Was ist eine Kettenschenkung?
Eine Kettenschenkung ist eine legale Methode, um Vermögen steuergünstig innerhalb der Familie zu übertragen, indem Vermögenswerte zunächst an eine Zwischenperson geschenkt werden, die diese dann freiwillig weiterschenkt. Dadurch können die steuerlichen Freibeträge mehrerer Personen genutzt und Schenkungsteuern reduziert oder vermieden werden. Wichtig ist, dass die Zwischenperson frei über das Geschenk verfügen kann und keine Verpflichtung zur Weiterschenkung besteht.
Die Übertragung größerer Vermögenswerte an Familienmitglieder kann erhebliche Steuerbelastungen mit sich bringen. Eine Kettenschenkung bietet hierfür eine legale und vom Bundesfinanzhof anerkannte Möglichkeit, Schenkungsteuern zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Dieser Artikel erklärt, wie eine Kettenschenkung funktioniert, welche Voraussetzungen zu beachten sind und welche Vorteile sie bietet.
Was ist eine Kettenschenkung?
Bei einer Kettenschenkung wird Vermögen nicht direkt an die Person übertragen, die es letztendlich erhalten soll, sondern über einen “Umweg” durch eine Zwischenperson. Konkret bedeutet das: Sie schenken einen Vermögenswert zunächst einer Person, die dann das Erhaltene an eine dritte Person weiterschenkt[1][2].
Der Hauptzweck dieser Methode ist die Ausnutzung mehrerer steuerlicher Freibeträge. Während durch eine normale Schenkung in der Regel eine später anfallende Erbschaftsteuer vermieden werden soll, zielt die Kettenschenkung speziell auf die Reduzierung der Schenkungsteuer ab[1].
Die steuerlichen Vorteile einer Kettenschenkung
Das deutsche Schenkungsteuerrecht sieht für verschiedene Verwandtschaftsverhältnisse unterschiedlich hohe Freibeträge vor. Diese können Sie bei einer Kettenschenkung mehrfach ausschöpfen[2]:
Verwandschaftsverhältnis | Freibetrag |
---|---|
Ehepartner und eingetragene Lebenspartner | 500.000 Euro |
Kinder und Stiefkinder | 400.000 Euro |
Enkel (Eltern verstorben) | 400.000 Euro |
Enkel (Eltern leben) | 200.000 Euro |
Urenkel | 100.000 Euro |
Eltern, Großeltern, Geschwister, Nichten und Neffen | 20.000 Euro |
Diese Freibeträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden, was eine vorausschauende Vermögensplanung ermöglicht[8].
Beispiele für eine Kettenschenkung
Beispiel 1: Geldschenkung an das Kind
Herr Müller möchte seiner Tochter 800.000 Euro schenken. Bei direkter Schenkung würde nur ein Freibetrag von 400.000 Euro gelten, und die Tochter müsste auf die restlichen 400.000 Euro Schenkungsteuer zahlen.
Lösung mit Kettenschenkung:
- Herr Müller schenkt zunächst seiner Ehefrau 400.000 Euro (steuerfrei, da unter dem Freibetrag von 500.000 Euro).
- Frau Müller schenkt diese 400.000 Euro ihrer Tochter (steuerfrei, da unter dem Freibetrag von 400.000 Euro).
- Herr Müller schenkt die restlichen 400.000 Euro direkt an seine Tochter (ebenfalls steuerfrei).
So erhält die Tochter die gesamten 800.000 Euro, ohne Schenkungsteuer zahlen zu müssen[1].
Beispiel 2: Übertragung einer Immobilie an Schwiegerkind
Eine Mutter besitzt eine Immobilie im Wert von 300.000 Euro, die sie an ihre Schwiegertochter übertragen möchte. Bei direkter Schenkung würde nur ein Freibetrag von 20.000 Euro gelten, und die Schwiegertochter müsste auf 280.000 Euro Schenkungsteuer zahlen - etwa 56.000 Euro.
Lösung mit Kettenschenkung:
- Die Mutter schenkt die Immobilie ihrem Sohn (steuerfrei, da unter dem Freibetrag von 400.000 Euro).
- Der Sohn schenkt die Immobilie seiner Ehefrau (steuerfrei, da unter dem Freibetrag von 500.000 Euro).
Die Schwiegertochter erhält die Immobilie komplett steuerfrei[8].
Rechtliche Voraussetzungen für eine gültige Kettenschenkung
Damit das Finanzamt eine Kettenschenkung anerkennt, müssen einige wichtige Bedingungen erfüllt sein:
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Eigenständige Verfügungsgewalt: Die Zwischenperson muss tatsächlich frei über das Geschenkte verfügen können. Sie darf nicht rechtlich verpflichtet sein, das Vermögen weiterzuschenken[2][3][5].
-
Keine verbindliche Weitergabevereinbarung: Im Schenkungsvertrag darf keine Auflage oder Verpflichtung zur Weitergabe an eine bestimmte Person stehen. Die Zwischenperson muss theoretisch mit dem Geschenk machen können, was sie möchte[8].
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Freiwillige Weiterschenkung: Die Weiterschenkung muss auf einem eigenständigen Entschluss der Zwischenperson beruhen, auch wenn der ursprüngliche Schenker von der Absicht weiß oder sich dies sogar wünscht[3][5].
Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Beschluss vom 28. Juli 2022 (Az. II B 37/22) Rechtssicherheit für diese Praxis geschaffen[4][9].
Wichtige Hinweise für die Praxis
Notarielle Gestaltung
Bei Immobilienübertragungen, die notariell beurkundet werden müssen, ist besondere Vorsicht geboten:
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Getrennte Verträge empfehlenswert: Idealerweise sollten die beiden Schenkungen in separaten notariellen Urkunden festgehalten werden[7].
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Keine Bedingungen im Vertrag: Im ersten Schenkungsvertrag darf keine Verpflichtung zur Weiterschenkung enthalten sein[5][8].
Zeitliche Gestaltung
Eine Schamfrist zwischen erster und zweiter Schenkung ist rechtlich nicht zwingend notwendig. Dennoch kann ein zeitlicher Abstand hilfreich sein, um die Unabhängigkeit der beiden Schenkungen zu unterstreichen[8].
Betriebsvermögen
Die Kettenschenkung ist grundsätzlich auch bei Betriebsvermögen möglich. Da die meisten Urteile zur Kettenschenkung jedoch Immobilienübertragungen betreffen, empfiehlt sich hier besondere Vorsicht und die Konsultation von Fachleuten[4][9].
Mögliche Risiken beachten
Die Finanzbehörden prüfen Kettenschenkungen oft kritisch. Folgende Risiken sollten Sie kennen:
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Gestaltungsmissbrauch: Wenn der einzige Zweck der Kettenschenkung die Herbeiführung eines Steuervorteils ist und keine anderen wirtschaftlichen Gründe vorliegen, könnte das Finanzamt einen Gestaltungsmissbrauch annehmen[6].
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Nachweispflicht: Im Streitfall müssten Sie nachweisen können, dass die Zwischenperson tatsächlich frei über das Geschenk verfügen konnte[3].
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Verbindliche Auskunft: Bei Unsicherheit kann beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft eingeholt werden. Dies ist allerdings gebührenpflichtig und nur vor Durchführung der Schenkung möglich[9].
Praktische Empfehlungen für Ihre Planung
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Fachberatung hinzuziehen: Lassen Sie sich von Steuerberater:innen oder Rechtsanwält:innen mit Fachwissen zu Erbschaft- und Schenkungsteuer beraten.
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Dokumentation: Achten Sie auf eine sorgfältige Dokumentation aller Vorgänge und Entscheidungen.
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Fristen beachten: Die Freibeträge stehen alle zehn Jahre erneut zur Verfügung. Planen Sie langfristig, um diese optimal zu nutzen.
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Klare Trennung: Stellen Sie sicher, dass die Zwischenperson tatsächlich über das Geschenk verfügen kann - halten Sie dies durch Kontoauszüge, Grundbucheinträge oder ähnliche Nachweise fest.
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Offene Kommunikation: Die Beteiligten sollten über den Plan und die rechtlichen Rahmenbedingungen informiert sein, ohne dass eine rechtliche Verpflichtung zur Weiterschenkung entsteht.
Die Kettenschenkung ist eine legale Methode, um Vermögen steuergünstig zu übertragen. Mit der richtigen Planung und Beachtung der rechtlichen Vorgaben können Sie Ihre familiäre Vermögensnachfolge effizient gestalten und unnötige Steuerbelastungen vermeiden.