Was ist Schenkungsteuer?

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Zusammenfassung

Die Schenkungsteuer ist eine Abgabe auf unentgeltliche Vermögensübertragungen zu Lebzeiten, die fällig wird, wenn der Wert der Schenkung den jeweiligen Freibetrag übersteigt. Die Höhe der Steuer hängt vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen schenkender und beschenkter Person sowie vom Wert der Schenkung ab. Durch clevere Strategien wie die 10-Jahres-Regel oder den Nießbrauchsvorbehalt können Sie die Steuerlast deutlich reduzieren.

Wenn Sie größere Vermögenswerte zu Lebzeiten an andere Personen weitergeben möchten, kommt unter Umständen die Schenkungsteuer ins Spiel. Viele Menschen entscheiden sich bewusst, ihre Vermögensnachfolge bereits vor ihrem Tod zu regeln. Dabei ist es wichtig, die steuerlichen Folgen zu kennen, um unnötige Kosten zu vermeiden.

Was genau ist die Schenkungsteuer?

Die Schenkungsteuer ist eine Abgabe auf unentgeltliche Zuwendungen von Vermögenswerten. Sie wird fällig, wenn eine Person (Schenker:in) einer anderen Person (Beschenkte:r) etwas von Wert überlässt, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erhalten[1]. Die rechtliche Grundlage bildet das Erbschaft­steuer- und Schenkung­steuergesetz (ErbStG)[4].

Wichtig zu wissen: Die Schenkungsteuer und die Erbschaftsteuer sind eng miteinander verwandt und werden im selben Gesetz geregelt. Der Hauptunterschied liegt im Zeitpunkt der Vermögensübertragung:

  • Schenkung: Übertragung zu Lebzeiten des Schenkenden
  • Erbschaft: Übertragung nach dem Tod des Erblassenden

Der Gesetzgeber hat die Schenkungsteuer eingeführt, um zu verhindern, dass die Erbschaftsteuer durch vorzeitige Vermögensübertragungen umgangen wird[4].

Wer muss Schenkungsteuer zahlen?

Grundsätzlich gilt: Steuerpflichtig ist die Person, die beschenkt wird - nicht die schenkende Person[5]. Allerdings gibt es zu dieser Regel eine wichtige Ausnahme: Die schenkende Person kann ausdrücklich vereinbaren, dass sie selbst die anfallende Steuer übernimmt[1].

Die Steuerpflicht entsteht erst, wenn der Wert der Schenkung den jeweils geltenden Frei­betrag übersteigt. Nur der darüber liegende Betrag muss versteuert werden[6].

Die drei Steuer­klassen und ihre Frei­beträge

Wie hoch die Steuer ausfällt, hängt vor allem vom Verwandt­schafts­verhältnis zwischen schenkender und beschenkter Person ab. Das Gesetz teilt die Beschenkten in drei Steuerklassen ein:

Steuer­klasse I (engste Verwandte):

  • Ehe­partner:innen und eingetragene Lebenspartner:innen: 500.000 Euro
  • Kinder, Stief­kinder und Adoptiv­kinder: 400.000 Euro
  • Enkel­kinder, deren Eltern verstorben sind: 400.000 Euro
  • Enkel­kinder, deren Eltern noch leben: 200.000 Euro
  • Urenkel­kinder: 100.000 Euro[8]

Steuer­klasse II (nahe Verwandte):

  • Eltern und Groß­eltern
  • Geschwister
  • Nichten und Neffen
  • Stief­eltern
  • Schwieger­kinder und Schwieger­eltern
  • Geschiedene Ehe­partner:innen
    Für alle Personen in dieser Steuer­klasse gilt ein Frei­betrag von 20.000 Euro[1][8]

Steuer­klasse III (entfernte Verwandte und Nicht-Verwandte):

  • Alle sonstigen Personen
    Auch hier gilt ein Frei­betrag von 20.000 Euro[1][8]

Die Steuer­sätze: Wie viel müssen Sie zahlen?

Für den Betrag, der über dem Frei­betrag liegt, werden folgende Steuer­sätze fällig:

Wert der steuerpflichtigen Schenkung Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
bis 75.000 € 7 % 15 % 30 %
bis 300.000 € 11 % 20 % 30 %
bis 600.000 € 15 % 25 % 30 %
bis 6 Mio. € 19 % 30 % 30 %
bis 13 Mio. € 23 % 35 % 50 %
bis 26 Mio. € 27 % 40 % 50 %
über 26 Mio. € 30 % 43 % 50 %

Sie sehen: Je weiter entfernt die verwandt­schaftliche Beziehung, desto höher fällt der Steuersatz aus.

Die Berechnung der Schenkungsteuer - ein Beispiel

Um die Berechnung zu veranschaulichen, hier ein einfaches Beispiel:

Eine Tante schenkt ihrem Neffen 80.000 Euro. Als Neffe gehört er zur Steuer­klasse II mit einem Frei­betrag von 20.000 Euro.

  1. Zuerst wird der steuer­pflichtige Betrag ermittelt:
    80.000 € - 20.000 € = 60.000 €

  2. Dann wird der passende Steuersatz angewendet:
    In Steuer­klasse II beträgt der Steuersatz 15% für Beträge bis 75.000 €
    60.000 € × 15% = 9.000 €

Der Neffe muss also 9.000 Euro Schenkungsteuer zahlen[1].

Wichtig: Ist die Tante hingegen nur angeheiratet (also keine Bluts­verwandte), fällt der Neffe in die Steuer­klasse III. Dann würde der Steuersatz 30% betragen und die Steuer­last bei 18.000 Euro liegen - also doppelt so hoch[1].

Die 10-Jahres-Regel: Clever schenken und Steuern sparen

Eine der wichtigsten Strategien zur Steuer­optimierung ist die sogenannte 10-Jahres-Regel. Diese besagt: Sie können die Frei­beträge alle zehn Jahre erneut ausschöpfen[1][5].

Beispiel: Ein Vater möchte seiner Tochter 700.000 Euro zukommen lassen. Wenn er ihr die gesamte Summe auf einmal schenkt, müsste sie für 300.000 Euro (700.000 € - 400.000 € Frei­betrag) Schenkungsteuer zahlen - ca. 33.000 Euro.

Cleverer wäre folgende Lösung:

  1. Er schenkt ihr zunächst 400.000 Euro (= Frei­betrag) → keine Steuer fällig
  2. Nach zehn Jahren und einem Tag schenkt er die restlichen 300.000 Euro (wieder unter dem Frei­betrag) → wieder keine Steuer fällig

Auf diese Weise könnte die gesamte Summe von 700.000 Euro steuer­frei übertragen werden[1].

Achtung: Stirbt der Vater innerhalb der Zehn­jahres­frist nach der ersten Schenkung, werden beide Vermögens­übertragungen zusammen­gerechnet und als Teil der Erbmasse betrachtet. Der steuerliche Vorteil geht dann verloren[1].

Weitere legale Methoden zur Steuer­optimierung

1. Die Ketten­schenkung

Bei der Ketten­schenkung wird das Vermögen über eine Zwischen­person mit höherem Frei­betrag übertragen.

Beispiel: Sie möchten Ihrem Schwieger­sohn eine größere Summe schenken. Statt direkt zu schenken (Frei­betrag nur 20.000 €), schenken Sie zunächst Ihrer Tochter (Frei­betrag 400.000 €). Diese schenkt dann dem Ehe­partner (Frei­betrag 500.000 €)[2].

Wichtig: Die Zwischen­person (hier: die Tochter) muss frei über das Geschenk verfügen können und darf nicht zur sofortigen Weiter­leitung verpflichtet sein. Ansonsten spricht das Finanz­amt von einem Gestaltungs­missbrauch und besteuert, als ob Sie direkt geschenkt hätten[2].

2. Die Schenkungsteuer selbst schenken

Eine weitere Möglichkeit ist, dass Sie als schenkende Person auch die anfallende Schenkungsteuer übernehmen. Dies kann in bestimmten Fällen vorteilhaft sein, da die übernommene Steuer als zusätzliche Schenkung gilt[1].

Beispiel: Christine möchte ihrer Cousine Hella 400.000 Euro schenken. Bei direkter Schenkung würde Hella nach Abzug der Steuer nur 286.000 Euro behalten. Wenn Christine stattdessen rund 293.400 Euro schenkt und zusätzlich die darauf anfallende Steuer übernimmt, bleibt Hella mehr vom Geschenk[1].

3. Sonder­regelungen für Immobilien

Für Immobilien­schenkungen gelten besondere Regelungen:

  • Selbst­genutzte Immobilien: Wenn Sie Ihrem Ehe­partner oder Ihren Kindern eine Immobilie schenken, in der diese selbst wohnen, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen komplett steuer­frei sein[7].

  • Nieß­brauchs­vorbehalt: Sie können eine Immobilie verschenken, sich aber das lebens­lange Wohn­recht oder die Miet­einnahmen vorbehalten. Dies verringert den steuer­lichen Wert der Schenkung[3][7].

Melde­pflicht und Formales: Das müssen Sie beachten

Melde­pflicht beim Finanz­amt

Schenkungen, deren Wert den jeweiligen Frei­betrag übersteigt, müssen innerhalb von drei Monaten dem zuständigen Finanz­amt gemeldet werden[5]. Dies geschieht durch Einreichung einer Schenkung­steuer­erklärung.

Bei notariell beurkundeten Schenkungen (z.B. bei Immobilien) erfolgt die Meldung automatisch durch den Notar[5].

Die Schenkung­steuer­erklärung

Für die Erklärung benötigen Sie folgende Unterlagen:

  • Persönliche Daten von schenkender und beschenkter Person
  • Steuer­identifikations­nummern beider Personen
  • Verwandt­schafts­verhältnis
  • Genaue Beschreibung und Wert des geschenkten Vermögens
  • Angaben zu früheren Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre
  • Information, wer die Steuer tragen soll[3]

Besondere Fälle und Ausnahmen

Gelegen­heits­geschenke sind steuer­frei

Nicht jedes Geschenk löst Schenkungsteuer aus. Gelegen­heits­geschenke zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen, Hochzeiten oder Studien­abschlüssen bleiben in der Regel steuer­frei[2].

Schenkungen zwischen Ehe­partnern

Ehe­partner:innen und eingetragene Lebens­partner:innen können sich gegenseitig bis zu 500.000 Euro steuer­frei schenken. Zudem können sie durch die sogenannte Güter­stands­schaukel - einen Wechsel des ehe­lichen Güter­standes - unter bestimmten Umständen weitere Steuer­vorteile erzielen[1].

Fazit: Rechtzeitige Planung lohnt sich

Die recht­zeitige und wohlüberlegte Planung von Schenkungen kann erhebliche Steuer­vorteile bringen. Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

  • Frei­beträge kennen und ausschöpfen
  • Die 10-Jahres-Regel nutzen für gestaffelte Schenkungen
  • Bei größeren Vermögen früh­zeitig beginnen mit der Übertragung
  • Bei komplexen Vermögens­verhältnissen steuer­liche Beratung in Anspruch nehmen

Wenn Sie diese Grund­prinzipien beachten, können Sie Ihr Vermögen meist deutlich steuer­günstiger an Ihre Lieben weitergeben als durch eine einmalige Übertragung im Erbfall.

Bedenken Sie jedoch: Jede Schenkung bedeutet auch einen unwider­ruflichen Vermögens­verzicht. Überlegen Sie daher gut, welche Vermögens­werte Sie zu welchem Zeitpunkt übertragen möchten und ob Sie sich gegebenenfalls bestimmte Rechte (wie einen Nieß­brauch) vorbehalten sollten.