Was ist Schenkungsteuer?
Die Schenkungsteuer ist eine Abgabe auf unentgeltliche Vermögensübertragungen zu Lebzeiten, die fällig wird, wenn der Wert der Schenkung den jeweiligen Freibetrag übersteigt. Die Höhe der Steuer hängt vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen schenkender und beschenkter Person sowie vom Wert der Schenkung ab. Durch clevere Strategien wie die 10-Jahres-Regel oder den Nießbrauchsvorbehalt können Sie die Steuerlast deutlich reduzieren.
- Was genau ist die Schenkungsteuer?
- Wer muss Schenkungsteuer zahlen?
- Die drei Steuerklassen und ihre Freibeträge
- Die Steuersätze: Wie viel müssen Sie zahlen?
- Die Berechnung der Schenkungsteuer - ein Beispiel
- Die 10-Jahres-Regel: Clever schenken und Steuern sparen
- Weitere legale Methoden zur Steueroptimierung
- Meldepflicht und Formales: Das müssen Sie beachten
- Besondere Fälle und Ausnahmen
- Fazit: Rechtzeitige Planung lohnt sich
Wenn Sie größere Vermögenswerte zu Lebzeiten an andere Personen weitergeben möchten, kommt unter Umständen die Schenkungsteuer ins Spiel. Viele Menschen entscheiden sich bewusst, ihre Vermögensnachfolge bereits vor ihrem Tod zu regeln. Dabei ist es wichtig, die steuerlichen Folgen zu kennen, um unnötige Kosten zu vermeiden.
Was genau ist die Schenkungsteuer?
Die Schenkungsteuer ist eine Abgabe auf unentgeltliche Zuwendungen von Vermögenswerten. Sie wird fällig, wenn eine Person (Schenker:in) einer anderen Person (Beschenkte:r) etwas von Wert überlässt, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu erhalten[1]. Die rechtliche Grundlage bildet das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG)[4].
Wichtig zu wissen: Die Schenkungsteuer und die Erbschaftsteuer sind eng miteinander verwandt und werden im selben Gesetz geregelt. Der Hauptunterschied liegt im Zeitpunkt der Vermögensübertragung:
- Schenkung: Übertragung zu Lebzeiten des Schenkenden
- Erbschaft: Übertragung nach dem Tod des Erblassenden
Der Gesetzgeber hat die Schenkungsteuer eingeführt, um zu verhindern, dass die Erbschaftsteuer durch vorzeitige Vermögensübertragungen umgangen wird[4].
Wer muss Schenkungsteuer zahlen?
Grundsätzlich gilt: Steuerpflichtig ist die Person, die beschenkt wird - nicht die schenkende Person[5]. Allerdings gibt es zu dieser Regel eine wichtige Ausnahme: Die schenkende Person kann ausdrücklich vereinbaren, dass sie selbst die anfallende Steuer übernimmt[1].
Die Steuerpflicht entsteht erst, wenn der Wert der Schenkung den jeweils geltenden Freibetrag übersteigt. Nur der darüber liegende Betrag muss versteuert werden[6].
Die drei Steuerklassen und ihre Freibeträge
Wie hoch die Steuer ausfällt, hängt vor allem vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen schenkender und beschenkter Person ab. Das Gesetz teilt die Beschenkten in drei Steuerklassen ein:
Steuerklasse I (engste Verwandte):
- Ehepartner:innen und eingetragene Lebenspartner:innen: 500.000 Euro
- Kinder, Stiefkinder und Adoptivkinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder, deren Eltern verstorben sind: 400.000 Euro
- Enkelkinder, deren Eltern noch leben: 200.000 Euro
- Urenkelkinder: 100.000 Euro[8]
Steuerklasse II (nahe Verwandte):
- Eltern und Großeltern
- Geschwister
- Nichten und Neffen
- Stiefeltern
- Schwiegerkinder und Schwiegereltern
- Geschiedene Ehepartner:innen
Für alle Personen in dieser Steuerklasse gilt ein Freibetrag von 20.000 Euro[1][8]
Steuerklasse III (entfernte Verwandte und Nicht-Verwandte):
Die Steuersätze: Wie viel müssen Sie zahlen?
Für den Betrag, der über dem Freibetrag liegt, werden folgende Steuersätze fällig:
Wert der steuerpflichtigen Schenkung | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
---|---|---|---|
bis 75.000 € | 7 % | 15 % | 30 % |
bis 300.000 € | 11 % | 20 % | 30 % |
bis 600.000 € | 15 % | 25 % | 30 % |
bis 6 Mio. € | 19 % | 30 % | 30 % |
bis 13 Mio. € | 23 % | 35 % | 50 % |
bis 26 Mio. € | 27 % | 40 % | 50 % |
über 26 Mio. € | 30 % | 43 % | 50 % |
Sie sehen: Je weiter entfernt die verwandtschaftliche Beziehung, desto höher fällt der Steuersatz aus.
Die Berechnung der Schenkungsteuer - ein Beispiel
Um die Berechnung zu veranschaulichen, hier ein einfaches Beispiel:
Eine Tante schenkt ihrem Neffen 80.000 Euro. Als Neffe gehört er zur Steuerklasse II mit einem Freibetrag von 20.000 Euro.
-
Zuerst wird der steuerpflichtige Betrag ermittelt:
80.000 € - 20.000 € = 60.000 € -
Dann wird der passende Steuersatz angewendet:
In Steuerklasse II beträgt der Steuersatz 15% für Beträge bis 75.000 €
60.000 € × 15% = 9.000 €
Der Neffe muss also 9.000 Euro Schenkungsteuer zahlen[1].
Wichtig: Ist die Tante hingegen nur angeheiratet (also keine Blutsverwandte), fällt der Neffe in die Steuerklasse III. Dann würde der Steuersatz 30% betragen und die Steuerlast bei 18.000 Euro liegen - also doppelt so hoch[1].
Die 10-Jahres-Regel: Clever schenken und Steuern sparen
Eine der wichtigsten Strategien zur Steueroptimierung ist die sogenannte 10-Jahres-Regel. Diese besagt: Sie können die Freibeträge alle zehn Jahre erneut ausschöpfen[1][5].
Beispiel: Ein Vater möchte seiner Tochter 700.000 Euro zukommen lassen. Wenn er ihr die gesamte Summe auf einmal schenkt, müsste sie für 300.000 Euro (700.000 € - 400.000 € Freibetrag) Schenkungsteuer zahlen - ca. 33.000 Euro.
Cleverer wäre folgende Lösung:
- Er schenkt ihr zunächst 400.000 Euro (= Freibetrag) → keine Steuer fällig
- Nach zehn Jahren und einem Tag schenkt er die restlichen 300.000 Euro (wieder unter dem Freibetrag) → wieder keine Steuer fällig
Auf diese Weise könnte die gesamte Summe von 700.000 Euro steuerfrei übertragen werden[1].
Achtung: Stirbt der Vater innerhalb der Zehnjahresfrist nach der ersten Schenkung, werden beide Vermögensübertragungen zusammengerechnet und als Teil der Erbmasse betrachtet. Der steuerliche Vorteil geht dann verloren[1].
Weitere legale Methoden zur Steueroptimierung
1. Die Kettenschenkung
Bei der Kettenschenkung wird das Vermögen über eine Zwischenperson mit höherem Freibetrag übertragen.
Beispiel: Sie möchten Ihrem Schwiegersohn eine größere Summe schenken. Statt direkt zu schenken (Freibetrag nur 20.000 €), schenken Sie zunächst Ihrer Tochter (Freibetrag 400.000 €). Diese schenkt dann dem Ehepartner (Freibetrag 500.000 €)[2].
Wichtig: Die Zwischenperson (hier: die Tochter) muss frei über das Geschenk verfügen können und darf nicht zur sofortigen Weiterleitung verpflichtet sein. Ansonsten spricht das Finanzamt von einem Gestaltungsmissbrauch und besteuert, als ob Sie direkt geschenkt hätten[2].
2. Die Schenkungsteuer selbst schenken
Eine weitere Möglichkeit ist, dass Sie als schenkende Person auch die anfallende Schenkungsteuer übernehmen. Dies kann in bestimmten Fällen vorteilhaft sein, da die übernommene Steuer als zusätzliche Schenkung gilt[1].
Beispiel: Christine möchte ihrer Cousine Hella 400.000 Euro schenken. Bei direkter Schenkung würde Hella nach Abzug der Steuer nur 286.000 Euro behalten. Wenn Christine stattdessen rund 293.400 Euro schenkt und zusätzlich die darauf anfallende Steuer übernimmt, bleibt Hella mehr vom Geschenk[1].
3. Sonderregelungen für Immobilien
Für Immobilienschenkungen gelten besondere Regelungen:
-
Selbstgenutzte Immobilien: Wenn Sie Ihrem Ehepartner oder Ihren Kindern eine Immobilie schenken, in der diese selbst wohnen, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen komplett steuerfrei sein[7].
-
Nießbrauchsvorbehalt: Sie können eine Immobilie verschenken, sich aber das lebenslange Wohnrecht oder die Mieteinnahmen vorbehalten. Dies verringert den steuerlichen Wert der Schenkung[3][7].
Meldepflicht und Formales: Das müssen Sie beachten
Meldepflicht beim Finanzamt
Schenkungen, deren Wert den jeweiligen Freibetrag übersteigt, müssen innerhalb von drei Monaten dem zuständigen Finanzamt gemeldet werden[5]. Dies geschieht durch Einreichung einer Schenkungsteuererklärung.
Bei notariell beurkundeten Schenkungen (z.B. bei Immobilien) erfolgt die Meldung automatisch durch den Notar[5].
Die Schenkungsteuererklärung
Für die Erklärung benötigen Sie folgende Unterlagen:
- Persönliche Daten von schenkender und beschenkter Person
- Steueridentifikationsnummern beider Personen
- Verwandtschaftsverhältnis
- Genaue Beschreibung und Wert des geschenkten Vermögens
- Angaben zu früheren Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre
- Information, wer die Steuer tragen soll[3]
Besondere Fälle und Ausnahmen
Gelegenheitsgeschenke sind steuerfrei
Nicht jedes Geschenk löst Schenkungsteuer aus. Gelegenheitsgeschenke zu besonderen Anlässen wie Geburtstagen, Hochzeiten oder Studienabschlüssen bleiben in der Regel steuerfrei[2].
Schenkungen zwischen Ehepartnern
Ehepartner:innen und eingetragene Lebenspartner:innen können sich gegenseitig bis zu 500.000 Euro steuerfrei schenken. Zudem können sie durch die sogenannte Güterstandsschaukel - einen Wechsel des ehelichen Güterstandes - unter bestimmten Umständen weitere Steuervorteile erzielen[1].
Fazit: Rechtzeitige Planung lohnt sich
Die rechtzeitige und wohlüberlegte Planung von Schenkungen kann erhebliche Steuervorteile bringen. Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:
- Freibeträge kennen und ausschöpfen
- Die 10-Jahres-Regel nutzen für gestaffelte Schenkungen
- Bei größeren Vermögen frühzeitig beginnen mit der Übertragung
- Bei komplexen Vermögensverhältnissen steuerliche Beratung in Anspruch nehmen
Wenn Sie diese Grundprinzipien beachten, können Sie Ihr Vermögen meist deutlich steuergünstiger an Ihre Lieben weitergeben als durch eine einmalige Übertragung im Erbfall.
Bedenken Sie jedoch: Jede Schenkung bedeutet auch einen unwiderruflichen Vermögensverzicht. Überlegen Sie daher gut, welche Vermögenswerte Sie zu welchem Zeitpunkt übertragen möchten und ob Sie sich gegebenenfalls bestimmte Rechte (wie einen Nießbrauch) vorbehalten sollten.