Was ist eine Erbschaft?
Eine Erbschaft umfasst das gesamte Vermögen einer verstorbenen Person, einschließlich Vermögenswerten und Schulden, und geht durch die sogenannte Gesamtrechtsnachfolge auf die Erb:innen über. Diese können durch ein Testament, einen Erbvertrag oder die gesetzliche Erbfolge bestimmt werden. Wichtig ist, dass Erb:innen die Möglichkeit haben, die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen auszuschlagen, insbesondere wenn der Nachlass überschuldet ist.
- Rechtliche Grundlagen der Erbschaft
- Grundprinzip: Die Gesamtrechtsnachfolge
- Wie wird man Erb:in?
- Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
- Erbschein und Nachweise
- Pflichtteilsrecht: Absicherung für nahe Angehörige
- Beispiel zur Veranschaulichung
- Erbschaftssteuer
- Erbengemeinschaft bei mehreren Erb:innen
- Praktische Hinweise
Wenn ein Mensch verstirbt, hinterlässt er sein Vermögen. Dieses Vermögen wird als Erbschaft bezeichnet und geht auf eine oder mehrere Personen über, die als Erb:innen bezeichnet werden. Die Erbschaft ist somit das gesamte Nachlassvermögen einer verstorbenen Person. Im deutschen Recht ist die Erbschaft klar definiert und mit zahlreichen rechtlichen Regelungen verbunden, die für alle Beteiligten von großer Bedeutung sind.
Rechtliche Grundlagen der Erbschaft
Die rechtliche Grundlage der Erbschaft findet sich im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Nach § 1922 Abs. 1 BGB bezeichnet die Erbschaft das komplette Vermögen des Erblassers, also der verstorbenen Person[1]. Das gesamte Erbrecht ist in Deutschland im fünften Buch des BGB in den Paragraphen 1922 bis 2385 geregelt[2]. Zusätzlich ist das Erbrecht auch im Grundgesetz verankert und als Grundrecht geschützt, da es die Eigentumsgarantie über den Tod hinaus sicherstellt[2].
Das Erbrecht ermöglicht es Menschen, zu Lebzeiten über ihr Vermögen zu verfügen und festzulegen, wer nach ihrem Tod was bekommen soll. Es bildet somit eine wichtige Brücke zwischen der persönlichen Freiheit des Einzelnen und den Rechten der Familie und Angehörigen.
Grundprinzip: Die Gesamtrechtsnachfolge
Ein wesentliches Merkmal der Erbschaft im deutschen Recht ist der Grundsatz der Universalsukzession oder Gesamtrechtsnachfolge. Dies bedeutet, dass die Erbschaft als Ganzes auf den oder die Erben übergeht[2]. Die Erb:innen werden damit zu sogenannten Gesamtrechtsnachfolger:innen des Verstorbenen.
Die Gesamtrechtsnachfolge umfasst sowohl Vermögenswerte (Aktiva) als auch Schulden (Passiva) des Erblassers[1]. Nach § 857 BGB geht neben dem Eigentum auch der Besitz auf die Erb:innen über[1]. Dies hat eine wichtige Konsequenz: Als Erb:in übernehmen Sie nicht nur wertvolle Gegenstände, Immobilien oder Geldbeträge, sondern auch offene Rechnungen, Kredite und sonstige Verbindlichkeiten.
Wie wird man Erb:in?
Es gibt drei Wege, wie man Erb:in werden kann. Diese werden als Erbrechtstitel bezeichnet:
Testament oder letztwillige Verfügung
Sie können durch ein Testament als Erb:in eingesetzt werden. Das Testament ist eine einseitige Erklärung, in der die verstorbene Person ihren letzten Willen festlegt und bestimmt, wer was erben soll[1].
Erbvertrag
Ein Erbvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Erblasser und den künftigen Erb:innen. Anders als beim Testament handelt es sich um einen zweiseitigen Vertrag, der nur im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden kann[1][5].
Gesetzliche Erbfolge
Wenn kein Testament und kein Erbvertrag existieren, greift die gesetzliche Erbfolge. Diese richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Die engsten Angehörigen wie Ehepartner:innen, eingetragene Lebenspartner:innen und Kinder gehören dabei zu den Erb:innen erster Ordnung[5].
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Die Erbschaft geht automatisch auf die berufenen Erb:innen über, sobald der Erbfall eintritt. Es bedarf keiner ausdrücklichen Annahme, um Erb:in zu werden[4]. Allerdings haben Sie als Erb:in das Recht, die Erbschaft auszuschlagen.
Wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen möchten, müssen Sie dies innerhalb von sechs Wochen tun, nachdem Sie von der Erbschaft erfahren haben. Die Ausschlagung muss beim zuständigen Nachlassgericht erklärt werden[1]. Wird die Erbschaft ausgeschlagen, gilt der Anfall der Erbschaft als nicht erfolgt[4].
Eine Ausschlagung kann sinnvoll sein, wenn die Schulden des Erblassers sein Vermögen übersteigen. In diesem Fall würden Sie als Erb:in für die Schulden haften müssen, was zu finanziellen Belastungen führen kann.
Erbschein und Nachweise
Um über die Erbschaft verfügen zu können, benötigen Sie häufig einen Nachweis Ihres Erbrechts. Dies gilt besonders, wenn zum Nachlass Grundstücke oder Immobilien gehören oder Sie Zugriff auf Bankkonten des Verstorbenen benötigen.
Der Erbschein ist ein amtliches Zeugnis über das Erbrecht, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird[4]. Er dient als Nachweis gegenüber Banken, Behörden und anderen Stellen. Neben dem Erbschein kann in der EU auch ein Europäisches Nachlasszeugnis verwendet werden[8].
Es besteht keine gesetzliche Pflicht, einen Erbschein zu beantragen. In manchen Fällen genügt auch eine beglaubigte Kopie des eröffneten Testaments, wenn dieses notariell erstellt wurde[8].
Pflichtteilsrecht: Absicherung für nahe Angehörige
Das deutsche Erbrecht schützt nahe Angehörige durch das Pflichtteilsrecht. Selbst wenn jemand in einem Testament enterbt wurde, haben bestimmte Personen Anspruch auf einen Pflichtteil der Erbschaft.
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und steht Ehepartner:innen, eingetragenen Lebenspartner:innen, Kindern und in manchen Fällen auch den Eltern des Erblassers zu[1]. Das Pflichtteilsrecht kann nur in Ausnahmefällen entzogen werden, beispielsweise wenn die betreffende Person gegenüber dem Erblasser Gewalt ausgeübt hat[5].
Beispiel zur Veranschaulichung
Frau Schmidt verstirbt und hinterlässt ihren Ehemann Herrn Schmidt sowie ihre zwei Kinder Anna und Thomas. Sie hat kein Testament hinterlassen.
Nach der gesetzlichen Erbfolge erbt Herr Schmidt als Ehepartner zunächst ein Viertel der Erbschaft. Da die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erhöht sich sein Anteil um ein weiteres Viertel auf insgesamt die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte teilen sich die beiden Kinder zu gleichen Teilen, also je ein Viertel[6].
Wenn eines der Kinder, etwa Thomas, bereits vor seiner Mutter verstorben wäre und selbst zwei Kinder hinterlassen hätte, würden diese beiden Enkelkinder jeweils ein Achtel des Nachlasses erben (zusammen also ein Viertel)[6].
Erbschaftssteuer
Die Erbschaft unterliegt in Deutschland der Erbschaftssteuer[7]. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Wert des geerbten Vermögens und dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser. Es gibt jedoch Freibeträge, die steuerfreies Erben bis zu einer bestimmten Höhe ermöglichen:
- Ehepartner:innen und eingetragene Lebenspartner:innen: 500.000 Euro
- Kinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder: 200.000 Euro
- Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
- Entferntere Verwandte: 20.000 Euro[5]
Erst wenn der Wert der Erbschaft diese Freibeträge übersteigt, fällt Erbschaftssteuer an. Die Steuersätze sind in drei Steuerklassen eingeteilt und richten sich nach dem Verwandtschaftsgrad[5].
Erbengemeinschaft bei mehreren Erb:innen
Wenn mehrere Personen gemeinsam erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Der Nachlass wird gemeinschaftliches Vermögen der Erb:innen[4]. Die Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses erfordert in diesem Fall die Zustimmung aller Mitglieder der Erbengemeinschaft, was manchmal zu Konflikten führen kann.
Die Erbengemeinschaft ist eine Zwangsgemeinschaft, die durch den Tod des Erblassers entsteht. Sie kann durch eine Auseinandersetzung aufgelöst werden, bei der der Nachlass unter den Erb:innen aufgeteilt wird.
Praktische Hinweise
Wenn Sie von einer Erbschaft erfahren, sollten Sie zunächst prüfen, ob ein Testament existiert. Fragen Sie beim zuständigen Nachlassgericht nach und informieren Sie sich über die genauen Bedingungen der Erbschaft.
Bedenken Sie die sechswöchige Frist für die Ausschlagung einer Erbschaft und holen Sie im Zweifelsfall rechtlichen Rat ein, besonders wenn der Nachlass überschuldet sein könnte.
Wenn Sie als Erb:in anerkannt werden möchten, benötigen Sie häufig einen Erbschein. Diesen können Sie beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. Das Nachlassgericht ist in der Regel das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte[8].
Falls Sie sich unsicher sind, welche Schritte zu unternehmen sind, kann die Beratung durch eine:n Fachanwalt oder Fachanwältin für Erbrecht hilfreich sein.
Das Wissen um die grundlegenden Aspekte der Erbschaft kann Ihnen helfen, in einer emotional schwierigen Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen und Ihre Rechte als Erb:in wahrzunehmen.