Was ist ein Ersatzverächtnis?

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Zusammenfassung

Ein Ersatz­vermächtnis ist eine testamentarische Regelung, bei der Sie eine Ersatz­person bestimmen, die ein Vermächtnis erhält, falls die ursprünglich bedachte Person es nicht annehmen kann oder will (z. B. durch Tod oder Ausschlagung). Es sichert Ihren letzten Willen ab und sorgt dafür, dass wichtige Vermögens­gegenstände oder Geld­beträge nach Ihren Wünschen verteilt werden. Eine klare Formulierung im Testament ist dafür unerlässlich.

Ein Ersatz­vermächtnis bietet Ihnen eine wichtige Absicherung für Ihren letzten Willen. Es sorgt dafür, dass Ihr Vermächtnis auch dann in gute Hände kommt, wenn die von Ihnen ursprünglich bedachte Person es nicht erhalten kann. Dieser Beitrag erklärt anschaulich, was ein Ersatz­vermächtnis ist, wie es sich von anderen erbrechtlichen Regelungen unterscheidet und wann es für Sie sinnvoll sein könnte.

Was genau ist ein Ersatz­vermächtnis?

Ein Ersatz­vermächtnis ist eine vorsorgliche Anordnung in Ihrem Testament, die greift, wenn die ursprünglich als Vermächtnis­nehmer:in vorgesehene Person das Vermächtnis nicht erwerben kann oder will. Anders ausgedrückt: Sie bestimmen damit eine Ersatz­person, die an die Stelle des ursprünglichen Vermächtnis­nehmers oder der ursprünglichen Vermächtnis­nehmerin tritt[1].

Wichtige Fälle, in denen ein Ersatz­vermächtnis zum Tragen kommt:

  • Die bedachte Person verstirbt vor Ihnen
  • Die bedachte Person schlägt das Vermächtnis aus
  • Die bedachte Person ist aus anderen Gründen nicht empfangs­bereit

Die rechtliche Grundlage für das Ersatz­vermächtnis findet sich in § 2190 des Bürgerlichen Gesetz­buchs (BGB). Dabei gelten die Vorschriften der §§ 2097 bis 2099 BGB für Ersatz­erben entsprechend[4][5].

Unterschied zwischen Vermächtnis und Erbe - die Grundlagen

Bevor wir tiefer in die Details des Ersatz­vermächtnisses einsteigen, ist es wichtig, den grundlegenden Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis zu verstehen:

  • Erbe: Erben treten rechtlich an Ihre Stelle. Sie übernehmen Ihr gesamtes Vermögen mit allen Rechten und Pflichten, einschließlich möglicher Schulden[2].

  • Vermächtnis: Mit einem Vermächtnis können Sie einer Person gezielt einzelne Vermögens­gegenstände oder Geld­beträge zuwenden, ohne sie als Erben einzusetzen. Vermächtnis­nehmer:innen haben lediglich einen Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstands oder Geld­betrags[2][6].

Ein Beispiel: Sie können Ihrer Nichte Ihr Auto vermachen, während der Rest Ihres Vermögens an Ihre Kinder als Erben geht. Ihre Nichte hat dann einen Anspruch darauf, das Auto von Ihren Kindern zu erhalten.

Wie funktioniert ein Ersatz­vermächtnis genau?

Bei einem Ersatz­vermächtnis bestimmen Sie eine Person, die das Vermächtnis anstelle der ursprünglich vorgesehenen Person erhalten soll. Im Gegensatz zum Nach­vermächtnis (bei dem eine Person das Vermächtnis nach einer anderen erhält) tritt die Ersatz­person nicht nach, sondern anstelle der ursprünglichen Person ein[4].

Der Ersatz­vermächtnis­nehmer muss zwar den Erbfall, nicht aber zwingend den Wegfall des ursprünglich bedachten Vermächtnis­nehmers erleben[4]. Das bedeutet: Stirbt der ursprüngliche Vermächtnis­nehmer nach Ihnen, kann der Anspruch auf das Vermächtnis auf die Erben des Ersatz­vermächtnis­nehmers übergehen.

Wann ist ein Ersatz­vermächtnis für Sie sinnvoll?

Ein Ersatz­vermächtnis ist besonders in folgenden Situationen zu empfehlen:

  • Wenn Sie älteren Personen etwas vermachen möchten und das Risiko besteht, dass diese vor Ihnen versterben
  • Wenn Sie Vorsorge treffen möchten für den Fall, dass ein Vermächtnis­nehmer das Vermächtnis ausschlägt
  • Wenn der vermachte Gegenstand für Sie besondere emotionale Bedeutung hat und Sie sicherstellen möchten, dass er in jedem Fall in gute Hände kommt
  • Wenn Sie konkrete Vorstellungen haben, wer den Gegenstand bekommen soll, falls die ursprünglich vorgesehene Person wegfällt

Unterschied zu anderen Vermächtnis­arten

Um das Ersatz­vermächtnis besser einordnen zu können, hier ein Vergleich mit anderen Vermächtnis­arten:

Ersatz­vermächtnis vs. Nach­vermächtnis

  • Beim Ersatz­vermächtnis wird die Ersatz­person anstelle der ursprünglichen Person eingesetzt[4].
  • Beim Nach­vermächtnis behält der erste Vermächtnis­nehmer seine Stellung und muss nach Eintritt eines bestimmten Ereignisses den Vermächtnis­gegenstand an den Nach­vermächtnis­nehmer herausgeben[8].

Ersatz­vermächtnis vs. Voraus­vermächtnis

  • Ein Ersatz­vermächtnis greift, wenn der ursprüngliche Vermächtnis­nehmer wegfällt[1].
  • Ein Voraus­vermächtnis (§ 2150 BGB) wendet einem Miterben zusätzlich zu seinem Erbteil einen bestimmten Gegenstand zu, ohne Anrechnung auf seinen Erbteil[6].

So formulieren Sie ein Ersatz­vermächtnis richtig

Für die wirksame Anordnung eines Ersatz­vermächtnisses sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Eindeutige Bezeichnung des ursprünglichen Vermächtnis­nehmers
  2. Genaue Beschreibung des vermachten Gegenstands
  3. Klare Benennung des Ersatz­vermächtnis­nehmers
  4. Bedingungen für den Eintritt des Ersatz­falls

Eine mögliche Formulierung könnte lauten:

Ich vermache meiner Freundin Sabine Müller meine Sammlung antiker Uhren. Sollte Sabine Müller vor mir versterben oder das Vermächtnis ausschlagen, soll anstelle von ihr mein Neffe Klaus Schmidt die Uhrensammlung erhalten.

Praktisches Beispiel eines Ersatz­vermächtnisses

Fallbeispiel:
Erblasserin Maria (78) möchte ihrer langjährigen Nachbarin Ayşe (82) ihren wertvollen Schmuck vermachen. Da Ayşe bereits hochbetagt ist, möchte Maria für den Fall vorsorgen, dass Ayşe vor ihr verstirbt. Maria bestimmt daher Ayşes Tochter Leyla als Ersatz­vermächtnis­nehmerin.

Maria formuliert in ihrem Testament:
“Meinen gesamten Schmuck vermache ich meiner Nachbarin Ayşe Yılmaz. Sollte Ayşe vor mir versterben oder das Vermächtnis aus sonstigen Gründen nicht annehmen, soll ihre Tochter Leyla Yılmaz als Ersatz­vermächtnis­nehmerin an ihre Stelle treten.”

Als Maria mit 85 Jahren stirbt, lebt Ayşe nicht mehr. Durch die Ersatz­vermächtnis­regelung erhält nun Leyla einen Anspruch auf den Schmuck gegen Marias Erben.

Häufige Fragen zum Ersatz­vermächtnis

Muss ich ein Ersatz­vermächtnis ausdrücklich anordnen?

Ja, ein Ersatz­vermächtnis erfordert eine ausdrückliche Anordnung im Testament oder Erbvertrag. Es kann sich aber auch aus der Auslegung des Testaments ergeben, wenn Ihr Wille in diese Richtung geht[5].

Was passiert, wenn ich kein Ersatz­vermächtnis angeordnet habe?

Ohne Ersatz­vermächtnis fällt der vermachte Gegenstand bei Wegfall des Vermächtnis­nehmers grundsätzlich an die Erben zurück. Bei mehreren Vermächtnis­nehmern für denselben Gegenstand kann es zur Anwachsung bei den anderen Vermächtnis­nehmern kommen[5].

Kann ich mehrere Ersatz­vermächtnis­nehmer bestimmen?

Ja, Sie können auch mehrere Personen als Ersatz­vermächtnis­nehmer einsetzen und deren Rangfolge bestimmen[1].

Handlungs­empfehlungen für Ihre Testament­gestaltung

  1. Denken Sie voraus: Überlegen Sie, ob es sinnvoll ist, für wichtige Vermächtnisse einen Ersatz­fall zu regeln.

  2. Legen Sie eindeutig fest, wer als Ersatz­vermächtnis­nehmer:in eintreten soll.

  3. Formulieren Sie präzise, unter welchen Bedingungen das Ersatz­vermächtnis eintreten soll.

  4. Lassen Sie sich beraten: Bei komplexeren Vermögens­verhältnissen kann die Beratung durch Notar:innen oder Fachanwält:innen für Erbrecht hilfreich sein.

  5. Informieren Sie die beteiligten Personen über Ihre Regelungen, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.

Fazit: Mit dem Ersatz­vermächtnis für alle Fälle vorsorgen

Das Ersatz­vermächtnis ist ein nützliches Instrument, um Ihren letzten Willen abzusichern. Es gibt Ihnen die Möglichkeit, für den Fall vorzusorgen, dass Ihre ursprünglich als Vermächtnis­nehmer:in vorgesehene Person wegfällt. Damit können Sie gewährleisten, dass wichtige Vermögens­gegenstände oder Geld­beträge genau nach Ihren Wünschen verteilt werden - auch wenn der “Plan A” nicht umgesetzt werden kann.

Mit einer sorgfältigen Formulierung Ihres Ersatz­vermächtnisses tragen Sie dazu bei, dass Ihr Nachlass ganz nach Ihren Vorstellungen geregelt wird und vermeiden mögliche Streitigkeiten zwischen Ihren Hinterbliebenen.