PEG-Sonde
Die Abkürzung PEG steht für „perkutane endoskopische Gastrostomie". Die PEG-Sonde ermöglicht eine Form der künstlichen Ernährung trotz Schluckstörungen – und wird von Ärzten durch die Bauchwand in den Magen gelegt. Im Folgenden erklären wir Ihnen die wichtigsten Fakten zur PEG-Sonde.
Was ist eine PEG-Sonde?
Bei der PEG-Sonde handelt es sich um einen elastischen Kunststoffschlauch. Dieser Schlauch wird im Rahmen einer Magenspiegelung und einem chirurgischen Eingriff durch die Bauchdecke in den Magen gelegt. Auch wenn der Eingriff allgemein als unproblematisch gilt, sind aber gesundheitliche Risiken nicht auszuschließen. Deshalb bedarf der operative Eingriff immer der schriftlichen Zustimmung des Patienten, seines gesetzlichen Vertreters oder des Betreuungsgerichts. Die PEG-Sonde ist häufig die einzige Möglichkeit, um Patienten mit Schluckstörung langfristig zu ernähren.
Übrigens: Eine PEG-Sonde verringert die sogenannte Aspirationsgefahr: Es kann kein Speichel, Nahrung oder Flüssigkeit in die Luftröhre eindringen.
Wann wird eine PEG-Sonde eingesetzt?
Wenn ein Patient über einen längeren Zeitraum nicht schlucken kann, wird eine künstlicheErnährung per PEG-Sonde in Erwähnung gezogen. Das kann vor allem bei folgendenSituationen der Fall sein:
- Bei nachgewiesenen, schweren, dauerhaften Schluckstörungen. Zum Beispiel bei fortgeschrittener Multipler Sklerose oder nach einem Schlaganfall.
- Bei langfristigen Bewusstseinsstörungen. Zum Beispiel bei fortgeschrittener Demenz.
- Bei Tumoren im Bereich von Mund, Hals oder Speiseröhre.
Übrigens: Der Bundesgerichtshof entschied am 08.06.2005, dass eine künstliche Ernährung gegen den Willen des Patienten eine rechtswidrige Handlung sei – und der Patient deren Unterlassung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (analog) und § 823 Abs. 1 BGB verlangen kann.
PEG-Sonde bei Demenz
Wenn Demenzpatienten das Schlucken „verlernt haben“ oder auf das Schlucken vergessen, kommt es häufig zum Einsatz einer PEG-Sonde. Studien zeigen jedoch, dass PEG-Sonden bei Demenzpatienten äußerst selten zum gewünschten Therapieziel führen. Es kommt weder zu einer Lebensverlängerung noch zu einer Verbesserung der Ernährung. Auch die Lebensqualität und die Wundheilung verbessern sich nicht – dafür erhöht sich die Aspirationsgefahr (diese Komplikation wegen einer PEG-Sonde kenne ich nicht).
Die Tatsache, dass jemand an Demenz erkrankt ist, stellt alleine keine medizinische Indikation für das Legen einer PEG-Sonde dar. Trotzdem werden in Deutschland pro Jahr etwa 100.000 PEG-Sonden bei Demenzpatienten verlegt. Woran liegt das? In vielen Pflegeheimen hat das ökonomische Gründe: Eine Ernährungssonde kann Zeit und Personal sparen. Dies ist ein klarer Verstoß gegen die Medizinethik („Informierte Einwilligung“) – aber in vielen Heimen und Pflegestationen in Deutschland an der Tagesordnung.
PEG-Sonde: Pro und Kontra auf einem Blick
Argumente für eine PEG-Sonde
- Eine PEG-Sonde kann bei bestimmten Patientengruppen zu einer höheren Mobilität und Gesundheit führen. Außerdem ermöglicht eine PEG die sichere Gabe von notwendigen Medikamenten.
- Im Vergleich zu Behandlungsalternativen ist die PEG-Sonde oft die bessere Wahl. Zum Beispiel kann die intravenöse Zufuhr von Nährstoffen mit Schmerzen verbunden sein. Bei einer Nasensonde besteht die Gefahr von Druckstellen (Dekubitus) an der Nase – das kann zu Atemproblemen führen. Außerdem schränkt die Nasensonde die Bewegungsfreiheit des Patienten deutlich ein. Viele Patienten empfinden eine Nasensonde als sehr unangenehm und störend.
- Das Legen der Sonde geht im Normalfall schnell und ohne Komplikationen – und Angehörige können die Sonde problemlos verwenden.
- Eine PEG-Sonde kann auch mit passierter Normalkost bestückt werden.
- Wer sich gegen eine PEG-Sonde entscheidet, muss damit rechnen, dass die unzureichende Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme nicht ausgeglichen werden kann.
Wichtig: Selten kann es bereits in der Frühphase einer Erkrankung zu Schluckbeschwerden oder einer unüberwindbaren Nahrungsablehnung des Patienten kommen. Wenn diese Flüssigkeits- und Kaloriendefizite den Allgemeinzustand des Patienten stark beeinträchtigen, kann eine temporäre Ernährung per PEG-Sonde durchaus sinnvoll (und ethisch vertretbar) sein. Sie darf aber nie gegen den Willen des Patienten erfolgen.
Argumente gegen eine PEG-Sonde
- Eine Verlängerung des „Sterbeprozesses“ ist möglich. Eine PEG-Sonde kann die Leidenssituation unnötig in die Länge ziehen – bei gleichzeitiger Abnahme der Lebensqualität.
- Beim Anlegen der PEG-Sonde kann es zu Komplikationen kommen. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfungen sind möglich. Außerdem besteht die Gefahr von Infektionen an der Einstichstelle und Bauchfellentzündungen.
- Setzen einer PEG-Sonde erfolgt meistens im Spital (wenn auch ambulant)
- Wer mit einer PEG-Sonde künstlich ernährt wird, braucht Beaufsichtigung. Es besteht die Gefahr, dass der Zugang rausgerissen wird. Fixierung und Sedierung ist möglich, wenn sich der Patient die PEG-Sonde selbst entfernen will. Bettlägerigkeit kann zu Druckstellen (Dekubitus) führen und die Mobilität einschränken.
- Die PEG-Sonde führt zu weniger persönlicher Zuwendung beim Füttern. Die PEG-Sonde „ersetzt“ Pflegepersonal und verringert persönlichen Kontakt. Ein Verlust der Freude am Essen (Geschmacksempfinden, Ansehen der Speisen) ist häufig. Das Gefühl auch gegen den eigenen Willen ernährt werden zu können, wird von vielen Patienten als demütigend empfunden.
- Wenn ein Mensch während des „Sterbeprozesses“, zu viel Flüssigkeit und Nahrung bekommt, kann das die Ausschüttung von Endorphinen verhindern. Endorphine lindern Schmerzen und können selbst im Sterbeprozess Euphorie auslösen. Die übermäßige Zufuhr von Flüssigkeit und Nahrung über eine PEG-Sonde kann den Sterbeprozess demnach verschlimmern.
- Eine PEG wird selten wieder entfernt – selbst wenn Ärzte dies vor dem Legen der Sonde in Aussicht stellen. Eine PEG-Sonde zu entfernen, wird von Ärzten häufig mit Verweis auf aktive Sterbehilfe abgelehnt.
Was sollte ich außerdem bedenken?
- Eine PEG-Sonde ist keine Garantie für eine optimale Ernährungssituation. Gemäß einer Studie (2003) des Medizinischen Dienstes der hessischen Krankenversicherung waren knapp 27% der mit einer PEG-Sonde versorgten Patienten untergewichtig.
- Eine verminderte oder völliges Ausbleiben von Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme gehören zum natürlichen Sterbeprozess. Im Gegensatz zum Sterbeprozess mit künstlicher Ernährung ist ein natürlicher Tod häufig schmerzfrei(er). So hat die verminderte Kalorienaufnahme und der damit einhergehende Abbau des Körperfetts und Veränderungen des Stoffwechsels häufig einen schmerzlindernden Effekt.
- Dehydration (Flüssigkeitsverarmung) im Sterbeprozess ist kein schmerzhafter Zustand. Die meisten Betroffenen erleben weder Unruhe noch andere unangenehme Empfindungen. Ganz im Gegenteil: Dehydration dämpft sogar das Bewusstsein. So kann Dehydration zum Beispiel dazu beitragen, die Angst vor dem Tod zu lindern.
- Trotz PEG-Sonde ist eine natürliche Essens- und Wasseraufnahme empfehlenswert, sofern möglich. (Üben des Schluckakts unter fachlicher Aufsicht) Essen und Trinken ist ein wichtiger sozialer Aspekt für mehr Lebensqualität.
- Die Unterscheidung zwischen bewusster Nahrungsverweigerung und schwerwiegender Appetitlosigkeit ist schwierig. Schließlich kann nicht von einer Verweigerung gesprochen werden, wenn der Patient kein Bedürfnis zu essen verspürt. Wer nicht essen möchte, signalisiert also keineswegs immer, dass er sterben möchte.
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