Was ist ein Kunstherz?

Zusammenfassung

Ein Kunst­herz ist ein mechanisches Gerät, das die Pump­funktion des Herzens bei schwerer Herz­schwäche teilweise oder vollständig übernimmt. Es wird entweder zur Über­brückung bis zu einer Herz­transplantation oder als dauer­hafte Lösung eingesetzt. Trotz einiger Heraus­forderungen wie Infektions­risiken und der Abhängigkeit von einer Strom­versorgung ermöglicht es vielen Betroffenen ein längeres und qualitativ besseres Leben.

Synonym: Künstliches Herz

Bei einer schweren Herz­schwäche kann die Implantation eines Kunst­herzens lebens­rettend sein. Dieses medizinische Gerät übernimmt teilweise oder vollständig die Pump­funktion des natürlichen Herzens, wenn dieses nicht mehr aus­reichend arbeitet. Im folgenden Artikel erfahren Sie, wie ein Kunst­herz funktioniert, welche Arten es gibt und was Sie über das Leben mit einem Kunst­herz wissen sollten.

Künstliches Herzgerät aus Metall mit LEDs in moderner Klinik, Nahaufnahme in weichem, sterilem Licht.

Definition und Grundlagen

Ein Kunst­herz ist ein mechani­sches Gerät, das inner­halb oder außer­halb des Körpers installiert wird und als elektro­mechanisches Pump­system arbeitet[1][4]. Es übernimmt die Funktion des natürlichen Herzens für einen bestimmten Zeit­raum und treibt den Transport von Blut durch das Gefäß­system an[1]. In der Fach­sprache wird es häufig als “ventricular assist device” (VAD) oder “ventriku­läres Unter­stützungs­system” bezeichnet[2][6].

Wichtig zu verstehen: Bei den meisten Kunst­herzen bleibt das eigene Herz des Menschen erhalten[2]. Das System unter­stützt lediglich die geschwächte Herz­kammer in ihrer Pump­funktion. Dadurch verbessert sich die Durch­blutung im gesamten Körper, was zu einer gesteigerten körper­lichen Belast­barkeit im Alltag führen kann[2].

Verschiedene Arten von Kunstherzen

Es gibt unter­schiedliche Typen von Kunst­herzen, die je nach medizinischer Not­wendigkeit eingesetzt werden:

Nach anatomischer Platzierung

Linksventrikuläres Unterstützungssystem (LVAD)
Diese Form wird in die linke Herz­kammer eingesetzt und pumpt das Blut von dort in die Haupt­schlag­ader (Aorta)[6]. Da die linke Herz­seite einer besonders hohen Arbeits­belastung ausgesetzt ist, ist das LVAD die am häufigsten verwendete Form eines Kunst­herzens[2][4].

Rechtsventrikuläres Unterstützungssystem (RVAD)
Ein RVAD unter­stützt die rechte Herz­kammer, die das Blut in die Lunge pumpt[4][6]. Diese Systeme werden seltener eingesetzt, da die rechte Herz­kammer normaler­weise nicht so stark beansprucht wird wie die linke[2].

Biventrikuläres Unterstützungssystem (BiVAD)
Bei einem BiVAD werden beide Herz­kammern gleichzeitig unter­stützt[4][6]. Diese Form kommt zum Einsatz, wenn sowohl die linke als auch die rechte Herz­kammer geschwächt sind[4].

Total Artificial Heart (TAH)
Das totale Kunst­herz ersetzt das mensch­liche Herz voll­ständig[6]. Bei der Operation wird das Herz des Patienten komplett entfernt und durch eine mechanische Pumpe ersetzt[6]. Diese Variante wird vor allem bei Patienten:innen einge­setzt, deren Herz vollständig versagt hat[4].

Nach Funktionsweise

Zusätzlich werden Kunst­herzen auch nach ihrer Funktions­weise kategorisiert:

Pulsatile Herzunterstützungssysteme
Diese simulieren den körper­eigenen Puls durch druck­luft-betriebene getaktete Blut­pumpen[6].

Nicht-pulsatile Herzunterstützungssysteme
Hier wird das Blut durch kontinuier­lich fördernde Axial- oder Zentrifugal­pumpen befördert[6].

Wie funktioniert ein Kunstherz?

Die grundlegende Funktion eines Kunst­herzens besteht darin, Blut aus dem Herzen zu entnehmen und in den Körper­kreis­lauf zu pumpen. Der genaue Mechanismus hängt von der Art des Kunst­herzens ab.

Ein typisches LVAD besteht aus folgenden Komponenten:

  • Eine kleine, strom­betriebene Pumpe, die direkt am Herzen platziert wird[8]
  • Ein Verbindungs­kabel (Driveline), das durch die Haut nach außen geführt wird[2]
  • Eine externe Steuer­einheit, die die Pumpe kontrolliert[4]
  • Aufladbare Batterien für die Strom­versorgung[4][8]

Bei der Implantation wird die Förder­pumpe an die betroffene Herz­kammer gesetzt. Sie trans­portiert das Blut aus dem geschwächten Ventrikel (Herz­kammer) in die Haupt­schlag­ader (Aorta) oder bei einem RVAD in die Lungen­arterie[2][8]. Das System kann durch ein Strom­kabel (beispiels­weise in der Nacht) oder durch zwei Akku­batterien betrieben werden[2].

Beim TAH ist die Funktions­weise etwas anders: Es besteht aus zwei vollständig implantier­baren Herz­kammern mit je zwei mechani­schen Herz­klappen. Diese werden mit den verbliebenen Vor­kammern des Patienten und über Gefäß­prothesen mit der Körper- bzw. Lungen­schlag­ader verbunden[7].

Wann wird ein Kunstherz eingesetzt?

Ein Kunst­herz kommt in folgenden Situationen zum Einsatz:

  • Bei hoch­gradiger Einschränkung der Herz­leistung, wenn andere Therapie­formen nicht mehr ausreichend sind[8]
  • Als vorüber­gehende Unter­stützung nach einer voraus­gegangenen Herz­operation oder einer Herz­muskel­entzündung[8]
  • Zur Über­brückung der Warte­zeit auf ein Spender­herz (sogenannte “Bridge to Transplant”)[8]
  • Als Dauer­therapie (sogenannte “Destination Therapy”) bei Patient:innen, die für eine Transplantation nicht in Frage kommen[8]

Da die Zahl der benötigten Spender­organe deutlich höher liegt als die der Spender­herzen, sind Kunst­herz­systeme wie das TAH wichtig, um Zeit zu über­brücken und den Patient:innen wieder zu einer verbesserten Lebens­qualität zu verhelfen[3].

Die Operation: Implantation eines Kunstherzens

Die Implantation eines Kunst­herzens ist ein komplexer chirurgischer Eingriff:

  • Die Operation dauert vier bis sechs Stunden und erfolgt unter Voll­narkose[5][8]
  • Der Eingriff wird unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt[8]
  • Nach Frei­legung des Herzens wird bei einem VAD über ein Loch in der betroffenen Herz­kammer der zu­führende Schlauch des Kunst­herz­systems eingeführt und mit der Herz­wand vernäht[8]
  • Der ab­führende Schlauch wird in die Aorta oder Lungen­arterie ein­gearbeitet[8]

Bei einem TAH wird das Brust­bein des Patienten geöffnet und das erkrankte Herz vollständig entfernt. Anschließend wird das künstliche Herz implantiert und mit den ver­bliebenen Strukturen verbunden[7].

Leben mit einem Kunstherz

Der Alltag mit einem Kunst­herz erfordert besondere Aufmerk­samkeit und Sorgfalt:

Medikamente

Patient:innen mit einem Herz­unterstützungs­system haben ein erhöhtes Risiko von Blut­gerinnseln. Daher ist nach der Implantation eines VAD eine lebens­lange Blut­verdünnung not­wendig. Diese erfolgt mit gerinnungs­hemmenden Medikamenten wie Aspirin, ASS, Warfarin oder Marcumar[5].

Infektionsvorbeugung

Nach der Implantation müssen Sie auf Anzeichen einer Infektion achten. Dazu gehören:

  • Fieber
  • Schmerzen im Brust­korb
  • Flüssigkeits­austritt an den Stellen, wo die Kabel oder Schläuche aus dem Brust­korb kommen[5]

Bei diesen Anzeichen sollten Sie sofort ärztliche Hilfe suchen.

Alltagsgestaltung

Während des Kranken­haus­aufenthalts werden Sie und Ihre Angehörigen umfassend geschult:

  • Das Pflege­personal zeigt Ihnen, wie Sie sich im Bett aufsetzen, das Bett verlassen und umher­gehen können
  • Physio­therapeut:innen führen regel­mäßig Atem­übungen mit Ihnen durch und helfen Ihnen, allmählich wieder mobiler zu werden
  • Sie lernen, wie Sie zu Hause mit dem VAD umgehen und wie Sie beispiels­weise duschen können[5]

Neueste Entwicklungen

Die Technologie der Kunst­herzen entwickelt sich stetig weiter. Ein Beispiel ist das aus Frankreich stammende Kunst­herz-System (TAH), das 2024 erstmals in Rheinland-Pfalz am Herz­zentrum Trier erfolgreich implantiert wurde[3].

Dieses neuartige System ermöglicht auch bei Versagen beider Herz­kammern eine Stabilisierung des Patienten durch einen kompletten Ersatz des Herzens. Wie ein echtes Herz erzeugt es einen pulsierenden Blut­fluss und reguliert sich mittels hoch­komplexer Technologie selbst. Es passt sich den jeweiligen Bedürfnissen und Belastungen des Patienten an[3].

Ein weiterer Vorteil: Der Hersteller hat das Kunst­herz so konzipiert, dass es ausschließlich über biologische Ober­flächen verfügt. Dadurch muss der Patient nicht mehr dauer­haft blut­gerinnungs­hemmende Medikamente einnehmen[3].

Chancen und Herausforderungen

Ein Kunst­herz bietet Patient:innen mit schwerer Herz­schwäche eine bedeutende Chance auf ein längeres und qualitativ besseres Leben. Es kann die Durch­blutung und Sauerstoff­versorgung wichtiger Organe verbessern und so die Lebens­qualität und Lebens­erwartung steigern[4].

Gleich­zeitig stellt das Leben mit einem Kunst­herz die Betroffenen vor Heraus­forderungen:

  • Die ständige Abhängigkeit von der externen Strom­versorgung
  • Die Not­wendigkeit einer dauerhaften medikamen­tösen Behandlung
  • Das Risiko von Infektionen oder technischen Problemen

Dennoch bietet die moderne Kunst­herz-Technologie vielen Menschen mit schweren Herz­erkrankungen eine wertvolle Lebens­perspektive - sei es als Über­brückung bis zur Herz­transplantation oder als dauer­hafte Lösung.

Fazit

Ein Kunst­herz ist ein komplexes medizinisches Gerät, das die Funktion eines erkrankten Herzens teilweise oder vollständig übernehmen kann. Es gibt verschiedene Arten und Einsatz­gebiete, die je nach individueller Situation ausgewählt werden. Obwohl das Leben mit einem Kunst­herz gewisse Einschränkungen mit sich bringt, ermöglicht es vielen Patient:innen mit schwerer Herz­schwäche ein längeres und qualitativ besseres Leben.

Wenn Sie oder Ihre Angehörigen von schwerer Herz­schwäche betroffen sind, sprechen Sie mit Ihren behandelnden Ärzt:innen über die Möglichkeiten und Grenzen der Kunst­herz-Therapie. Sie können Ihnen helfen, die für Ihre persönliche Situation passende Entscheidung zu treffen.