Was bedeutet Probatio?
Der Begriff “Probatio” stammt aus dem Lateinischen und bedeutet “Beweis” oder “Beweisführung”. Er bildet die Grundlage wichtiger Rechtsprinzipien wie der Beweislastverteilung und der Unschuldsvermutung, die auch heute noch in unserem Rechtssystem gelten. Wer Ansprüche geltend macht, muss diese beweisen können, während die Gegenseite ihre Unschuld nicht nachweisen muss.
Wenn Sie sich mit juristischen Texten beschäftigen oder an rechtlichen Verfahren beteiligt sind, stoßen Sie möglicherweise auf den Begriff “Probatio”. Dieser lateinische Ausdruck hat eine lange Geschichte und findet noch heute Anwendung in verschiedenen Rechtssystemen. Dieser Artikel erklärt Ihnen die Bedeutung und Anwendung des Begriffs in verständlicher Sprache.

Die Grundbedeutung von Probatio
Das lateinische Wort “Probatio” bedeutet grundsätzlich Beweis oder Beweisführung. Es stammt vom lateinischen Verb “probare” ab, was “prüfen”, “testen” oder “beweisen” bedeutet[7][8]. In der antiken römischen Gesellschaft bezog sich der Begriff auf:
- Eine Prüfung oder Untersuchung
- Einen Test oder eine Erprobung
- Eine Bestätigung oder Zustimmung
- Einen Beweis oder eine Demonstration
Die grammatische Form ist weiblich, und als Substantiv der dritten Deklination hat es im Lateinischen verschiedene Beugeformen wie “probationis” (Genitiv) oder “probatione” (Ablativ)[7][8].
Probatio im rechtlichen Kontext
Im Rechtswesen hat der Begriff “Probatio” eine besondere Bedeutung erlangt und prägt bis heute grundlegende Rechtsprinzipien.
Der Grundsatz der Beweislast
Ein zentrales Prinzip unseres Rechtssystems lautet: “Ei incumbit probatio, qui dicit, non qui negat” - “Die Beweisführung obliegt dem, der behauptet, nicht dem, der leugnet”[3][4]. Dieser Grundsatz wurde bereits im 6. Jahrhundert in den Digesten von Justinian festgehalten und wird dem römischen Juristen Julius Paulus zugeschrieben[4].
Das bedeutet: Wer vor Gericht einen Anspruch stellt oder eine Behauptung aufstellt, muss diese auch beweisen können. Die andere Partei muss nicht ihre Unschuld oder die Unrichtigkeit der Behauptung nachweisen.
Dieses Prinzip bildet die Grundlage für moderne Rechtskonzepte wie die Unschuldsvermutung im Strafrecht.
Die Probatio diabolica - der “teuflische Beweis”
Ein besonderer Begriff im Zusammenhang mit “Probatio” ist die Probatio diabolica (lateinisch für “teuflische Beweisführung”)[1][5]. Sie bezeichnet ein spezifisches Problem im Sachenrecht:
Bei einer Eigentumsklage muss der Klagende sein Eigentum beweisen. Dies geschieht normalerweise durch Nachweis der Eigentumskette - also durch Beweis des Eigentums des Vorbesitzers, dessen Vorbesitzers und so weiter[1].
Diese Beweiskette ist praktisch fast unmöglich lückenlos darzustellen, daher der Begriff “teuflisch”. Im deutschen Recht wurde dieses Problem durch die Eigentumsvermutung zugunsten des früheren Besitzers gemäß § 1006 BGB gelöst[1].
Probatio als Ursprung für die Bewährungsstrafe
Interessanterweise leitet sich vom lateinischen “Probatio” auch der Begriff “Probation” ab, der im US-amerikanischen Strafrecht die Bewährungsstrafe bezeichnet[6].
Bei dieser Strafform bleibt die verurteilte Person auf freiem Fuß, muss aber bestimmte Auflagen erfüllen, die von einem Bewährungshelfer (Probation Officer) überwacht werden. Dies entspricht in Deutschland der Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 und § 57 StGB[6].
Der Begriff unterstreicht den Gedanken einer “Probezeit”, in der sich Verurteilte bewähren können.
Weiteres Probatio-Prinzip im Recht
Ein weiterer wichtiger Rechtsgrundsatz lautet: “Affirmanti incumbit probatio” - “Dem Behauptenden obliegt der Beweis”[3]. Diese Variation des Beweislast-Grundsatzes betont, dass die Person, die eine positive Behauptung aufstellt, diese auch beweisen muss.
Im Mittelalter gab es andere Beweisverfahren, bevor sich das Prinzip der Unschuldsvermutung durchsetzte. Der französische Kardinal Jean Lemoine (1250-1313) formulierte die heute bekannte Maxime: “Item quilbet presumitur innocens nisi probetur nocens” - “Eine Person gilt bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig”[4].
Praktische Bedeutung für Sie heute
Auch wenn “Probatio” ein antiker Begriff ist, prägt er unser heutiges Rechtssystem:
- In einem Zivilprozess müssen Sie als klagende Partei Ihre Ansprüche beweisen können
- Im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung - die Staatsanwaltschaft muss die Schuld beweisen
- Bei Eigentumsstreitigkeiten gilt die gesetzliche Vermutung, dass der Besitzer auch Eigentümer ist
Sollten Sie in ein rechtliches Verfahren verwickelt sein, ist es essentiell, die Beweislastregeln zu kennen. Ein Rechtsbeistand kann Ihnen helfen zu verstehen, welche Beweismittel Sie vorlegen müssen oder welche Beweise die Gegenseite erbringen muss.
Fazit
Der Begriff “Probatio” hat als Grundlage für wichtige Rechtsprinzipien eine bleibende Bedeutung in unserer Rechtsordnung. Von der grundlegenden Beweislastverteilung bis hin zur Unschuldsvermutung - all diese Konzepte wurzeln in dem einfachen lateinischen Wort für “Beweis”.
Die Kenntnis solcher Grundsätze kann Ihnen helfen, Ihre eigene Position in rechtlichen Auseinandersetzungen besser zu verstehen und einzuschätzen, was Sie beweisen müssen und was nicht.