Was ist ein Bürgermeistertestament?
Ein Bürgermeistertestament ist eine Notlösung, die es ermöglicht, den letzten Willen in einer akuten Notsituation - etwa bei Todesgefahr oder Unerreichbarkeit eines:einer Notar:in - vor dem Bürgermeister und zwei Zeug:innen rechtswirksam zu erklären. Es ist nur drei Monate gültig, sofern die testierwillige Person überlebt, und sollte durch ein reguläres Testament ersetzt werden. Diese Form des Testaments bietet Sicherheit, wenn keine andere Möglichkeit besteht, den Nachlass zu regeln.
- Was ist ein Bürgermeistertestament?
- Unter welchen Voraussetzungen ist ein Bürgermeistertestament möglich?
- Wie wird ein Bürgermeistertestament errichtet?
- Begrenzte Gültigkeit des Bürgermeistertestaments
- Unterschiede zu anderen Testamentsformen
- Praktische Hinweise für den Notfall
- Checkliste: Wann ist ein Bürgermeistertestament sinnvoll?
- Ihr Recht auf letztwillige Verfügung
Ein Bürgermeistertestament ist eine besondere Form des Testaments, die nur in Notsituationen zum Einsatz kommt. Es erlaubt Menschen, ihren letzten Willen rechtswirksam festzuhalten, wenn keine Zeit mehr bleibt, eine:n Notar:in aufzusuchen. Diese Nottestamentsform ist im § 2249 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und soll sicherstellen, dass niemand ohne gültige letztwillige Verfügung sterben muss, nur weil kein:e Notar:in erreichbar ist.
Was ist ein Bürgermeistertestament?
Das Bürgermeistertestament gehört zu den sogenannten Nottestamenten[1][3]. Anders als ein reguläres Testament wird es nicht vor einem:einer Notar:in, sondern vor dem Bürgermeister des Ortes errichtet, an dem sich die testierwillige Person gerade aufhält[1].
Bei dieser Testamentsform nimmt der Bürgermeister die mündliche Erklärung des letzten Willens entgegen und dokumentiert diesen schriftlich[6]. Diese Beurkundung hat die gleiche rechtliche Wirkung wie ein notarielles Testament - allerdings mit zeitlicher Begrenzung[1].
Die Bezeichnung “Bürgermeistertestament” leitet sich direkt von der Person ab, die die Beurkundung vornimmt. In ländlichen Gegenden kommt diese Form häufiger vor als in Städten, wo Notar:innen meist schneller erreichbar sind[2].
Unter welchen Voraussetzungen ist ein Bürgermeistertestament möglich?
Ein Bürgermeistertestament kann nur unter bestimmten Umständen errichtet werden:
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Nahe Todesgefahr: Es besteht die ernsthafte Besorgnis, dass die Person sterben könnte, bevor sie die Möglichkeit hat, ein Testament vor einem:einer Notar:in zu errichten[1][2][3].
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Ortsabsperrung: Die Person befindet sich an einem Ort, der durch außergewöhnliche Umstände so abgesperrt ist, dass ein:e Notar:in nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erreichbar wäre (z.B. bei Hochwasser, in Bergregionen nach einem Lawinenabgang)[2].
Wichtig zu wissen: Der drohenden Todesgefahr wird auch die Gefahr einer dauerhaften Testierunfähigkeit gleichgestellt[3]. Wenn zu befürchten ist, dass jemand bald nicht mehr in der Lage sein wird, ein Testament zu errichten (etwa durch einen bevorstehenden Verlust der geistigen Fähigkeiten), kann ebenfalls ein Bürgermeistertestament sinnvoll sein.
Wie wird ein Bürgermeistertestament errichtet?
Für die Errichtung eines gültigen Bürgermeistertestaments gelten folgende Regeln:
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Zuständigkeit: Örtlich zuständig ist der Bürgermeister des Aufenthaltsortes der testierwilligen Person - auch bei nur vorübergehendem Aufenthalt[1].
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Zwei Zeug:innen: Der Bürgermeister muss zur Beurkundung zwei Zeug:innen hinzuziehen[1][4][6].
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Neutrale Zeug:innen: Als Zeug:innen dürfen nicht die Personen fungieren, die im Testament begünstigt werden oder als Testamentsvollstrecker:innen eingesetzt werden sollen[1][3].
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Dokumentation: Der Bürgermeister fertigt eine Niederschrift des letzten Willens an und sollte darin die Gründe für die Notsituation dokumentieren[3][8].
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Unterschriften: Die Niederschrift muss von allen Beteiligten unterschrieben werden - von der testierwilligen Person, dem Bürgermeister und den beiden Zeug:innen[1][8].
Praxisbeispiel: Herr Schmitt erleidet einen schweren Unfall in einem abgelegenen Dorf. Die medizinischen Fachkräfte befürchten, dass er die nächsten Tage nicht überleben wird. Da kein:e Notar:in schnell genug erreichbar ist, ruft die Familie den Bürgermeister, der mit zwei nicht verwandten Nachbar:innen als Zeug:innen kommt. Der Bürgermeister nimmt Herrn Schmitts Testament auf und alle Anwesenden unterschreiben das Dokument.
Begrenzte Gültigkeit des Bürgermeistertestaments
Ein wichtiger Aspekt des Bürgermeistertestaments ist seine zeitliche Begrenzung:
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Das Testament verliert automatisch seine Gültigkeit, wenn die testierwillige Person drei Monate nach der Errichtung noch lebt[1][2][3].
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In diesem Fall muss rechtzeitig ein reguläres Testament nachgeholt werden - entweder als eigenhändiges Testament oder als notarielles Testament[2].
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Die Drei-Monats-Frist ist allerdings gehemmt (unterbrochen), solange die Person nicht in der Lage ist, ein notarielles Testament zu errichten[2]. Wenn sie also beispielsweise nach der Errichtung des Bürgermeistertestaments längere Zeit im Krankenhaus liegt und keinen Notar aufsuchen kann, verlängert sich die Gültigkeitsdauer entsprechend.
Diese zeitliche Begrenzung unterstreicht den Charakter des Bürgermeistertestaments als Notlösung. Es soll lediglich überbrücken, bis ein ordnungsgemäßes Testament errichtet werden kann[3].
Unterschiede zu anderen Testamentsformen
Das Bürgermeistertestament ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, in Notfällen zu testieren:
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Drei-Zeugen-Testament: Wenn die Todesgefahr so unmittelbar ist, dass nicht einmal mehr der Bürgermeister rechtzeitig erreichbar ist, kann der letzte Wille auch vor drei unabhängigen Zeug:innen erklärt werden[1][3][4][7].
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Seetestament: Diese besondere Form gilt für Personen an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens[2].
Im Vergleich zum eigenhändigen Testament (vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben) oder zum öffentlichen Testament (vor einem:einer Notar:in) haben Nottestamente vereinfachte Formvorschriften[3]. Dennoch sollten Sie, sobald möglich, ein reguläres Testament errichten.
Besonderheit bei Formfehlern: Bei Nottestamenten wie dem Bürgermeistertestament sind Formverstöße, die nicht den Errichtungsakt selbst, sondern nur den Inhalt betreffen, für die Gültigkeit unschädlich[3]. Das Testament kann also trotz kleinerer formaler Mängel wirksam sein.
Praktische Hinweise für den Notfall
In der Praxis kommt das Bürgermeistertestament heute hauptsächlich in ländlichen Regionen vor[2][6]. In städtischen Gebieten mit kürzeren Wegen zu notariellen Dienstleistungen wird diese Testamentsform seltener genutzt.
Beachten Sie folgende Punkte:
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Informieren Sie nahestehende Personen über die Möglichkeit eines Bürgermeistertestaments, damit sie im Notfall schnell handeln können
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Überlegen Sie vorab, wer als neutrale:r Zeug:in in Frage kommt (nicht Begünstigte des Testaments)
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Obwohl bei Nottestamenten Formfehler nachsichtiger beurteilt werden, sollten die grundlegenden Regeln eingehalten werden
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Denken Sie daran, das Bürgermeistertestament durch ein reguläres Testament zu ersetzen, sobald Ihre Situation es erlaubt
Tipp: Die beste Vorsorge ist, nicht erst in einer Notlage über Ihr Testament nachzudenken. Erstellen Sie frühzeitig ein reguläres Testament, das Sie bei Bedarf aktualisieren können. So vermeiden Sie die Unsicherheiten eines Nottestaments[6].
Checkliste: Wann ist ein Bürgermeistertestament sinnvoll?
- [ ] Es besteht akute Todesgefahr oder die Gefahr dauerhafter Testierunfähigkeit
- [ ] Ein:e Notar:in ist nicht rechtzeitig erreichbar
- [ ] Der Bürgermeister kann schneller als ein:e Notar:in zur Stelle sein
- [ ] Zwei neutrale Zeug:innen können hinzugezogen werden
- [ ] Es gibt konkrete Vorstellungen zur Erbverteilung
- [ ] Die testierwillige Person ist noch in der Lage, ihren Willen zu äußern
Ihr Recht auf letztwillige Verfügung
Das Bürgermeistertestament bietet eine wertvolle Notlösung, wenn die Zeit für ein reguläres Testament nicht mehr reicht. Es ermöglicht Menschen, selbst in kritischen Situationen ihren letzten Willen rechtswirksam festzuhalten[1][3].
Die gesetzlichen Regelungen zum Bürgermeistertestament zeigen, dass der Gesetzgeber großen Wert darauf legt, dass jeder Mensch die Chance hat, seinen Nachlass nach eigenen Wünschen zu regeln - selbst unter schwierigsten Bedingungen.
Wenn Sie Fragen zur Testamentgestaltung haben, wenden Sie sich an eine Fachperson für Erbrecht oder eine Notarkanzlei. Diese können Sie zu Ihren persönlichen Möglichkeiten beraten und Ihnen helfen, für alle Lebenslagen gut vorbereitet zu sein.