Was ist ein Nachvermächtnis?

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Zusammenfassung

Ein Nach­ver­mächt­nis ist eine erbrecht­li­che Regelung, bei der ein bestimmter Gegenstand zunächst an eine Person (Vor­ver­mächt­nis­neh­mer:in) und später an eine andere Person (Nach­ver­mächt­nis­neh­mer:in) übergeht. Es ermöglicht Ihnen, die Weitergabe von Vermögenswerten zeitlich zu steuern und langfristig Ihren Willen umzusetzen, etwa um Familienwerte zu erhalten oder bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Für eine rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich die Beratung durch Fachleute im Erbrecht.

Ein Nach­ver­mächt­nis er­mög­licht Ihnen, be­stimm­te Ver­mö­gens­gegen­stän­de nach­ein­an­der an ver­schie­de­ne Per­so­nen zu ver­erben. Diese be­son­de­re Form der letzt­wil­li­gen Ver­fü­gung hilft da­bei, wert­vol­le Ge­gen­stän­de lang­fris­tig in der Fa­mi­lie zu hal­ten oder ge­zielt zu steu­ern, wer zu wel­chem Zeit­punkt einen be­stimm­ten Nach­lass­gegen­stand er­hal­ten soll.

Was genau ist ein Nach­ver­mächt­nis?

Ein Nach­ver­mächt­nis ist eine spe­zi­el­le Ge­stal­tungs­mög­lich­keit im Erb­recht. Da­bei legen Sie als Erb­las­ser:in fest, dass ein be­stimm­ter Ge­gen­stand zu­nächst an eine Per­son (Vor­ver­mächt­nis­neh­mer:in) geht und spä­ter an eine an­de­re Per­son (Nach­ver­mächt­nis­neh­mer:in) über­tra­gen wer­den soll[1][2].

Der ent­schei­den­de Un­ter­schied zur ge­wöhn­li­chen Erb­ein­set­zung: Wäh­rend das ge­sam­te Ver­mö­gen sonst di­rekt auf die Er­ben über­geht, kön­nen Sie mit einem Nach­ver­mächt­nis ein­zel­ne Ge­gen­stän­de ge­zielt an aus­ge­wähl­te Per­so­nen wei­ter­ge­ben - und das in zeit­li­cher Rei­hen­fol­ge[1][4].

Das Nach­ver­mächt­nis schafft eine zwei­pha­si­ge Ver­mö­gens­über­tra­gung[1]:

  1. Zuerst erhält der Vor­ver­mächt­nis­neh­mer den Ge­gen­stand
  2. Zu einem fest­ge­leg­ten Zeit­punkt oder nach einem be­stimm­ten Er­eig­nis muss die­ser den Ge­gen­stand an den Nach­ver­mächt­nis­neh­mer wei­ter­ge­ben

Recht­li­che Grund­la­gen des Nach­ver­mächt­nis­ses

Die recht­li­che Ba­sis für das Nach­ver­mächt­nis fin­det sich im Bür­ger­li­chen Ge­setz­buch (BGB), kon­kret in § 2191[3][6]. Die­se Vor­schrift er­mög­licht es Ihnen, einen be­stimm­ten Ge­gen­stand meh­re­ren Per­so­nen zeit­lich nach­ein­an­der zu ver­ma­chen.

Wich­tig zu wis­sen: Der Nach­ver­mächt­nis­neh­mer er­hält nicht auto­ma­tisch Ei­gen­tum an dem ver­mach­ten Ge­gen­stand. Statt­des­sen be­kommt er oder sie einen schuld­recht­li­chen An­spruch ge­gen­über dem Vor­ver­mächt­nis­neh­mer auf Her­aus­ga­be des Ge­gen­stands[5][7].

Um ein Nach­ver­mächt­nis recht­lich wirk­sam fest­zu­le­gen, müs­sen Sie dies in Ihrem Tes­ta­ment oder Erb­ver­trag klar und ein­deu­tig an­ord­nen. Da­bei soll­ten Sie un­be­dingt fest­le­gen:

  • Wel­cher Ge­gen­stand ver­macht wird
  • Wer Vor­ver­mächt­nis­neh­mer:in ist
  • Wer Nach­ver­mächt­nis­neh­mer:in ist
  • Wann ge­nau der Nach­ver­mächt­nis­fall ein­tritt[3]

Nach­ver­mächt­nis vs. Nach­erb­schaft: Die Un­ter­schie­de

Oft wer­den Nach­ver­mächt­nis und Nach­erb­schaft ver­wech­selt. Die Un­ter­schie­de sind je­doch we­sent­lich:

Um­fang:

  • Nach­erb­schaft: Be­trifft den ge­sam­ten Nach­lass oder Erb­quo­ten
  • Nach­ver­mächt­nis: Be­zieht sich nur auf ein­zel­ne Ge­gen­stän­de[2][4][8]

Recht­li­che Wir­kung:

  • Nach­er­be: Er­hält das Erbe kraft Ge­setz (ding­lich be­rech­tigt)
  • Nach­ver­mächt­nis­neh­mer: Hat nur einen schuld­recht­li­chen An­spruch[5][7][8]

Ver­fü­gungs­mög­lich­kei­ten:

  • Vor­er­be: Un­ter­liegt ge­setz­li­chen Ver­fü­gungs­be­schrän­kun­gen
  • Vor­ver­mächt­nis­neh­mer: Kann grund­sätz­lich frei über den Ge­gen­stand ver­fü­gen[2][3]

Prak­ti­sche Bei­spie­le für ein Nach­ver­mächt­nis

Ein Nach­ver­mächt­nis lässt sich in vie­len Le­bens­si­tua­tio­nen sinn­voll ein­set­zen:

Bei­spiel 1: Fa­mi­li­en­haus
Sie möch­ten, dass Ihr Ehe­part­ner zu­nächst in Ihrem ge­mein­sa­men Haus woh­nen bleibt. Erst nach des­sen Tod soll das Haus an Ihre Kin­der ge­hen. Mit einem Nach­ver­mächt­nis kön­nen Sie fest­le­gen: “Mein Haus ver­ma­che ich zu­nächst mei­nem Ehe­part­ner. Nach des­sen Tod soll es an mei­ne Kin­der über­ge­hen.”[7]

Bei­spiel 2: Wert­vol­ler Ge­gen­stand
“Mei­nen An­ti­qui­tä­ten­schrank ver­ma­che ich mei­ner Schwes­ter G. Nach­ver­mächt­nis­neh­mer ist mein Nef­fe N. Der Nach­ver­mächt­nis­fall tritt ein, wenn mei­ne Schwes­ter G das 85. Le­bens­jahr er­reicht oder sie aus ge­sund­heit­li­chen Grün­den den Schrank nicht mehr nut­zen kann.”[3]

Bei­spiel 3: Fahr­zeug
“Mein Auto ver­ma­che ich mei­nem Freund F. Wenn die­ser das 18. Le­bens­jahr voll­endet hat, soll mei­ne Nich­te N das Auto er­hal­ten.”[2]

Wann ist ein Nach­ver­mächt­nis sinn­voll?

Ein Nach­ver­mächt­nis kann in fol­gen­den Si­tua­tio­nen be­son­ders hilf­reich sein:

  • Wenn Sie be­stimm­te Ge­gen­stän­de über meh­re­re Ge­ne­ra­tio­nen in der Fa­mi­lie hal­ten möch­ten[2][4][8]
  • Wenn Sie ver­hin­dern wol­len, dass ein Ge­gen­stand an eine be­stimm­te Per­son fällt, z.B. an die Er­ben des Vor­ver­mächt­nis­neh­mers[2][8]
  • Um die Nut­zung eines Ge­gen­stands für eine be­stimm­te Per­son si­cher­zu­stel­len, be­vor er an je­mand an­de­ren über­geht
  • Bei Patch­work­fa­mi­li­en, wenn Sie so­wohl für Ihren Part­ner als auch für Ihre ei­ge­nen Kin­der aus frü­he­ren Be­zie­hun­gen vor­sor­gen möch­ten[7]

Ab­si­che­rung des Nach­ver­mächt­nis­ses

Da der Vor­ver­mächt­nis­neh­mer grund­sätz­lich frei über den Ge­gen­stand ver­fü­gen kann, ist es rat­sam, den An­spruch des Nach­ver­mächt­nis­neh­mers zu­sätz­lich ab­zu­si­chern:

Bei Im­mo­bi­li­en:

  • Ein­tra­gung einer Auf­las­sungs­vor­mer­kung im Grund­buch[3][7]
  • Dies schützt den Nach­ver­mächt­nis­neh­mer vor ei­ner Ver­äu­ße­rung der Im­mo­bi­lie

Wei­te­re Ab­si­che­rungs­mög­lich­kei­ten:

  • An­ord­nung einer Dau­er­tes­ta­ments­voll­stre­ckung[3]
  • Kla­re De­fi­ni­ti­on des Ein­tritts­zeit­punkts des Nach­ver­mächt­nis­ses
  • Fest­le­gung von Pflich­ten des Vor­ver­mächt­nis­neh­mers zum Er­halt des Ge­gen­stands

Gut zu wis­sen: Ver­ei­telt der Vor­ver­mächt­nis­neh­mer schuld­haft den spä­te­ren Er­werb des ver­mach­ten Ge­gen­stands, hat der Nach­ver­mächt­nis­neh­mer einen Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 280 BGB[7].

Recht­li­che Be­son­der­hei­ten beim Nach­ver­mächt­nis

Bei der Ein­rich­tung eines Nach­ver­mächt­nis­ses soll­ten Sie ei­ni­ge recht­li­che Be­son­der­hei­ten be­ach­ten:

  • Der Nach­ver­mächt­nis­neh­mer er­wirbt be­reits mit dem Erb­fall eine An­wart­schaft auf den spä­te­ren An­spruch[7]
  • Im Un­ter­schied zum Vor­er­ben be­steht für den Vor­ver­mächt­nis­neh­mer kei­ne ge­setz­li­che Ver­fü­gungs­be­schrän­kung[2][3]
  • Der Nach­ver­mächt­nis­fall wird durch den Tod des Vor­ver­mächt­nis­neh­mers oder durch ein an­de­res, vom Erb­las­ser de­fi­nier­tes Er­eig­nis aus­ge­löst[1][3]
  • Ein Nach­ver­mächt­nis muss im Tes­ta­ment deut­lich als sol­ches be­zeich­net wer­den, um Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den

Fas­sen wir zu­sam­men

Das Nach­ver­mächt­nis ist ein wert­vol­les In­stru­ment zur ge­ziel­ten Wei­ter­ga­be ein­zel­ner Nach­lass­ge­gen­stän­de. Es er­mög­licht Ihnen:

  • Be­stimm­te Ge­gen­stän­de nach­ein­an­der an ver­schie­de­ne Per­so­nen zu ver­ma­chen
  • Die Wei­ter­ga­be an zeit­li­che Be­din­gun­gen oder Er­eig­nis­se zu knüp­fen
  • Wert­vol­le Ge­gen­stän­de lang­fris­tig in der Fa­mi­lie zu hal­ten
  • Ih­ren letz­ten Wil­len über Ge­ne­ra­tio­nen hin­weg zu ge­stal­ten

Für eine rechts­si­che­re Ge­stal­tung emp­fiehlt sich die Be­ra­tung durch ei­ne:n Fach­an­walt:in für Erb­recht. So stel­len Sie si­cher, dass Ihre Wün­sche für die Nach­fol­ge be­stimm­ter Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de tat­säch­lich wie ge­wünscht um­ge­setzt wer­den.

Prak­ti­sche Tipps für Ihre Tes­ta­ments­ge­stal­tung

  • For­mu­lie­ren Sie Ihr Nach­ver­mächt­nis klar und ein­deu­tig
  • Be­nen­nen Sie so­wohl Vor- als auch Nach­ver­mächt­nis­neh­mer:in­nen na­ment­lich
  • Be­schrei­ben Sie den Ge­gen­stand des Nach­ver­mächt­nis­ses de­tail­liert
  • Le­gen Sie den Zeit­punkt oder das Er­eig­nis für den Über­gang prä­zi­se fest
  • Tref­fen Sie Vor­keh­run­gen zur Ab­si­che­rung des Nach­ver­mächt­nis­ses
  • Über­prü­fen Sie Ihre Nach­lass­pla­nung re­gel­mä­ßig und pas­sen Sie sie bei Be­darf an

Mit einem sorg­fäl­tig ge­stal­te­ten Nach­ver­mächt­nis kön­nen Sie wich­ti­ge Ver­mö­gens­wer­te ge­nau nach Ih­ren Vor­stel­lun­gen wei­ter­ge­ben und so für Klar­heit und Si­cher­heit bei der Ver­tei­lung Ih­res Nach­las­ses sor­gen.