Was ist ein Erbverzichtsvertrag?

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Zusammenfassung

Ein Erbverzichtsvertrag ist eine notarielle Vereinbarung, bei der eine erb­berechtigte Person freiwillig auf ihr gesetzliches Erbrecht und oft auch auf den Pflichtteil verzichtet, meist gegen eine Abfindung. Er wird genutzt, um klare Nachlassregelungen zu schaffen und Konflikte zu vermeiden, insbesondere bei Familien­unternehmen, Patchwork-Familien oder familiären Spannungen. Vor Abschluss ist eine fachliche Beratung dringend zu empfehlen, da die rechtlichen Folgen weitreichend sind.

Wenn es um Nachlassregelungen geht, steht Ihnen neben dem klassischen Testament auch ein weniger bekanntes Instrument zur Verfügung: der Erbverzichtsvertrag. Dieses rechtliche Werkzeug kann helfen, Konflikte zu vermeiden und klare Verhältnisse zu schaffen - schon zu Lebzeiten.

Was genau ist ein Erbverzichtsvertrag?

Ein Erbverzichtsvertrag ist eine rechtliche Vereinbarung zwischen einem zukünftigen Erblasser (der Person, die später vererben wird) und einer erb­berechtigten Person[3]. In diesem Vertrag verzichtet die erb­berechtigte Person freiwillig auf ihr gesetzliches Erbrecht[4]. Der Verzicht muss zwingend zu Lebzeiten des Erblassers erfolgen und notariell beurkundet werden[1][2].

Wichtig zu wissen: Der Verzichtende wird rechtlich so behandelt, als würde er zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr leben[1][7]. Dadurch verändert sich die gesamte Erbfolge.

Warum einen Erbverzichtsvertrag abschließen?

Der Erbverzichtsvertrag dient in erster Linie der Planungs­sicherheit. Er hilft, die Übertragung des Nachlasses an bestimmte Personen vor späteren Ansprüchen anderer zu schützen[5]. Hier einige typische Situationen, in denen ein solcher Vertrag sinnvoll sein kann:

1. Bei der Nachfolge von Familien­unternehmen

Wenn Eltern ihr Unternehmen bereits zu Lebzeiten oder nach ihrem Tod nur an eines ihrer Kinder übertragen möchten, kann ein Erbverzichtsvertrag mit den anderen Kindern Klarheit schaffen[3]. Die nicht begünstigten Kinder erhalten oft eine angemessene Abfindung als Ausgleich.

2. Nach familiären Konflikten

Ein Erbverzichtsvertrag kann einen rechtlichen Schlussstrich unter eine zerrüttete Familien­beziehung ziehen. Die verzichtende Person erhält eine Abfindung und gibt im Gegenzug alle Erb- und Pflichtteils­ansprüche auf[5].

3. Bei Patchwork-Familien

Um Konflikte zwischen verschiedenen Familien­zweigen zu vermeiden, kann ein Erbverzichtsvertrag helfen, klare Verhältnisse zu schaffen und eine auf bestimmte Personen ausgerichtete Nachlassregelung abzusichern[5].

Rechtliche Voraussetzungen für einen gültigen Erbverzichtsvertrag

Damit ein Erbverzichtsvertrag rechtlich bindend ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Persönlicher Abschluss: Der Erblasser muss den Vertrag persönlich abschließen und kann sich dabei nicht vertreten lassen[1]. Die verzichtende Person hingegen darf eine bevoll­mächtigte Person einsetzen[2][4].

  • Notarielle Beurkundung: Der Vertrag muss zwingend vor einem Notar oder einer Notarin beurkundet werden[2][3][4]. Ohne diese formelle Bestätigung ist der Vertrag nicht rechtsgültig.

  • Einwilligung beider Parteien: Es handelt sich um einen beidseitigen Vertrag, der nicht einseitig geschlossen werden kann. Beide Parteien müssen einverstanden sein[2].

Welche Auswirkungen hat ein Erbverzichtsvertrag?

Die Folgen eines Erbverzichts sind weitreichend:

  • Der Verzichtende wird von der gesetzlichen Erbfolge vollständig ausgeschlossen[1][7].
  • Auch der Pflichtteil ist betroffen: Der Verzicht umfasst im Zweifel auch das Pflichtteils­recht[3], sofern nichts anderes vereinbart wurde.
  • Auswirkungen auf andere Erben: Der Erbteil des Verzichtenden fällt den übrigen, nicht verzichtenden Erben zu. Dies führt zu einer Erhöhung ihrer Pflichtteils­rechte[1][6].

Unterschiede zu anderen erbrechtlichen Instrumenten

Erbverzicht vs. Pflichtteils­verzicht

Neben dem vollständigen Erbverzicht gibt es auch die Möglichkeit eines reinen Pflichtteils­verzichts. Dabei bleibt das gesetzliche Erbrecht bestehen, aber der Anspruch auf den Pflichtteil entfällt[1].

Erbverzicht vs. Zuwendungs­verzicht

Beim Zuwendungs­verzicht verzichtet eine Person auf eine ihr in einem Testament oder Erbvertrag zugedachte Zuwendung[1].

Erbverzicht vs. Erb­ausschlagung

Ein großer Unterschied: Der Erbverzicht erfolgt zu Lebzeiten des Erblassers, während die Erb­ausschlagung erst nach dem Erbfall möglich ist[1][5].

Praktische Hinweise zum Erbverzichtsvertrag

Abfindung als Gegenleistung

In der Praxis wird ein Erbverzicht meist nicht ohne Gegenleistung erklärt. Häufig erhält die verzichtende Person eine finanzielle Abfindung oder andere Vermögens­werte als Entschädigung[2][4][5].

Inhalt des Vertrags

Der Erbverzichtsvertrag sollte mindestens folgende Punkte enthalten:

  • Persönliche Daten des Erblassers und des Verzichtenden
  • Klare Formulierung des Verzichts
  • Angaben zur eventuellen Gegenleistung/Abfindung
  • Hinweis auf die Rechtsfolgen[4][6]

Bindungs­wirkung

Achtung: Ist der Erbverzichtsvertrag einmal unterschrieben und wirksam, sind beide Seiten an die Vereinbarung gebunden. Ein einseitiger Rücktritt ist nicht möglich[5].

Der Verzicht kann nur durch einen neuen Vertrag aufgehoben werden, der den Erbverzichtsvertrag außer Kraft setzt. Dies ist jedoch nur zu Lebzeiten des Erblassers möglich[5].

Wann sollten Sie fachlichen Rat einholen?

Der Abschluss eines Erbverzichtsvertrags ist eine weitreichende Entscheidung mit erheblichen rechtlichen Folgen. Vor dem Abschluss empfiehlt sich daher in jedem Fall:

  • Eine ausführliche Beratung durch Fach­personen (Notar:innen, Rechts­anwält:innen mit Schwerpunkt Erbrecht)
  • Eine gründliche Prüfung aller Alternativen
  • Eine klare Kommunikation mit allen Beteiligten

Fazit

Ein Erbverzichtsvertrag kann ein nützliches Instrument sein, um Nachlass­regelungen schon zu Lebzeiten klar zu gestalten und spätere Konflikte zu vermeiden. Durch die notarielle Beurkundung und die klaren rechtlichen Folgen schafft er Rechts­sicherheit für alle Beteiligten.

Die Entscheidung für oder gegen einen Erbverzicht sollte gut überlegt sein. Lassen Sie sich von Fach­personen beraten, die Ihre persönliche Situation kennen und einschätzen können, ob ein Erbverzichtsvertrag für Sie der richtige Weg ist.