Was ist ein Erbschein?

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Zusammenfassung

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und die Erbenstellung einer Person rechtsverbindlich nachweist. Er wird benötigt, um gegenüber Banken, Behörden oder dem Grundbuchamt über den Nachlass des:der Verstorbenen zu verfügen, insbesondere bei gesetzlicher Erbfolge oder privatschriftlichem Testament. Die Beantragung erfolgt beim Nachlassgericht oder über eine:n Notar:in und ist mit Kosten verbunden, die sich nach dem Wert des Nachlasses richten.

Nach dem Tod eines Ange­hörigen stehen Erben vor vielen Fragen und Aufgaben. Eine davon ist oft die Beantragung eines Erb­scheins. Dieser dient als Nach­weis Ihrer Erben­stellung und ermög­licht es Ihnen, über das Erbe zu verfügen. Doch was genau ist ein Erb­schein, wann brau­chen Sie ihn und wie erhalten Sie ihn?

Was ist ein Erbschein?

Ein Erb­schein ist ein amt­liches Dokument in Form einer öffent­lichen Urkunde, das vom Nach­lass­gericht aus­gestellt wird[1][5]. Er bestätigt rechts­verbindlich, wer Erbe einer verstorbenen Person ist und welche Ver­fügungs­be­schrän­kungen gegebe­nenfalls bestehen[1].

Der Erb­schein dient der Sicher­heit im Rechts­verkehr[5]. Denn sobald ein Mensch verstirbt, ist für Außen­stehende zunächst unklar, wer die Rechts­nach­folge angetreten hat[1]. Mit dem Erb­schein können Sie als Erb:in diese Unsicher­heit beseitigen und sich gegen­über Dritten als recht­mäßige:r Erbe:in ausweisen[5][2].

Wofür wird ein Erbschein benötigt?

Der Erb­schein ermöglicht es Ihnen, sich gegen­über verschie­denen Stellen als Erb:in aus­zu­weisen, beispiels­weise:

  • Banken und Spar­kassen (für den Zugriff auf Konten und Depots des:der Ver­stor­benen)[3][2]
  • Grund­buch­amt (zur Um­schrei­bung von Immo­bilien)[4][15]
  • Ver­siche­rungen[3][2]
  • Ver­mieter:innen des:der Ver­stor­benen[2]
  • Behörden[6]

Als Erb:in sind Sie auch ohne Erb­schein Erb:in - der Erb­schein dient lediglich als Nach­weis Ihrer Erben­stellung[2]. Er hilft Ihnen dabei, im Rechts­alltag als Erb:in anerkannt zu werden und über den Nach­lass verfügen zu können.

Inhalt eines Erbscheins

Ein Erb­schein enthält folgende Infor­ma­tionen[1]:

  • Namen der Erben - bei Allein­erb­schaft den Namen der erb­enden Person, bei einer Erben­gemein­schaft die Namen aller Mit­erben
  • Erb­teile und Erb­quoten - bei mehreren Erben den jeweiligen Anteil am Nach­lass
  • Beschrän­kungen des Erb­rechts - zum Beispiel die Anordnung einer Testa­ments­voll­streckung oder eine Vor- und Nach­erb­schaft

Nicht ange­geben werden hingegen Pflicht­teils­an­sprüche, Ver­mächt­nisse oder Auf­lagen, mit denen der Nach­lass belastet sein könnte[11].

Wann benötigen Sie einen Erbschein?

Ein Erb­schein ist nicht in jedem Erb­fall zwin­gend not­wendig. Ob Sie einen Erb­schein benötigen, hängt von ver­schie­denen Faktoren ab:

In diesen Fällen ist ein Erbschein meist erforderlich:

In diesen Fällen können Sie oft auf einen Erbschein verzichten:

  • Wenn ein nota­rielles Testa­ment oder ein nota­rieller Erb­vertrag vorliegt - diese können zusammen mit dem Er­öffnungs­protokoll des Nach­lass­gerichts den Erb­schein ersetzen[1][14]
  • Wenn Sie eine Konto­voll­macht haben, die über den Tod hinaus gilt[15]
  • Wenn der Nach­lass gering ist und keine Immo­bilien enthält

Verschie­dene Arten von Erbscheinen

Je nach Erb­situation gibt es unter­schied­liche Arten von Erb­scheinen[3][5]:

  • Allein­erb­schein: Wird aus­gestellt, wenn nur eine Person erbt
  • Gemein­schaft­licher Erb­schein: Listet alle Mit­erben und deren Erb­anteile auf, wenn mehrere Personen erben
  • Teil­erb­schein: Enthält nur Angaben zum Erb­teil der bean­tragenden Person
  • Beschränkter Erb­schein: Kann für Nach­lass­gegen­stände im Ausland aus­gestellt werden[5]

So beantragen Sie einen Erbschein

Wer kann einen Erbschein beantragen?

Folgende Personen können einen Erb­schein beantragen[5][6][7]:

  • Der Allein­erbe oder die Allein­erbin
  • Jede:r Mit­erbe (bei mehreren Erb:innen)
  • Testa­ments­voll­strecker:innen
  • Nach­lass­verwalter:innen
  • Nach­lass­insolvenz­verwalter:innen
  • In bestimmten Fällen auch Gläu­biger:innen des Erben mit einem voll­streck­baren Titel

Nicht antrags­berechtigt sind Ver­mächtnis­nehmer:innen und Pflicht­teils­berechtigte[4].

Wo wird der Erbschein beantragt?

Der Erb­schein kann auf zwei Wegen beantragt werden[7][13]:

  1. Direkt beim Nach­lass­gericht: Zuständig ist in der Regel das Amts­gericht, in dessen Bezirk der:die Ver­storbene den letzten Wohn­sitz hatte[3][4].

  2. Über eine:n Notar:in: Sie können sich auch an eine:n Notar:in wenden, der:die den Erb­scheins­antrag mit Ihnen auf­nimmt und an das zuständige Nach­lass­gericht weiter­leitet[4][13].

Wichtig: Beim Notar fallen zusätzlich zur normalen Gebühr auch Umsatz­steuer an[5].

Welche Unterlagen benötigen Sie?

Für den Erb­scheins­antrag müssen Sie in der Regel folgende Doku­mente vorlegen[3][4][7]:

  • Ihren Personal­ausweis oder Reise­pass
  • Die Sterbe­urkunde des:der Ver­storbenen
  • Familien­stamm­buch zur Doku­mentation der Verwandt­schaft
  • Geburts­urkunden und ggf. Sterbe­urkunden aller Erben
  • Bei gesetz­licher Erb­folge: Nach­weise der verwandt­schaft­lichen Ver­hält­nisse
  • Bei testa­menta­rischer Erb­folge: das Testa­ment bzw. den Erb­vertrag im Original
  • Ggf. Ehe­urkunden und Infor­mationen zum Güter­stand
  • Ggf. Nach­weise über Erb­aus­schlagungen oder Erb­verzichts­erklärungen

Zusätzlich müssen Sie eine eides­statt­liche Versicherung abgeben, dass Ihnen keine Gründe bekannt sind, die der Richtig­keit Ihrer Angaben im Erb­scheins­antrag ent­gegen­stehen[5][6]. Diese Ver­sicherung können Sie vor dem Nach­lass­gericht oder einem:einer Notar:in abgeben.

Kosten des Erbscheins

Die Kosten für einen Erb­schein richten sich nach dem Nach­lass­wert abzüglich der Schulden[3]. Sie sind im Gerichts- und Notar­kosten­gesetz (GNotKG) geregelt[3][4].

Beispielhafte Kosten (ohne Gewähr):

  • Bei einem Erbe von 10.000 Euro: ca. 150 Euro (75 Euro für den Erb­schein plus 75 Euro für die eides­statt­liche Ver­sicherung)[3]
  • Bei 50.000 Euro: ca. 330 Euro für beide Gebühren[3]
  • Bei 200.000 Euro: ca. 870 Euro[3]

Gehören Grund­stücke zum Nach­lass, müssen Sie entweder den Verkehrs­wert angeben oder den Boden­richt­wert heran­ziehen[3].

Alternativen zum deutschen Erbschein

Wenn sich im Nach­lass auch Ver­mögens­werte im EU-Ausland befinden, kann alternativ ein Euro­päisches Nach­lass­zeugnis (ENZ) beantragt werden[1][11]. Dieses gilt in allen teil­nehmenden EU-Staaten und dient eben­falls dem Nach­weis der Erben­stellung. Allerdings hat das Euro­päische Nach­lass­zeugnis im Vergleich zum deutschen Erb­schein einige Beson­der­heiten:

  • Es ist deut­lich um­fang­reicher
  • Es besitzt nur eine Geltungs­dauer von 6 Monaten[1]
  • Der Nutzen für Deutsche ist oft gering, da der deutsche Erb­schein mittler­weile auch in anderen EU-Staaten anerkannt wird[5]

Rechts­wirkung des Erbscheins

Der Erb­schein hat eine Richtig­keits­vermutung und genießt öffent­lichen Glauben[5]. Das bedeutet:

  • Es wird gesetz­lich vermutet, dass der im Erb­schein als Erbe bezeich­neten Person das ange­gebene Erb­recht zusteht
  • Der Inhalt des Erb­scheins gilt gegen­über gut­gläubigen Dritten als richtig

Da der Erb­schein aber ledig­lich ein Legiti­mations­papier ist, kann es vor­kommen, dass eine andere Person tatsäch­lich Erbe geworden ist als jene, die im Erb­schein aus­gewiesen ist. In diesem Fall ist der Erb­schein unrichtig und muss ein­gezogen werden[6].

Mit dem Antrag auf Erteilung eines Erb­scheins geben Sie zu erkennen, dass Sie die Erb­schaft ange­nommen haben. In manchen Fällen, etwa wenn der Nach­lass über­schuldet ist, kann es jedoch ratsam sein, die Erb­schaft aus­zu­schlagen[9].