bereich oder Kopf, sollten Sie umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen oder den Notruf wählen[12].

Chronischer Schmerz

Von chronischem Schmerz sprechen Mediziner:innen, wenn der Schmerz länger als drei Monate anhält oder immer wiederkehrt[3]. Chronische Schmerzen:

  • können sich zu einer eigenständigen Krankheit entwickeln
  • belasten Betroffene körperlich und seelisch
  • beeinträchtigen das Arbeits- und Privatleben erheblich
  • führen oft zu sozialer Isolation

Chronische Schmerzen beeinflussen nicht nur Ihr eigenes Leben, sondern auch das Leben Ihres gesamten Umfelds[2]. Sie erfordern in der Regel einen umfassenderen therapeutischen Ansatz.

Ansätze der Schmerztherapie

Die moderne Schmerztherapie berücksichtigt, dass Schmerz ein komplexes Geschehen ist und nicht einfach linear aus einer definierten Ursache folgt. Er wird durch vielfältige äußere und innere Einflüsse beeinflusst[9].

WHO-Stufenschema

Ein bewährter Leitfaden für die medikamentöse Schmerztherapie ist das WHO-Stufenschema, das vier Stufen der Schmerzbehandlung umfasst[10]:

Stufe Medikamente
Stufe 1 Nicht-opioide Schmerzmittel (z.B. Metamizol, Paracetamol, NSAR)
Stufe 2 Schwache Opioide, ggf. in Kombination mit nicht-opioiden Schmerzmitteln (z.B. Tramadol, Tilidin)
Stufe 3 Starke Opioide, ggf. in Kombination mit nicht-opioiden Schmerzmitteln (z.B. Morphin, Methadon)
Stufe 4 Invasive Techniken (z.B. rückenmarksnahe Schmerzmittelgabe, Lokalanästhesien)

Auf jeder Stufe können ergänzend Physiotherapie und andere unterstützende Maßnahmen eingesetzt werden[10].

Multimodale Schmerztherapie

Besonders bei chronischen Schmerzen kommt die multimodale Schmerztherapie zum Einsatz. Dieser Ansatz:

  • kombiniert verschiedene Behandlungsverfahren
  • bezieht mehrere Fachrichtungen ein
  • berücksichtigt körperliche und psychische Faktoren
  • passt die Therapie individuell an Ihre Bedürfnisse an

Die multimodale Schmerztherapie ist als evidenz­basiertes Verfahren anerkannt und wird zunehmend in verschiedenen medizinischen Bereichen eingesetzt[7].

Wer bietet Schmerztherapie an?

Ärzt:innen mit Zusatzbezeichnung “Spezielle Schmerztherapie”

In Deutschland gibt es Ärzt:innen, die sich auf die Behandlung von Schmerzen spezialisiert haben. Sie tragen die Zusatzbezeichnung “Spezielle Schmerztherapie”[10]. Diese Ärzt:innen:

  • haben eine spezielle Ausbildung im Bereich Schmerzmedizin absolviert
  • nehmen regelmäßig an Fachfortbildungen teil
  • arbeiten nach wissenschaftlichen Leitlinien
  • verfügen über fundierte Kenntnisse verschiedener Schmerzbehandlungsverfahren

Schmerzzentren und Schmerzambulanzen

Für komplexere Fälle, besonders bei chronischen Schmerzen, gibt es spezialisierte Schmerzzentren und Schmerzambulanzen. Dort arbeiten verschiedene Fachärzt:innen und Therapeut:innen gemeinsam an Ihrer Schmerzbehandlung[6].

In Deutschland stehen etwa 3-4 Millionen Patient:innen mit chronischen Schmerzen nur etwas mehr als 1200 ambulante Schmerztherapeut:innen gegenüber[6]. Dies führt leider oft zu langen Wartezeiten.

Ein interdisziplinäres Team in einem Schmerzzentrum kann bestehen aus[6]:

  • Fachärzt:innen für Allgemeinmedizin
  • Anästhesiolog:innen
  • Internist:innen
  • Orthopäd:innen
  • Neurochirurg:innen
  • Neurolog:innen
  • Psycholog:innen
  • Physiotherapeut:innen

Ablauf einer Schmerzbehandlung

Diagnostik

Am Anfang jeder Schmerztherapie steht eine gründliche Diagnostik. Dabei werden:

  • Ihre Schmerzgeschichte erfasst
  • körperliche Untersuchungen durchgeführt
  • bei Bedarf bildgebende Verfahren eingesetzt
  • psychosoziale Faktoren berücksichtigt

Besonders wichtig: Da Schmerz subjektiv ist, spielen Ihre eigenen Angaben zur Schmerzintensität und -qualität eine zentrale Rolle[11].

Therapieplanung

Basierend auf der Diagnostik wird ein individueller Therapieplan erstellt, der verschiedene Behandlungs­ansätze kombinieren kann:

  • Medikamentöse Therapie
  • Physikalische Therapie und Bewegung
  • Psychologische Verfahren
  • Entspannungstechniken
  • Interventionelle Verfahren (z.B. Nervenblockaden)

Behandlungsschwerpunkte

Je nach Art Ihrer Schmerzen kann die Therapie unterschiedliche Schwerpunkte haben. Viele Schmerzzentren behandeln[6]:

  • Rückenschmerzen
  • Chronische Kopfschmerzen und Migräne
  • Nervenschmerzen
  • Schmerzen nach Unfällen
  • Ganzkörperschmerzen (z.B. Fibromyalgie)
  • Schmerzen bei degenerativen Erkrankungen
  • Schmerzen im Zusammenhang mit seelischen Erkrankungen

Praktische Tipps für Betroffene und Angehörige

Vorbereitung auf den Termin bei Schmerzexpert:innen

Um den ersten Termin optimal zu nutzen, können Sie:

  • Ein Schmerztagebuch führen (Wann treten Schmerzen auf? Was lindert sie? Was verstärkt sie?)
  • Frühere Behandlungen und deren Wirksamkeit dokumentieren
  • Alle Medikamente notieren, die Sie einnehmen
  • Berichte früherer Untersuchungen mitbringen

Schmerz­dokumentation im Alltag

Eine regelmäßige Dokumentation Ihrer Schmerzen kann hilfreich sein:

  • Nutzen Sie eine Schmerzskala (z.B. von 0-10)
  • Notieren Sie Begleitsymptome
  • Halten Sie Zusammenhänge mit Aktivitäten oder Stressfaktoren fest
  • Dokumentieren Sie die Wirkung von Medikamenten

Tipps für Angehörige

Als Angehörige:r können Sie eine wichtige Unterstützung sein:

  • Nehmen Sie die Schmerzen ernst - auch wenn sie nicht sichtbar sind
  • Helfen Sie bei der Organisation von Terminen
  • Unterstützen Sie bei der Umsetzung von Therapiemaßnahmen
  • Achten Sie auch auf Ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen

Fazit

Die Schmerztherapie ist ein vielschichtiger Bereich der Medizin, der verschiedene Ansätze und Fachrichtungen verbindet. Besonders bei chronischen Schmerzen ist ein interdisziplinärer Ansatz wichtig, der körperliche, psychische und soziale Aspekte berücksichtigt.

Moderne Schmerztherapie bedeutet, dass Sie als Patient:in mit Ihren individuellen Beschwerden und Bedürfnissen im Mittelpunkt stehen. Die Behandlung wird an Ihre persönliche Situation angepasst, um Ihnen zu helfen, trotz Schmerzen eine bestmögliche Lebensqualität zu erreichen.

Je früher eine fachgerechte Schmerztherapie beginnt, desto größer sind die Chancen, eine Chronifizierung zu verhindern oder bestehende chronische Schmerzen wirksam zu behandeln[6].