Was ist ein Nachvermächtnis?
Ein Nachvermächtnis ist eine erbrechtliche Regelung, bei der ein bestimmter Gegenstand zunächst an eine Person (Vorvermächtnisnehmer:in) und später an eine andere Person (Nachvermächtnisnehmer:in) übergeht. Es ermöglicht Ihnen, die Weitergabe von Vermögenswerten zeitlich zu steuern und langfristig Ihren Willen umzusetzen, etwa um Familienwerte zu erhalten oder bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Für eine rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich die Beratung durch Fachleute im Erbrecht.
- Was genau ist ein Nachvermächtnis?
- Rechtliche Grundlagen des Nachvermächtnisses
- Nachvermächtnis vs. Nacherbschaft: Die Unterschiede
- Praktische Beispiele für ein Nachvermächtnis
- Wann ist ein Nachvermächtnis sinnvoll?
- Absicherung des Nachvermächtnisses
- Rechtliche Besonderheiten beim Nachvermächtnis
- Fassen wir zusammen
- Praktische Tipps für Ihre Testamentsgestaltung
Ein Nachvermächtnis ermöglicht Ihnen, bestimmte Vermögensgegenstände nacheinander an verschiedene Personen zu vererben. Diese besondere Form der letztwilligen Verfügung hilft dabei, wertvolle Gegenstände langfristig in der Familie zu halten oder gezielt zu steuern, wer zu welchem Zeitpunkt einen bestimmten Nachlassgegenstand erhalten soll.
Was genau ist ein Nachvermächtnis?
Ein Nachvermächtnis ist eine spezielle Gestaltungsmöglichkeit im Erbrecht. Dabei legen Sie als Erblasser:in fest, dass ein bestimmter Gegenstand zunächst an eine Person (Vorvermächtnisnehmer:in) geht und später an eine andere Person (Nachvermächtnisnehmer:in) übertragen werden soll[1][2].
Der entscheidende Unterschied zur gewöhnlichen Erbeinsetzung: Während das gesamte Vermögen sonst direkt auf die Erben übergeht, können Sie mit einem Nachvermächtnis einzelne Gegenstände gezielt an ausgewählte Personen weitergeben - und das in zeitlicher Reihenfolge[1][4].
Das Nachvermächtnis schafft eine zweiphasige Vermögensübertragung[1]:
- Zuerst erhält der Vorvermächtnisnehmer den Gegenstand
- Zu einem festgelegten Zeitpunkt oder nach einem bestimmten Ereignis muss dieser den Gegenstand an den Nachvermächtnisnehmer weitergeben
Rechtliche Grundlagen des Nachvermächtnisses
Die rechtliche Basis für das Nachvermächtnis findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), konkret in § 2191[3][6]. Diese Vorschrift ermöglicht es Ihnen, einen bestimmten Gegenstand mehreren Personen zeitlich nacheinander zu vermachen.
Wichtig zu wissen: Der Nachvermächtnisnehmer erhält nicht automatisch Eigentum an dem vermachten Gegenstand. Stattdessen bekommt er oder sie einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Vorvermächtnisnehmer auf Herausgabe des Gegenstands[5][7].
Um ein Nachvermächtnis rechtlich wirksam festzulegen, müssen Sie dies in Ihrem Testament oder Erbvertrag klar und eindeutig anordnen. Dabei sollten Sie unbedingt festlegen:
- Welcher Gegenstand vermacht wird
- Wer Vorvermächtnisnehmer:in ist
- Wer Nachvermächtnisnehmer:in ist
- Wann genau der Nachvermächtnisfall eintritt[3]
Nachvermächtnis vs. Nacherbschaft: Die Unterschiede
Oft werden Nachvermächtnis und Nacherbschaft verwechselt. Die Unterschiede sind jedoch wesentlich:
Umfang:
- Nacherbschaft: Betrifft den gesamten Nachlass oder Erbquoten
- Nachvermächtnis: Bezieht sich nur auf einzelne Gegenstände[2][4][8]
Rechtliche Wirkung:
- Nacherbe: Erhält das Erbe kraft Gesetz (dinglich berechtigt)
- Nachvermächtnisnehmer: Hat nur einen schuldrechtlichen Anspruch[5][7][8]
Verfügungsmöglichkeiten:
Praktische Beispiele für ein Nachvermächtnis
Ein Nachvermächtnis lässt sich in vielen Lebenssituationen sinnvoll einsetzen:
Beispiel 1: Familienhaus
Sie möchten, dass Ihr Ehepartner zunächst in Ihrem gemeinsamen Haus wohnen bleibt. Erst nach dessen Tod soll das Haus an Ihre Kinder gehen. Mit einem Nachvermächtnis können Sie festlegen: “Mein Haus vermache ich zunächst meinem Ehepartner. Nach dessen Tod soll es an meine Kinder übergehen.”[7]
Beispiel 2: Wertvoller Gegenstand
“Meinen Antiquitätenschrank vermache ich meiner Schwester G. Nachvermächtnisnehmer ist mein Neffe N. Der Nachvermächtnisfall tritt ein, wenn meine Schwester G das 85. Lebensjahr erreicht oder sie aus gesundheitlichen Gründen den Schrank nicht mehr nutzen kann.”[3]
Beispiel 3: Fahrzeug
“Mein Auto vermache ich meinem Freund F. Wenn dieser das 18. Lebensjahr vollendet hat, soll meine Nichte N das Auto erhalten.”[2]
Wann ist ein Nachvermächtnis sinnvoll?
Ein Nachvermächtnis kann in folgenden Situationen besonders hilfreich sein:
- Wenn Sie bestimmte Gegenstände über mehrere Generationen in der Familie halten möchten[2][4][8]
- Wenn Sie verhindern wollen, dass ein Gegenstand an eine bestimmte Person fällt, z.B. an die Erben des Vorvermächtnisnehmers[2][8]
- Um die Nutzung eines Gegenstands für eine bestimmte Person sicherzustellen, bevor er an jemand anderen übergeht
- Bei Patchworkfamilien, wenn Sie sowohl für Ihren Partner als auch für Ihre eigenen Kinder aus früheren Beziehungen vorsorgen möchten[7]
Absicherung des Nachvermächtnisses
Da der Vorvermächtnisnehmer grundsätzlich frei über den Gegenstand verfügen kann, ist es ratsam, den Anspruch des Nachvermächtnisnehmers zusätzlich abzusichern:
Bei Immobilien:
- Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch[3][7]
- Dies schützt den Nachvermächtnisnehmer vor einer Veräußerung der Immobilie
Weitere Absicherungsmöglichkeiten:
- Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung[3]
- Klare Definition des Eintrittszeitpunkts des Nachvermächtnisses
- Festlegung von Pflichten des Vorvermächtnisnehmers zum Erhalt des Gegenstands
Gut zu wissen: Vereitelt der Vorvermächtnisnehmer schuldhaft den späteren Erwerb des vermachten Gegenstands, hat der Nachvermächtnisnehmer einen Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB[7].
Rechtliche Besonderheiten beim Nachvermächtnis
Bei der Einrichtung eines Nachvermächtnisses sollten Sie einige rechtliche Besonderheiten beachten:
- Der Nachvermächtnisnehmer erwirbt bereits mit dem Erbfall eine Anwartschaft auf den späteren Anspruch[7]
- Im Unterschied zum Vorerben besteht für den Vorvermächtnisnehmer keine gesetzliche Verfügungsbeschränkung[2][3]
- Der Nachvermächtnisfall wird durch den Tod des Vorvermächtnisnehmers oder durch ein anderes, vom Erblasser definiertes Ereignis ausgelöst[1][3]
- Ein Nachvermächtnis muss im Testament deutlich als solches bezeichnet werden, um Missverständnisse zu vermeiden
Fassen wir zusammen
Das Nachvermächtnis ist ein wertvolles Instrument zur gezielten Weitergabe einzelner Nachlassgegenstände. Es ermöglicht Ihnen:
- Bestimmte Gegenstände nacheinander an verschiedene Personen zu vermachen
- Die Weitergabe an zeitliche Bedingungen oder Ereignisse zu knüpfen
- Wertvolle Gegenstände langfristig in der Familie zu halten
- Ihren letzten Willen über Generationen hinweg zu gestalten
Für eine rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich die Beratung durch eine:n Fachanwalt:in für Erbrecht. So stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche für die Nachfolge bestimmter Vermögensgegenstände tatsächlich wie gewünscht umgesetzt werden.
Praktische Tipps für Ihre Testamentsgestaltung
- Formulieren Sie Ihr Nachvermächtnis klar und eindeutig
- Benennen Sie sowohl Vor- als auch Nachvermächtnisnehmer:innen namentlich
- Beschreiben Sie den Gegenstand des Nachvermächtnisses detailliert
- Legen Sie den Zeitpunkt oder das Ereignis für den Übergang präzise fest
- Treffen Sie Vorkehrungen zur Absicherung des Nachvermächtnisses
- Überprüfen Sie Ihre Nachlassplanung regelmäßig und passen Sie sie bei Bedarf an
Mit einem sorgfältig gestalteten Nachvermächtnis können Sie wichtige Vermögenswerte genau nach Ihren Vorstellungen weitergeben und so für Klarheit und Sicherheit bei der Verteilung Ihres Nachlasses sorgen.