Was bedeutet Intestat?

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Zusammenfassung

“Intestat” bedeutet, dass jemand ohne Testament verstirbt, wodurch die gesetzliche Erbfolge greift. Dabei wird das Vermögen nach einem festen System an Verwandte, Ehepartner:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen vererbt. Wenn keine Erb:innen vorhanden sind, fällt der Nachlass an den Staat.

Wenn jemand verstirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, greift die gesetz­liche Erbfolge. Der juristische Fach­begriff dafür lautet “Intestat­erbfolge”. Diese Regelung sorgt dafür, dass Nach­lässe immer an Erb­berechtigte über­gehen - selbst wenn keine schrift­liche Verfügung existiert. Der Begriff stammt aus dem römischen Recht und ist heute noch in der deutschen Rechts­sprache präsent.

Herkunft und Bedeutung des Begriffs

Der Ausdruck “Intestat” leitet sich vom lateinischen Wort “intestatus” ab, was so viel bedeutet wie “ohne Testament” oder “Fehlen eines Testats”[1]. In der juristischen Fach­sprache bezeichnet “Intestat­erbfolge” die gesetz­liche Erbfolge, die dann zur Anwendung kommt, wenn keine letzt­willige Verfügung vorliegt[2].

Auch in anderen Sprachen finden sich ähnliche Begriffe: Im Französischen spricht man von “succession ab intestat”[8], im Englischen von “intestate succession”[6].

Wann tritt die gesetzliche Erbfolge ein?

Die gesetz­liche Erb­folge kommt in folgenden Situationen zur Anwendung:

  • Wenn keine letzt­willige Verfügung (Testament oder Erb­vertrag) hinterlassen wurde
  • Wenn die letzt­willige Verfügung erfolg­reich angefochten wurde
  • Wenn der im Testament bestimmte Erbe vor­verstorben ist
  • Wenn der testamentarisch eingesetzte Erbe das Erbe aus­geschlagen hat
  • Wenn der Erb­lasser nur über einen Teil seines Vermögens testamentarisch verfügt hat (für den nicht geregelten Teil)[2]

Wichtig zu wissen: Auch wenn Sie kein Testament hinterlassen, gibt es immer Erb:innen. Das deutsche Recht hat klare Regeln für die gesetz­liche Erb­folge fest­gelegt[3].

Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland

Das deutsche Erb­recht kennt ein Ordnungs­system, das festlegt, welche Ver­wandten in welcher Reihen­folge erben. Dabei gilt: Verwandte einer vorderen Ordnung schließen Verwandte einer nachfolgenden Ordnung komplett aus.

Die Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge

  1. Erste Ordnung: Kinder des Erb­lassers und deren Nach­kommen

    • Hier gilt das Stammes­prinzip: Jedes Kind des Erb­lassers bildet einen Stamm
    • Lebt ein Kind nicht mehr, treten dessen Nach­kommen an seine Stelle
  2. Zweite Ordnung: Eltern des Erb­lassers und deren Nach­kommen

    • Hierzu zählen Geschwister, Nichten und Neffen des Erb­lassers
    • Diese erben nur, wenn keine Erb:innen der ersten Ordnung vorhanden sind
  3. Dritte Ordnung: Groß­eltern des Erb­lassers und deren Nach­kommen

    • Umfasst Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen
    • Diese erben nur, wenn keine Erb:innen der ersten oder zweiten Ordnung existieren
  4. Vierte Ordnung: Urgroß­eltern des Erb­lassers und deren Nach­kommen[2]

Das Ehegattenerbrecht

Ehe­gatt:innen und eingetragene Lebens­partner:innen genießen ein besonderes Erb­recht. Sie erben neben den Verwandten:

  • Neben Erb:innen erster Ordnung: 1/4 des Nach­lasses
  • Neben Erb:innen zweiter Ordnung oder Groß­eltern: 1/2 des Nach­lasses
  • Wenn weder Verwandte der ersten noch der zweiten Ordnung noch Groß­eltern vorhanden sind: den gesamten Nach­lass

Zusätz­lich erhöht sich der Erb­teil des über­lebenden Ehe­gatten im gesetz­lichen Güter­stand der Zugewinn­gemeinschaft pauschal um 1/4, sodass der Ehe­gatte neben Erb:innen erster Ordnung die Hälfte des Nach­lasses erhält[2].

Wenn keine Erb:innen vorhanden sind

Sind weder Verwandte noch ein:e Ehe­gatt:in oder Lebens­partner:in vorhanden, erbt der Staat. Genauer gesagt: das Bundes­land, dem der Erb­lasser bei seinem Tod angehört hat. Man spricht hier vom Fiskus­erbrecht[2].

Unterschiede zum Testament

Der wesentliche Unterschied zwischen gesetz­licher Erb­folge und Testament:

  • Bei der gesetz­lichen Erb­folge (Intestat­erbfolge) regelt das Gesetz, wer erbt und in welchem Umfang.
  • Mit einem Testament können Sie selbst bestimmen, wer Ihr Vermögen erhalten soll.

Ohne Testament haben Sie keinen Einfluss darauf, wer was erbt. Die gesetz­liche Erb­folge berück­sichtigt ausschließlich Verwandt­schafts­verhältnisse und Ehe­partner:innen bzw. eingetragene Lebens­partner:innen.

Internationale Aspekte des Erbrechts

In der Europäischen Union gilt seit 2015 die EU-Erb­rechts­verordnung. Diese regelt, welches nationale Recht bei grenz­überschreitenden Erb­fällen anzu­wenden ist. Grund­sätzlich gilt das Recht des Staates, in dem der Erb­lasser seinen letzten gewöhn­lichen Aufent­halt hatte[2][9].

Sie können jedoch durch eine Rechts­wahl festlegen, dass stattdessen das Recht des Staates gilt, dessen Staats­angehörig­keit Sie besitzen[2].

Praktische Bedeutung für Sie

Die Kenntnis der gesetz­lichen Erb­folge ist aus mehreren Gründen wichtig:

  • Sie können abschätzen, wer Ihr Vermögen erben würde, wenn Sie kein Testament errichten
  • Sie erkennen, ob die gesetz­liche Regelung Ihren Wünschen entspricht
  • Sie können beurteilen, ob Sie ein Testament benötigen, um andere Personen zu bedenken oder bestimmte Angehörige auszuschließen

Beispiel: Eine ver­heiratete Person mit zwei Kindern hinterlässt kein Testament. Nach der gesetz­lichen Erb­folge erben die Kinder je 3/8 und der:die Ehe­partner:in 2/8 (plus 1/4 Zugewinn­ausgleich, also insgesamt 4/8) des Nach­lasses.

Erben­ermittlung bei unklaren Verhältnissen

Manchmal ist nicht sofort ersichtlich, wer die gesetz­lichen Erb:innen sind. In solchen Fällen kann eine Erben­ermittlung not­wendig werden. Dabei handelt es sich um die Suche nach Verwandten eines Erb­lassers, die aufgrund gesetz­licher Erb­folge als Erb:innen in Frage kommen[5].

Erben­ermittler:innen werden entweder von Amts wegen beauftragt oder werden selbst aktiv, wenn sie von einem erb­losen Nach­lass erfahren. Ihre Arbeit kann besonders wichtig sein bei:

  • Auswanderungen von Familien­mitgliedern
  • Namens­änderungen
  • Kriegs­folgen mit Flucht und Vertreibung
  • Familien­geschichten mit unbekannten Verwandten

Handlungsempfehlungen

  1. Prüfen Sie Ihre Situation: Überlegen Sie, ob die gesetz­liche Erb­folge Ihren Wünschen entspricht.

  2. Testament errichten: Falls die gesetz­liche Erb­folge nicht Ihren Vorstellungen entspricht, sollten Sie ein Testament errichten. Lassen Sie sich dabei von einer Notarin oder einem Notar beraten.

  3. Dokumentieren Sie Vermögenswerte: Erstellen Sie eine Übersicht Ihrer Vermögens­werte, damit Ihre Erb:innen wissen, was zum Nach­lass gehört.

  4. Internationale Bezüge beachten: Haben Sie Vermögen im Ausland oder leben Sie im Ausland? Dann informieren Sie sich über die besonderen Regelungen im inter­nationalen Erb­recht.

  5. Regelmäßige Überprüfung: Prüfen Sie bei wesentlichen Lebens­veränderungen (Heirat, Geburt von Kindern, Scheidung), ob Ihre Regelungen noch aktuell sind.

Mit diesen Maßnahmen stellen Sie sicher, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen vererbt wird und vermeiden mögliche Konflikte unter Ihren Angehörigen.