Was ist ein Erbvertrag?
Ein Erbvertrag ist eine rechtsverbindliche Vereinbarung, mit der Sie Ihren Nachlass verbindlich regeln können, im Gegensatz zum frei widerrufbaren Testament. Er eignet sich besonders für komplexe familiäre Situationen, unverheiratete Paare oder Unternehmensnachfolgen und erfordert eine notarielle Beurkundung. Die Bindungswirkung sorgt für klare Verhältnisse, schränkt aber spätere Änderungen ein.
Ein Erbvertrag bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihren Nachlass rechtssicher zu regeln und dabei mehr Verbindlichkeit zu schaffen als mit einem Testament. Gerade bei komplexen familiären Situationen oder besonderen Wünschen kann dieses Instrument wertvoll sein.
Was ist ein Erbvertrag?
Ein Erbvertrag ist eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen dem Erblasser und einer oder mehreren anderen Personen über die Verteilung des Nachlasses nach dem Tod[1]. Anders als beim Testament handelt es sich nicht um eine einseitige Willenserklärung, sondern um einen Vertrag, der von allen beteiligten Parteien gemeinsam geschlossen wird[4].
Im deutschen Erbrecht gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, vom gesetzlichen Erbrecht abzuweichen:
- Das Testament als einseitige Verfügung
- Den Erbvertrag als verbindliche vertragliche Regelung[1]
Der zentrale Unterschied zum Testament: Die Bindungswirkung. Während Sie ein Testament jederzeit ändern oder widerrufen können, sind Sie an die Regelungen eines Erbvertrags gebunden und können diese nicht ohne Zustimmung der anderen Vertragspartei ändern[4].
Rechtliche Grundlagen und Formvorschriften
Ein Erbvertrag ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1941, 2274 ff. geregelt[1]. Damit er wirksam ist, müssen bestimmte Formvorschriften strikt eingehalten werden:
- Der Erbvertrag muss notariell beurkundet werden[6]
- Alle Vertragsparteien müssen bei der Beurkundung persönlich anwesend sein[1]
- Der Erblasser muss den Vertrag höchstpersönlich abschließen (keine Vertretung möglich)[1]
- Es wird neben der Testierfähigkeit auch die volle Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt[1]
Wer kann einen Erbvertrag schließen?
Jede volljährige, geschäftsfähige Person kann einen Erbvertrag schließen. Der Vertragspartner kann der künftige Erbe selbst sein, aber auch eine dritte Person, die nicht als Erbe eingesetzt wird[6]. Bei Minderjährigen oder Personen mit eingeschränkter Geschäftsfähigkeit ist ein Erbvertrag nicht möglich.
Inhalt und Gestaltungsmöglichkeiten
In einem Erbvertrag können Sie verschiedene Regelungen treffen:
Vertragsmäßige (bindende) Verfügungen:
- Erbeinsetzungen: Festlegung, wer Erbe wird und zu welchem Anteil[3]
- Vermächtnisse: Zuwendung bestimmter Vermögensgegenstände ohne Erbenstellung[3]
- Auflagen: Verpflichtungen, die dem Erben auferlegt werden[3]
Einseitige (nicht bindende) Verfügungen:
- Anordnung einer Testamentsvollstreckung[1]
- Bestimmung eines Testamentsvollstreckers[3]
- Weitere Anordnungen, die auch in einem Testament getroffen werden können[6]
Sie können im Erbvertrag auch komplexere Regelungen treffen, wie:
Für wen ist ein Erbvertrag sinnvoll?
Ein Erbvertrag kann in verschiedenen Lebenssituationen eine gute Lösung sein:
- Für unverheiratete Paare, die sich gegenseitig absichern möchten[2]
- Wenn Sie Pflegeleistungen im Alter gegen eine Erbeinsetzung vereinbaren möchten[8]
- Bei der Regelung einer Unternehmensnachfolge, um frühzeitig Klarheit zu schaffen[2]
- Für Patchworkfamilien mit komplexen familiären Beziehungen
- Als Kombination mit einem Ehevertrag (Ehe- und Erbvertrag)[1]
Praktisches Beispiel: Ein Paar möchte sich gegenseitig absichern und gleichzeitig die Versorgung der Kinder sicherstellen. Mit einem Erbvertrag können sie festlegen, dass zunächst der überlebende Partner alles erbt und die Kinder erst beim Tod des längerlebenden Partners erben.[5]
Bindungswirkung und Änderungsmöglichkeiten
Die Bindungswirkung ist das prägende Element des Erbvertrags. Sie bedeutet:
- Der Erblasser kann die vertragsmäßigen Verfügungen nicht einseitig widerrufen[4]
- Änderungen sind grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien möglich[7]
- Der Erblasser kann sich im Vertrag ein Rücktrittsrecht vorbehalten[6]
Trotz der Bindungswirkung bleibt der Erblasser Eigentümer seines Vermögens und kann zu Lebzeiten grundsätzlich frei darüber verfügen. Allerdings gibt es Einschränkungen bei Schenkungen, die in böswilliger Absicht erfolgen, um den Erbvertrag zu umgehen[6].
Anfechtungsgründe für einen Erbvertrag
In bestimmten Fällen kann ein Erbvertrag angefochten werden:
- Bei Irrtum oder Täuschung: Wenn der Erblasser über wichtige Umstände getäuscht wurde[3]
- Bei Drohung oder Nötigung: Wenn der Erblasser unter Druck gesetzt wurde[3]
Beispiel: Eine Person setzt jemanden als Erben ein, weil ihr falsch mitgeteilt wurde, dass es sich um ihr leibliches Kind handelt. Stellt sich dies später als unwahr heraus, kann der Erbvertrag wegen Irrtums angefochten werden.[3]
Praktische Tipps zum Erbvertrag
Vorteile des Erbvertrags
- Rechtssicherheit durch die bindende Wirkung
- Klare Regelungen für alle Beteiligten
- Flexible Gestaltung von Gegenleistungen
Nachteile des Erbvertrags
- Eingeschränkte Änderungsmöglichkeiten im Vergleich zum Testament
- Höhere Kosten durch notarielle Beurkundung
- Komplexere Regelungen erfordern meist rechtliche Beratung
Checkliste für Ihren Erbvertrag
- Überlegungsphase: Wer soll was erben? Welche Bindungen möchten Sie eingehen?
- Beratung: Lassen Sie sich vor Abschluss rechtlich beraten
- Notartermin: Vereinbaren Sie einen Termin mit einem Notar oder einer Notarin
- Vorbereitung: Bringen Sie alle relevanten Unterlagen mit (Personaldokumente, Vermögensübersicht)
- Beurkundung: Unterzeichnung des Vertrags bei gemeinsamer Anwesenheit aller Beteiligten
- Aufbewahrung: Der Notar oder die Notarin verwahrt den Erbvertrag oder gibt ihn ins Zentrale Testamentsregister
Ein Erbvertrag ist ein wirkungsvolles Instrument zur Nachlassregelung, das Ihnen und Ihren Angehörigen Sicherheit gibt. Durch die vertragliche Bindung schafft er klare Verhältnisse und kann individuell auf Ihre persönliche Situation angepasst werden. Nutzen Sie rechtliche Beratung, um die für Sie passende Lösung zu finden.