Was bedeutet Geschäftsfähigkeit?

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Zusammenfassung

Geschäftsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit, rechtlich verbindliche Entscheidungen zu treffen, wie Verträge abzuschließen oder Verfügungen zu erstellen. Während volljährige Personen in der Regel uneingeschränkt geschäftsfähig sind, gelten für Minderjährige und Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen besondere Schutzregelungen. Angehö­rige können durch Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen rechtzeitig Maßnahmen treffen, um spätere Konflikte zu vermeiden.

Geschäftsfähigkeit bedeutet, rechtlich verbindliche Entscheidungen zu treffen - etwa Verträge zu unterschreiben oder Verfügungen zu erstellen. Dieser Artikel erklärt, welche Regeln in Deutschland gelten, wie Al­ter und Gesund­heits­zu­stand Ihre Hand­lungs­frei­heit be­ein­flus­sen und was für Angehö­rige in Be­treu­ungs­situ­atio­nen wichtig ist.

Warum Geschäftsfähigkeit wichtig ist

Jede:r von uns trifft täglich Entscheidungen mit rechtlicher Wirkung: vom Einkauf im Supermarkt bis zur Unterzeichnung eines Mietvertrags. Geschäftsfähig zu sein heißt, dass diese Handlungen rechtlich anerkannt werden. Fehlt diese Fähigkeit, können Verträge unwirksam sein - ein Schutzmechanismus, um Menschen vor übereilten oder schädlichen Entscheidungen zu bewahren[1][3].

Drei Stufen im Überblick

  1. Volle Geschäftsfähigkeit (ab 18 Jahren)
  2. Be­schränk­te Ge­schäfts­fähig­keit (7-17 Jahre)
  3. Geschäftsunfähigkeit (unter 7 Jahren oder bei schwerer geistiger Beein­träch­ti­gung)[1][6][11].

Volle Geschäftsfähigkeit: Rechtliche Selbstständigkeit

Mit der Volljährigkeit (§ 2 BGB) dürfen Sie alle Rechtsgeschäfte eigenverantwortlich tätigen - ob Kreditvertrag, Immobilienkauf oder Testamentserrichtung. Ausnahmen gelten nur bei gerichtlich festgestellter Geschäftsunfähigkeit[2][6].

Praxisbeispiel:
Laura, 19, kauft eigenständig ein Auto. Der Vertrag ist ohne Zustimmung Dritter gültig[1][9].

Be­schränk­te Ge­schäfts­fähig­keit: Schutz für Minderjährige

Jugendliche zwischen 7 und 17 Jahren benötigen für viele Verträge die Zustimmung ihrer Eltern oder gesetzlichen Vertreter:innen (§ 107 BGB). Ohne diese Einwilligung sind Geschäfte zunächst unwirksam - es sei denn, sie bringen ausschließlich Vorteile (z. B. Schenkungen) oder werden mit Taschengeld bezahlt[1][6][21].

Wichtige Ausnahmen (§ 110 BGB):

  • Käufe mit eigenem Geld (z. B. Kleidung, Bücher)
  • Arbeitsverträge mit gerichtlicher Genehmigung
  • Alltagsgeschäfte wie der Kauf eines Schulhefts[6][19].

Achtung: Ein 16-Jähriger darf kein Handy mit Vertrag kaufen - hier ist stets elterliche Zustimmung nötig[9][21].

Geschäftsunfähigkeit: Wann Entscheidungen nichtig sind

Altersbedingte Unfähigkeit

Kinder unter 7 Jahren können keine verbindlichen Verträge schließen. Ein Spielzeugkauf im Laden ist daher rechtlich nichtig - selbst wenn das Kind eigenes Geld verwendet[1][6].

Geistige Beein­träch­ti­gungen

Volljährige Personen gelten als geschäftsunfähig, wenn sie dauerhaft nicht in der Lage sind, die Tragweite ihrer Entscheidungen zu verstehen (§ 104 BGB). Typische Gründe sind:

  • Fortgeschrittene Demenz
  • Schwere psychische Erkrankungen
  • Geistige Behinderungen[3][10][14].

Praxisbeispiel:
Herr Müller, der an Alzheimer leidet, unterschreibt einen teuren Kaufvertrag. Da er zum Zeitpunkt der Unterschrift geschäftsunfähig war, kann die Betreuungsperson das Geschäft rückgängig machen[14][17].

Sonderfall: Alltagsgeschäfte trotz Unfähigkeit

§ 105a BGB erlaubt einfache Käufe des täglichen Lebens (z. B. Lebensmittel, Zeitungen) auch bei Geschäftsunfähigkeit - vorausgesetzt, der Betrag ist gering und die Ware wird sofort bezahlt[2][5].

Wie wird Geschäftsfähigkeit festgestellt?

Bei Zweifeln an der Entscheidungsfähigkeit (z. B. bei Demenz) ordnet das Betreuungsgericht ein medizinisches Gutachten an. Wichtige Kriterien sind:

  • Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten
  • Einschätzung von Risiken und Nutzen
  • Kontinuität der geistigen Beein­träch­ti­gung[3][10][14].

Tipp für Angehö­rige:
Documentieren Sie auffällige Entscheidungen (z. B. sinnlose Einkäufe) und wenden Sie sich an eine Betreuungsstelle. Ein frühzeitiges Gutachten kann spätere Rechtsstreite vermeiden[14][17].

Folgen fehlender Geschäftsfähigkeit

  • Nichtige Verträge: Geschäfte mit unter 7-Jährigen oder dauerhaft geistig Beein­träch­tig­ten sind von Anfang an unwirksam (§ 105 BGB)[1][6].
  • Schwebende Unwirksamkeit: Verträge Minderjähriger benötigen nachträgliche Genehmigung durch die Eltern[6][21].
  • Ausnahme bei Taschengeld: Mit eigenem Geld getätigte Käufe sind auch ohne Zustimmung gültig[6][19].

Was Angehö­rige tun können

  1. Vorsorgevollmacht erstellen, solange die Person noch geschäftsfähig ist[3][17].
  2. Betreuungsverfügung verfassen, um Wünsche für spätere Entscheidungen festzuhalten[17].
  3. Bei Verdacht auf Missbrauch (z. B. unseriöse Verträge) umgehend das Betreuungsgericht einschalten[14].

Fazit

Geschäftsfähigkeit schützt sowohl Kinder als auch Erwachsene mit geistigen Einschränkungen vor übereilten Entscheidungen. Für Angehö­rige ist es entscheidend, rechtzeitig Vorsorgedokumente zu erstellen und bei Unsicherheiten professionelle Beratung zu suchen. Ihr örtliches Betreuungsgericht oder eine Rechtsberatungsstelle hilft bei konkreten Fragen weiter.