Locked-In-Syndrom

Das Locked-In-Syndrom (LIS) klingt wie ein Albtraum: Betroffene sind im eigenen Körper „eingesperrt“. Sie nehmen die Umwelt wahr, können aber nicht mit ihr kommunizieren. Wie es dazu kommen kann? Und was genau ein Locked-in-Syndrom überhaupt ist? Das und mehr beantworten wir Ihnen Im Folgenden.

Was ist das Locked-in-Syndrom?

Das Locked-in-Syndrom ist eine seltene neurologische Störung. Charakteristisch für eine solche Störung ist die vollständige Lähmung der Muskeln in allen Teilen des Körpers – mit Ausnahme der Muskeln, welche die vertikalen Augenbewegungen kontrollieren. Betroffene eines Locked-in-Syndrom sind bei Bewusstsein. Sie können sehen, denken und schlussfolgern; können aber weder sprechen noch sich bewegen. Kommunikation ist nur mit blinzelnden Augenbewegungen möglich.

Was sind mögliche Ursachen?

Das Locked-in-Syndrom entsteht in der Regel durch eine Hirnstammblutung oder einen Hirninfarkt. Andere möglichen Ursachen sind Traumata, Tumore, Infektionen, Verlust von Myelin (schützende Isolierung der Nerven), Polymyositis (Entzündung der Nerven) und andere Erkrankungen wie ALS (Amyotrophe Lateralsklerose). Auch eine Überdosierung von bestimmten Medikamenten kann in seltenen Fällen zu einem  Locked-in-Syndrom führen.

Was sind Anzeichen und Symptome?

  • Quadriplegie und Lähmung, die bis auf die vertikale Augenbewegungen den gesamten Körper betrifft
  • Komatöser Zustand (Pseudokoma), bei dem der Patient nur durch Augenbewegungen reagieren oder mit anderen kommunizieren kann.
  • Unempfindlichkeit gegenüber schmerzhaften Reizen (bzw. die Unfähigkeit, eine Extremität vor schmerzhaften Reizen zurückzuziehen).
  • Unfähigkeit von horizontalen Augenbewegungen.
  • Unfähigkeit bewusst Nahrung zu kauen und zu schlucken.
  • Hilfsbedarf vom Pflegepersonal bei den meisten grundlegenden Funktionen (zum Beispiel Körperbewegungen und Hygiene).
  • Trotz Lähmung sehen und hören zu können und normale Schlaf-Wach-Zyklen zu haben.
  • Trotz Lähmung normal denken und schlussfolgern zu können.

Wie wird das Locked-in-Syndrom diagnostiziert?

Die Diagnose des Locked-in-Syndroms ist schwierig. Das liegt vor allem daran, dass einige Patienten eine Zeit lang komatös sind – und das Locked-in-Syndrom erst dann entwickeln. Außerdem kann man Betroffene des Locked-in-Syndroms leicht mit Betroffenen eines Schlaganfalls verwechseln. In solchen Fällen kann das Locked-in-Syndrom schnell übersehen werden, wenn die Augenbewegungen bei den Betroffenen nicht beurteilt werden.

Grundsätzlich kann der Nachweis des Locked-in-Snydroms kann mit einem MRT des beschädigten Hirnbereichs gelingen. Außerdem kann man mit PET- und SPECT-Gehirnscans die Anomalie des Patienten beurteilen. Andere Tests wie EEGs können dagegen normale Schlaf-Wach-Muster nachweisen, die ebenfalls für ein Locked-in-Syndrom sprechen.

Wichtig

Übrigens: Knapp die Hälfte aller Locked-in-Snydrome werden erstmals von Familienmitgliedern entdeckt ( bzw. „diagnostiziert“). Oft passiert das in vertrauten Momenten, wenn die Familienmitglieder plötzlich bemerken, dass der Betroffene bei Bewusstsein ist und mit seinen Augenbewegungen kommunizieren kann

Wie wird das Locked-in-Syndrom behandelt?

Es gibt keine spezifische Behandlung für das Locked-in-Syndrom. Die wichtigste Behandlung für das Locked-in-Syndrom ist die unterstützende Pflege. Diese umfasst folgende Punkte:

  • Gute Ernährung
  • Unterstützung der Atmung
  • Vorbeugung von Druckgeschwüren
  • Physiotherapie zur Vermeidung von Fehlstellungen  (Kontrakturen)
  • Vorbeugung von Komplikationen der Immobilisation (zum Beispiel Lungeninfektionen, Harnwegsinfektionen und Blutgerinnsel)
  • Logopädische Therapie zur Unterstützung der Kommunikation durch Augenblinzeln und/oder vertikale Augenbewegungen

In seltenen Fällen kann die Behandlung der Ursache zu einer Verbesserung führen. Das kann zum Beispiel bei einer Verkleinerung eines Tumors oder bei einer raschen Behandlung einer Medikamentenüberdosierung der Fall sein.

Wichtig

Übrigens: Einige Patienten mit Locked-in-Snydroms kommunizieren mithilfe eines Computer-Terminals, das über Augenbewegungen gesteuert wird. Außerdem können in lang- oder mittelfristiger Zukunft neue Gehirn-Computer-Schnittstelle sehr wahrscheinlich dabei helfen, ohne Sprache zu kommunizieren.

Worauf müssen Betroffene achten?

  • Eine Heilung ist nur in seltenen Fällen möglich. Eine komplette Genesung ist sehr ungewöhnlich und abhängig von der Ursache – potentiell möglich ist eine Heilung zum Beispiel bei einem „nur“ vorübergehenden Blutverlust im Hirnstamm. Oder bei einem kleinen Schlaganfall. Ein Anzeichen für eine mögliche Genesung ist das frühzeitige Wiedererlangen von seitlichen Augenbewegungen.
  • Die Mehrheit der Patienten des Locked-in-Syndroms erholt sich nicht. Sie werden für den Rest Ihres Lebens vollständig von Pflegekräften abhängig sein. Die Überlebenschance nach 10 Jahren liegt bei etwa 80 Prozent.
  • Wie bei so vielen Krankheiten gilt auch beim Locked-in-Syndrom: Je früher die Störung diagnostiziert und behandelt wird, desto höher die Heilungschancen.
Wichtig

Übrigens: Das Locked-in-Syndrom kann jeden treffen. Das höchste Risiko haben Erwachsene mit erhöhten Risiko für Hirnschläge und Blutungsprobleme. Die Zahl der vom Locked-in-Syndrom Betroffenen ist unbekannt, da es so selten ist und oft entweder falsch diagnostiziert oder nicht erkannt wird.

Gibt es Möglichkeiten der Prävention?

Klare Präventionsmaßnahmen gibt es nicht. Ein gesunder Lebensstil ist selbstverständlich sinnvoll – wer das Risiko koronarer Herzkrankheiten (KHK) und Schlaganfälle minimiert, minimiert vermutlich auch das Risiko eines Locked-in-Syndroms. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Studien, die das bestätigen.

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