Was bedeutet es, Erbe zu sein?

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Zusammenfassung

Ein Erbe ist die Person, die im Todesfall das Vermögen und die Verpflichtungen des Verstorbenen übernimmt. Dies kann durch gesetzliche Erbfolge oder durch eine letztwillige Verfügung wie ein Testament geregelt werden. Als Erbe tragen Sie Verantwortung, da Sie nicht nur Vermögenswerte, sondern auch mögliche Schulden übernehmen und innerhalb von sechs Wochen entscheiden können, ob Sie die Erbschaft ausschlagen möchten.

Synonym: Nachlassempfänger

In Deutschland verstirbt jedes Jahr eine große Anzahl von Menschen und hinterlässt Vermögen, das auf ihre recht­mäßigen Nach­folger:innen übergeht. Doch wer genau gilt als Erbe? Welche Rechte und Pflichten sind damit verbunden? Dieser Artikel erklärt Ihnen die grund­legenden Fakten zum Erb­recht in Deutschland.

Was bedeutet es, Erbe zu sein?

Nach der gesetz­lichen Definition in § 1922 des Bürger­lichen Gesetz­buchs (BGB) ist ein Erbe die Person, der im Erb­fall das Ver­mögen des Erb­lassers als Ganzes zufällt[1]. Dies kann allein oder gemeinsam mit anderen Personen geschehen. Der Erbe tritt rechtlich in die Position des Ver­storbenen ein und über­nimmt sowohl dessen Ver­mögens­werte als auch dessen Ver­pflichtungen[3][5].

Wichtig: Als Erbe werden Sie nicht nur Eigen­tümer:in von Immobilien, Bankguthaben oder persön­lichen Gegen­ständen, sondern haften auch für alle Schulden des Erblassers[1]. Diese voll­ständige Über­nahme aller Rechte und Pflichten nennt man “Universal­sukzession”[1][8].

Wie wird man zum Erben?

Es gibt zwei Wege, wie Sie zum Erben werden können:

1. Gesetz­liche Erb­folge

Wenn keine letzt­willige Ver­fügung (Testament oder Erb­vertrag) existiert, greift die gesetz­liche Erb­folge[6]. Diese regelt, wer von den An­gehörigen und in welcher Reihen­folge erbt. Das Gesetz bevorzugt dabei nahe Ver­wandte und den Ehe­partner oder die Ehe­partnerin[2][6].

Grund­regel: Verwandte einer höheren Ordnung schließen Verwandte niedrigerer Ordnungen vom Erbe aus[2]. Wenn also Kinder vorhanden sind, erben die Eltern des Verstorbenen nichts.

2. Gewill­kürte Erb­folge

Durch ein Testament oder einen Erb­vertrag kann der Erb­lasser selbst bestimmen, wer sein Vermögen erhalten soll[1][8]. Diese Regelung hat Vorrang vor der gesetz­lichen Erb­folge[6]. So können auch Personen bedacht werden, die nach der gesetz­lichen Erb­folge nicht erben würden, wie beispiels­weise Freund:innen oder gemein­nützige Orga­nisationen.

Die gesetz­liche Erb­folge im Detail

Das deutsche Erb­recht teilt die Ver­wandten in verschiedene Ordnungen ein:

Erben erster Ordnung

Hierzu gehören die Kinder, Enkel­kinder und weitere direkte Nach­kommen des Verstorbenen[2][6]. Sie haben das vor­rangige Erb­recht. Wenn ein Kind bereits verstorben ist, treten dessen Kinder an seine Stelle[2].

Praxis­beispiel: Frau Schmidt hinterlässt zwei Kinder. Ihr Sohn Thomas lebt noch, ihre Tochter Anna ist bereits verstorben, hat aber zwei eigene Kinder hinter­lassen. Thomas erbt die Hälfte des Nach­lasses. Die andere Hälfte teilen sich die beiden Kinder von Anna.

Erben zweiter Ordnung

Zu dieser Gruppe zählen die Eltern des Erb­lassers und deren Nach­kommen (also Geschwister, Nichten und Neffen des Verstorbenen)[2][6]. Diese erben nur, wenn keine Erben erster Ordnung vorhanden sind.

Erben dritter Ordnung

In diese Kategorie fallen die Groß­eltern und deren Nach­kommen (Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen des Erb­lassers)[2][6]. Sie kommen zum Zuge, wenn weder Erben erster noch zweiter Ordnung existieren.

Die Stellung des Ehe­partners oder der Ehe­partnerin

Ehe­partner:innen sind zwar keine Bluts­verwandten, haben aber dennoch ein gesetz­liches Erb­recht[2][6]. Sie erben neben den Ver­wandten des Erb­lassers. Die Höhe des Erb­anteils hängt davon ab, welcher Ordnung die weiteren Erben ange­hören und in welchem Güter­stand die Ehe geführt wurde[6].

Gut zu wissen: Bei einer Zu­gewinn­gemeinschaft erhält der über­lebende Ehe­partner neben Kindern des Erb­lassers die Hälfte des Nach­lasses[6].

Rechte und Pflichten eines Erben

Als Erbe haben Sie folgende Rechte und Pflichten:

  • Sie werden Inhaber aller Ver­mögens­werte des Verstorbenen (Konten, Wert­papiere, Immobilien, Hausrat etc.)[3][5]
  • Sie über­nehmen automatisch alle Ver­träge des Erb­lassers (mit Ausnahme höchst­persönlicher Verträge wie Arbeits­verträge)[3]
  • Sie haften grund­sätzlich für alle Schulden des Ver­storbenen[5]
  • Sie können die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis aus­schlagen, wenn Sie sie nicht antreten möchten[5]

Die Erben­gemeinschaft bei mehreren Erben

Wenn mehrere Personen gemeinsam erben, bilden sie eine Erben­gemeinschaft[1][5][8]. Dies bedeutet:

  • Alle Erben werden gemeinsam Eigentümer:innen des Nach­lasses
  • Ver­fügungen über Nach­lass­gegen­stände können in der Regel nur gemein­schaft­lich getroffen werden[5]
  • Die Gemeinschaft besteht, bis der Nach­lass auf­geteilt wird (Erb­aus­einander­setzung)[1]

Beispiel aus der Praxis: Ein Verstorbener hinterlässt in seinem Testament, dass Tochter A das Haus und Sohn B das Auto erben soll. Trotz dieser Teilungs­anordnung werden zunächst beide gemein­sam Eigentümer:innen beider Gegen­stände. Erst bei der Aus­einander­setzung der Erben­gemeinschaft erhält jede:r den zugedachten Gegen­stand[1].

Praktische Hinweise für Erb:innen

Als Erbe:in sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Zum Nachweis Ihrer Erben­stellung können Sie einen Erb­schein beim Nach­lass­gericht beantragen[8]
  • Bei einem über­schuldeten Nach­lass sollten Sie die Aus­schlagung der Erbschaft in Betracht ziehen, um nicht für die Schulden zu haften[5]
  • Die Aus­schlagung muss inner­halb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Anfall der Erb­schaft erfolgen[5]
  • Bei unklaren Verhält­nissen kann die Nach­lass­pflege oder eine Nach­lass­verwaltung beim Nach­lass­gericht beantragt werden

Die Bedeutung einer recht­zeitigen Nach­lass­planung

Um Ihren An­gehörigen Sicherheit zu geben und mögliche Konflikte zu vermeiden, empfiehlt sich eine recht­zeitige Nach­lass­planung:

  • Erstellen Sie ein rechtlich gültiges Testament oder schließen Sie einen Erb­vertrag ab
  • Über­legen Sie sorgfältig, wie Ihr Nach­lass verteilt werden soll
  • Bedenken Sie, dass nahe An­gehörige trotz Enterbung einen Pflicht­teil fordern können[6]
  • Lassen Sie sich im Zweifels­fall rechtlich beraten

Eine bewusste Nachlass­planung hilft, Ihre Wünsche für die Zukunft zu sichern und Ihre An­gehörigen zu entlasten.

Fazit: Erbe sein bedeutet Verantwortung

Als Erbe:in treten Sie vollständig in die rechtliche Position des Verstorbenen ein - mit allen Rechten und Pflichten. Dies bringt sowohl Vorteile als auch Verantwortung mit sich. Mit dem Wissen über die grund­legenden Regeln des Erb­rechts können Sie fundierte Entscheidungen treffen - sei es bei der Planung Ihres eigenen Nach­lasses oder wenn Sie selbst eine Erbschaft antreten.